Was BERLIN von WIEN lernen kann: Rezepte gegen HOHE MIETEN - VisualPolitik DE
Sicher habt ihr irgendwann schon mal diese Diskussion mit euren Freunden geführt...
Warum steigen die Wohnungsmieten überall auf der Welt? Egal, ob in München, Los Angeles
oder London: Wir sprechen hier von einem wirklich globalen Phänomen, das in allen großen Metropolen
anzutreffen ist.
Vor allem aber sollten wir uns erst mal fragen, ob es dieser Anstieg tatsächlich problematisch
ist oder ob sich diese Entwicklung noch in einem wirtschaftlich sinnvollen Rahmen abspielt?
Worum auch immer es sich handelt, schauen wir uns zunächst die Auswirkungen an. In
der Stadt Los Angeles zum Beispiel ist die Durchschnittsmiete in den letzten 3 Jahren
um 15% gestiegen. Für jemanden mit einem ordentlichen Gehalt stellt das eher eine Unannehmlichkeit
als ein existentielles Problem dar.
Aber stell dir vor, du würdest in L.A. leben und als Verkäuferin oder Verkäufer in einem
Ladengeschäfts arbeiten. Welche Auswirkungen hätte diese Entwicklung auf deine finanzielle
Situation?
Als Verkäuferin im Einzelhandel würdest Du wahrscheinlich etwa 2000 USD im Monat verdienen.
Eine 50 Quadratmeter große Einzimmerwohnung im Süden von Los Angeles, der preislich am
günstigsten ist, kann die Miete gut 1200 USD pro Monat kosten. Das wären 60% Deines
Gehalts. Der Rest würde für alle anderen grundlegenden Lebenshaltungskosten wie Essen
und Kleidung draufgehen. In einer solchen Situation fällt ist es extrem schwer, Geld
zu sparen.
Der Idealfall sieht anders aus: Miete oder Hypothekenzahlungen sollten nicht mehr als
ein Drittel deines Gehalts ausmachen, damit genug für einen einigermaßen komfortablen
Lebensstil übrigbleibt und du auch auch etwas Geld für außergewöhnliche Anschaffungen,
Altervorsorge oder die in den USA äußerst hohen Studiengebühren deiner Kinder ansparen
kannst. Wenn aber 60 % des Einkommens für Miete draufgehen, kann einen schon ein kleiner
Anstieg der Preise aus der Bahn werfen. Da landet man dann auch ganz schnell mal unterhalb
der Armutsgrenze. Und ja, dieses Risiko ist realer, als viele glauben wollen.
Die Zahl der Obdachlosen in Los Angeles steigt dramatisch an - auf 36.000
Aber das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstande! Denkt mal darüber nach, wie
wir euch hier bei VisualPolitik immer davon erzählen, wie die Welt besser wird. Die Menschen
werden im Schnitt immer wohlhabender, gesünder und der weltweite Lebensstandard steigt beständig.
Das liegt zum Teil daran, dass... die Dinge billiger werden! Hier ein Beispiel: In den
70er Jahren konnten sich nur 20% der Amerikaner leisten, jemals in ihrem Leben mit einem Flugzeug
zu verreisen. Wieso? Weil ein Flug von Los Angeles nach New York damals inflationsbereinigt
1500 Dollar gekostet hat. Nun, genau dieser Flug kostet heute nur noch 200 USD. Ich bin
mir ziemlich sicher, dass ihr dank dessen öfter mit einem Flugzeug geflogen seid als
eure Großeltern in eurem Alter. Dasselbe gilt für viele andere Waren und Dienstleistungen.
Alles wird immer erschwinglicher... außer Häuser! Egal, ob ihr miet oder kauft: ihr
müsst dafür in der Regel mehr Opfer bringen als die Generation eurer Großeltern.
