Warum ist das Sonnensystem flach? | Harald Lesch
Ich bin kein Erdkugelfaschist. Ich behaupte nur, die Erde ist eine Kugel. Es gibt ja Leute,
die denken da was anderes, dass die Erde eine Scheibe sei. Und den mache ich jetzt mal
ein Angebot. Ein Kompromissvorschlag.
Es gibt etwas, das ist wirklich flach. Das Sonnensystem. Aber warum eigentlich?
[Intro]
Wenn man sich überlegt, wie Planentensysteme entstehen,
dann ist die Frage nach der Flachheit des Sonnensystems durchaus gerechtfertigt.
Denn es sind ja immer große Gaswolken, also dreidimensionale Gaswolken,
die dann am Ende offenbar in solchen Scheiben enden. Wieso, wie kommt denn das?
Die könnten sich doch irgendwie bewegen, die Planeten. Die könnten sich doch auf dem Weg hin zum Planetensystem bilden
und dann würden die wie so ein Bienenschwarm durcheinanderfliegen. Könnte doch sein.
Warum eigentlich nicht?
Also hier ist tatsächlich Physik gefragt.
Wie kommt es eigentlich dazu, dass von allen Seiten Material in dieses Zentrum strömt und dann
nach einem so, nach dem Motto: Ist ja ein Wunder. Ein Wunder. Steht in der Mitte ein Stern und drum rum ist die Scheibe da.
Naja, es kommen grundlegende physikalische Prinzipien hier zu tragen, ich will das nicht zu weit ausgreifen,
aber die eine Geschichte hat was mit den berühmten Eiskunstläufern oder Eiskunstläuferinnen zu tun,
die drehen sich ja, und wenn die dann die Arme anziehen, dann, ja genau, dann werden sie immer schneller und schneller und schneller und schneller.
Das nennt man dann Drehimpulserhaltung. Ja, also, wenn so eine Gaswolke am Anfang auch nur einen winzig kleinen
Drehimpuls gehabt hat, nur winzig. Braucht gar nicht viel. Irgendwie angeschubst von einer anderen Gaswolke
oder eine Explosion von einem Stern an einer Stelle, und so weiter, also nur bisschen.
Und sobald die anfängt zu kollabieren, also unter ihrer eigenen Masse,
ihrer eigenen Gravitationswirkung zusammen zu fallen,
dann muss sie, sie kann gar nicht anders, immer schneller und schneller drehen.
Und wenn sie sich natürlich schneller dreht, dann taucht natürlich das auf, was wir alle kennen,
die Trägheitskräfte ziehen das Material wieder auseinander, Kettenkarussell, etc. pp.
Und auf dieser Art und Weise hat man dann auf der einen Seite einen Zug nach außen,
aber im Innersten sogar einen Zug nach innen, nämlich durch die Gravitation.
Denn nach wie vor fällt natürlich Material da rein, fällt und fällt und fällt und fällt,
sodass man im Inneren ein Stern hat, oder zu mindestens ein zentrales Objekt, dass die Gravitation dominiert.
Und da drum rum, ja drum rum hat sich eben tatsächlich das Material angesammelt.
Und das dreht sich nun mit bestimmter Geschwindigkeit, ja die kann man genau ausrechnen.
Hier, für die Experten: Aus dem Gleichgewicht von kinetischer Energie und potenzieller Energie
kann man praktisch an der Scheibe an jeder Stelle ausrechnen, wie schnell sich die Scheibe dreht.
So, und in der Scheibe hat man Gas und Staub.
Wenn da jetzt noch was von außen irgendwie reinfällt, dann ist das also mehr oder weniger Impulserhaltung hier innendrin,
das Material sammelt sich dort an und beginnt sich nun allmählich
um dieses Zentralobjekt herum zu drehen.
Ja, und jetzt muss man natürlich folgendes bedenken:
Das Zentralobjekt ist keines, nach dem Motto, es ist still und ruhig und schwarz und dunkel,
sondern das wird ein Stern.
Dieser Stern wird anfangen zu strahlen. Der wird nicht nur strahlen,
Er wird sogar der einst, das muss er mal irgendwann gemacht haben,
wird der anfangen ein Wind zu blasen und damit wird die Scheibe im Innern sozusagen
von dem, von dem stellaren Wind schon mal ab geraspelt und währenddessen treibt die Scheibe weiterhin ihr Spiel.
Also in der Scheibe herum kommt es zur Bildung von Gasplaneten.
Das sind die ersten die sich bilden müssen. Nach 500 Jahren hat nämlich dieser innere Stern,
hat der Stern durch seinen Wind und durch seine Strahlung das Gas aus der Scheibe vertrieben.
Und so bleibt also nichts mehr übrig außer die Gasplaneten und Staub.
