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Ted Talks, Identität: Andersrum | Alexa Seewald | TEDxKoeln

Identität: Andersrum | Alexa Seewald | TEDxKoeln

Übersetzung: Robert Tucker Lektorat: Nadine Hennig

Hallo! Herzlich willkommen zu meinem Vortrag.

Meine Name ist Alexa Seewald

und am Thema "Identität"

begeistert mich vor allem die Vielschichtigkeit des Begriffes.

Als Fotografin habe ich mich

erstmals intensiv mit dem Aspekt der kulturellen Identität beschäftigt,

während meiner Diplomarbeit.

Damals habe ich über 30 Familien begleitet --

Familien mit Kindern, die berufsbedingt alle paar Jahre das Land wechseln.

Und diese Kinder wachsen also nicht in einer Kultur,

sondern in zwei, drei, in mehreren auf.

Und ich wollte herausfinden,

und in fotografischen Stimmungsbildern festhalten,

was es für diese jungen Menschen bedeutet,

wenn in ihrer Hauptprägungsphase, eben der Kindheit,

die verlässlichste Konstante der Wechsel ist.

Diese jungen Menschen

sind Meister in der Anpassung und Kulturvermittler.

[Darum] nenne ich sie dann auch

in der Fotoserie, die entstanden ist, "Chamäleonkinder" und "Brückenmenschen".

Hierzu ein Zitat von Sophie Morton:

"Die Grundform meines Wesens tanze ich in den Farben der Umgebung,

die ich einnehme ...

Die Grundform meines Wesens tanze ich

in den Farben der Umgebung, in der ich mich zur Zeit befinde.

Ich habe es perfekt drauf, die Rolle zu spielen,

die von mir verlangt wird.

Manchmal frage ich mich, ob ich auch eine eigene Farbe habe

neben den Farben, die ich einnehme.

Und wenn ich aufhören würde, diese Rollen zu spielen,

wäre ich dann durchsichtig."

Soviel zu diesem einen Fotoprojekt zur kulturellen Identität.

Um sexuelle Identität geht es in meinem anderen Fotoprojekt "ANDERSRUMportrait",

das schon eingangs erwähnt wurde.

Seit sechs Jahren fotografiere ich Menschen von hinten, andersrum.

"Andersrum" ist hierbei ein Wortspiel.

In der deutschen Umgangssprache wird das Andersrumsein

gerne verwendet für Lebensformen --

jetzt wird's kompliziert --

jenseits der Heteronormativität.

Also, aber unabhängig von der sexuellen Identität,

an diesem Fotoprojekt können alle teilnehmen,

die mit ihrem persönlichen Porträt ein Zeichen setzen wollen

für Vielfalt und gegen Stigmatisierung.

Homophobie: Ist das im heutigen Deutschland überhaupt noch ein Thema?

Die Frage an Sie: Homophobie oder Klischeebilder, Stigmata?

In fast jeder Vorabend-TV-Serie gibt es ja schon den Quoten-Schwulen.

Die Frage ist eben nur: Wie sieht es aus mit diesen Klischeebildern

und wie gut kennen Sie sich aus?

Ich würde gerne an dieser Stelle mit Ihnen, glaube ich,

ein Quiz spielen.

Also keine Angst. Keiner muss hier vor auf den roten Teppich.

Das können Sie alle für sich auf dem Platz im Stillen lösen.

Und zwar werde ich Ihnen 10 Sekunden lang, so wie jetzt, ähnlich, zwei Folien zeigen.

Die Bilder stehen dann, und zwar haben Sie pro Folie fünf Sekunden Zeit.

Sie kennen es alle.

Der erste Eindruck, der erste entscheidende Eindruck,

wenn wir einen Menschen neu kennenlernen

oder selbst wenn eine Person neu den Raum betritt -- Kaffee im Büro.

In den wenigen ersten Sekunden fällen wir schon ein Urteil.

Ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, wir bilden uns ein Bild. Und darum soll es jetzt gehen in diesem Quiz.

Sind Sie bereit? Zehn Sekunden nur.

Die Antwort in Ihrem Kopf.

Wie viele Männer sehen Sie auf den folgenden zwei Seiten?

Fünf Sekunden pro Seite.

Neun ...

Neun, acht,

sieben, sechs,

fünf, vier,

drei, zwei,

eins, fertig.

Sie haben jetzt vier Paare gesehen, acht Menschen.

Wer denkt, das waren alle heterosexuelle Paare,

sprich jede zweite Person ein Mann?

Sie können jetzt die Hand heben.

Niemand?

Gut.

Wäre auch falsch.

(Lachen)

Wer denkt, dass drei Männer unter diesen acht Personen waren?

Oh, schon einige. Ja. Fast die Hälfte.

Drei. Wer ist für mehr? Wer ist mutig und denkt ... ?

Sehr gut.

Null?

Wer denkt, dass keiner von diesen Menschen ... ?

Oh, drei, vier, fünf Hände. Gut.

Jetzt kommt die Lösung.

Es befindet sich tatsächlich nur ein einziger Mann

unter den zehn abgebildeten Personen.

Und zwar Michel mit der blonden Perücke.

Neben Michel ihre Ehefrau. Ich muss selbst gerade stutzen.

Seine Ehefrau, ihre Ehefrau.

Da kommen wir nämlich genau zum Thema:

Crossdresser, Transgender, Transsexuell, Transident, Transvestit --

was gab's da nicht alles für Begriffe.

Ich habe nur einen Hinweis:

Michel wurde der Zutritt zu einem Frauencafé verweigert,

angeblich wegen seines männlichen Geschlechts.

Ich persönlich habe nie gefragt, es war auch irgendwie nicht wichtig,

und deswegen mag ich auch dieses Portrait so gerne.

Dieses Portrait mit seiner Ehefrau zusammen, ihrer Ehefrau,

verkörpert für mich diese bedingungslose Akzeptanz,

die man in Paaren einfach hat,

wenn man liebt, den anderen einfach so zu akzeptieren.

Deswegen mag ich das Bild so gerne.

An der Stelle würde ich gerne ein Zitat von Max Frisch mit Ihnen teilen.

Max Frisch beschäftigt sich in seinen Tagebüchern, 1946,

tatsächlich mit dem biblischen Gebot: "Du sollst dir kein Bildnis machen",

und wendet das auf zwischenmenschliche Beziehungen an.

Quintessenz von ihm, ich fasse es kurz, ist ungefähr so:

Dass wenn man aufgehört hat,

einen Menschen anzunehmen, mit seiner Wandelbarkeit,

also die Flexibilität verloren hat, ihm eine Veränderung einzuräumen,

hat man bereits aufgehört ihn zu lieben.

Starres Bild, festes Bild, da sehe ich dann den Bezug zu Stereo,

Stereotypus, festes Muster, festes Bild.

Und Stereotypen [sind] tatsächlich auch so ein Thema.

Katz und Braly haben zu Stereotypen gesagt --

den Spruch finde ich ganz schön --

dass Stereotypen selten, oder wenig, mit der Realität zu tun haben

und so zustande kommen,

dass man zuerst urteilt und dann hinschaut.

Deswegen spielen wir einfach die zweite Runde des Quiz.

Sie sind schon ein bisschen eingeweiht.

Es gibt noch drei schnelle Runden, wieder zehn Sekunden.

Hier nochmal die Auflösung vorhin. Genau. Der Rest sind Frauen.

Gut. Nächste Frage. Zehn Sekunden.

Wie viele Frauen sehen Sie?

Zehn, neun, acht, fünf, vier, drei -- ups -- zwei,

ich gebe Ihnen noch eine mehr.

Gut.