Heute ist es in Städten wie Stockholm nichts außergewöhnliches, dass Menschen in 15 Quadratmeter
großen Wohnungen leben. Dort ist es z.B. nichts außergewöhnliches, dass sich dort
viele vollkommen zerstrittene Paare noch jahrelang zusammen leben müssen, weil sie darauf warten,
dass einer von ihnen eine neue Wohnung findet. Kann man ein solches Land eigentlich noch
einen Wohlfahrtsstaat nennen? Aber die eigentliche Frage hier lautet...
Warum steigen die Mietpreise derart? Könnte man dieses Problem mit einer besseren Politik
lösen? Heute werden wir diese Fragen beantworten, aber vorher wollen wir einen Blick zurück
in die Geschichte werfen.
ANGEBOT, NACHFRAGE UND... DER REST
In so gut wie jedem Land der Welt wächst die Zahl der Einwohner. Noch vor einem Jahrzehnt
labten in den USA 300 Millionen Menschen. Jetzt sind es 27 Millionen mehr. Aber das
Wachstum vollzieht sich ganz und gar nicht gleichmäßig.
Wenn wir uns die Lage in Detroit oder Cleveland anschauen, stellen wir fest, dass dort immer
weniger Menschen leben. Sie verlassen die Stadt. Und wo gehen sie hin? Ganz genau! In
wohlhabendere Städte wie L.A. oder New York. Und was bedeutet das? Das bedeutet, dass die
Nachfrage nach Wohnen in diesen Städten immer weiter steigt. Das ist völlig in Ordnung,
und natürlich.
Und liegt das wahre Problem! In einem normalen Markt kann das Angebot steigen, um die Nachfrage
zu befriedigen. Schauen wir uns zum Beispiel die Ölmärkte an. Wir haben euch hier bei
VisualPolitik oft davon erzählt, wie Saudi-Arabien seine Ölproduktion je nach Bedarf des Marktes
verringert oder erhöht. Bei Öl ist das nämlich relativ leicht. Man kann die Produktion von
einem Monat auf den anderen erhöhen. Aber wenn es um Immobilien geht, müssen mehr Häuser
gebaut werden, damit das Angebot wächst... und das braucht Zeit. Außerdem ist die Investitionssumme
für ein großes Mehrfamilienhaus recht hoch und die Gewinnmargen liegen bei etwa 3%.
Die jetzige Situation ist nun, dass wir sehr sehr viele neue Häuser brauchen, um den Bedarf
zu decken.
Kalifornien müsste bis 2025 3,5 Millionen Wohneinheiten bauen, um seine Wohnungslücke
zu schließen - Auszug aus einem Bericht des McKinsey Global Institute, Oktober 2016
Aber warum haben Bauherren so große Probleme mit dem Bau von Häusern? Wir sprechen doch
über Geschäftsläute. Bei so viel Nachfrage könnte man doch ein tolles Geschäft mit
Wohnungen in Kalifornien machen, oder?
Nun... natürlich kannst du das. Es gibt nur ein Problem!
Bauvorschriften, Bebauungspläne und viele andere Vorkehrungen, mit denen die Politik
und die Behörden den Immobilienmarkt streng regulieren. Wenn man in L.A. bauen möchte,
braucht man eine Baugenehmigung und die zu bekommen kann mehr als 3 Jahre dauern.
Wo, wie und was gebaut werden darf liegt nun mal in den Händen der Kommunalpolitiker und
-beamten. Aber woher weiß man in den Rathäusern, wie viele Wohnungen überhaupt benötigt werden?
Zunächst einmal werden Statistiken zum Bevölkerungswachstum herangezogen.
Wenn man nun z.B. in L.A. das Wachstum der Zahl an Wohnungen mit dem der Bevölkerung
vergleicht, erkennt man, dass diese durchaus korrelieren.
Oberflächlich betrachtet ist dann doch alles in Ordnung, oder? Ganz und gar nicht!
Denn die Bevölkerungszahl ist eine Sache und die reale Nachfrage eine ganz andere.
