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YouTube | Y-Kollektiv - kurze Videodokumentationen und Reportagen, Deutschlands illegale Müllhalden: Das kriminelle Millionengeschäft mit unserem Müll

Deutschlands illegale Müllhalden: Das kriminelle Millionengeschäft mit unserem Müll

Das hier sind mehrere zehntausend Tonnen Müll.

Illegal abgeladen.

Von solchen illegalen Deponien gibt es hunderte in Deutschland.

Scheiße, ey!

Was ist denn das?!

Ein Millionengeschäft, bei dem Müll quer durch Europa transportiert wird.

Holland!

Dunlop!

Ich will verstehen:

Wie kann es sein, dass Kriminelle mitten in Deutschland illegal

Müll auftürmen?

Umweltgefährdender Stoff, flüssig, Glyphosat, steht ja drauf.

Und ich will wissen, wie gefährlich solche Deponien sind.

Also grundsätzlich ist natürlich so eine illegale Mülldeponie

in der Nähe eines Trinkwassereinzugsgebiets ein No Go.

Das ist unglaublich.

Über Recycling-Mythen und illegale Plastik-Exporte haben wir beim Y-Kollektiv schon berichtet.

Nicht aber über illegale Müllgeschäfte in Deutschland.

Für diesen Film arbeite ich zusammen mit Michael Billig,

er recherchiert seit mehr als fünf Jahren zu dem Thema.

Klar, diese Exporte nach Süd-Ost-Asien, das ist auch übel, das ist sehr übel,

aber da ist sehr viel drüber berichtet worden.

Und was hier innerhalb unseres Landes abläuft, das haben ganz viele scheinbar

gar nicht auf der Agenda.

Als freier Journalist dokumentiert Michael illegale Müllhalden in Deutschland.

Allein in Brandenburg sind es aktuell 127.

Dort rotten geschätzt fünf Millionen Tonnen Müll vor sich hin.

Das ist mehr, als die Einwohner der sieben größten deutschen Städte zusammen

in einem Jahr in ihre Mülltonnen werfen.

Zwei besonders krasse Fälle wollen wir uns anschauen.

Wir sind unterwegs in Brandenburg, auf dem Weg zur – nach unseren Recherchen -

größten illegalen Plastikmülldeponie Deutschlands.

Da ist Michael schon.

Weil wir nicht wissen, was für Schadstoffe hier rumliegen,

ziehen wir Schutzkleidung an.

Profis am Werk.

62.000 Tonnen Müll liegen hier.

Behördlich genehmigt wurde diese Anlage als eine Art Zwischenlager für Müll,

der dann an Verbrennungsanlagen geliefert wurde.

Nicht aber zur dauerhaften Lagerung.

Doch genau das hat der Betreiber gemacht.

Als auffiel, dass er hier Müll dauerhaft auftürmte,

verhängte die Behörde einen Annahmestopp.

Das war 2012.

Jetzt liegen hier Sachen von...

Mindesthaltbarkeitsdatum 2017, da vorne 2016.

Genau, Dezember 2017.

Also die [Behörden] hatten ihn hier Jahre lang schon auf dem Schirm,

hatten den Verdacht, dass das hier illegal ist,

sind davon ausgegangen, dass das hier wesentlich größere Mengen waren,

und der hat einfach weitergemacht.

Genehmigt hatte die Behörde eine Menge von 5000 Tonnen.

Und auch, welchen Müll der Betreiber annehmen durfte:

nämlich nur aussortierte Reste aus der Papierherstellung.

Doch auch diese Auflage interessierte ihn offenbar nicht.

Spätestens 2010 hätte der Schwindel gestoppt werden können.

Bei einer Kontrolle fiel ein LKW auf, der Müll anlieferte, der nicht genehmigt war.

Der Fall beschäftigt plötzlich viele verschiedene Behörden:

Umweltamt, LKA und Staatsanwaltschaft.

Das LKA flog damals über das Gelände und machte Luftbildaufnahmen.

So bemerkten die Behörden die großen Mengen an Müll:

„Verdacht auf illegalen Anlagenbetrieb“.

In einem Schreiben muss sich der Betreiber rechtfertigen:

Weiß ich nicht, ob er sich die Zahl ausgedacht hat.

Auf jeden Fall ist er natürlich schön unter 5000 Tonnen geblieben, 4460 Tonnen.

