Horst Wegener | GERMANIA
Die Tatsache, dass sich Horst sage, und jemand meinen Pass sehen möchte,
zeigt immer noch, dass für viele Deutsche
immer noch Deutschsein mit Weißwein zu tun hat.
Und, wir 2019 uns eingestehen müssen, zum Glück,
dass man Deutsch sein kann, wenn man so aussieht wie ich.
* Titelmusik *
Mein Name ist Horst Wegener, ich bin in Ecuador geboren,
und mit 2 Jahren nach Deutschland gekommen.
Und seitdem in Wuppertal aufgewachsen.
Ich lebe vom Musik machen, ich bin Rapper, und Filmemacher.
Meine Mutter ist in Ecuador geboren, so wie ich.
Und mein Vater ist in Wuppertal geboren,
er hat sich im jungen Alter dazu entschlossen,
sich auf den Weg zu machen nach Südamerika,
ist dort durch die Länder gereist, in Ecuador ist er hängengeblieben.
Da hat er meine Mutter kennengelernt. Nun sind wir alle in Deutschland.
Ich bin in einem weißen Umfeld großgeworden.
Ich war irgendwie der einzige Farbige in der Schule,
der einzige Farbige in der Fußballmannschaft,
der einzige Farbige beim Klavierunterricht.
Und, es hat sich irgendwie so durchgezogen.
Und dann warst du so auf lustig immer der Quotenschwarze.
Und irgendwie hat man sich diesen Schuh dann auch angezogen.
Und hat so einen Humor entwickelt, der einen über sich lachen lässt.
Für mich war es viel härter, als es sich in dem Moment angefühlt hat.
Sei es, dass ich mich als Kind daran erinnern kann,
dass es mir furchtbar unangenehm war,
Bananen in der Öffentlichkeit zu essen.
Weil ich Angst hatte,
Menschen könnten diese Affen-Assoziation zu mir haben.
Ich hatte früher immer das Gefühl,
dass ich mit einer gewissen Anstrengung,
ein gutes Bild eines Dunkelhäutigen aufrechterhalten muss.
Weil ich das Gefühl hatte, ich stehe für eine Gruppe von Menschen.
Heißt, wenn jemand an mir sieht, dass ich ein höflicher,
der Müll aufhebende, an der Bushaltestelle wartende Typ bin,
dass die Leute das dann auch auf andere projizieren.
Mein Vater hat mich genauso wie mein Opa genannt, Horst.
Sowohl früher als auch heute stoße ich immer auf Probleme,
wenn ich mit meinem Namen rausgehe.
Eine prägende Situation war,
als ich im Zug auf dem Weg nach Hamburg war,
und immer, wenn man ICE fährt, ist es ja personalisiert das Ticket,
da steht der Name drauf.
Und ich beobachte so, wie der Schaffner kommt
und jeden durchgeht und nur so das Ticket kontrolliert.
Und bei mir hat er nach dem Ausweis gefragt.
Ich hab dann gefragt, warum er mich nach dem Ausweis fragt,
und die anderen nicht.
Er sagte, sie sehen augenscheinlich nicht aus wie ein Horst Wegener.
Ach, deswegen habe ich auch den Song "Mein Name ist Horst" geschrieben.
Weil ich für so ein Selbstverständnis kämpfen möchte,
dass wir irgendwann, vielleicht in der nächsten Generation,
soweit sind, dass sowas nicht mehr hinterfragt wird.
Ich wohne in Wuppertal auf dem Ölberg.
Ich liebe dieses Viertel einfach,
weil da für mich der Querschnitt der Gesellschaft da ist.
Unabhängig von Nationalität.
Weil das einfach schafft, Leute ein Dach zu geben,
die so unterschiedlich sind,
aber irgendwie dennoch auf einem Ort klarkommen.
Angefangen von uns jungen Menschen, die jeden Tag laut sein wollen.
Bis zur alleinerziehenden Mutter,
die ab 10 Uhr zappenduster haben möchte.
Bis zu dem Typen,
der stolz seine Deutschland-Flagge draußen hängen hat.
Aber, ohne irgendwie negativen Einfluss auf unser Leben zu haben.
Überall überschneiden sich die Parallelwelten.
Was in diesen Lokalitäten steckt, und teils ganz andere Wurzeln hat,
ist für mich inzwischen einfach Wuppertal.
Beispielsweise wie beim Chai-Tee, den man dann beim Friseur bekommt.
Oder, dass man mit der Klinge die Nackenhaare ausrasiert bekommt.
Alles so Sachen, die dann zu meinem Alter wurden.
Wenn ich jetzt an Deutschland denke, dann gehört für mich der Chai-Tee
genauso dazu wie die Pommes mit Yuki Sauce.
Einfach, weil es meine Realität ist.
* Musik *
Untertitel: ARD Text im Auftrag von funk (2019)