Stellt euch zum Beispiel ein Paar vor, das in einem Haus wohnt. Wenn sich die beiden
scheiden lassen, brauchen sie plötzlich eine zusätzliche Wohnung.
Und voilà! Bei gleicher Bevölkerungszahl haben wir gerade doppelt so viel Nachfrage
geschaffen. Die Realität sieht so aus, dass die Zahl von Singles und Geschiedenen immer
weiter steigt. Und nicht nur in L.A. ... ebenso in Madrid, Berlin und fast jeder anderen Stadt.
Viele Experten sind der Meinung, dass die Lösung darin bestünde, einfach noch mehr
Häuser zu bauen. Andere setzen sich für die Abschaffung von Beschränkungen durch
Bebauungspläne ein. Aber in Europa setzen viele Städte auf Mietpreiskontrollen. Glaubt
ihr, dass eine solche Politik funktioniert? Ist das eine gute oder eine schlechte Idee?
Schauen wir uns das mal etwas näher an!
DAS ANDERE STOCKHOLM-SYNDROM
Wenn wir über Schweden sprechen, dann meist deshalb, weil wir es als Modell ansehen. Die
Menschen in Schwedische genießen einen großzügigen Sozialstaat und ebenso eine dynamische Wirtschaft
mit innovativen Unternehmen. Darunter befindet sich Europas berühmtestes Startup... auch
wenn es vielleicht nicht mehr lange in Schweden bleibt.
Spotifys Drohungen, Schweden zu verlassen, beflügeln Start-up-Protest in Stockholm
Warum also wollen Startups Schweden verlassen? Ist es wegen der hohen Steuern? Nicht wirklich!
Der Hauptgrund ist, dass sie keine talentierten Mitarbeiter aus dem Ausland einstellen können.
Und du sagst vielleicht... Komm schon, Mark! Jeder weiß, dass Schweden berühmt ist für
seine Kultur der Offenheit gegenüber Migranten! Und ja, das ist es in der Tat!
Nur leider haben jene Migranten, welche diese Unternehmen brauchen würden, außerordentlich
viel Pech. Z.B. bei der Wohnungssuche in Stockholm! Während wir für dieses Video recherchierten,
sprachen wir mit einem Mann, der anderthalb Jahre lang für ein schwedisches Startup gearbeitet
hat. Er verdiente ein Gehalt von 2900 Euro im Monat, aber mehr als die Hälfte davon
ging für Miete seiner 45 Quadratmeter-Wohnung drauf.
Und glaubt mir, das war nicht der schlimmste Fall. Eine Wohnung in Stockholm zu finden,
ist so schwer, dass manche Leute Monate auf einem AirBNB-Zimmer verbringen, in der täglich
Hoffnung, doch noch einen durch eine glückliche Fügung einen langfristigen Mietvertrag zu
ergattern.
Warum aber hat die Wohnsnot in Stockholm derart krasse Züge angenommen? Alles begann in den
50er Jahren. Schweden brauchte Häuser. So schuf die sozialdemokratische Regierung das
sogenannte "Millionenprogramm". Die Idee war, in kurzer Zeit eine Million staatlicher Sozialwohnungen
zu bauen – bei einer Bevölkerung von rund 8 Millionen Einwohner. Damals hatte jeder
Schwede Anspruch auf eine staatliche Wohnung zu Mietpreisen, die heute 400 oder 300 Euro
entsprechen. Und da viele auf diese tolle Möglichkeit zurückgriffen, war sowohl das
Interesse der Mieter an privat vermieteten Objekten als auch von Investoren, dies privaten
Wohnungen zu bauen, sehr gering. Zumal die ganze Bauwirtschaft ja jetzt mit dem Bau der
Staatswohnungen beschäftigt war.
