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2021 Tagesschau, tagesthemen 14.09.2021, 22:15 Uhr - Wie kommt das Impfangebot bei den Impfunwilligen an?

tagesthemen 14.09.2021, 22:15 Uhr - Wie kommt das Impfangebot bei den Impfunwilligen an?

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (14.09.2021)

Guten Abend.

Sprachbilder, um es zu beschreiben, gibt es viele.

Die Impfkampagne ist ins Stocken geraten.

Oder: Da ist noch Luft nach oben.

Oder: Der Impfmotor stottert.

Fest steht:

62,3 % aller Bürgerinnen und Bürger sind bei uns vollständig geimpft.

Aber zur Herdenimmunität fehlen noch ein paar Millionen -

trotz aller Promi-Kampagnen.

Es scheint ein Plateau erreicht,

obwohl es Impfdosen genug für alle gäbe.

Im internationalen Vergleich stehen wir nicht so schlecht dar.

Aber Spanien hat schon 75,5 % vollständig Geimpfte,

Portugal sogar mehr als 81 %.

Wie also auch bei uns an diese Quoten herankommen,

um die vierte Corona-Welle einzudämmen?

Die Bundesregierung rief nun eine Aktionswoche ins Leben,

mit einfach zugänglichen Impfangeboten.

Geimpft wird in Bars, Museen, Supermärkten, Zoos, Straßenbahnen.

Wie das ankommt? Cecilia Knodt.

Soundcheck bei den Jazz Open in Stuttgart:

Sie geben auf der Bühne Gas.

Nebenan soll das auch der Fall sein, aber beim Impfen.

Kein Weg soll mehr dran vorbei führen.

Das Ziel der Impfaktion von Bund und Ländern:

Der Piks im Vorbeigehen.

Einige hier haben lange überlegt - jetzt also doch.

Ich vertraue eigentlich niemandem.

Aber mir bleibt keine andere Wahl.

Irgendwann wird jeder dazu gezwungen, glaube ich.

Eine Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht.

Angebote sind das eine, Informationen zu finden, das andere.

Information? Hauptsächlich im Internet!

Die Infos gab es,

aber ich musste sehr viel selber nachschauen.

Ich hab für mich entschlossen:

Das ist gut. Man braucht keine Angst haben.

Gute Aufklärung –

für Expert*innen entscheidend für die Impfbereitschaft.

Die Aufklärung muss zugänglich sein, automatisch im Alltag passieren,

ohne dass man sich aktiv diese Informationen sucht.

Und sie muss ansprechend sein.

Ansprechend, direkt zugänglich:

Das versuchen sie an dieser Gesamtschule in Köln.

Informieren im Unterricht.

Der Schulleiter setzte sich für ein Impfangebot an der Schule ein.

Die Infos dazu auf Deutsch und Türkisch.

Er hatte sich mehr erhofft.

Von den 750, wo es möglich wäre, haben sich 80 rückgemeldet.

Verschwindend geringe Zahl, für das, was möglich wäre.

Das könnte daran liegen,

dass viele Eltern sich Informationen aus den falschen Quellen holen.

Die Schülerinnen und Schüler holen Informationen aus dem Netz,

die nicht zuverlässig sind.

Wir arbeiten dagegen an.

Nicht so einfach.

Das Umfeld kann auch eine starke Wirkung

auf die Impfbereitschaft haben.

Wenn man im eigenen Umfeld sieht,

dass alle geimpft sind oder sich impfen lassen möchten:

Dann spornt das mehr zur Impfbereitschaft an,

als wenn man in einem Umfeld lebt, in dem viele skeptisch sind.

Einfluss auf die Impfbereitschaft kann auch die Sprache haben.

Das zeigt eine Studie,

an der Florian Keppeler mitgearbeitet hat.

Steht auf einem Anschreiben "Ihre Impfung" statt nur "Impfung",

so steigt das Impfinteresse bei den Empfängern merklich.

