Eko Fresh l GERMANIA
Ich bin hier mit den Gepflogenheiten aufgewachsen, weißt du.
Ich könnte mir das nicht anders vorstellen.
Ich kann mir nicht vorstellen, mal zurückzuziehen.
Es gibt kein Zurück. Ich bin ja hier.
Ich bin Ekrem Bora, alias Eko Fresh.
Ich bin 1983 geboren.
Dementsprechend 34 Jahre alt und ich komme aus Köln.
Kölsche Jung.
Meine Wurzeln sind in Köln.
Wenn du mich natürlich genau fragst, wo ich herstamme,
dann ist es die Türkei.
Mein Opa war ein ganz normaler Gastarbeiter.
Der ist als Erstes hierhin gekommen
und hat dann quasi seine Familie nachgeholt.
So bin ich auf die Welt gekommen.
Unsere Großeltern haben sich quasi komplett aufgeopfert,
damit wir hier eine Existenz bilden konnten, so.
Meine Mutter hat sich dafür aufgeopfert,
damit ich hier eine ordentliche Bildung genießen konnte und so weiter.
Egal wie weit ich weg von der Heimat bin sozusagen,
wenn ich irgendwo türkische Musik höre, merke ich, ich habe was damit zu tun.
Also das spricht dich direkt an.
Das trifft direkt dein Herz oder deine Seele sozusagen, ne.
Das Gleiche habe ich lustigerweise auch bei kölscher Musik.
Wenn kölsche Musik läuft, denke ich, "Ah, guck mal hier.".
Also, ähm, das ist einfach was, was in einem schlummert.
Manchmal denke ich, ich bin für den deutschen Mainstream zu türkisch.
Dass ich da immer nur als Türke auftrete.
Das heißt, wenn ich in einer Show bin, dann geht es immer: "Ja hier, der Türke".
Das ist eigentlich Quatsch. Ich bin genauso hier geboren.
Ich denke ja nicht 24 Stunden am Tag, "Oh, ich bin Türke, ich bin Türke."
Das ist doch ... weißt du? Jeder ist halt das, was er ist.
Andererseits denke ich mir, dass ich für das Klientel
von der harten Straßenwelt manchmal sogar zu deutsch bin.
Natürlich ist man stolz darauf, wo man herkommt.
Ich bin stolz, aus der Türkei zu stammen.
Ich bin auch stolz, aus Deutschland zu kommen.
Es ist aber nicht das Einzige, worauf ich stolz bin.
Wenn du nach meiner Identität fragst oder wer bist du,
kommt nicht zuerst "Ich bin Türke" oder "Ich bin Deutscher".
Sondern: "Hallo, ich bin Ekrem, ich bin Rapper, ich bin Kölner, ich bin Künstler.
Ich mache dies, das." - "Ach so, wo wohnst du?"
"In Köln, da und da." - "Und woher stammen deine Eltern?"
Dann kann ich das sagen, weißt du.
Aber es ist nicht das Erste, was ich sage.
Wenn ich zum Beispiel türkisches Fernsehen gucke,
dann ist das für mich wie englisches Fernsehen.
Ich muss erst mal genau zuhören, mich an die Tonalität wieder gewöhnen
und dann komme ich erst wieder rein und verstehe alles so.
Letztendlich spreche ich deutsch, ich denke deutsch,
ich träume deutsch, ne?
Und rede halt wie ein Türke, der aus Deutschland kommt.
Also das merkt man drüben sofort.
Meine Mutter hat immer so Angst sozusagen vor allem gehabt.
Sie wollte bloß keine Probleme kriegen und so, ja?
Bei mir war diese Angst auch ein bisschen eingepflanzt.
Wenn ich irgendwo reinging, in irgendeinen Laden.
Ich hab immer so dieses bisschen Schämen gehabt.
"Denken die jetzt, ich will irgendwas klauen?"
Also immer noch dieses, weiß ich nicht, dieses Ausländerding.
Aber es wird von Jahr zu Jahr anders.
Köln ist einfach Köln.
Also theoretisch gesehen oder praktisch gesehen,
wohne ich nicht mehr in Köln, ich bin ein bisschen außerhalb gezogen.
Da wohnen teilweise nur alte Leute.
Aber klar falle ich auf eine Weise auf,
wenn ich zum Beispiel im Jogginganzug rumlaufe
und den Bart paar Tage nicht rasiert habe.
Und mit Wollmütze, mit meinem Hund.
Gucken die Leute schon zweimal: "Will er uns jetzt ausrauben, oder?"
Ich lebe da gerne.
Deswegen, wenn ich dort bin, ist es "quality time".
Deutschland ist für mich meine Heimat.
Das, wo ich es geschafft habe
irgendwie aus dem Nichts etwas zu machen.
Keiner kann mir sagen, dass ich das woanders geschafft hätte.
Deswegen ist das Motto von meinem Label
und von meiner ganzen Diskografie sozusagen:
Deutscher Traum - "German Dream".
Weil ich das zelebriere,
dass du es von hier von Nichts zu etwas schaffen kannst.
Weil das ist das, was ich erlebt habe.
Ich hatte gar nichts.
Und wenn ich sage, gar nichts, dann gar nichts.
Vor fünf Jahren wusste ich nicht, was ich morgen esse.
Auf jeden Fall hat mir das Deutschland ermöglicht.
Deswegen lass ich kein schlechtes Wort auf Deutschland kommen.
Wenn ich was zu meckern habe, meckere ich auch mal.
Aber: Man darf nicht unterschätzen, wie geil wir es hier haben.
Dass wir hier eine Redefreiheit haben.
Das könntest du in anderen Ländern gar nicht bringen.
Was du hier alles schaffen kannst.
Du kannst dich bilden, du kannst in Vereine gehen und, und, und.
Sei froh, dass du hier bist, du kannst hier alles erreichen.
Und wenn ich sage, alles, dann meine ich auch alles.
Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017