Die Lösung? Diesmal drei Frauen.

Hat jemand von Ihnen das richtig gehabt?

Niemand.

Vorhin gingen die Hände hoch. Wirklich niemand?

Niemand.

Das sind die drei Frauen.

Ich will Ihnen jetzt nicht unterstellen,

dass Sie denken, drei männliche Frauen = drei Lesben,

drei weibliche Männer = drei Schwule.

Machen wir die allerletzte Runde.

Es geht schnell. Jetzt haben Sie nur noch fünf Sekunden.

Ach, nee, das ist [die] vorletzte.

Doch Sie können wieder zählen:

Wie viele Lesben erkennen Sie auf den folgenden zwei Seiten?

Es wird schwieriger, wir sind ja schon geübter.

Zehn, neun, acht, sieben, sechs,

fünf -- Mist! -- vier ...

Sie haben die Auflösung schon gesehen.

Dann kann ich auch eigentlich vorwärts klicken. Gut.

Mindestens vier.

Und der Mann in Frauenkleidern ist übrigens wieder Michel.

Beim Hund weiß ich nicht so genau!

Wie kann denn etwas als ein Kompliment gemeint sein,

das an sich eine Identitätsnegierung beinhaltet?

Also ich finde dich toll, wie du bist,

aber du bist nicht das, was du sein willst.

Letzte Runde.

Wie viele dieser Männer, die jetzt im Folgenden kommen,

waren mal Frauen und haben sich ihr Geschlecht operativ angleichen lassen?

Schauen Sie genau hin.

Die Frage lasse ich offen.

Warum?

Warum mache ich das ganze Spiel?

Ich wollte einfach nur, dass Ihnen vielleicht zwei Dinge auffallen.

Einmal, Sie lagen womöglich nicht alle richtig mit Ihren Antworten

und vielleicht war es so ein bisschen unangenehm.

Mir war es auf jeden Fall unangenehm, als ich dieses Spiel vorbereitet habe,

Menschen so zu etikettieren oder so einzubauen.

Die Frage ist eben:

Warum ist uns Kategorisieren so wichtig,

das Einteilen in Schubladen oder Stereotype?

Es ist ganz einfach.

Im Alltag brauchen wir strukturierende Mechanismen, um zu funktionieren.

Heikel wird es eben nur, sobald es sich um identitätsdefinierende Begriffe handelt.

Da möchte ich eine kleine Anekdote meiner Schwester einbringen.

Sie hat mir beim letzten Fotoshooting geholfen.

Sie sollte Flyer verteilen und Leute fragen, ob sie nicht mitmachen.

Sie hat gar nicht mit einer Nachfrage gerechnet und meinte:

Ja, hier, Sie kennen doch sicher "ANDERSRUMportrait"?

Wollen Sie sich nicht fotografieren lassen?

Als dann tatsächlich eine Nachfrage kam --

wie war das noch gleich:

"'ANDERSRUMportrait' ist eine Kunstkampagne zur Artenvielfalt."

Artenvielfalt -- So ehrlich guckte das Gegenüber sie an und meinte:

"Wir sind alle eine Art, aber ich weiß schon, was Sie meinen."

(Lachen)

Ich rechne es meiner Schwester wirklich hoch an,

dass sie einen zweiten Versuch gestartet hat

und weiter Flyer verteilt hat,

und leider war sie nicht davor gefeit, dass ihr noch ein Faux-pas unterlief.

Das nächste Mal etwas schlauer, aber wieder auf die Frage:

"'ANDERSRUMportrait' ist eine Kunstkampagne" -- Punkt.

"Zeigt die Vielfalt von Schwulen, Lesben, Transsexuellen.

Alle können mitmachen, auch -- Normale."

(Lachen)

Es ist ihr aufgefallen, sie hat das nicht gesagt;

hat sich aber schrecklich geschämt und es mir erst eine Woche später gesagt.