Bei Kommunikation kommt es auf den feinen Unterschied an.

Wenn jemand das Gefühl hat, es geht um meine eigene Impfung,

kann das bei den Menschen einen Unterschied machen.

Impfen und Jazz – in diesen Tagen ganz nah beieinander.

Für beide gilt:

Den richtigen Ton zu treffen, kann entscheidend sein.

Was könnte Schwung in die Impfkampagne bringen?

Darüber habe ich mit Cornelia Betsch gesprochen.

Sie ist Psychologin und Professorin für Gesundheitskommunikation

an der Uni Erfurt.

Guten Abend, Frau Betsch.

Guten Abend, Herr Zamperoni.

Um eine Herdenimmunität annähernd zu erreichen,

fehlen noch Millionen Deutsche.

Ihre Erhebungen zeigen, dass unter den Ungeimpften

nicht alle grundsätzliche Impfverweigerer sind.

Warum erreicht die Impfkampagne diese nicht?

Etwa 20 % der Ungeimpften sind noch erreichbar.

Die sind impfbereit.

Die niederschwelligen Angebote beim Supermarkt usw. sind sehr gut,

um diese zu erreichen.

Aber es gibt noch mindestens genauso viele,

die Fragen haben, zögern oder nicht die Dringlichkeit sehen.

Da hilft sicher das aufsuchende Impfen nicht.

Da braucht es eine Informationsoffensive.

Es hilft also nicht,

an jeder Würstchenbude einen Impfstand aufzustellen?

Es geht nicht um Angebot, sondern um Aufklärung?

Das hilft für die, die impfbereit sind.

Aber viele Leute haben noch Fragen oder Sicherheitsbedenken.

Frauen haben weniger Vertrauen in die Sicherheit von Impfungen.

Diese Woche wird die STIKO die Impfempfehlung

für Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch aussprechen.

Das ist ein großer Meilenstein.

Denn es gibt den Mythos,

dass die Impfung etwas mit der Fruchtbarkeit zu tun hat.

Die STIKO sagt jetzt klar:

Die Impfung ist wichtig für den Schutz der Schwangeren

und des ungeborenen Lebens.

Das Risiko der Impfung ist viel kleiner

als das einer Covid-Erkrankung.

Der Moment kann genutzt werden,

um alle Mythen um das Thema aufzuklären.

Sind unter der Gruppe auch welche,

die nicht grundsätzlich gegen impfen sind?

Wollen sie der Politik eins auswischen?

Impfen hängt immer auch mit dem Vertrauen in die Regierung zusammen.

18 % der Ungeimpften sagen:

"Es ist für mich 'ne Möglichkeit zu sagen, ich bin unzufrieden."

Wir sollten die Impfentscheidung rausholen aus der politischen Ecke.

Natürlich wird momentan viel von Politikern informiert.

Aber eigentlich ist es 'ne Gesundheitsentscheidung.

Ich entscheide für mich und meine Familie

und auch für die Gesellschaft, wie unser Herbst wird.

Werde ich krank oder kann ich gesund bleiben?

Es ist ganz wichtig,

dass wir es wieder als Gesundheitsentscheidung begreifen.

Uns gute Informationen holen bei Ärzten.

Die Gynäkologen sind jetzt aufgerufen,

diese Gruppen zu informieren.

Dann kann es noch einen Schritt vorangehen.

Impfen ist ein emotionales Thema.

Es geht auch um Vertrauen.

Hat es Vertrauen auf- oder abgebaut, dass die STIKO sich lange Zeit

gelassen hat bei der Empfehlung für Kinder und Schwangere?

Bei den Schwangeren sehen wir es schon.

Die Information, dass die Impfung zu Unfruchtbarkeit führt,

gibt es schon, seit es die Impfung gibt.

Dass es keine Impfempfehlung gab, brachte das Gerücht zum Kochen.

