tagesschau 28.04.2021, 12:00 Uhr - Verfassungsschutz beobachtet Querdenker, Kinder und Jugendliche durch Corona-Krise
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der tagesschau.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (28.04.2021)
Heute im Studio: Claus-Erich Boetzkes
Guten Tag, willkommen zur tagesschau.
Verschwörungsmythen, die in Chats hunderttausendfach geteilt werden
und Verbindungen zu Reichsbürgern und Rechtsextremisten:
Nach den Landesbehörden in Baden-Württemberg und Bayern
beobachtet jetzt auch der Bundesverfassungsschutz
Teile der "Querdenken"-Bewegung:
Den Organisatoren ginge es nicht nur um die reine Mobilisierung
zu Protestzwecken, sondern darüber hinaus.
Michael Götschenberg in Berlin:
Was ist damit konkret gemeint?
Der Verfassungsschutz hat es sich nicht leicht gemacht.
Aber er hat die Bewegung jetzt ins Visier genommen.
Man ist zu dem Schluss gekommen,
dass Teile der Protestbewegung erwiesen extremistisch sind
oder zumindest in dem Verdacht stehen.
Mit Blick auf die Querdenken-Bewegung:
Den maßgeblichen Organisatoren gehe es nicht nur um Proteste.
Sie würden auch dazu aufrufen,
behördliche Anordnungen nicht zu befolgen.
Und sie suche Verbindungen zu Reichsbürgern und Rechtsextremisten.
Und es geht um die Teile der Bewegung,
die QAnon-Verschwörungsmythen verbreiten.
Der Verfassungsschutz hat eine neue Kategorie geschaffen
für Personen, die gegen Corona-Maßnahmen protestieren.
Warum?
Diese Kategorie nennt sich
"verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates".
Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes sind diese Teile
der Protestbewegung nicht in bisherige Schubladen einzuordnen.
Rechtsextremisten zum Beispiel spielen eine Rolle,
sind aber nicht der maßgebliche Teil.
Deshalb hat man einen neuen Phänomenbereich geschaffen.
Danke, Michael Götschenberg.
Kaum Freunde treffen, zu Hause sitzen, kein Vereinssport:
Es mehren sich die Zeichen,
dass Corona Kinder und Jugendliche stark belastet.
Einer Studie zufolge zeigt fast jedes dritte Kind
zwischen 7 und 17 Jahren psychische Auffälligkeiten.
Die Politik will gegensteuern.
Familienministerin Giffey kündigte ein "Corona-Aufholpaket" an.
Viele Schulen geschlossen, monatelang Unterricht zu Hause.
Kinder und Jugendliche, die nicht so viel Unterstützung bekommen,
haben es besonders schwer.
Eine große Herausforderung
sind die beengten Verhältnisse in ärmeren Stadtteilen.
Der Deutsche Städtetag fordert eine gesamtstaatliche Strategie,
um benachteiligten Kindern zu helfen.
Wir müssen Beiträge dafür leisten,
dass Lernrückstände aufgeholt werden können.
Wir müssen es schaffen, dass viele unbeschwert aufwachsen können.
Wir müssen Bildungschancen wiederherstellen
und eine gesunde körperliche und seelische Entwicklung vorantreiben.
Auch die Bundesregierung hat das Problem erkannt.
Für benachteiligte Kinder habe sich die Situation
durch Corona besonders verschärft, sagt Familienministerin Giffey
und kündigt ein "Corona-Aufholpaket" an.
Damit sind besonders Kinder in sozialen Problemlagen gemeint,
in Brennpunktvierteln.
Die wollen wir mit zusätzlicher Schulsozialarbeit,
außerschulischer Jugendarbeit und Familienberatung fördern.
Die Maßnahmen könnten kommende Woche auf den Weg gebracht werden,
damit Kinder und Jugendliche
besser fertigwerden mit den Folgen der Pandemie.
Die Zahlen zur Infektionslage:
Das RKI registrierte an einem Tag 22.231 Neuinfektionen,
gut 2700 weniger als vor einer Woche.
Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt im Vergleich zu gestern auf 161.
Die Schule als Tatort sexueller Gewalt.
Seit zwei Jahren befasst sich die Unabhängige Kommission
zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs
mit diesem traurigen Kapitel.
In einem ersten Schritt
wurden Anhörungen und schriftliche Berichte ausgewertet.
Nun startet die Kommission einen Aufruf an Betroffene,
die in ihrer Kindheit Missbrauch in der Schule erlebt haben.
Die hessische Odenwaldschule ist das bekannteste Beispiel:
Für sexuellen Missbrauch an einer Schule
und für Versagen beim Umgang mit den Opfern.