Also auf dem Papier sieht das alles ganz super aus.

Vor Ort aber zeigt sich uns ein ganz anderes Bild.

Diese Mengen und die Art von Müll, die hier rumliegen, wurden nie genehmigt.

Die Behörden hatten den Betreiber auf dem Schirm

und ließen ihn davonkommen.

Das hier ist ein Mischmasch aus Plastik, Holz, Drähte,

Kabel, CDs liegen da.

Irgendwelche Sprühdosen, Verpackungen.

Scheiße, ey!

Was ist denn das?!

Irgendein Schaum... ich häng' hier jetzt richtig fest.

Geh nicht weiter.

Jetzt bin ich zumindest raus.

Ich sinke hier richtig ein.

Sau ekelig, ne?

Richtig ekelig.

Das hier sind Mullbinden, Wundauflagen, bergeweise.

Wir nehmen Proben, die wir im Labor

auf verschiedene Schadstoffe analysieren lassen wollen.

Manches, was wir auf der Deponie finden, stellt uns vor Rätsel.

Zum Beispiel das hier.

Sieht aus wie große Kunststoffbahnen.

Auch hier nehmen wir Proben.

Seit 2017 ist die Anlage nicht mehr in Betrieb.

Die Firma ist insolvent.

Eine Sache überrascht uns besonders.

Was auffällt ist:

wir haben hier auf der ganzen Deponie Müll aus Dänemark.

Und zwar nicht eine Fuhre oder zwei, sondern über Jahre ist hier offenbar Müll

aus Dänemark angekommen.

Hier: Joghurt... eine Fischdose, eine Konservendose.

Und davon gibt es jede Menge.

Also Verpackungsmüll, Hausmüll aus Dänemark ist hier auf jeden Fall in nicht unerheblichen

Mengen gelandet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Betreiber.

Das Verfahren wurde 2011 gegen eine Zahlung von 2000 Euro eingestellt.

Es handelte sich hierbei um ein Verwaltungsverfahren, heißt:

es wurde lediglich wegen Verstoß gegen behördliche Auflagen ermittelt.

Ein Strafverfahren hat es nie gegeben.

Der Fall zeigt:

ernsthafte Konsequenzen müssen die Müllschieber kaum fürchten.

Wenn die Täter überhaupt angeklagt und verurteilt werden,

sind die Strafen oft mild.

Das belegen etwa Zahlen aus dem brandenburgischen Justizministerium:

zwischen 1994 und 2015 endeten neunzig Prozent der Fälle,

die überhaupt vor Gericht landeten, mit einer Geldstrafe.

Und der Müll liegt immer noch hier.

Soll niemand was sagen, wir nehmen unseren Scheiß wieder mit.

Wir wollen den ehemaligen Anlagenbetreiber konfrontieren,

wollen wissen, ob und wann er die illegalen Müllberge beseitigen wird.

Laut den Unterlagen der Behörden wohnt er selbst in dem Dorf,

an dessen Rand er seine illegale Deponie aufgeschüttet hat.

Niemand öffnet.

Wir bekommen seine Handynummer und den Hinweis,

dass er seit Kurzem in einer Ferienhausanlage wohnen soll.

Wir fahren hin.

Vor der Kamera will er nicht sprechen.

Er kam jetzt gerade nach Hause.

Wir haben ihn dann direkt angesprochen.

Er war sichtlich überrascht, als er uns sah und wir uns als Journalisten

vorgestellt haben.

Wollte dann auch erst mal schnell rein, hat sich dann doch noch 2-3 Minuten genommen.

Er meinte, ihn trifft schon Schuld.

Ja, er ist der Eigentümer des Grundstücks.

Hat aber angedeutet, dass es da andere Beteiligte gibt,

dass er über's Ohr gehauen wurde.

Dass man aufpassen muss, mit wem man Geschäfte macht.

Der Mann, mit dem wir gerade gesprochen haben, ist Eigentümer des Grundstücks

und war bis zur Insolvenz der Firma Betreiber der Anlage.

Seine Antworten sind vage, konkreten Fragen weicht er aus.

Am nächsten Morgen sind wir nochmal mit ihm verabredet.

Aber: er ist nicht da.

Geht nicht dran.

Tja...

Wir konfrontieren ihn auch noch einmal schriftlich, erhalten aber wieder keine Antwort.