Soviel zum Thema "Blindspot Bias".

Sie sehen, das kommt in den aufgeklärtesten Familien vor.

Wie will man dann Menschen einen Vorwurf machen,

die im Alltag keine Berührungspunkte

mit Schwulen, Schwullesben, Transsexuellen und anderen haben,

die eben nicht "normal" sind?

Mein Fotoprojekt "ANDERSRUMportrait"

möchte eben einladen hinzuschauen

und auch auf spielerische Weise Vielfalt zeigen.

Deswegen bringe ich die Portraits in Lebensgröße in den öffentlichen Raum.

Man muss keine Galerien besuchen oder Ausstellungen.

Zweimal waren die Portraits schon rund ums Brandenburger Tor in Berlin zu sehen,

oder auf dem Jungfernstieg in Hamburg.

120 Meter [sind] das dann, wenn man sie in Lebensgröße ausstellt.

Und was mich dann freut: wenn es funktioniert.

Also wichtig ist,

nicht mit dem Zeigefinger irgendwas zu verklickern

oder auf Fehler hinzuweisen,

sondern auf eine angenehme, spielerische Art und Weise

einfach Vielfalt in den öffentlichen Raum zu bringen.

Wenn ich dann so Kommentare aufschnappe

wie "Die sehen ja ganz normal aus",

finde ich das sehr schön, oder etwas anonym,

aber doch persönlich.

Viele lassen sich dann fotografieren

oder machen dann ein Selfie vor den Bannern,

also vor diesen lebensgroßen Portraits,

und reihen sich dann selber nochmal so ein.

Also diese Interaktivität dieses Projekts, das mag ich sehr gerne.

Somit schließt auch mein Vortrag

und ich möchte Sie einladen:

Draußen habe ich das Fotostudio aufgebaut.

Lassen Sie sich andersrum fotografieren,

und einen schönen TED-Tag noch.

Tschüss!

(Applaus)

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Übersetzung: Robert Tucker Lektorat: Nadine Hennig

Hallo! Herzlich willkommen zu meinem Vortrag.

Meine Name ist Alexa Seewald

und am Thema "Identität"

begeistert mich vor allem die Vielschichtigkeit des Begriffes.

Als Fotografin habe ich mich

erstmals intensiv mit dem Aspekt der kulturellen Identität beschäftigt,

während meiner Diplomarbeit.

Damals habe ich über 30 Familien begleitet --

Familien mit Kindern, die berufsbedingt alle paar Jahre das Land wechseln. İş nedeniyle birkaç yılda bir ülke değiştiren çocuklu aileler.

Und diese Kinder wachsen also nicht in einer Kultur,

sondern in zwei, drei, in mehreren auf.

Und ich wollte herausfinden,

und in fotografischen Stimmungsbildern festhalten,

was es für diese jungen Menschen bedeutet, Bu gençler için ne anlama geldiğini,

wenn in ihrer Hauptprägungsphase, eben der Kindheit, ana biçimlendirici evrelerinde, yani çocukluklarında,

die verlässlichste Konstante der Wechsel ist.

Diese jungen Menschen

sind Meister in der Anpassung und Kulturvermittler.

[Darum] nenne ich sie dann auch

in der Fotoserie, die entstanden ist, "Chamäleonkinder" und "Brückenmenschen".

Hierzu ein Zitat von Sophie Morton:

"Die Grundform meines Wesens tanze ich in den Farben der Umgebung,

die ich einnehme ...

Die Grundform meines Wesens tanze ich

in den Farben der Umgebung, in der ich mich zur Zeit befinde.

Ich habe es perfekt drauf, die Rolle zu spielen,

die von mir verlangt wird.

Manchmal frage ich mich, ob ich auch eine eigene Farbe habe

neben den Farben, die ich einnehme.

Und wenn ich aufhören würde, diese Rollen zu spielen,

wäre ich dann durchsichtig."