Aber die Dinge änderten sich in den 90er Jahren schlagartig. In diesen Jahren durchlebte
Schweden eine der schlimmsten Finanzkrisen seiner Geschichte. Die Staatsschulden schossen
in die Höhe und plötzlich war aus die Maus mit dem staatlich garantieren Haus. Was aber
blieb war die Mietpreisbeschränkung.
Wer jetzt keine staatliche Sozialwohnung mehr bekommen hatte, sah sich nun mit einem extrem
verknappten privaten Mietmarkt konfrontiert. Noch immer ist es in Schweden Tradition, es
erst mal auf dem staatlichen Wohnungsmarkt zu versuchen. Das sieht dann etwa so aus:
Als Schwede ist das erste, was man tut, sobald man das 18. Lebensjahr erreicht hat, sich
für eine staatliche Wohnung zu bewerben. Wenn man Glück hat, bekommt man nach einer
Wartezeit von etwa 13 Jahren eine 2-Zimmer-Wohnung für nur 600 Euro im Monat.
Mit anderen Worten: Was man nicht mit Geld bezahlt, bezahlt man mit Zeit. Dies erklärt,
warum 25% der Schweden bis zum 30. Lebensjahr bei ihren Eltern leben.
Dies erklärt auch, warum sich die schwedische Gesellschaft von der Miete ab- und zum Wohneigentum
hinwendet. Bei niedrigen Hypothekenzinsen kaufen sich die meisten Schweden lieder so
schnell wie möglich ihre eigene Immobilie.
Und was passiert nun mit den Menschen, die nicht in Schweden geboren sind? Was passiert,
mit Einwanderern, die keine Familie haben, bei der sie erstmal wohnen können? Nun...
in diesem Fall... willkommen in der wunderbaren Welt des privaten Wohnungsmarkts!
Grundsätzlich herrscht in Schweden die Meinung vor, dass man mit Vermietung kein Geld verdienen
sollte. Es gibt dort eine Menge Gesetze, welche Eigentümern das Vermieten verleiden oder
gar ganz verbieten. Langzeitmietverträgen sind z.B. verboten. Aber selbst wenn man einen
Mieter mit einem Ein-Jahresvertrag haben darf, kann einem die Hausgemeinschaft die Erlaubnis
dazu verweigern.
Ja, ihr habt richtig gehört. Ihre Nachbarn können bestimmen, ob du deine Wohnung vermieten
darfst oder nicht. Diese vielen Beschränkungen erklären dem Umstand, dass es so gut wie
keine freien Wohnungen gibt.
Und so müssen trotz des aufgeblähten schwedischen Sozialstaats viele Menschen in 20-Quadratmeter-Wohnungen
hausen. Wenn ihr jetzt aber glaubt, das Problem wäre einfach nur weniger Wohnkomfort, liegt
ihr ganz falsch. In Schweden geht nämlich folgendes ab:
Schweden untersucht Unruhen in einem hauptsächlich von Migranten bewohnten Vorort von Stockholm
Ganz genau! All jene armen Einwanderer, ein kein hippes Startup eine Villa Kunderbunt
bezahlt, müssen in die unattraktivsten Viertel ziehen. Und so entstanden im Land von Pipi
Langstrumpf soziale Ghettos mit jener hohen Bandenkriminalität, von der ihr sicher auch
schon gehört habt. Darüber werden wir aber in einem zukünftigen Video sprechen. Und
wenn Du dieses nicht verpassen möchtest, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, auf den
Abonnieren-Button und anschließend auf‘s Glöckchen daneben zu klicken, denn jede Woche
veröffentlichen wir brandneue Videos, mit denen Du Deinen Horizont erweitern kannst.
Aber kommen wir zurück zu unserer Geschichte. Natürlich könnte die Wohnungsnot in Stockholm
durch den Bau neuer Wohnungen Häuser gelöst werden. Aber selbst wenn der Staat 80.000
neue Wohnungen pro Jahr bauen würde, wie viele vorgeschlagen haben, müsste auch diese
Mietgesetzgebung dringend geändert werden, um auch den privaten Wohnungsmarkt anzukurbeln.
