Warum gibt es Groß- und Kleinschreibung? I musstewissen Deutsch
Mmh, Buchstaben! Aber nur Großbuchstaben.
Einen normalen deutschen Satz kann man damit nicht legen.
Warum gibt es im Deutschen überhaupt Groß- und Kleinschreibung?
Das hier ist ein alter mittelhochdeutscher Text
aus dem Nibelungenlied.
Im Mittelalter hat man so gesprochen und auch anders geschrieben.
Nämlich in Kleinbuchstaben - falls man überhaupt schreiben konnte.
Später hat man dann angefangen,
die Satzanfänge großzuschreiben, um die Texte besser zu strukturieren.
Die Buchdrucker im 16. Jahrhundert
haben dann auch andere Wörter großgeschrieben -
und zwar die, die sie besonders betonen oder hervorheben wollten.
Eine feste Regel gab es dabei nicht.
Jeder schrieb das mit großem Anfangsbuchstaben,
was er für wichtig hielt.
Und das waren eben meistens Substantive.
100 Jahre später wurde dann erstmals von den Grammatikern
eine verbindliche Regel festgelegt.
Warum muss im Deutschen so viel großgeschrieben werden?
Bei WhatsApp verstehen wir uns doch auch prima,
obwohl wir meistens kleinschreiben.
Unsere Nachbarländer zeigen uns: Es geht auch anders.
Ja, die deutsche Sprache ist komplex.
Wissenschaftliche Tests zeigen: Texte mit Groß- und Kleinschreibung
lassen sich sich schneller und einfacher lesen
im Vergleich zu Texten, die nur kleingeschrieben sind.
Denn die Großbuchstaben strukturieren den Text.
Genauso wie Absätze, Satzzeichen und Leerzeichen
sind sie eine Orientierungshilfe für das Auge.
Während die Engländer streng
auf ihre Subjekt-Prädikat-Objekt-Abfolge im Satz angewiesen sind,
können wir im Deutschen ja fast alles drehen und wenden,
wie wir wollen.
Die Satzglieder zum Beispiel verschieben wir lässig im Satz hin und her.
Beinahe jedes Wort kann im Deutschen
ohne Weiteres in ein Substantiv umgewandelt werden.
Aus "leben" wird "das Leben", aus "grün" "das Grüne",
aus "jung" "das Junge".
Das ist in anderen Sprachen unmöglich.
Damit wir beim Lesen nichts falsch verstehen,
bekommen wir die Zusatzinformation.
Hier ist das Nahrungsmittel gemeint, nicht die Tätigkeit.
"Essen", "essen".
Jetzt fragt ihr euch vielleicht:
Warum klappt das dann beim Chatten so gut, obwohl man nur kleinschreibt?
Ja, bei WhatsApp und Co. schreiben wir so, wie wir sprechen würden.
Die Sätze sind viel einfacher und kürzer.
Deswegen funktioniert es ja auch ganz gut.
Wobei, habt ihr nicht schon mal etwas missverstanden,
was euch eine Freundin geschrieben hat?
Seid ihr Fans der Großschreibung?
Oder seid ihr der Meinung, wir können darauf verzichten?
Schreibt mir eure Meinung gerne mal in die Kommentare.
Fragt ihr euch auch manchmal,
wie schreibe ich jetzt noch mal "Bescheid sagen" oder "frohes Neues"?
In meinem zweiten Video zu Groß- und Kleinschreibung
erklär ich euch die wichtigsten Regeln. Bis dann.
Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017