Der Fall liegt derzeit beim Landesumweltamt, das entscheiden muss,

wie es mit der illegalen Deponie weitergeht.

Die Behörde antwortet uns:

„Ein Anlass zur Probennahme war aufgrund der Lagerung von genehmigten,

ungefährlichen Abfallarten bisher nicht gegeben.“

Das muss man sich nochmal auf der Zunge zergehen lassen:

„genehmigte, ungefährliche Abfallarten.“

Der Typ hat die Behörden jahrelang getäuscht.

Seit mindestens 10 Jahren wissen die Behörden,

dass hier viel zu viel nie genehmigter Müll rumliegt.

Und noch immer ist die Rede von „genehmigten, ungefährlichen Abfallarten.“

So bleiben die Behörden im wahrsten Sinn auf dem Müll sitzen.

Sie werden das Grundstück wohl mit Steuergeldern aufräumen müssen.

Geschätzte Kosten: 8 Millionen Euro.

Wir wollen uns eine zweite illegale Deponie anschauen.

Sie liegt in Mecklenburg-Vorpommern.

Erst vor einem Jahr wurde hier zuletzt Müll abgeladen.

Für diese Anlage gibt es keine Genehmigung durch die Behörden,

sie ist also komplett illegal.

Auf Satellitenbildern ist zu erkennen, wie die Müllberge über die Jahre angehäuft wurden.

Mehr als zwanzig Jahre ging das so.

Aus unseren Recherchen wissen wir: Das Grundstück liegt in einer Trinkwasserschutzzone.

Medical...

X-Ray Processing.

Für Röntgen, Röntgenaufnahmen.

Ja, das fällt auch auf: Autowerkstätten, Krankenhäuser, Baustellen...

ich hab auch das Gefühl, es sind auch viele Verpackungen...

also Verpackungsbranche...

die aber nicht aus dem Hausmüll kommen, sondern die nie im Handel waren.

Das ist leer. - Ah, ein bisschen ist noch drin.

Doch noch was drin? - Ja, hier ist jede Menge.

Und dann finden wir noch das hier.

Umweltgefährdender Stoff, flüssig.

Ist Glyphosat, ja?

Steht hier drauf.

Alter, was geht?!

Hier ist dasselbe nochmal.

In den Dokumenten der Behörden stand, dass diese Verpackungen alle leer seien.

Aber wie man hört, ist hier noch was drin.

Und wir haben jetzt schon einige gefunden, auch große Kanister, wo noch Rest zumindest

drin waren.

Und viele sind auch geschreddert oder aufgeplatzt.

Wer weiß, ob da nicht auch noch was drin war.

In einem Schreiben der zuständigen Wasserbehörde heißt es:

„Bei Regenwetter kommt es zu Abspülungen und damit zur Verunreinigung des Oberflächen-

und Grundwassers.

Damit ist eine Gefährdung des Trinkwassers für die Stadt Rostock gegeben.“

Das Schreiben endet mit einem Appell:

„Es ist erforderlich, die Fläche sofort von diesen Materialien

zu räumen.“

Das war bereits 1994, seitdem ist immer mehr Müll hinzugekommen.

Geil, Britney Spears auf der Pepsi-Packung.

Das ist ja geil.

Wieso haben die Behörden das illegale Treiben nicht längst gestoppt?

Auf unsere Anfrage teilt die zuständige Umweltbehörde mit,

dass 2015 eine „Vor-Ort-Kontrolle“ stattgefunden habe.

Ergebnis laut Behörde:

„Ein illegaler Anlagenbetrieb bestätigte sich nicht.“

What?!

Die Behörden hatten doch schon fast zwanzig Jahre vorher geklärt,

dass auf dem Grundstück im Trinkwasserschutzgebiet überhaupt kein Müll lagern darf.

Auf diesen offensichtlichen Widerspruch geht die Behördenleiterin auch auf Nachfrage

nicht ein.

Wir finden auch jede Menge Verpackungen vom Fleischwarenhersteller Gutfried –

sieht aus wie Industrieabfall.

Auch hiervon nehmen wir Proben.

Und fragen bei Gutfried nach diesen Verpackungen.

Die Antwort:

„Wir haben keine Kenntnis über die von Ihnen genannten Entsorgungsunternehmen

und die Entsorgung der Verpackungen in den Jahren 2000 bis 2004.“

Das hier sind geschredderte Kabel.