Und der Staub der macht dann durch den Zusammenstoß über Hundert Millionen Jahre macht er die Felsenplanete.
Damit hätten wir erst einmal die Bewohner unseres Sonnensystems schon mal klar:
Saturn, Jupiter, also den Uranus da draußen, den können wir vergessen, den Neptun; brauchen wir alles nicht,
das sind alles nur, das sind alles nur Side Effekte.
Und innendrin so kleine vier Stoppelhopser: Merkur, Venus, Erde, Mars.
Vor allen Dingen der Mars, das ist ja... Der hat nur ein Zehntel Erdmasse! Das ist nicht zu fassen.
Das es den überhaupt gibt, das ist, also das ist ein Wunder für sich.
Dazwischen dann der Asteroidentunnel und das alles in einer Ebene.
Wenn jetzt hier einer wäre, einer von diesen Körpern wäre,
der sich nicht in diesem axialsymetrischen Potenzial befinden würde, also in diesem,
in dieser Scheibe, die praktisch kreisrund ist.
Wenn also einer hier so schräg durchlaufen würde und das über viereinhalb Milliarden Jahre,
so alt ist nämlich das Sonnensystem.
Ja dann wird, hätte die Gefahr eines Zusammenstoßes viel größer gewesen.
Und in der Tat ist es so, dass bei der Bildung,
bei der Bildung der Planetensysteme in einer solchen Scheibe, es natürlich Ausreißer gab.
So junge Wilde: Oh, ich gucke mal da oben usw.
Aber die hatten alle keine Chance. Die sind entweder weggeschleudert worden,
oder sie sind mit irgendwelchen Körpern in der Ebene zusammengestoßen.
Hier in der Scheibenebene, da ist der Mainstream,
die Hauptströmung. Und die hat gewonnen.
Und es haben diejenigen gewonnen, deren Bahnen eben nicht die Bahnen von anderen Planeten
oder anderen Himmelskörpern immer wieder gekreuzt haben und mit denen zusammengestoßen sind,
sondern es haben die gewonnen, die auf dem rechten Weg waren.
Woher wissen wir denn das eigentlich?
Na, wir wissen es von der Beobachtung der letzten Jahre
in den Sternentstehungsgebieten, in den Gaswolken, da gibt es überall
Scheiben, genau.
Ja, hier nochmal an die, an die Flacherdler. Seht ihr?
Das ist eine, das ist eine Scheibe. Das ist jetzt aber auch mal eine Scheibe.
Ist das eine Scheibe? Das ist eine Scheibe
Und davon gibt es die Hülle und die Fülle in jedem Sternentstehungsgebiet,
praktisch um jeden Stern herum gibt es eine Scheibe. Hier.
Ja das ist kein UFO, ne.
Das was man in der Mitte sieht, ist übrigens das Streulicht des Sterns der da mittendrin ist.
Und in diesen Scheiben entstehen eben Planeten.
Und jetzt kommt der Hammer, jetzt kommt nämlich einer für euch.
Das ist das allergrößte, finde ich einer der größten Entdeckungen der Astronomie überhaupt:
HL Tauri
HL hat nichts mit mir zu tun, der heißt so. Ich weiß nicht warum.
Aber er heißt HL Tauri.
Und man sieht hier eine Gasscheibe. Achtung!
Mit Lücken, ganz wichtig.
In den Lücken sind nämlich Planeten entstanden.
Ja, ist ja klar. Ich meine, wenn so ein Planet um sein Stern herum sich bewegt,
also, während der Entstehung, dann zieht er ja aufgrund der erhöhten Gravitation,
ein Planet ist ja dichter als in der Umgebung,
zieht er ja Material zu sich heran und wenn er dann lang genug um den Stern rumgelaufen ist,
dann hat er natürlich die Bahn, die er umkreist, die hat er natürlich freigeräumt.
Und man sieht hier also richtig die Frühphase des Sonnensystems.
Das ist granatenmäßig.
Und auch noch mal hier für die Flacherdler: Das ist eine, das ist eine Scheibe.
Ist es eine Scheibe? Ist das eine Scheibe?
Also, das ist eine schönere Scheibe als die kann ich ja, also... Ja, kennen wir noch nicht.
Aber jetzt mal ganz ehrlich,
damit ist doch eigentlich alles klar: Es gibt die Scheiben.
Es gibt sie wahnsinnig oft, also praktisch jeder Stern, der Plante hat,
hat eine Scheibe. Und das wäre doch, auch mal mein Kompromissangebot
an die Flacherdler: Lass ihm doch die Erde eine Kugel sein,
wie es sich gehört, aber Scheiben sind ganz wichtig für die Planetenentstehung.
Ohne Scheiben - keine Kugeln. Wäre das nicht was?