Sendung: tagesschau 16.07.2020 20:00 Uhr - Twitter-Konten: Accounts gehackt
Themen der Sendung: Bund-Länder-Gespräche: Mobilitätssperren für Corona-Hotspots, Folgen der Corona-Pandemie: Beratungen der EU-Gesundheitsminister, ARD-Recherche: Fördergelder für Intensivbetten, Berichte über Cyberspionage: Hacker-Angriffe auf Impfstoff-Forschung, Serbien-Kosovo-Gipfel: Erstes Treffen zwischen Hoti und Vucic nach anderthalb Jahren, Urteil in Istanbul: Haftstrafe für Deniz Yücel, EuGH-Urteil zum Datenschutz: Vereinbarung zwischen EU und USA ungültig, Angriff auf Twitter-Konten: Accounts von Prominenten gehackt, Das Wetter
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Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Heute im Studio: Linda Zervakis
Guten Abend,
ich begrüße Sie zur tagesschau.
Bund und Länder wollen künftig
zielgenauer reagieren,
wenn in einer Region
viele Corona-Infektionen auftreten.
Für die Bewohner soll es dann
Reisebeschränkungen geben,
heißt es in einem Beschluss.
Die Regelungen
können auch Gebiete betreffen,
die kleiner sind
als ganze Landkreise.
In Gütersloh und Warendorf
haben sie erlebt, wie es ist,
wenn ganze Kreise im Lockdown sind.
Die Corona-Hotspots
rund um Fleischfabrikant Tönnies
haben Bund und Länder alarmiert.
Deswegen haben beide Seiten
einen Notfallplan vereinbart
für solche Situationen.
Wenn es zu einem Ausbruch kommt,
wo wir nicht sicher sind,
ob wir
alle Infektionsketten erfassen ...
Dass wir dann
konsequente Beschränkungen machen.
Dann aber dem Land auch helfen
durch den Aufbau
von sofortigen Testkapazitäten.
Um dafür zu sorgen,
dass so eine regionale Beschränkung
nicht so lange dauert.
Der Bund wollte Beschränkungen
für ganze Landkreise.
Von Ausreisesperre war die Rede -
dagegen wehrten sich die Länder.
Wie soll die Polizei
das kontrollieren
bei großen Landkreisen oder Städten?
Das ist nicht vorstellbar
und unverhältnismäßig.
In der Beschlussfassung steht jetzt:
Für besonders betroffene Gebiete
sollen Mobilitätsbeschränkungen
gelten - für Gebäude oder Ortsteile.
Lokal, ganz zugeschnitten,
möglichst wenig Eingriffe
in gesellschaftliche Abläufe
bis hin zur Wirtschaft.
Die würden noch mal
einen Shutdown nicht verkraften.
Minimale Beschränkungen:
Das war
den Ost-Ministerpräsidenten wichtig.
Sie fürchten:
Gerade in der Urlaubszeit
könnten zu drastische Maßnahmen
die Bürger verärgern.
Es kann nicht immer
neue Geschichten geben,
neue Kriterien erfunden werden, und
die Menschen sind immer unsicherer.
Klar, wir wollen das
Infektionsgeschehen kontrollieren.
Schnell geklärt werden muss,
wie man mit Reiserückkehrern umgeht.
In welchem Umfang
Tests durchgeführt werden sollten.
Die EU-Gesundheitsminister
berieten heute über Lehren
aus der Corona-Pandemie.
Sie wollen die Versorgung verbessern
mit Schutzausrüstung und Medikamenten
und die Abhängigkeit von Produkten
etwa aus China verringern.
Zudem soll das Europäische Zentrum
für die Prävention
und die Kontrolle von Krankheiten
gestärkt werden.
Es soll
zu einer wirkungsvolleren Instanz
in der Seuchenbekämpfung werden.
Europas Abwehrkräfte stärken,
souveräner werden,
weniger protektionistisch.
Spahns Ehrgeiz und Anspruch sind groß
für die EU-Ratspräsidentschaft.
Wir wollen die Kräfte bündeln,
aus den Erfahrungen lernen.
