Zwischenruf zum Klimawandel: eine Dosis Öko-Optimismus, trotz alledem
Zwischenruf heute mit einer Dosis Öko-Optimismus speziell für die Kids von
fridays for future. Zugegeben, wenn man die täglichen Horrormeldungen von der
Klimafront auf sich wirken lässt, könnte man schon in Panik geraten.
Riesige Waldbrände, das Abschmelzen der Eismassen in Grönland und in der Arktis,
das Auftauen der Permafrostböden, das riesige Mengen von Methan freisetzt
und die zunehmende Trockenheit selbst in unseren gemäßigten Klimazonen.
In fatalistischen Momenten überfällt einen schon der Gedanke "Der Wettlauf mit dem
Klimawandel sei schon verloren mit allen katastrophalen Konsequenzen für
Milliarden von Menschen." Aber ich halte es lieber mit Hölderlin:
"Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch." Recht hat er.
Hier ein paar Botschaften gegen den Klima-Blues.
Die Wichtigste ist: Der Höhepunkt des Öl- und Kohlezeitalters ist bereits überschritten. Wir sind schon
mitten in einer grünen Energierevolution. Solar- und Windenergie werden immer
kostengünstiger und steigende CO2-Preise machen fossile Energieträger teurer.
Ich wette, dass das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland eher Anfang 2030 vom Netz
gehen wird als am Ende dieses Jahrzehnts, wie im
Kohlekonsens vorgesehen. Gleichzeitig stehen wir vor einem
Durchbruch bei Stromspeichern und Elektromobilität. Die Preise für
Batteriezellen sind in den letzten zehn Jahren bereits um 90 Prozent gefallen
und sie sinken weiter. Es gibt rasche Fortschritte bei der
Speicherkapazität von Batterien und damit steigt auch die Reichweite von
Elektroautos. Daimler, VW und Co. müssen aufpassen, dass sie nicht zu Dinosauriern
der Autobranche werden. Auch Busse und LKWs werden zunehmend
elektrisch fahren -sei es mit Batterien oder mit Brennstoffzellen. Airbus hat
gerade angekündigt, bis zum Jahr 2035 eine neue Generation von Flugzeugen an
den Start zu bringen, die komplett mit Wasserstoff betrieben werden.
Es gibt bereits Pilotanlagen für klimaneutrale Kraftstoffe, die
konventionelles Kerosin ersetzen können. Auch die Chemie- und Stahlindustrie mit
ihrem hohen Energieverbrauch und ihren massiven CO2-Emissionen hat den Schuss
gehört. Thyssen, BASF und andere investieren
Milliarden in neue klimaneutrale Produktionsverfahren.
Kurz und gut, wir stehen an der Schwelle einer grünen industriellen Revolution.
Ihr Herzstück ist die Umwandlung von Sonnenlicht und Wasser in nachhaltige
Energieträger. Das bedeutet die Übertragung der
Photosynthese aus der biologischen Welt in die Welt von Industrie und Technik.
Gleichzeitig müssen wir alles tun, um der Atmosphäre so viel CO2 wie irgend
möglich zu entziehen. Durch die Wiederaufforstung von Wäldern,
die Rekultivierung von Böden und durch neue technische Verfahren.
Voraussetzungen für diesen Sprung in eine Solar-Wasserstoff-Ökonomie ist die
Produktion erneuerbarer Energien und von grünem Wasserstoff im großen Maßstab.
Deshalb springt die jetzt von der Bundesregierung vorgelegte Novellierung
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu kurz. Wir müssen Energiewende europäisch
denken und brauchen einen Erneuerbare-Energien-Verbund von Wasserkraft in
Skandinavien, Windenergie von den europäischen Küsten, bis zur Solarenergie
aus dem Mittelmeerraum und aus der Sahara. Ökologie bedeutet nicht Rückzug aus der
Moderne. Ganz im Gegenteil, wir sollten Klimaschutz als einen großen Aufbruch
denken. Unsere wichtigste Ressource ist der menschliche Erfindergeist. Zu den
Zeiten von Goethe und Marx lebten auf der Erde etwa eine Milliarde Menschen in
bitterer Armut und in Unwissenheit. Ihre Lebenserwartung war etwa 37 Jahre.
Heute sind wir mehr als 7,5 Milliarden und die Lebenserwartung hat sich
verdoppelt. Wissenschaft und Technik und Demokratie haben einen enormen
Fortschritt der menschlichen Zivilisation ermöglicht.
Sie sind auch die beste Antwort, um den Klimawandel in erträglichen Grenzen zu halten.
Keine Panik, wir schaffen das.