Soviel zu diesem einen Fotoprojekt zur kulturellen Identität.

Um sexuelle Identität geht es in meinem anderen Fotoprojekt "ANDERSRUMportrait",

das schon eingangs erwähnt wurde.

Seit sechs Jahren fotografiere ich Menschen von hinten, andersrum.

"Andersrum" ist hierbei ein Wortspiel.

In der deutschen Umgangssprache wird das Andersrumsein

gerne verwendet für Lebensformen --

jetzt wird's kompliziert --

jenseits der Heteronormativität.

Also, aber unabhängig von der sexuellen Identität,

an diesem Fotoprojekt können alle teilnehmen,

die mit ihrem persönlichen Porträt ein Zeichen setzen wollen

für Vielfalt und gegen Stigmatisierung.

Homophobie: Ist das im heutigen Deutschland überhaupt noch ein Thema?

Die Frage an Sie: Homophobie oder Klischeebilder, Stigmata?

In fast jeder Vorabend-TV-Serie gibt es ja schon den Quoten-Schwulen.

Die Frage ist eben nur: Wie sieht es aus mit diesen Klischeebildern

und wie gut kennen Sie sich aus?

Ich würde gerne an dieser Stelle mit Ihnen, glaube ich,

ein Quiz spielen.

Also keine Angst. Keiner muss hier vor auf den roten Teppich.

Das können Sie alle für sich auf dem Platz im Stillen lösen.

Und zwar werde ich Ihnen 10 Sekunden lang, so wie jetzt, ähnlich, zwei Folien zeigen.

Die Bilder stehen dann, und zwar haben Sie pro Folie fünf Sekunden Zeit.

Sie kennen es alle.

Der erste Eindruck, der erste entscheidende Eindruck,

wenn wir einen Menschen neu kennenlernen

oder selbst wenn eine Person neu den Raum betritt -- Kaffee im Büro.

In den wenigen ersten Sekunden fällen wir schon ein Urteil.

Ohne es zu wollen, ohne es zu wissen, wir bilden uns ein Bild. Und darum soll es jetzt gehen in diesem Quiz.

Sind Sie bereit? Zehn Sekunden nur.

Die Antwort in Ihrem Kopf.

Wie viele Männer sehen Sie auf den folgenden zwei Seiten?

Fünf Sekunden pro Seite.

Neun ...

Neun, acht,

sieben, sechs,

fünf, vier,

drei, zwei,

eins, fertig.

Sie haben jetzt vier Paare gesehen, acht Menschen.

Wer denkt, das waren alle heterosexuelle Paare,

sprich jede zweite Person ein Mann?

Sie können jetzt die Hand heben.

Niemand?

Gut.

Wäre auch falsch.

(Lachen)

Wer denkt, dass drei Männer unter diesen acht Personen waren?

Oh, schon einige. Ja. Fast die Hälfte.

Drei. Wer ist für mehr? Wer ist mutig und denkt ... ?

Sehr gut.

Null?

Wer denkt, dass keiner von diesen Menschen ... ?

Oh, drei, vier, fünf Hände. Gut.

Jetzt kommt die Lösung.

Es befindet sich tatsächlich nur ein einziger Mann

unter den zehn abgebildeten Personen.

Und zwar Michel mit der blonden Perücke.

Neben Michel ihre Ehefrau. Ich muss selbst gerade stutzen.

Seine Ehefrau, ihre Ehefrau.

Da kommen wir nämlich genau zum Thema:

Crossdresser, Transgender, Transsexuell, Transident, Transvestit --

was gab's da nicht alles für Begriffe.

Ich habe nur einen Hinweis:

Michel wurde der Zutritt zu einem Frauencafé verweigert,

angeblich wegen seines männlichen Geschlechts.

Ich persönlich habe nie gefragt, es war auch irgendwie nicht wichtig,

und deswegen mag ich auch dieses Portrait so gerne.

