Jugend im Nationalsozialismus I Geschichte
In diesem Video beschäftigen wir uns mit dem Thema
Jugend während der Zeit des Nationalsozialismus.
Die wichtigsten Fakten jetzt bei musstewissen.
Wenn man eine Gesellschaft, ein Land
grundlegend und dauerhaft verändern will,
muss man bei Kindern und Jugendlichen anfangen.
Dann muss man der heranwachsenden Generation beibringen,
sich so und so zu verhalten und auf eine bestimmte Art zu denken.
Sind die jungen Leute erwachsen, bringen sie ihren Kinder
wieder das bei, was sie selbst gelernt haben usw.
Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kommen,
fangen sie sofort an, die Nazi-Ideen
in jeden jungen deutschen Kopf einzupflanzen.
Sie setzen nicht so sehr auf die Schule,
denn die ist eine schwerfällige Behörde.
Es gibt viele Lehrer, die nicht weltanschaulich zuverlässig sind.
Also im Sinne der Nazis.
Außerdem ist die Schule allgemein bei Schülern nicht immer beliebt.
Das könnt ihr sicher nachvollziehen. Wenn also ein Lehrer erzählt,
dass Adolf Hitler toll ist, ist das nicht das überzeugendste Argument.
Deshalb setzen die Nazis bei Jugendvereinen und -verbänden an.
Ihr Werkzeug zur Erziehung der Jugend wird die Hitler-Jugend HJ.
Die HJ gibt es seit 1926. Sie ist die Jugendbewegung
der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP.
In der Weimarer Republik ist sie eher unbedeutend,
aber als die Nazis 1933 an die Macht kommen,
verbieten sie alle anderen Jugendverbände und -vereine.
Die HJ wird die Staatsjugendorganisation.
Am 1.12.1936 wird sogar das Gesetz über die Hitler-Jugend beschlossen.
Darin heißt es:
Von der Jugend hängt die Zukunft des deutschen Volkes ab.
Die gesamte deutsche Jugend muss deshalb
auf ihre künftigen Pflichten vorbereitet werden.
Und: §1: Die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes
ist in der Hitler-Jugend zusammengefasst.
§2: Die gesamte deutsche Jugend ist außer in Elternhaus und Schule
in der Hitler-Jugend körperlich, geistig und sittlich
im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk
und zur Volksgemeinschaft zu erziehen.
Also, es wird Pflicht, zur HJ zu gehen.
Fast 9 Mio.Jugendliche sind vor dem II.Weltkrieg
bei der Hitler-Jugend. Die vereinnahmt ihre Mitglieder stark.
In der Woche trifft man sich 3-4 Mal.
Zu Heimabenden, auf denen man die Nazi-Ideen eingetrichtert bekommt.
Z.B.hört man Radiosendungen,
die speziell für Jugendliche gemacht werden.
Man bereitet auch gemeinsame Aktionen vor.
Man trifft sich zu paramilitärischen Übungen.
Also zu Marschübungen und Geländespielen,
bei denen man lernt, zu kämpfen und als Gruppe zu funktionieren.
Gemeinsam fährt man zu Treffen,
wo feierliche Paraden abgehalten werden.
Das bestärkt die HJler darin,
zu einer großen, bedeutenden Bewegung zu gehören.
Man treibt viel Sport, macht Ausflüge und fährt ins Zeltlager.
Über allem steht immer der Gedanke der Gemeinschaft.
Der Volksgemeinschaft.
Was die Hitler-Jugend so treibt, kommt nicht aus dem Nichts.
Die Nazis bauen auf Entwicklungen auf,
die es schon während der Weimarer Republik gibt.
Z.B.in der Wandervogel-Bewegung.
Eine Bewegung, die Gemeinschafts- sinn, das Leben in der Natur,
die körperliche Fitness in den Vordergrund stellt.
Hier finden junge Menschen einen Ausweg aus dem ewigen Konflikt
zwischen Jung und Alt, den es seit der Steinzeit gibt.