Mit diesem Granulat sind hier ganze Hügel aufgeschüttet,

die das Gelände zur Straße hin von Blicken abschirmen.

Von weitem sieht das Zeug aus wie Kiesberge.

Und hier liegt reihenweise, bergeweise... tja, was ist das...

Gummi.

Autoreifen, Traktorreifen.

Auch dieser Müll kommt nicht aus Deutschland.

Holland!

Dunlop!

Dunlop aus Holland.

Es riecht auch richtig nach Gummi hier.

Da sieht man, auch richtig verkohlt da.

Ganze Klumpen.

Und dazwischen ist es ein bisschen wie am Strand...

oder Konfetti-Party, genau.

Wir fragen bei Dunlop nach.

Das Unternehmen antwortet man habe „keine Erklärung“

wie der Abfall hier gelandet sei.

Diese illegale Deponie hier, die es nie hätte geben dürfen,

existiert seit 26 Jahren.

Dahinter steckt nach unseren Recherchen eine Unternehmerfamilie aus Norddeutschland.

Ihr gehört eine Reihe von Firmen mit Niederlassungen in Mecklenburg-Vorpommern,

Niedersachen, Hamburg und London, viele inzwischen insolvent.

Auf unsere Fragen, die wir ihnen zukommen lassen,

erhalten wir keine Antwort.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Geschätzte Kosten für die Räumung laut Umweltbehörde: bis zu 4 Millionen Euro.

Inzwischen hat die Umweltbehörde selbst Proben nehmen lassen,

spricht uns gegenüber von "überwiegend gefährlichen Abfällen“.

Wir wollen jemandem sprechen, der direkt neben den illegalen Müllbergen

seinen Schrebergarten hat.

Was da nun passiert oder ob da überhaupt was passiert,

das sei mal dahingestellt.

Aber so wie es da ist, kann es ja nicht sein.

Ist ja nicht gerade ein kleiner Haufen.

Und ich will gar nicht wissen, was das alles ist.

Das will ich gar nicht wissen.

Das ist ja dann auch wieder so eine Frage.

Ist das alles so umweltkonform?

Wir wollen das schon wissen.

Ein paar Wochen später erhalte ich die Analyseergebnisse unserer Proben.

Nachgewiesen sind: Schwermetalle, Weichmacher –

die von der EU als fortpflanzungsgefährdend eingestuft sind

und andere Schadstoffe in teils deutlich erhöhten Konzentrationen.

Der Toxikologe Edmund Maser von der Uni Kiel bewertet die Ergebnisse.

Sie haben in ihren Proben Schwermetalle gefunden: Arsen, Blei, Quecksilber, Cadmium, Nickel

und Kupfer.

Das sind natürlich gesundheitsschädliche, giftige oder sogar krebserregende Substanzen,

diese Schwermetalle.

Und das Problem ist, dass die durch diese illegalen Mülldeponien

eben mit dem Sickerwasser in den Boden gelangen.

Dann im Trinkwasser oder auch überhaupt in dem landwirtschaftlich genutzten Wasser

erscheinen

und dann eben den Menschen belasten.

Ich will von ihm wissen, wie er die gemessenen Werte einordnet.

Wenn ich mir die Werte für Quecksilber und Arsen anschaue,

dann sind die bei Ihren Proben um den Faktor 4 erhöht.

Das heißt: 4-fach über dem, was so als Grenzwert

in der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung vorgegeben ist.

Der Toxikologe erklärt, welche Gesundheitsschäden diese Schwermetalle verursachen können.

Arsen ist zum Beispiel ein Zellgift, das kann die Leber und die Lunge schädigen.

Und von Arsen weiß man, dass auch krebserregend ist.

Bei Kindern kann Arsen zu Entwicklungsstörungen führen.

Von Quecksilber weiß man, dass es Nervenzellen schädigt.

Und Quecksilber kann zu Missbildungen bei ungeborenen Kindern führen.

Und Cadmium ist auch krebserregend, schädigt die Nieren, schädigt die Lunge

und vor allem die Knochen.

Ich erzähle ihm von der Deponie in Mecklenburg-Vorpommern,

von der wir wissen, dass die sich in einer Trinkwasserschutzzone

befindet.

Also grundsätzlich ist natürlich so eine illegale Mülldeponie

in der Nähe eines Trinkwassereinzugsgebiets ein No Go.

