Kelly | GERMANIA
Typisch bayerisch, auf das mich die meisten Leute auch ansprechen,
ist das rollende "R".
Das ist in Franken sehr gängig.
Außerdem vermischt sich das wieder mit dem Tschechisch,
d.h., mein rollendes "R" ist besonders rollend.
* Musik *
Ich bin Kelly, ich komme gebürtig aus Fürth, was in Bayern liegt.
Oder besser gesagt in Franken.
Ich wohne derzeit in Köln und bin von Beruf YouTubeerin.
YouTube spielt eine große Rolle in meiner persönlichen Entwicklung.
Ich war schon immer eine Person, die gerne vor der Kamera stand.
Wir haben unglaublich viele Homevideos zu Hause,
wo ich Gesichter in die Kamera mache.
Ich glaube nicht, dass es die Zahlen, Likes
oder bestimmte Kommentare sind, die man bekommt.
Ich glaube, es ist eher die Selbstverwirklichung.
Das innere Verlangen danach, sich selbst auszudrücken.
Bayern wird ja ganz oft
scherzhaft schon gar nicht zu Deutschland gezählt.
Für mich ist Bayern komplett klassisch und traditionell deutsch.
Bayerisches Essen, Dirndl, Maß Bier,
das ist für mich einfach Deutschland.
Und in Bayern ist man unter sich.
Man hat da seinen Bekannten- und Freundeskreis.
Alles, was darüber hinausgeht, wird kritisch beäugelt.
Trotzdem bin ich mit vielen Ausländerkindern aufgewachsen
in der Schule.
Wir waren alle zusammen immer im Deutschförderkurs.
Ich war in der 3. Klasse, als meine Lehrerin den Kindern erklärt hat,
woher eigentlich Nachnamen kommen.
Da durfte sich jedes Kind melden, das "Meier" oder "Müller"
mit Nachnamen hieß.
Ich habe ihr dann meinen Nachnamen gesagt: Svirakova.
Dann meinte sie: Woher soll ich denn wissen, was dein Nachname heißt,
das ist ja kein deutscher Nachname.
Was im Nachhinein noch einmal klarmacht,
dass sich auch gar nicht darüber nachgedacht habe,
dass sich jetzt anders bin.
Ich bin meinen Eltern sehr dankbar,
dass die mich tschechisch erzogen haben,
dass ich die Sprache auch gelernt habe,
dass sich bilingual aufgewachsen bin.
Gerade auch, weil meine ganze restliche Familie,
die sind alle in Tschechien gewesen.
Ich verbinde das einfach mit Heimat.
Meine Eltern sind vor 25-30 Jahre nach Deutschland gekommen.
Die sind damals vor dem Kommunismus in Tschechien geflüchtet.
Mein Vater ist damals als Erstes nach Deutschland rübergekommen.
Der hatte damals in einem Orchester gespielt,
das vom Staat die Einwilligung hatte,
das Land zu verlassen, um Tschechien zu repräsentieren.
Als die mit dem Bus über die Grenze gekommen sind,
ist er einfach ausgestiegen und nie wieder eingestiegen.
Da meine Eltern im Kommunismus aufgewachsen sind,
haben die mir viel von den Werten auch vermittelt.
Man muss sich das so vorstellen,
dass ich mit Geschichten aufgewachsen bin,
dass es nur einmal im Jahr Bananen oder Orangen gab.
Das war zu Weihnachten.
Und mein Vater immer noch bis heute,
wenn er eine Orange oder eine Banane isst, sagt, dass das lecker ist.
Das weckt bei ihm das Gefühl von Wertschätzung,
was man eigentlich hat.
Das hat mir einfach beigebracht, wertschätzen zu können,
was für Möglichkeiten ich habe
und auf was für Dinge ich zugreifen kann.
Gleichzeitig haben sie mir mitgegeben,
alle meine Möglichkeiten auszuschöpfen,
die mir hier gegeben werden in Deutschland.
Das ist so eine gesunde Mischung, ein gesundes Gleichgewicht,
die Welt anzusehen.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)