In den 70ern bis 80ern wurden hier Hunderte Kinder und Jugendliche
schutzlos sexuellen Übergriffen durch Pädagogen ausgesetzt.
Erst 2010 begann die Aufarbeitung, und auch erst, als ähnliche Fälle
am Canisius-Kolleg in Berlin bekannt und aufgeklärt wurden.
Die Kampagne "Geschichten, die zählen" wendet sich nun an Menschen,
denen Ähnliches passiert ist.
Ihre Erfahrungen könnten helfen:
Was hat dazu geführt, dass ein Lehrer zum Täter werden konnte
und einem Kind nicht geholfen wurde?
Oder welche Berichte hören wir von Betroffenen darüber,
was ihnen und wer ihnen in der Schule geholfen hat.
Zudem könne das Reden oder Schreiben den Betroffenen helfen,
ihr Leid besser zu verarbeiten.
Und dazu beitragen, dass Kinder in der Schule besser geschützt seien:
Dass in jeder Schule sich ein Leitfaden befindet,
in dem genau aufgeführt ist:
Wenn man einen Verdacht hat oder von einem Verdacht erfährt,
welche Schritte muss man gehen, welche Personen muss man ansprechen.
Das Canisius-Kolleg Berlin hat heute ein vorbildliches Präventionskonzept.
In der Odenwaldschule ist die Aufarbeitung misslungen.
Die Einrichtung wurde geschlossen.
Staatsbesuche sind in der Pandemie selten geworden.
Stattdessen gibt es Videokonferenzen.
Statt Handschlag einen Gruß via Monitor.
Corona ist nicht nur Auslöser, sondern oft auch Thema,
auch bei den Regierungsgesprächen zwischen Deutschland und China.
Es geht um die Eindämmung.
Kritik gibt es aber an den strengen Einreisebedingungen in der Pandemie.
Generell sind die Wirtschaftsbeziehungen aber gut.
Deutsche Autos in China - die Nachfrage ist groß.
Überhaupt hat der Absatzmarkt China
der deutschen Wirtschaft während der Pandemie sehr geholfen.
Deutsche Unternehmen beklagen zwar Probleme z.B. bei der Visavergabe.
Aber China ist wichtigster Handelspartner.
Heute Regierungskonsultationen - wegen Corona virtuell.
Corona ist auch Thema
beim Auftaktgespräch der Kanzlerin mit Chinas Premier.
Merkel regt an, offen über die Impfstoffproduktion zu sprechen,
die Impfstoffe gegenseitig anerkennen.
Aber auch das Thema Menschenrechte gehöre auf den Tisch:
Wir haben es immer geschafft, auch diese Themen anzusprechen.
Ich würde den Menschenrechtsdialog gern wieder in Gang setzen.
Die EU wirft China die Unterdrückung
der muslimischen Minderheit der Uiguren vor.
Was Kritiker Umerziehungslager nennen,
stellt Chinas Regierung als Berufsschulen dar.
Auf EU-Sanktionen reagiert Peking, indem es westliche Politiker
und Wissenschaftler auf eine schwarze Liste setzte.
Ich erwarte von der Bundesregierung,
egal welches Ressort am Tisch sitzt und verhandelt:
Dass Menschenrechtsthemen kritisch auf den Tisch kommen
und nicht am Katzentisch sitzen,
wie wir es in der Vergangenheit erlebt haben.
Gespräche mit einem Land, mit dem es deutliche Probleme gibt.
Dennoch betont nicht nur die Bundesregierung,
dass globale Fragen wie Klimaschutz ohne China nicht zu lösen sind.
Monatelang hatten die EU und Großbritannien
um ein Handels- und Kooperationsabkommen gerungen.
Weihnachten war es so weit.
Damit wurde ein harter Brexit vermieden,
der unabsehbare Folgen für den Handel gehabt hätte.
Für eine Ratifizierung des Abkommens bis 1.1. die Zeit jedoch zu kurz,
daher wird es seitdem vorläufig angewandt.
Gestern stimmte das EU-Parlament nun mit großer Mehrheit für das Abkommen.
Die Deutsche Bank hat Quartalszahlen vorgelegt,
die weit besser waren als erwartet.
Der Gewinn vor Steuern liegt im ersten Quartal bei 1,6 Mrd. Euro.
Stefan Wolff:
Hat die Deutsche Bank nach langer Krise
die Trendwende geschafft?
Das Management der Deutschen Bank geht davon aus,
dass die Wende vollzogen ist.
Im Corona-Jahr 2020
hat man erstmals seit Langem wieder schwarze Zahlen geschrieben.