Seit dem Beginn des 20.Jhdts. werden Generationenkonflikte
zwischen Jung und Alt in Deutschland immer heftiger.
Also noch vor dem I.Weltkrieg in der Kaiserzeit.
Die Jungen fühlen sich von der starren Gesellschaft eingeengt.
Es gibt Regeln und Traditionen, die verhindern,
dass sich junge Menschen selbst verwirklichen können.
Deshalb suchen sie nach dem echten Leben,
nach Vorbildern, nach Gemeinschaft.
Das echte Leben findet draußen in der Natur, im Feld statt.
Für die Eltern zählen Nützlichkeit und Vernunft.
Die Jungen setzen dem Wahrhaftigkeit und Gefühl,
Begeisterungsfähigkeit entgegen.
Hingabe und Pflichtbewusstsein spielen eine wichtige Rolle.
Dann kommt der I.Weltkrieg
und gerade die Jungen gehen für das Vaterland in den Tod.
Nach dem Krieg ist die Gesellschaft immer noch erstarrt.
V.a.die Jüngeren haben spätestens ab der Weltwirtschaftskrise
keine guten Perspektiven mehr.
Viele fühlen sich verraten und verkauft,
als ob sie in einer Sackgasse wären. Genau da setzen die Nazis an.
Sie versprechen Aufbruch. In der HJ sind alle gleich,
egal ob aus einer armen oder einer reichen Familie.
Alle tragen die gleiche Uniform.
Es gibt auch keine erwachsenen Betreuer, die die Gruppen leiten.
Es gilt das Prinzip, Jugend wird von Jugend geführt.
Die Jüngeren schauen zu den Älteren auf.
Zwischen 10 und 14 Jahren ist man beim Deutschen Jungvolk, kurz DJ.
Die Bezeichnung ist Pimpf. Klingt heute komisch.
Danach darf man dann in die echte HJ aufsteigen.
Wer 18 und erwachsen wird, wird feierlich in die NSDAP aufgenommen.
Die jungen Deutschen werden in der HJ auf die Volksgemeinschaft
eingeschworen, die Hitler immer propagiert.
Hitler wollte den neuen Menschen erzeugen, den rassisch reinen Arier.
Also einen angeblich besseren, wertvolleren Menschen,
der in einer angeblich gesunden, reinrassigen Volksgemeinschaft lebt.
Dieser soll seinem Führer gehorchen und für sich und seine Kinder
den angeblich nötigen Lebensraum erobern, indem er
die angeblichen Untermenschen in Osteuropa versklavt oder tötet.
Genau das vermittelt die HJ den Jugendlichen.
Erinnern wir uns an das Gesetz:
Also der Einzelne bedeutet nichts.
Die Volksgemeinschaft bedeutet alles.
Der Einzelne muss sich unterordnen und Dienst am Volk leisten.
Das ist doch paradox, oder? Das widerspricht sich doch.
Erst sage ich, dass junge Deutsche sich selbst verwirklichen können
und dann lassen sie sich in die Volksgemeinschaft reinpressen,
in der der Einzelne nichts wert ist?
Das widerspricht sich nur scheinbar, denn die Nazis nutzen es aus,
dass Teenager sich von den Eltern loslösen wollen.
Der Staat hilft ihnen dabei. Die Moralvorstellungen der Eltern
werden als überholt über Bord geworfen.
Stattdessen wird die Gemeinschaft innerhalb der HJ
und innerhalb der national- sozialistischen Bewegung betont.
Jetzt sind wir an einem wichtigen Punkt:
Wie grausam die Ideologie der Nazis ist,
erkennt man besonders gut daran, dass sie Familien zerstören wollen.
Dass Familien zusammenhalten,
dass man in der Familie loyal zueinander ist,
soll im Nazi-Staat nicht sein. Ganz im Gegenteil, es zählt nur,
dass man loyal zum Führer ist, zur Volksgemeinschaft.
Und der Führer sagt, was die Volksgemeinschaft will.
So zerstören die Nazis das wichtigste soziale Band:
Die Familie. Wenn also Nazis meinen, sie würden für die Familie kämpfen,
dann ist das eine große Lüge.