Das ist unglaublich.


Deutschlands illegale Müllhalden: Das kriminelle Millionengeschäft mit unserem Müll Germany's illegal waste dumps: The criminal multi-million dollar business with our garbage

Das hier sind mehrere zehntausend Tonnen Müll.

Illegal abgeladen.

Von solchen illegalen Deponien gibt es hunderte in Deutschland.

Scheiße, ey!

Was ist denn das?!

Ein Millionengeschäft, bei dem Müll quer durch Europa transportiert wird.

Holland!

Dunlop!

Ich will verstehen:

Wie kann es sein, dass Kriminelle mitten in Deutschland illegal

Müll auftürmen?

Umweltgefährdender Stoff, flüssig, Glyphosat, steht ja drauf.

Und ich will wissen, wie gefährlich solche Deponien sind.

Also grundsätzlich ist natürlich so eine illegale Mülldeponie

in der Nähe eines Trinkwassereinzugsgebiets ein No Go.

Das ist unglaublich.

Über Recycling-Mythen und illegale Plastik-Exporte haben wir beim Y-Kollektiv schon berichtet.

Nicht aber über illegale Müllgeschäfte in Deutschland.

Für diesen Film arbeite ich zusammen mit Michael Billig,

er recherchiert seit mehr als fünf Jahren zu dem Thema.

Klar, diese Exporte nach Süd-Ost-Asien, das ist auch übel, das ist sehr übel,

aber da ist sehr viel drüber berichtet worden.

Und was hier innerhalb unseres Landes abläuft, das haben ganz viele scheinbar

gar nicht auf der Agenda.

Als freier Journalist dokumentiert Michael illegale Müllhalden in Deutschland.

Allein in Brandenburg sind es aktuell 127.

Dort rotten geschätzt fünf Millionen Tonnen Müll vor sich hin.

Das ist mehr, als die Einwohner der sieben größten deutschen Städte zusammen

in einem Jahr in ihre Mülltonnen werfen.

Zwei besonders krasse Fälle wollen wir uns anschauen.

Wir sind unterwegs in Brandenburg, auf dem Weg zur – nach unseren Recherchen -

größten illegalen Plastikmülldeponie Deutschlands.

Da ist Michael schon.

Weil wir nicht wissen, was für Schadstoffe hier rumliegen,

ziehen wir Schutzkleidung an.

Profis am Werk.

62.000 Tonnen Müll liegen hier.

Behördlich genehmigt wurde diese Anlage als eine Art Zwischenlager für Müll,

der dann an Verbrennungsanlagen geliefert wurde.

Nicht aber zur dauerhaften Lagerung.

Doch genau das hat der Betreiber gemacht.

Als auffiel, dass er hier Müll dauerhaft auftürmte,

verhängte die Behörde einen Annahmestopp.

Das war 2012.

Jetzt liegen hier Sachen von...

Mindesthaltbarkeitsdatum 2017, da vorne 2016.

Genau, Dezember 2017.

Also die [Behörden] hatten ihn hier Jahre lang schon auf dem Schirm,

hatten den Verdacht, dass das hier illegal ist,

sind davon ausgegangen, dass das hier wesentlich größere Mengen waren,

und der hat einfach weitergemacht.

Genehmigt hatte die Behörde eine Menge von 5000 Tonnen.

Und auch, welchen Müll der Betreiber annehmen durfte:

nämlich nur aussortierte Reste aus der Papierherstellung.

Doch auch diese Auflage interessierte ihn offenbar nicht.

Spätestens 2010 hätte der Schwindel gestoppt werden können.

Bei einer Kontrolle fiel ein LKW auf, der Müll anlieferte, der nicht genehmigt war.

Der Fall beschäftigt plötzlich viele verschiedene Behörden:

Umweltamt, LKA und Staatsanwaltschaft.

Das LKA flog damals über das Gelände und machte Luftbildaufnahmen.

So bemerkten die Behörden die großen Mengen an Müll:

„Verdacht auf illegalen Anlagenbetrieb“.

In einem Schreiben muss sich der Betreiber rechtfertigen:

Weiß ich nicht, ob er sich die Zahl ausgedacht hat.

Auf jeden Fall ist er natürlich schön unter 5000 Tonnen geblieben, 4460 Tonnen.

Also auf dem Papier sieht das alles ganz super aus.