Jetzt ist ein wichtiger Moment,

dass mit diesen Falschinformationen noch mal gründlich aufgeräumt wird.

Dass die STIKO sich die Daten genau angeschaut hat,

kann auch ein Punkt sein, der Vertrauen schafft.

Dass die Empfehlung für die Kinder

noch nicht zu einem großen Anstieg geführt hat ...

Viele Eltern fühlen sich noch nicht gut informiert.

Auch hier sind die Ärzte aufgerufen, die Familien zu informieren.

Es sind noch große Gruppen ungeimpft.

Das medizinische Fachpersonal ist immer die Gruppe,

die den besten Zugriff hat auf die Leute.

Es genießt auch das größte Vertrauen.

Da wird eine Impfempfehlung am besten angenommen.

Frau Betsch, vielen Dank.

Jeanne Rubner ist Leiterin der Wissenschaftsredaktion

beim Bayerischen Rundfunk.

Zu den Erfolgsaussichten der Impfkampagne

hat sie folgende Meinung:

Wenn ich mich noch mal impfen lassen müsste,

würde ich zum Bräustüberl am Tegernsee fahren.

Bei der Kampagne #HierWirdGeimpft kommen die Spritzen jetzt dorthin,

wo die Menschen sind.

Das ist richtig so.

Zu lange setzte Deutschland auf große Zentren.

In München kostet so ein Impfausflug ins entlegene Messegelände Stunden.

Als amerikanische Marotte belächelt wurde das Impfen im Drive Through

oder im Supermarkt.

Nun könnte es sich auch bei uns bewähren.

Kreative Impforte sind dringend nötig.

Noch sind viel zu wenige Menschen geschützt,

um eine schwere vierte Welle im Herbst abzuwenden.

Was ist mit denen, die bisher keinen Impftermin haben?

Die meisten sind keine Impfverweigerer.

Davon gibt es nur um die fünf Prozent.

Es sind vielmehr die, die den Aufwand scheuen.

Die sich für nicht gefährdet halten oder glauben,

der Impfstoff sei nicht ausreichend getestet.

Umso wichtiger ist es, Menschen zu überzeugen,

dass sie was für ihren Schutz tun und für den ihrer Familie und Freunde.

Die eigene Gesundheit ist immer das beste Argument.

Auch die Impfaktionen am Tegernsee und woanders

werden nicht alle erreichen.

Nicht alle Zögerlichen sind scharf auf eine Gratisfahrt im Riesenrad

oder eine Bratwurst.

Deswegen muss es zusätzlich positive Anreize geben.

Besonders die Aussicht für Geimpfte und Genesene,

mehr Freiheiten zu genießen – Stichwort 2G.

Eine Aktionswoche fürs Impfen alleine wird nicht reichen.

Die Meinung von Jeanne Rubner.

Der Kampf gegen die Corona-Pandemie und deren Folgen

wird eine der drängendsten Aufgaben der neuen Bundesregierung.

Um zu erfahren, was sonst die Menschen bewegt,

reisen wir seit Wochen durch alle 16 Bundesländer.

Heute sind wir in einem Stadtteil von Berlin,

der sehr muslimisch geprägt ist.

Wie wird der Wahlkampf dort geführt?

Welche Themen stehen oben auf der Liste?

Um das herauszufinden und mittendrin mitzuerleben,

war Kerstin Breinig in Berlin-Neukölln.

Sie hat einen Direktkandidaten bei seiner Straßentour begleitet.

Wahlbezirk 82 - Berlin Neukölln, mehr als 320.000 Einwohner:

Zwischen Brennpunktviertel, Hippster-Treff und Familien-Idylle

liegen hier nur wenige Straßen.

Jeder Vierte hat keinen deutschen Pass,

darf also nicht wählen.

Und einige von denen, die dürfen,

machen in der muslimischen Community von ihrem Recht keinen Gebrauch.