Da geht es auch um
den Mangel an Schutzausrüstung
und die Medikamentensicherheit.
Lieferengpässe hatten verdeutlicht,
dass sich Europa abhängig gemacht hat
von asiatischer Produktion.
Auf den Intensivstationen drohten
wichtige Narkosemittel auszugehen.
Spahn und seine EU-Kollegen
wollen gegensteuern,
Produktion nach Europa zurückholen.
Wir werden nicht alle Wirkstoffe
und Arzneimittel
in Europa produzieren können
oder auch nicht müssen.
Sondern die definieren, die in
der Intensivmedizin kritisch sind.
Als zu wenig schlagkräftig
erwies sich auch das ECDC,
Europas Pandemie-Bekämpfungsbehörde.
Sie soll mehr Geld, Personal
und auch mehr Kompetenzen erhalten.
Eine Taskforce soll die Mitglieder
im Krisenmanagement unterstützen.
Wir werden die medizinische
Souveränität Europas vorantreiben,
um nationalen Protektionismus
zu verhindern.
Mit gutem Beispiel
marschiert Spahn voran.
Er plant, die nationale
Schutzausrüstungsreserve
auch in eine europäische Reserve
einzubringen.
Das Gesundheitsministerium prüft,
wie Fördermittel für Intensivbetten
in der Corona-Krise verwendet wurden.
Der Bund hatte Krankenhäusern für
die Anschaffung jedes neuen Bettes
50.000 Euro in Aussicht gestellt.
Das sollte einer Überlastung
der Kliniken vorbeugen.
Laut des ARD-Magazins Kontraste
gibt es aber eine Kluft
zwischen gezahlten Zuschüssen
und vorhandenen Intensivbetten.
Aus dem Gesundheitsministerium
ging Ende Juni ein Schreiben
an die Bundesländer.
Darin stellt das Ministerium
eine Abweichung
bei den Intensivbetten fest.
Es fehlten über 7300 Betten.
Die Krankenhäuser müssen
die Zahl ihrer Intensivbetten melden
an das DIVI-Register.
Für jedes zusätzlich
gemeldete Intensivbett
zahlte der Bund
den Krankenhäusern 50.000 Euro.
Wie das Geld verwendet wird,
wird kaum kontrolliert.
Kritik von den Krankenkassen:
Es gibt eine Differenz
von 7000 Betten.
Da reden wir über eine nicht
aufgeklärte Fördersumme von 350 Mio.
Werden freie Intensivbetten
nicht gemeldet?
Oder haben manche Kliniken
Betten abgerechnet,
die nicht vorhanden sind?
Gesundheitsminister Spahn
verspricht Aufklärung.
Es muss überprüft werden,
dass die Investitionszuschüsse
auch genutzt wurden,
um Intensiv-Betten aufzubauen.
Das Gesundheitsministerium
bittet die Länder,
keine weiteren Intensivbetten
mehr zu genehmigen.
Inzwischen seien genügend vorhanden.
Mehr dazu in Kontraste,
heute um 21.45 Uhr im Ersten.
Großbritannien, die USA und Kanada
werfen russischen Hackern vor,
Corona-Forschungsergebnisse
stehlen zu wollen.
Weltweit
würden Einrichtungen ausgespäht,
so Großbritanniens Nationales
Zentrum für Cyber-Sicherheit.
Den Angreifern gehe es
um wissenschaftliche Erkenntnisse
zu Impfstoffen und Medikamenten.
Das Moskauer Präsidialamt
wies die Vorwürfe zurück.
Zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren
sind Regierungsvertreter aus Serbien
und dem Kosovo zu direkten Gesprächen
zusammengekommen.
Der Premierminister des Kosovo
traf sich
mit dem serbischen Präsidenten Vucic.
Borrel sagte, er erwarte
eine konstruktive Diskussion.
Mit einem Schuldspruch
ist in der Türkei
der Prozess gegen den Journalisten
Deniz Yücel zu Ende gegangen.
Ein Gericht in Istanbul verurteilte
den "Welt"-Korrespondenten
zu zwei Jahren und neun Monaten Haft
wegen Terrorpropaganda.