Vor Ort aber zeigt sich uns ein ganz anderes Bild.

Diese Mengen und die Art von Müll, die hier rumliegen, wurden nie genehmigt.

Die Behörden hatten den Betreiber auf dem Schirm

und ließen ihn davonkommen.

Das hier ist ein Mischmasch aus Plastik, Holz, Drähte,

Kabel, CDs liegen da.

Irgendwelche Sprühdosen, Verpackungen.

Scheiße, ey!

Was ist denn das?!

Irgendein Schaum... ich häng' hier jetzt richtig fest.

Geh nicht weiter.

Jetzt bin ich zumindest raus.

Ich sinke hier richtig ein.

Sau ekelig, ne?

Richtig ekelig.

Das hier sind Mullbinden, Wundauflagen, bergeweise.

Wir nehmen Proben, die wir im Labor

auf verschiedene Schadstoffe analysieren lassen wollen.

Manches, was wir auf der Deponie finden, stellt uns vor Rätsel.

Zum Beispiel das hier.

Sieht aus wie große Kunststoffbahnen.

Auch hier nehmen wir Proben.

Seit 2017 ist die Anlage nicht mehr in Betrieb.

Die Firma ist insolvent.

Eine Sache überrascht uns besonders.

Was auffällt ist:

wir haben hier auf der ganzen Deponie Müll aus Dänemark.

Und zwar nicht eine Fuhre oder zwei, sondern über Jahre ist hier offenbar Müll

aus Dänemark angekommen.

Hier: Joghurt... eine Fischdose, eine Konservendose.

Und davon gibt es jede Menge.

Also Verpackungsmüll, Hausmüll aus Dänemark ist hier auf jeden Fall in nicht unerheblichen

Mengen gelandet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Betreiber.

Das Verfahren wurde 2011 gegen eine Zahlung von 2000 Euro eingestellt.

Es handelte sich hierbei um ein Verwaltungsverfahren, heißt:

es wurde lediglich wegen Verstoß gegen behördliche Auflagen ermittelt.

Ein Strafverfahren hat es nie gegeben.

Der Fall zeigt:

ernsthafte Konsequenzen müssen die Müllschieber kaum fürchten.

Wenn die Täter überhaupt angeklagt und verurteilt werden,

sind die Strafen oft mild.

Das belegen etwa Zahlen aus dem brandenburgischen Justizministerium:

zwischen 1994 und 2015 endeten neunzig Prozent der Fälle,

die überhaupt vor Gericht landeten, mit einer Geldstrafe.

Und der Müll liegt immer noch hier.

Soll niemand was sagen, wir nehmen unseren Scheiß wieder mit.

Wir wollen den ehemaligen Anlagenbetreiber konfrontieren,

wollen wissen, ob und wann er die illegalen Müllberge beseitigen wird.

Laut den Unterlagen der Behörden wohnt er selbst in dem Dorf,

an dessen Rand er seine illegale Deponie aufgeschüttet hat.

Niemand öffnet.

Wir bekommen seine Handynummer und den Hinweis,

dass er seit Kurzem in einer Ferienhausanlage wohnen soll.

Wir fahren hin.

Vor der Kamera will er nicht sprechen.

Er kam jetzt gerade nach Hause.

Wir haben ihn dann direkt angesprochen.

Er war sichtlich überrascht, als er uns sah und wir uns als Journalisten

vorgestellt haben.

Wollte dann auch erst mal schnell rein, hat sich dann doch noch 2-3 Minuten genommen.

Er meinte, ihn trifft schon Schuld.

Ja, er ist der Eigentümer des Grundstücks.

Hat aber angedeutet, dass es da andere Beteiligte gibt,

dass er über's Ohr gehauen wurde.

Dass man aufpassen muss, mit wem man Geschäfte macht.

Der Mann, mit dem wir gerade gesprochen haben, ist Eigentümer des Grundstücks

und war bis zur Insolvenz der Firma Betreiber der Anlage.

Seine Antworten sind vage, konkreten Fragen weicht er aus.

Am nächsten Morgen sind wir nochmal mit ihm verabredet.

Aber: er ist nicht da.

Geht nicht dran.

Tja...

Wir konfrontieren ihn auch noch einmal schriftlich, erhalten aber wieder keine Antwort.

Der Fall liegt derzeit beim Landesumweltamt, das entscheiden muss,

wie es mit der illegalen Deponie weitergeht.