Ihre Wahlbeteiligung liegt unter dem Durchschnitt.

Unterwegs mit Hakan Demir,

türkischstämmig, 36 Jahre alt und Direktkandidat der SPD:

Ich bin Hakan, der Bundestagskandidat für Neukölln.

Ich bin Hakan Demir.

Ich bin der SPD-Bundestagskandidat und wollte mich mal vorstellen.

Wir machen 'ne Kleingewerbetour.

Wenn du Fragen hast, kannst du mich erreichen.

Zweisprachiger Wahlkampfspaziergang von Laden zu Laden,

von Gespräch zu Gespräch:

Viele Menschen kennenlernen, eine Verbindung aufbauen.

Viele sind Multiplikatoren für die Community.

Das ist eine soziale Tankstelle.

Ich hoffe, dass sich das rumspricht:

"Der Bundestagskandidat war hier und hat sich nach uns erkundigt."

Auf dem #wAlman Festival taucht ein Punkt immer wieder auf:

Viele muslimische Wahlberechtigte

fühlen sich von den Parteien nicht vertreten.

Politik von und für die Mehrheitsgesellschaft,

nicht für sie: So ist ihr Eindruck.

Das häufigste Argument von Menschen mit muslimischem Glauben

oder einer Fluchtgeschichte ist:

Sie werden nicht angesprochen und sind strukturellem Rassismus

ausgesetzt - auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt.

Sie bekommen stets das Gefühl, dass sie nicht dazu gehören.

Wenn Menschen ausgegrenzt werden, wundert es nicht,

dass sie nicht wählen möchten.

Deshalb hat er das Festival mit ins Leben gerufen,

das zum Wählen animieren soll, für Politik begeistern - mit Musik.

Der Teil funktioniert.

Randa Diab und Nesri El-Sahi muss aber niemand ihre Rechte erklären.

Dann kann man am Ende sagen, ich habe gewählt.

Es haben nicht die falschen meine Stimme gekriegt.

Man sollte mehr unternehmen, dass die Leute anfangen zu wählen.

Man muss ihnen einen Ruck geben.

Werbung oder die Wählerpost reicht meistens nicht.

Beim Festival treffen wir potenzielle Wähler*innen aller Altersgruppen:

Frisch eingebürgerte Neuwähler,

doch auch viele, die seit Jahren ohne deutschen Pass hier leben.

So wie die Band, die ihre Stimme nur auf der Bühne erhebt.

Über die Wahl wollen sie nicht reden, weil sie damit nichts zu tun hätten.

Was auch deutlich wird, ist viel Enttäuschung:

Ich kenne viele, die würden gern eine Partei wählen.

Dann erfährt man, dass die Partei mitbestimmt hat,

dass irgendwo kein Kopftuch getragen werden darf.

Sofort wird ein Rückzieher gemacht.

Bei Hakan Demir geht es immer wieder um Rassismus, Diskriminierung

und das Kopftuch-Verbot.

Das ist mir halt wichtig.

Das fällt mir besonders schwer.

Ich versuch mich immer, auf Stellen zu bewerben.

Das Problem ist, dass ich keine Erfahrung hab,

weil mir kein Arbeitgeber die Chance geben möchte.

Das finde ich wichtig, dass das geändert wird.

Einen speziell muslimischen Wahlkampf brauche es aber in Neukölln nicht:

Es gibt grundsätzlich ein soziales Problem in Neukölln.

Mit Mietenanstieg haben alle Probleme,

egal welche Herkunft sie haben.

Und alle müssen vor jeder Wahl neu überzeugt werden,

dass auch ihre Stimme zählt.

Zu den Dingen, die Kanzlerin Merkel nicht mehr im Amt erleben wird,

gehört die Erweiterung der EU auf dem Westbalkan.

Da warten einige Länder darauf, aufgenommen zu werden.