Die Jugend lernt, dass man sich der Volksgemeinschaft unterordnen soll.
Dass man dem Volk dienen soll. So will es das Gesetz.
Der größte Dienst ist, wenn man sich im Kampf im Krieg opfert.
Genau für diesen Krieg trainieren schon die Pimpfe
und die Hitler-Jungen. Das Wichtigste ist Gehorsam.
Dass man in einer Gruppe zusammenarbeitet.
Für den Krieg muss man körperlich fit sein.
Hitler sagt einmal:
In der Hitler-Jugend gilt die Treue zueinander als etwas Heiliges.
Sie ist wichtiger als die Treue zu Eltern und Geschwistern.
Für den Krieg lernen die Jungs auch, wie man Waffen benutzt.
Es gibt Dienstabzeichen und Ränge wie beim Militär.
Im Krieg soll man töten, ohne mit der Wimper zu zucken.
Deshalb bringen die Nazis der Jugend bei,
dass der Feind eigentlich kein gleichwertiger Mensch ist,
sondern ein Untermensch, den man vernichten muss.
Grausam und eiskalt. Die Jungs sollen also auf das Leben
als dem Führer treu ergebene Soldaten vorbereitet werden,
die ihr Leben bereitwillig opfern. Und die Mädchen?
Die 10-14-Jährigen gehen in den Jungmädelbund, JM.
Danach zum BDM, dem Bund Deutscher Mädel.
Für die 17-21-jährigen Frauen gibt es noch das BDM-Werk
"Glaube und Schönheit".
Dabei werden sie auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet.
Auch beim BDM können die jungen Frauen
den starren Regeln des Elternhauses entkommen.
Sie können etwas erleben, Teil von etwas Größerem sein.
Auch hier geht es um Gehorsam, Pflichterfüllung,
Dienst an der Volksgemeinschaft.
Wenn der größte Dienst der Männer ist, für das Volk zu sterben,
ist der größte Dienst der Frauen,
neue Volksgenossen zu gebären und großzuziehen.
Bis es aber soweit ist, werden die jungen Mädels praktisch tätig.
Ab Kriegsbeginn 1939 packen sie an den Heimabenden
Pakete für die Soldaten an der Front.
Sie helfen bei der Ernte mit, organisieren Kinderbetreuung.
Mehr zu den Frauenbildern in der Weimarer Republik
könnt ihr erfahren, wenn ihr oben auf das "i" klickt.
Die HJ und der BDM sind am Anfang sehr beliebt.
Die Kinder und Jugendlichen gehen gerne und freiwillig hin.
Immerhin wird da etwas geboten.
Noch heute sagen ältere Menschen, die damals in der HJ waren,
das war eigentlich 'ne gute Zeit.
Die Ideologie, ich sag mal, die Gehirnwäsche
funktioniert ja unterschwellig, und das merkt man heute auch noch.
Aber mit der Zeit nimmt die Attraktivität der HJ ab.
Sie ist plötzlich eine riesige Organisation geworden.
Damit die funktioniert, muss man bürokratische Regeln einführen.
Je mehr Uniformen und militärischer Drill eine Rolle spielen,
umso weniger Spaß machen die Geländespiele.
Mit Beginn des II.Weltkriegs müssen Hitler-Jungen z.B.
nach Luftangriffen Schutt wegräumen
oder alte Kleider oder Altmetall sammeln.
Nicht die schönste Freizeitbeschäftigung.
Zwar ist der Großteil der Kinder und Jugendlichen
immer noch begeistert dabei, aber es gibt auch Widerstand.
Das größte Problem für die HJ ist, dass sie als Zwang erlebt wird.
Man muss dabei sein.
In alle Lebensbereiche mischt sich die HJ ein.
Wenn es eines gibt, was jungen Leuten auf den Senkel geht,
das wisst ihr sicher selbst, dann ist das jemand,
der einem andauernd sagt, was man zu tun und zu lassen hat.
Ihr seht, das wendet sich gegen die HJ.