Dieses Portrait mit seiner Ehefrau zusammen, ihrer Ehefrau,

verkörpert für mich diese bedingungslose Akzeptanz,

die man in Paaren einfach hat,

wenn man liebt, den anderen einfach so zu akzeptieren.

Deswegen mag ich das Bild so gerne.

An der Stelle würde ich gerne ein Zitat von Max Frisch mit Ihnen teilen.

Max Frisch beschäftigt sich in seinen Tagebüchern, 1946,

tatsächlich mit dem biblischen Gebot: "Du sollst dir kein Bildnis machen",

und wendet das auf zwischenmenschliche Beziehungen an.

Quintessenz von ihm, ich fasse es kurz, ist ungefähr so:

Dass wenn man aufgehört hat,

einen Menschen anzunehmen, mit seiner Wandelbarkeit,

also die Flexibilität verloren hat, ihm eine Veränderung einzuräumen,

hat man bereits aufgehört ihn zu lieben.

Starres Bild, festes Bild, da sehe ich dann den Bezug zu Stereo,

Stereotypus, festes Muster, festes Bild.

Und Stereotypen [sind] tatsächlich auch so ein Thema.

Katz und Braly haben zu Stereotypen gesagt --

den Spruch finde ich ganz schön --

dass Stereotypen selten, oder wenig, mit der Realität zu tun haben

und so zustande kommen,

dass man zuerst urteilt und dann hinschaut.

Deswegen spielen wir einfach die zweite Runde des Quiz.

Sie sind schon ein bisschen eingeweiht.

Es gibt noch drei schnelle Runden, wieder zehn Sekunden.

Hier nochmal die Auflösung vorhin. Genau. Der Rest sind Frauen.

Gut. Nächste Frage. Zehn Sekunden.

Wie viele Frauen sehen Sie?

Zehn, neun, acht, fünf, vier, drei -- ups -- zwei,

ich gebe Ihnen noch eine mehr.

Gut.

Die Lösung? Diesmal drei Frauen.

Hat jemand von Ihnen das richtig gehabt?

Niemand.

Vorhin gingen die Hände hoch. Wirklich niemand?

Niemand.

Das sind die drei Frauen.

Ich will Ihnen jetzt nicht unterstellen,

dass Sie denken, drei männliche Frauen = drei Lesben,

drei weibliche Männer = drei Schwule.

Machen wir die allerletzte Runde.

Es geht schnell. Jetzt haben Sie nur noch fünf Sekunden.

Ach, nee, das ist [die] vorletzte.

Doch Sie können wieder zählen:

Wie viele Lesben erkennen Sie auf den folgenden zwei Seiten?

Es wird schwieriger, wir sind ja schon geübter.

Zehn, neun, acht, sieben, sechs,

fünf -- Mist! -- vier ...

Sie haben die Auflösung schon gesehen.

Dann kann ich auch eigentlich vorwärts klicken. Gut.

Mindestens vier.

Und der Mann in Frauenkleidern ist übrigens wieder Michel.

Beim Hund weiß ich nicht so genau!

Wie kann denn etwas als ein Kompliment gemeint sein,

das an sich eine Identitätsnegierung beinhaltet?

Also ich finde dich toll, wie du bist,

aber du bist nicht das, was du sein willst.

Letzte Runde.

Wie viele dieser Männer, die jetzt im Folgenden kommen,

waren mal Frauen und haben sich ihr Geschlecht operativ angleichen lassen?

Schauen Sie genau hin.

Die Frage lasse ich offen.

Warum?

Warum mache ich das ganze Spiel?

Ich wollte einfach nur, dass Ihnen vielleicht zwei Dinge auffallen.

Einmal, Sie lagen womöglich nicht alle richtig mit Ihren Antworten

und vielleicht war es so ein bisschen unangenehm.