Davon sind die Schweden jedoch nach wie vor weit entfernt.
So, und jetzt fragst du dich vielleicht... ob wir dich in diesem Video nur wieder mit
Problemen zutexten wollen. Aber nein doch, natürlich wollen wir dich nicht Hoffnungslosigkeit
ertränken, sondern dir auch Lösungen präsentieren! Ja, es gibt auch positive Beispiele von Städten,
die ihr Wohnungsproblem in den Griff bekommen haben!
Also, dann nichts wie los!
WIEN UND WOHNEN FÜR ALLE
Österreich ist eines der wohlhabendsten Länder Europas. Das Durchschnittsgehalt liegt hier
bei über 2.700 Euro im Monat. Und wenn man in Wien lebt, ist es nicht schwer, Jobs zu
finden, die mehr als 3500 Euro im Monat einbringen. Trotzdem sind die Miet auf dem Niveau viel
ärmerer Städte wie z.B. Madrid. Für 1500 Euro bekommt man eine komfortable 80 Quadmeter
große Wohnung im Stadtzentrum.
Und ich weiß, was du denkst... Jetzt werden mir die Jungs von VisualPolitik eine weitere
Geschichte darüber erzählen, wie eine Stadt mit Hilfe des freien Marktes ihr Glück, richtig?
Nun... nein. Das Gegenteil ist der Fall.
Eine Dienststelle des Magistrat namens „Wiener Wohnen“ ist der größte Vermieter der Stadt
und ihr gehören so viele Wohnungen, dass die Stadt Wien sogar der größte Immobilienbesitzer
Europas ist! Wie ist es dazu gekommen?
Nun, nach dem Ersten Weltkrieg herrschte unter den Wiener Arbeiterfamilien großes Elend.
Deswegen beschloss die frisch gewählte sozialdemokratische Stadtverwaltung, für diese kommunale Wohnsiedlungen
zu bauen. So entstanden die ersten 64.000 Gemeindewohnungen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde dann halb Wien aber durch Bombenangriffe zerstört. Nun beschloss
die Stadtverwaltung, den Wiederaufbau kräftig zu finanzieren. Und wer zahlt, bestimmt bekanntlich
die Musik. Daher wollte der Magistrat auch die Bedingungen bestimmten, zu denen vermietet
wird. Und so begann das weltweit ehrgeizigste öffentliche Wohnbauprogramm.
Heute leben 80% der WienerInnen in Mietwohnungen und 60 % davon sind Sozialwohnungen. Einige
der Gebäude sind in Genossenschaftsbesitz und andere gehören der Stadt. Allerdings
reden wir hier nicht über normale Mietverträge! Tatsächlich handelt es fast um Eigentum,
nur mit Einschränkungen. Im Grunde haben Mietverträge in Wien ewig lange Laufzeiten…
über den Tod des Mieters hinaus!
Ja, denn diese Mietverträge können auch vererbt werden. Also, solange du nicht umziehst,
kannst du sagen, die Wohnung gehört dir. Und glaub mir, derart qualitativ hochwertige
Wohnungen will keiner mehr ohne guten Grund hergeben!
Während sich in vielen Ländern Sozialwohnungen nur die Arme Menschen gedacht ist und dann
in eher schlechten Wohngegenden stattfindet, ist dies in Wien ganz anders: Beste Lagen,
Top-Ausstattung mit Schwimmbädern, Fitnessstudios und sogar Saunen. In einigen Fällen führt
dies sogar zu recht absurden Situationen.
Während wir für dieses Video recherchiert haben, sprachen wir mit dem Wiener Rathaus
über viele Fälle. Zum Beispiel gibt es eine junge Frau, die in einer 80 Quadratmeter großen
Wohnung im Zentrum der Stadt lebt. Was glaubst du, wie viel Miete sie zahlt? 400 Euro! Aber
ihr Nachbar, der in einer ähnlichen Wohnung lebt, zahlt 2000 Euro.