Die Behörde antwortet uns:

„Ein Anlass zur Probennahme war aufgrund der Lagerung von genehmigten,

ungefährlichen Abfallarten bisher nicht gegeben.“

Das muss man sich nochmal auf der Zunge zergehen lassen:

„genehmigte, ungefährliche Abfallarten.“

Der Typ hat die Behörden jahrelang getäuscht.

Seit mindestens 10 Jahren wissen die Behörden,

dass hier viel zu viel nie genehmigter Müll rumliegt.

Und noch immer ist die Rede von „genehmigten, ungefährlichen Abfallarten.“

So bleiben die Behörden im wahrsten Sinn auf dem Müll sitzen.

Sie werden das Grundstück wohl mit Steuergeldern aufräumen müssen.

Geschätzte Kosten: 8 Millionen Euro.

Wir wollen uns eine zweite illegale Deponie anschauen.

Sie liegt in Mecklenburg-Vorpommern.

Erst vor einem Jahr wurde hier zuletzt Müll abgeladen.

Für diese Anlage gibt es keine Genehmigung durch die Behörden,

sie ist also komplett illegal.

Auf Satellitenbildern ist zu erkennen, wie die Müllberge über die Jahre angehäuft wurden.

Mehr als zwanzig Jahre ging das so.

Aus unseren Recherchen wissen wir: Das Grundstück liegt in einer Trinkwasserschutzzone.

Medical...

X-Ray Processing.

Für Röntgen, Röntgenaufnahmen.

Ja, das fällt auch auf: Autowerkstätten, Krankenhäuser, Baustellen...

ich hab auch das Gefühl, es sind auch viele Verpackungen...

also Verpackungsbranche...

die aber nicht aus dem Hausmüll kommen, sondern die nie im Handel waren.

Das ist leer. - Ah, ein bisschen ist noch drin.

Doch noch was drin? - Ja, hier ist jede Menge.

Und dann finden wir noch das hier.

Umweltgefährdender Stoff, flüssig.

Ist Glyphosat, ja?

Steht hier drauf.

Alter, was geht?!

Hier ist dasselbe nochmal.

In den Dokumenten der Behörden stand, dass diese Verpackungen alle leer seien.

Aber wie man hört, ist hier noch was drin.

Und wir haben jetzt schon einige gefunden, auch große Kanister, wo noch Rest zumindest

drin waren.

Und viele sind auch geschreddert oder aufgeplatzt.

Wer weiß, ob da nicht auch noch was drin war.

In einem Schreiben der zuständigen Wasserbehörde heißt es:

„Bei Regenwetter kommt es zu Abspülungen und damit zur Verunreinigung des Oberflächen-

und Grundwassers.

Damit ist eine Gefährdung des Trinkwassers für die Stadt Rostock gegeben.“

Das Schreiben endet mit einem Appell:

„Es ist erforderlich, die Fläche sofort von diesen Materialien

zu räumen.“

Das war bereits 1994, seitdem ist immer mehr Müll hinzugekommen.

Geil, Britney Spears auf der Pepsi-Packung.

Das ist ja geil.

Wieso haben die Behörden das illegale Treiben nicht längst gestoppt?

Auf unsere Anfrage teilt die zuständige Umweltbehörde mit,

dass 2015 eine „Vor-Ort-Kontrolle“ stattgefunden habe.

Ergebnis laut Behörde:

„Ein illegaler Anlagenbetrieb bestätigte sich nicht.“

What?!

Die Behörden hatten doch schon fast zwanzig Jahre vorher geklärt,

dass auf dem Grundstück im Trinkwasserschutzgebiet überhaupt kein Müll lagern darf.

Auf diesen offensichtlichen Widerspruch geht die Behördenleiterin auch auf Nachfrage

nicht ein.

Wir finden auch jede Menge Verpackungen vom Fleischwarenhersteller Gutfried –

sieht aus wie Industrieabfall.

Auch hiervon nehmen wir Proben.

Und fragen bei Gutfried nach diesen Verpackungen.

Die Antwort:

„Wir haben keine Kenntnis über die von Ihnen genannten Entsorgungsunternehmen

und die Entsorgung der Verpackungen in den Jahren 2000 bis 2004.“

Das hier sind geschredderte Kabel.

