9: Pro & Contra transparenter Vergütung
Also ein Problem bei transparenten Vergütungssystem kann das Thema Neid sein.
Ich weiß was mein Nachbar verdient und fühle mich entweder ungerecht behandelt, weil ich
weniger bekomme, oder habe vielleicht auch ein schlechtes Gefühl, oder schlechtes Gewissen,
weil ich viel mehr verdiene, obwohl ich weiß, dass es gar nicht funktioniert.
Dieses Modell geht schon auf die 60er Jahre des letzten Jahrtausends zurück, Adams-Equity-Theorie,
wir vergleichen uns immer, Input - Output Relationen und in der Tat haben Sie die Logik,
dass wenn es jetzt transparent wird, habe ich eine saubere Basis um mich vergleichen
zu können und das könnte kritischer sein.
Die Idee hinter der Idee ist ja immer, dass in dem momentanen intransparenten System,
dieses System tatsächlich intransparent ist.
Ich finde das am besten gehütete Geheimnis, was alle kennen, ist das Thema Vergütung
im Zweifelsfall.
Also wenn Sie sagen, Mensch, aber darüber dürft ihr nicht sprechen, können Sie relativ
sicher sein, dass zumindest mal eine gewisse Form von Transparenz da ist.
Wenn Sie an die großen Firmen denken, nehmen Sie Daimler, nehmen Sie Bosch, was auch immer,
die haben Gehaltsbänder.
Jahrelang sind Personaler rumgelaufen und haben Gehaltsbänder gemacht und dann war
klar, wenn Sie jetzt Abteilungsleiter sind, dann sind Sie im Gehaltsband E2, von mir aus
und E2 geht von 140.000 bis 180.000 Euro Grundgehalt plus Bonus.
Dann weiß ich auch genau, wo die Person irgendwie liegt.
Ich weiß jetzt nicht ob es 147.000 sind oder 163.000, aber ich kann die Hausnummer zuordnen,
oder wenn Sie überlegen, das mit Hierarchien dann Autos verbunden sind und mit den Autos
dann die Positionen und mit den Positionen wieder die Vergütung.
Also meine Beobachtung auch aus der Praxis ist, dass das Thema Vergütung viel transparenter
war, als es immer gedacht worden ist.
Also Sie haben den Gehaltszettel nicht eins zu eins, klar.
Aber ich weiß ja im Zweifelsfall auch nicht, wenn ich es transparent mache und Ihnen mein
Gehalt sage, ob ich das richtige Gehalt nenne.
Also auch da bliebe ja im Zweifelsfall noch ein kleiner Restzweifel.
Ich verdiene 90.000 Euro und sage Ihnen aber nur 75.000.
Das Modell dahinter ist ja die Frage Vertrauenskultur oder nicht.
Also kann ich darauf vertrauen, dass wenn ich jetzt ehrlich mein Gehalt nennen, dass
das vertrauensvoll umgegangen wird damit, mit der Information zum Wohle aller und da
sind wir ein bisschen bei dem Aspekt, den wir vorhin schon mal hatten mit den Sternen.
Ich sag meinem Freund, der gibt mir die Sterne und mein Freund gibt… Also habe ich opportunistisches
Verhalten oder nicht.
Das könnte auch hier ein Thema sein und die Antwort wäre vermutlich wieder die gleiche,
wenn dieses Grundverständnis für das Übergeordnete Ganze vorhanden ist und das ist vermutlich
in kleinere Firmen schneller vorhanden, als in großen, anonymen Firmen.
Dann wird vermutlich auch mit transparenter Vergütung vertrauensvoller umgegangen werden.
Also der Aspekt des Neids könnte vielleicht in Organisationen die größer und anonymer
sind, eine größere Bedeutung haben, als in kleinen Organisationen.
Durch die Transparenz kann Neid geschürt werden.
Auf der anderen Seite bauen Sie aber auch Unsicherheit ab, weil da mache ich mir keine,
was verdient denn der andere, oder der verdient vielleicht viel mehr, sondern das ist transparent
und die Frage ist ja dann, was ist die Logik hinter dieser Intransparenz.
Also wenn Person A feststellt in der Diskussion, Mensch ich verdiene 70.000 und Person B macht
den gleichen Job und verdient 80.000, dann ist ja die Frage, nach welcher Logik rechtfertigt
sich eigentlich dieser Gehaltsunterschied.
Das kann entweder der Zeitpunkt sein, in dem jemand ins Unternehmen gekommen ist, weil
beim Einen gab es ganz viele Bewerber, beim Anderen gab es viel weniger Bewerber.
Dann ist es nachvollziehbar, oder es hat was mit der spezifischen Erfahrung zu tun, mit
der Person, was auch immer der Grund ist.
Wir haben aber hier dann den Druck auch auf das Unternehmen, die Kriterien transparent
zu machen, warum jemand warum jemand mehr als der andere verdient und wenn die Kriterien
transparent und nachvollziehbar sind, kann ich das vielleicht auch mehr akzeptieren.
Ansonsten habe ich eine Intransparenz.
Ich weiß es nicht, ich habe aber das Gefühl der andere bekommt mehr und mir ist auch nicht
mal so klar, warum der eigentlich mehr bekommt, weil nach meinen Kriterien darf der nicht
mehr bekommen und dadurch, dass das ja alles Intransparent ist, wird nicht drüber gesprochen.
Da kann eigentlich noch viel mehr Frust entstehen, wenn ich jetzt wüsste, Sie verdienen einfach
10.000 mehr als ich, dann würde ich gerne wissen, warum ist das eigentlich so, kann
ich das nachvollziehen, okay, ich kann es nachvollziehen, kann ich das ändern, vielleicht
durch eine Entwicklung und wenn ich das nachvollziehen kann, kann ich es viel besser akzeptieren
und wenn das Unternehmen mir das nicht erklären kann, wenn es nur sagt, Hey, der hat einfach
nur besser verhandelt, dann kann ich natürlich auf das Unternehmen zugehen und sagen, Okay
gut, jetzt will ich auch besser verhandeln.
Also ich finde, das die Transparenz nicht nur das Risiko des Neids hat, sondern auch
die Chance gerechtere Systeme zu entwickeln.
Die Quintessenz wäre Transparenz mit System.
Also eine Systematik die nachvollziehbar und begründbar ist und von allen Leuten auch
verständlich ist, also das heißt, Transparenz in eine Verfahrensgerechtigkeit so mit reinzunehmen,
dass das Verfahren, wie es zu diesem Ergebnis gekommen ist, als verständlich und als gerecht
verstanden wird, dass die Verteilung ist dann transparent, aber das Verfahren ist die Basis,
was dann drunter liegt und auch die Akzeptanz für diese, vielleicht auch unterschiedliche
Verteilung, herstellt.