Anlass war ein Artikel
über die verbotene
kurdische Arbeiterpartei PKK.
Außenminister Maas kritisierte:
Das Urteil zeige, dass es weiter
Differenzen mit der Türkei
bei der Presse- und Meinungsfreiheit
gebe.
Nach über zwei Jahren Prozess
gegen Deniz Yücel gibt's ein Urteil.
Zwei Jahre, neun Monate
und 22 Tage Haft.
Der deutsch-türkische Journalist
wird in Istanbul wegen Propaganda für
eine Terrorvereinigung verurteilt.
Sein Anwalt, der Freispruch forderte,
bezeichnete das Verfahren
als juristische Katastrophe.
Wir akzeptieren
die Entscheidung nicht.
Wir finden, sie ist rechtswidrig.
Die Entscheidung des
Verfassungsgerichts war Freispruch.
Vor einem Jahr hatte
das türkische Verfassungsgericht
Yücels einjährige U-Haft
für verfassungswidrig erklärt.
Yücel war heute nicht vor Ort.
Er äußerte sich
nach der Urteilsverkündung.
Gemäß dieses Urteils
hätten sie mich freisprechen müssen.
Das haben sie nicht getan.
Das ist ein Rechtsbruch,
den dieses Gericht begangen hat.
Anderenfalls
hätten sie mit einem Freispruch
den Staatspräsidenten bloßgestellt.
Der hat mich ja
als Terrorist und Agent bezeichnet.
Dadurch hat er
sich auch strafbar gemacht.
Zum Entsetzen vieler
verkündete das Gericht,
dass es zwei neue Verfahren
gegen Yücel gibt:
Wegen Beleidigung des türkischen
Staates und des Präsidenten.
Es ist offensichtlich,
dass die türkische Justiz
eine politische Einmischung
akzeptiert hat.
Präsident Erdogans Einwürfe auch.
Nicht nur,
weil sie Yücel verurteilt haben,
sondern auch, indem sie
zwei neue Verfahren kreiert haben.
Yücels Anwalt wird in Berufung gehen.
Der Europäische Gerichtshof
hat ein weitreichendes Urteil
zum Datenschutz gesprochen:
Die Luxemburger Richter
erklärten das Datenabkommen
Privacy Shield zwischen der EU
und den USA für ungültig.
Die Regelung von 2016 ermöglichte es
Tausenden Unternehmen,
personenbezogene Daten
in die USA zu übermitteln.
Dort sei aber deren Schutz
nicht gewährleistet, so die Richter.
Datenschutzaktivist Schrems
hatte das Verfahren angestoßen.
Max Schrems gegen Facebook:
Zum zweiten Mal war der Österreicher
vor dem EuGH erfolgreich.
Mit dem Ziel,
den Transfer von persönlichen Daten
in die USA einzuschränken.
Die Daten der Facebook-Nutzer
laufen zunächst in Irland
bei der Europa-Zentrale
von Facebook zusammen.
Von da werden sie
in die USA weitergeleitet,
dort auf Servern gespeichert
und genutzt.
So ein Datentransfer
ist nach EU-Recht erlaubt,
wenn in dem anderen Staat ein
"angemessenes Schutzniveau" herrscht.
Der EuGH sagt: Nein!
Der Datenschutz in den USA sei nicht
gleichwertig mit dem in der EU.
Die Nutzerdaten seien
vor einem Zugriff der US-Behörden
bei den Überwachungsprogrammen
zu schlecht geschützt.
Deshalb ist das Abkommen
zum Datentransfer
zwischen EU und USA
laut Gericht ungültig.
Dass Facebook in seinen Verträgen
genug Datenschutz zusichern kann,
scheint nach dem Urteil unmöglich.
Wir brauchen in den USA
massive Überwachungsreformen.
Europas Argumentation ist auch okay,
zu sagen:
Ihr wollt unsere Daten,
wir sind eure Kunden,
wir zahlen viel Geld dafür.
Dann erwarten wir, dass die Daten in
den USA ordentlich gesichert werden.
Die EU will mit den USA
die nächsten Schritte beraten.