Mit diesem Granulat sind hier ganze Hügel aufgeschüttet,

die das Gelände zur Straße hin von Blicken abschirmen.

Von weitem sieht das Zeug aus wie Kiesberge.

Und hier liegt reihenweise, bergeweise... tja, was ist das...

Gummi.

Autoreifen, Traktorreifen.

Auch dieser Müll kommt nicht aus Deutschland.

Holland!

Dunlop!

Dunlop aus Holland.

Es riecht auch richtig nach Gummi hier.

Da sieht man, auch richtig verkohlt da.

Ganze Klumpen.

Und dazwischen ist es ein bisschen wie am Strand...

oder Konfetti-Party, genau.

Wir fragen bei Dunlop nach.

Das Unternehmen antwortet man habe „keine Erklärung“

wie der Abfall hier gelandet sei.

Diese illegale Deponie hier, die es nie hätte geben dürfen,

existiert seit 26 Jahren.

Dahinter steckt nach unseren Recherchen eine Unternehmerfamilie aus Norddeutschland.

Ihr gehört eine Reihe von Firmen mit Niederlassungen in Mecklenburg-Vorpommern,

Niedersachen, Hamburg und London, viele inzwischen insolvent.

Auf unsere Fragen, die wir ihnen zukommen lassen,

erhalten wir keine Antwort.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Geschätzte Kosten für die Räumung laut Umweltbehörde: bis zu 4 Millionen Euro.

Inzwischen hat die Umweltbehörde selbst Proben nehmen lassen,

spricht uns gegenüber von "überwiegend gefährlichen Abfällen“.

Wir wollen jemandem sprechen, der direkt neben den illegalen Müllbergen

seinen Schrebergarten hat.

Was da nun passiert oder ob da überhaupt was passiert,

das sei mal dahingestellt.

Aber so wie es da ist, kann es ja nicht sein.

Ist ja nicht gerade ein kleiner Haufen.

Und ich will gar nicht wissen, was das alles ist.

Das will ich gar nicht wissen.

Das ist ja dann auch wieder so eine Frage.

Ist das alles so umweltkonform?

Wir wollen das schon wissen.

Ein paar Wochen später erhalte ich die Analyseergebnisse unserer Proben.

Nachgewiesen sind: Schwermetalle, Weichmacher –

die von der EU als fortpflanzungsgefährdend eingestuft sind

und andere Schadstoffe in teils deutlich erhöhten Konzentrationen.

Der Toxikologe Edmund Maser von der Uni Kiel bewertet die Ergebnisse.

Sie haben in ihren Proben Schwermetalle gefunden: Arsen, Blei, Quecksilber, Cadmium, Nickel

und Kupfer.

Das sind natürlich gesundheitsschädliche, giftige oder sogar krebserregende Substanzen,

diese Schwermetalle.

Und das Problem ist, dass die durch diese illegalen Mülldeponien

eben mit dem Sickerwasser in den Boden gelangen.

Dann im Trinkwasser oder auch überhaupt in dem landwirtschaftlich genutzten Wasser

erscheinen

und dann eben den Menschen belasten.

Ich will von ihm wissen, wie er die gemessenen Werte einordnet.

Wenn ich mir die Werte für Quecksilber und Arsen anschaue,

dann sind die bei Ihren Proben um den Faktor 4 erhöht.

Das heißt: 4-fach über dem, was so als Grenzwert

in der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung vorgegeben ist.

Der Toxikologe erklärt, welche Gesundheitsschäden diese Schwermetalle verursachen können.

Arsen ist zum Beispiel ein Zellgift, das kann die Leber und die Lunge schädigen.

Und von Arsen weiß man, dass auch krebserregend ist.

Bei Kindern kann Arsen zu Entwicklungsstörungen führen.

Von Quecksilber weiß man, dass es Nervenzellen schädigt.

Und Quecksilber kann zu Missbildungen bei ungeborenen Kindern führen.

Und Cadmium ist auch krebserregend, schädigt die Nieren, schädigt die Lunge

und vor allem die Knochen.

Ich erzähle ihm von der Deponie in Mecklenburg-Vorpommern,

von der wir wissen, dass die sich in einer Trinkwasserschutzzone

befindet.

Also grundsätzlich ist natürlich so eine illegale Mülldeponie

in der Nähe eines Trinkwassereinzugsgebiets ein No Go.

Das ist unglaublich.