Warum? Er wohnt in einer der Wohnungen, die nicht öffentlich sind! Wie in Stockholm gibt
es also auch in Wien zwei Arten von Mietwohnungen mit regulierten und unregulierten Mieten.
Und jetzt fragt ihr euch vielleicht... Wie kommt es, dass es hier keine langen Wartezeiten
gibt wie in Schweden? Nun, hier ist die Antwort!
Jährlich gibt Wien etwa 600 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau aus. Zum Vergleich:
Deutschland - mit einer Bevölkerung, die mehr als 45 Mal so groß ist wie die von Wien
- gibt bundesweit rund 400 Millionen Euro aus.
Und jetzt fragt ihr euch vielleicht... wie dieses ganze System eigentlich funktioniert.
Nehmen wir an, Du ziehst nach Wien. In den ersten Jahren kann man keinen Sozialwohnungsantrag
stellen. Aber kein Problem! Mehr als 290.000 Wohnungen sind auf dem freien Markt. Es ist
also nicht schwer, ein geeignetes Plätzchen zu finden, denn die Preise sind nicht übertrieben
hoch – eben aufgrund des großen Angebots.
Nach 2 oder 3 Jahren, kannst Du Dich für ein städtische Wohnung bewerben. Dann kommt
es auf Deinen Familienstand, Dein Einkommen und auch darauf an, wie wählerisch Du bist.
Normalerweise beträgt die Wartezeit aber nicht mehr als 2 Jahre.
Aber natürlich ist, wie wir bei VisualPolitik immer sagen, auch hier nicht alles nur eitel
Sonnenschein. Das erste Problem bei diesem System besteht darin, dass du nicht mehr aus
Ihrer Wohnung ausziehen willst, wenn du sie erst einmal gefunden hast. Denn dieses Modell
schränkt deine Wahlfreiheit recht stark ein. Im Grunde genommen wählst nicht Du die Wohnung
aus, sondern die Stadtverwaltung für Dich. Das ist vor allem deshalb wichtig, da die
Wohnung und ihre Lage ja einen sehr starken Einfluss auf deinen Lebensstils hat.
Aber es gibt hier noch ein anderes Thema: die Nachhaltigkeit. Dieses System stützt
sich auf nur einen Akteur: den städtischen Dienstleister „Wiener Wohnen“. Solange
der Magistrat also über genug Geld verfügt, besteht sind also keine Probleme zu erwarten.
Aber es braucht nur eine Krise der städtischen Finanzen und das ganze System dieses reichhaltigen
Wohnungsangebots gerät in Gefahr. Und da es aufgrund eines Mangels an Anreizen nicht
viele private Bauträger gibt, die für die Stadt einspringen könnten, kann eine Wohnungsnot
dann leicht eintreten. Und das würde dann zu einer Menge sozialer Probleme führen,
wie wir in Schweden sehen können.
Wir müssen aber zugeben, dass dieses Modell bisher gut zu funktionieren scheint.
Die Frage ist nun also... Wäre es möglich, dieses Wiener Modell mit einer marktwirtschaftlichen
Lösung zu kombinieren? Glaubt ihr, dass dieses System auch in anderen Städten Anwendung
finden könnte? Würde es euch etwas ausmachen, die eine Wohnung auf Lebenszeit zu mieten,
wenn die Bedingungen dort gut genug wären?
Wir sind auf Eure Kommentare gespannt!
Bevor wir zum Schluss kommen, möchte ich mich noch bei MARC SOLO und JAIME CHAPINAL
für die Hilfe bei den Fakten über Stockholm bedanken. Außerdem möchte ich dem Wiener
Rathaus für die nette und zuvorkommende Beantwortung aller unserer Fragen danken.
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