Mir war es auf jeden Fall unangenehm, als ich dieses Spiel vorbereitet habe,

Menschen so zu etikettieren oder so einzubauen.

Die Frage ist eben:

Warum ist uns Kategorisieren so wichtig,

das Einteilen in Schubladen oder Stereotype?

Es ist ganz einfach.

Im Alltag brauchen wir strukturierende Mechanismen, um zu funktionieren.

Heikel wird es eben nur, sobald es sich um identitätsdefinierende Begriffe handelt.

Da möchte ich eine kleine Anekdote meiner Schwester einbringen.

Sie hat mir beim letzten Fotoshooting geholfen.

Sie sollte Flyer verteilen und Leute fragen, ob sie nicht mitmachen.

Sie hat gar nicht mit einer Nachfrage gerechnet und meinte:

Ja, hier, Sie kennen doch sicher "ANDERSRUMportrait"?

Wollen Sie sich nicht fotografieren lassen?

Als dann tatsächlich eine Nachfrage kam --

wie war das noch gleich:

"'ANDERSRUMportrait' ist eine Kunstkampagne zur Artenvielfalt."

Artenvielfalt -- So ehrlich guckte das Gegenüber sie an und meinte:

"Wir sind alle eine Art, aber ich weiß schon, was Sie meinen."

(Lachen)

Ich rechne es meiner Schwester wirklich hoch an,

dass sie einen zweiten Versuch gestartet hat

und weiter Flyer verteilt hat,

und leider war sie nicht davor gefeit, dass ihr noch ein Faux-pas unterlief.

Das nächste Mal etwas schlauer, aber wieder auf die Frage:

"'ANDERSRUMportrait' ist eine Kunstkampagne" -- Punkt.

"Zeigt die Vielfalt von Schwulen, Lesben, Transsexuellen.

Alle können mitmachen, auch -- Normale."

(Lachen)

Es ist ihr aufgefallen, sie hat das nicht gesagt;

hat sich aber schrecklich geschämt und es mir erst eine Woche später gesagt.

Soviel zum Thema "Blindspot Bias".

Sie sehen, das kommt in den aufgeklärtesten Familien vor.

Wie will man dann Menschen einen Vorwurf machen,

die im Alltag keine Berührungspunkte

mit Schwulen, Schwullesben, Transsexuellen und anderen haben,

die eben nicht "normal" sind?

Mein Fotoprojekt "ANDERSRUMportrait"

möchte eben einladen hinzuschauen

und auch auf spielerische Weise Vielfalt zeigen.

Deswegen bringe ich die Portraits in Lebensgröße in den öffentlichen Raum.

Man muss keine Galerien besuchen oder Ausstellungen.

Zweimal waren die Portraits schon rund ums Brandenburger Tor in Berlin zu sehen,

oder auf dem Jungfernstieg in Hamburg.

120 Meter [sind] das dann, wenn man sie in Lebensgröße ausstellt.

Und was mich dann freut: wenn es funktioniert.

Also wichtig ist,

nicht mit dem Zeigefinger irgendwas zu verklickern

oder auf Fehler hinzuweisen,

sondern auf eine angenehme, spielerische Art und Weise

einfach Vielfalt in den öffentlichen Raum zu bringen.

Wenn ich dann so Kommentare aufschnappe

wie "Die sehen ja ganz normal aus",

finde ich das sehr schön, oder etwas anonym,

aber doch persönlich.

Viele lassen sich dann fotografieren

oder machen dann ein Selfie vor den Bannern,

also vor diesen lebensgroßen Portraits,

und reihen sich dann selber nochmal so ein.

Also diese Interaktivität dieses Projekts, das mag ich sehr gerne.

Somit schließt auch mein Vortrag

und ich möchte Sie einladen:

Draußen habe ich das Fotostudio aufgebaut.

Lassen Sie sich andersrum fotografieren,

und einen schönen TED-Tag noch.

Tschüss!

(Applaus)