So entstehen jugendliche Gegenbewegungen, Opposition.
Diese Opposition äußert sich unterschiedlich.
Einige Jugendliche arbeiten beim Arbeitseinsatz extra langsam.
Andere zeigen den Hitler-Gruß nicht. Musik spielt eine wichtige Rolle,
denn mit Musik kann man zeigen, welche Einstellung man zur Welt hat.
Viele junge Menschen in der Nazi-Zeit hören Swing.
* Swing-Musik *
Swing-Musik und das Tanzen zum Swing
nennen die Nazis Neger-Musik und Affentänze.
Aber in den größeren Städten, v.a.in Hamburg und Berlin,
finden sich junge Leute zusammen, die miteinander feiern.
Die sich anziehen wie die jungen Leute in den USA und in England.
Die sich die Haare wachsen lassen.
Die Anglizismen verwenden, sich mit englischem Namen ansprechen.
Über die Nazis machen sie sich sogar lustig.
Sie sagen Swing-Heil statt Sieg Heil,
oder Heil Hotler, eine Anspielung auf den Begriff Abhotten,
also zur Swing-Musik tanzen.
Die Nazis wollen die Swing-Treffen verbieten,
aber es kommen manchmal hunderte junge Leute zusammen.
Deshalb gibt es Razzien.
Swing-Tänzer werden zusammen- geschlagen und verhaftet, verfolgt.
Je härter die Verfolgung wird, je härter der NS-Staat vorgeht,
umso mehr wird aus dem jugendlichen Aufbegehren politischer Widerstand.
Widerstand leisten auch die Edelweißpiraten.
Gemeint sind damit Jugendgruppen aus den Industriestädten
im Ruhrgebiet und in Sachsen. Die haben unterschiedliche Namen,
aber die Nazi-Behörden nennen sie Edelweißpiraten,
weil viele Edelweiß-Anstecker tragen wie die verbotene Bündische Jugend,
um sich gegenseitig zu erkennen.
Es ist keine organisierte Bewegung, sondern es handelt sich um Gruppen,
die vor Ort protestieren.
Sie sind meist unpolitisch und wollen sich Freiräume erobern.
Gegen den Mainstream der HJ etwas unternehmen.
Politische Jugendbewegungen gibt es natürlich auch.
Die bekannteste ist die christliche Widerstandsgruppe "Weiße Rose".
Vielleicht habt ihr mal was von Sophie und Hans Scholl gehört.
Sie waren Mitglieder der Weißen Rose.
Gemeinsam mit anderen jungen Leuten, meist Studenten,
verteilen sie in den Jahren 1942 und '43 Flugblätter,
in denen sie sich gegen Hitlers Regime aussprechen.
Bei einer dieser Aktionen an der Münchner Uni
werden die Geschwister Scholl beobachtet und festgenommen.
Nur 4 Tage später werden die Geschwister
und ihr Studienkollege Christoph Probst vom Volksgerichtshof
zum Tode verurteilt und am selben Tag mit der Guillotine hingerichtet.
Und das nur, weil sie sich getraut hatten,
sich Hitler und den Nazis zu widersetzen.
Hans war am Tag der Hinrichtung nur 24 Jahre alt,
Sophie Scholl nur 21.
Sophie und Hans Scholl sind Vorbilder dafür,
dass man auch als junger Mensch das Richtige erkennen und tun kann.
Natürlich kann nicht jeder ein Held sein,
und gerade wenn man schon als kleines Kind indoktriniert wird,
also auf eine bestimmte Ideologie hin getrimmt wird,
kann man sich dem schlecht entziehen.
Umso wichtiger ist es für uns, uns die richtigen Vorbilder zu suchen.
Also ihr seht, Jugend im Nationalsozialismus
ist oft Uniform und Fanatismus. Aber eben nicht nur.
Wenn ihr mehr erfahren wollt
über die Ideologie des Nationalsozialismus
oder das Dritte Reich allgemein, dann abonniert den Kanal,
dann verpasst ihr nichts mehr.
Vielen Dank fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von funk (2018)