Im ersten Quartal dieses Jahres
kamen die Gewinne aus allen Bereichen.
Der Löwenanteil aber kam aus dem Investmentbanking.
Wären also die Börsen eingebrochen,
würde die Bilanz ganz anders aussehen.
Trotzdem sind die Anleger begeistert.
Die Aktien der Deutschen Bank ziehen um neun Prozent an.
Das gibt auch dem DAX einen Schub.
Für relativ gute Stimmung sorgen auch gute Bilanzen
der Technologieunternehmen Microsoft und Alphabet.
Danke, Stefan Wolff.
Eine Insel, zwei Staaten.
Seit Jahrzehnten ist das die Realität auf Zypern.
Im Süden existiert ein griechisch geprägter Teil,
der Norden ist türkisch.
Vermittlungsversuche sind gescheitert.
Nun hat UN-Generalsekretär Guterres einen neuen Anlauf gestartet -
mit informellen Gesprächen.
Doch die Hürden für eine Lösung sind hoch.
Auf Zypern
hinterließen die alten Griechen und auch das Osmanische Reich Spuren.
Die Bevölkerung ist teils griechisch, teils türkisch geprägt.
In der britischen Kolonialzeit nach dem Ersten Weltkrieg
wuchsen Unabhängigkeitsbestrebungen.
1960 wurde Zypern ein eigener Staat.
Zur Teilung kam es 1974.
Nationalisten hatten mit einem Putsch versucht,
Zypern mit Griechenland zu vereinen.
Die türkische Armee marschierte ein und besetzte den Norden der Insel.
1983 wurde die Türkische Republik Nordzypern
als unabhängiger Staat ausgerufen.
Anerkannt wird sie bis heute nur von der Türkei.
2004 scheiterte ein Friedensplan am Votum der griechischen Zyprer,
die Tage später Mitglied der EU wurden.
Viele Versuche zur Wiedervereinigung blieben ergebnislos.
Künftige Machtverhältnisse, Gebietsansprüche
und der Zugriff auf Gasvorkommen vor der Küste bergen Zündstoff.
Die Lösungsvorschläge für den Zypern- Konflikt liegen weit auseinander
bei den Delegationen in Genf.
Der griechisch-zyprische Präsident Anastasiadis
befürwortet eine föderale Lösung.
Der türkisch-zyprischen Führer Tatar fordert eine Zwei-Staaten-Lösung –
unterstützt von der Türkei.
UN-Generalsekretär Guterres vermittelt
mit den Schutzmächten Großbritannien, Griechenland und der Türkei.
Eine endgültige Teilung habe aber wenig Chancen, so Experten.
Der Vorschlag der Türkei dient dazu, eine lose Föderation zu erreichen,
keine Konföderation.
Das ist im Einklang mit der türkischen Taktik,
extreme Forderungen zu stellen,
dann einen Schritt zurückzugehen und sich dafür belohnen zu lassen.
Immer wieder scheiterten Einigungsversuche.
Knackpunkte:
Die türkischen Soldaten im Norden der Insel,
der künftige Grenzverlauf, Eigentumsfragen.
Der Streit um die Erdgasreserven im Mittelmeer
macht die Sache nicht einfacher.
Er kompliziert das Problem, weil man sich jetzt auch noch
um die Verteilung der Erdgasreserven streiten muss
und die Grenzziehung maritimer Wirtschaftszonen.
Bis morgen wollen die Delegationen in Genf beraten,
ob es eine gemeinsame Vision für die Zukunft Zyperns gebe.
China hat eine Trägerrakete vom Typ "Langer Marsch 6"
ins All geschickt.
Der Start erfolgte vom Weltraumbahnhof Taiyuan.
Neun kommerzielle Satelliten wurden in ihre Umlaufbahn gebracht.
Sie sollen u.a. der Überwachung
von Städtebau, Landwirtschaft und Energieversorgung dienen.
Zum Wetter.
Auch heute vielfach freundlich und sonnig,
aber im Laufe des Tages wird es wolkiger.
Unsere Vorhersage.
Heute immer mehr Wolken.
Im Südwesten und Süden gegen Abend Regen und einzelne Gewitter.
In der Nacht ziehen Schauer aus dem Südwesten Richtung Norden.
Es kann kräftig schütten und auch mal gewittern.
Heute ist der wärmste Tag der Woche.
Im Norden und Nordosten örtlich Bodenfrost.
Das war die tagesschau um zwölf.
Hier übernimmt das ARD-Buffet.
Wir sind um 14 Uhr wieder da.
Bis nachher.
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