Das ist eine Chance für Lösungen,
die die Werte widerspiegeln,
die wir als demokratische
Gesellschaften teilen.
Für einen legalen Transfer
von Nutzerdaten in die USA
werden Facebook und Co.
andere Lösungen brauchen.
Das könnten neue Zusicherungen
der USA in Sachen Datenschutz sein.
Oder die Daten
werden in Europa gespeichert.
Weitere Hintergründe zu dem Urteil
finden Sie auf tagesschau.de.
Kriminelle haben die Twitter-Konten
zahlreicher Prominenter gehackt,
um so Geld einzutreiben.
Opfer des Hacker-Angriffs
wurden u.a. Ex-US-Präsident Obama,
Tesla-Chef Elon Musk
und Rapper Kanye West.
Über deren Konten
verschickten Unbekannte
Aufrufe zum Handel
mit der Kryptowährung Bitcoin.
Twitter löschte die Aufrufe
und verspricht Aufklärung.
Viele träumen vom schnellen Geld.
Doch es klang zu schön,
um wahr zu sein,
was Barack Obama auf Twitter anpries.
"Schickt mir 1000 Dollar in Bitcoin,
dann schicke ich 2000 zurück."
Man möge sich beeilen, das Angebot
gelte nur eine halbe Stunde.
Wortgleiche Tweets kamen gestern
von Accounts vieler US-Prominenter
aus Politik,
Wirtschaft und Showbranche.
Doch die Absender
wurden Opfer einer Cyber-Attacke.
Unbekannte hatten
ihre Twitter-Konten gehackt.
Die Social-Media-Konten
von Prominenten sind begehrt.
Wenn man darüber Kontrolle bekommt,
erreicht man viele Menschen
in kurzer Zeit.
Maximaler Effekt,
das ist im Sinne der Angreifer.
Aber solche Konten
sind normalerweise
sehr gut abgesichert
durch kompetente Mitarbeiter.
Die Twitter-Zentrale in San Francisco
im Krisenmodus.
Dem Kurznachrichtendienst droht
ein massiver Vertrauensverlust.
Mitbegründer und Twitter-Chef
Jack Dorsey schreibt:
"Das ist ein harter Tag für Twitter.
Wir fühlen uns schrecklich,
dass dies passiert ist.
Wir untersuchen das und informieren
dann so weitgehend wie möglich."
Inzwischen meldet das Unternehmen,
die Hacker hätten sich erfolgreich
Zugang zu Konten und Werkzeugen
von Twitter-Mitarbeitern verschafft.
Der Hackerangriff offenbart
erschreckende Sicherheitslücken,
löst aber noch andere Sorgen aus:
Donald Trump
hat über 83 Mio. Follower.
Mit seinen polarisierenden
Botschaften macht er Wahlkampf,
mitunter auch Außenpolitik.
Wenn der Account des Präsidenten
gehackt würde,
könnte dies gefährliche Krisen
heraufbeschwören.
Die Wettervorhersage
für Freitag, den 17. Juli:
Im Osten und Süden
wechselhaftes Wetter,
sonst bei steigendem Luftdruck
langsam freundlicher.
Nachts im Osten stellenweise Schauer,
anfangs auch Gewitter.
Im Westen lässt der Regen nach,
Richtung Alpen
regnet es ergiebig weiter.
Dort morgen zunächst Regen,
sonst teils Sonne, teils Wolken.
Im Osten und Süden einzelne Schauer,
örtlich auch Gewitter.
In Küstennähe länger sonnig.
Am Samstag im Osten und Süden
gelegentlich Schauer oder Gewitter,
sonst recht freundlich.
In den folgenden Tagen
ähnliches Wetter.
Um 22.15 Uhr hat Ingo Zamperoni
diese Tagesthemen für Sie:
Maßnahmen
bei lokalen Corona-Ausbrüchen:
Wie weitreichende Einschränkungen
verhindert werden sollen.
Liebe in Zeiten von Corona:
Kurzfilm-Wettbewerb
über Gefühle im Ausnahmezustand.
Ihnen noch einen schönen Abend.
Copyright Untertitel: NDR 2020