Die Bereitschaft der EU-Mitglieder dazu ist unterschiedlich.

So befinden sich die Staaten des Westbalkans

in verschiedenen Beitrittsstadien.

Mit Montenegro und Serbien wird bereits konkret verhandelt.

Albanien und Nordmazedonien warten auf den Start ihrer Verhandlungen,

die von der EU zugesagt sind.

Bosnien und Herzegowina hat einen Antrag auf Aufnahme gestellt.

Verhandlungen gibt es noch keine, genauso wie mit dem Kosovo.

Da drängt die EU auf die Normalisierung

der Beziehungen zu Serbien und ein Abkommen zwischen den Ländern.

Die Stadt Mitrovica im Norden des Kosovo -

seit Ende des Kosovokrieges eine geteilte Stadt:

Im Norden der Stadt leben etwa 30.000 Menschen,

die meisten von ihnen Kosovo-Serben.

Zum Beispiel Marko, 25 Jahre alt, hier geboren, studiert hier.

Zu den Menschen im anderen Teil der Stadt

gebe es kaum Kontakt, dafür noch viel Hass, sagt er.

Ich hoffe ja auch, dass es mal ein friedliches Miteinander

zwischen Serben und Kosovaren geben wird.

Aber eben in einem Staat, der nicht Kosovo heißt,

sondern Serbien.

Auf der anderen Seite der Stadt leben etwas 33.000 Menschen,

die meisten Kosovo-Albaner:

Für sie gehört ganz Mitrovica zum Kosovo.

Aaron betreibt ein kleines Restaurant.

Er kann sich noch an den Krieg erinnern.

Viel habe sich gebessert seitdem.

Es gebe kaum Auseinandersetzungen,

aber eben auch kaum Kontakt zu den anderen.

Ganz früher war das anders.

Da wurde in manchen Cafes Serbisch, Albanisch, Türkisch gesprochen.

Heute ist es schwer, so einen Ort zu finden.

Das ist die Folge des Krieges und der Zeit danach.

Sicher spielt auch die Armut eine Rolle.

Der Streit um die Anerkennung des Kosovo durch Serbien:

In Mitrovica ist er ungelöst, überwacht von UN und KFOR.

250 km entfernt, Tirana in Albanien:

Ein Gipfel der Westbalkan-Regierungschefs -

zum letzten Mal mit Angela Merkel als Vermittlerin.

Mit dabei ist die serbische Premierministerin

und ihr Kollege aus dem Kosovo.

Eine Lösung ihres Konflikts ist für viele Voraussetzung

für einen EU-Beitritt der Länder.

Doch auch heute bleibt es beim gemeinsamen Foto -

eine Lösung weit entfernt.

Wir müssen den Prozess im historischen Kontext sehen.

Frau Merkel hat uns 2014 nach Berlin eingeladen.

Das war das erste Mal in der Geschichte dieser Region,

dass die Anführer an einem Tisch saßen, ohne sich umzubringen.

Dass sie nicht über die Vergangenheit reden,

sondern über die Zukunft.

Ob Flüchtlingskrise oder Corona:

Merkel habe die Westbalkan-Staaten nie vergessen, sagt Rama.

Umso mehr sei die Frage, wer ihr im Amt nachfolgt,

entscheidend für die Region.

Jeder neue deutsche Bundeskanzler wird ein Herz für die Region haben.

Aus jedem Land des westlichen Balkans

leben und arbeiten viele Menschen in Deutschland.

Sie sind ein Teil unseres Wohlstandes.

Wir haben ein strategisches Interesse daran,

mit der Region zusammenzuarbeiten.

Viele Probleme seien noch zu lösen, sagt die Kanzlerin:

Neben ethnischen Konflikten auch der Kampf gegen Korruption

oder Ausbau der Infrastruktur.

Mehr als der Appell, weiter daran zu arbeiten,

bleibt ihr nicht.

Christian Limpert berichtet aus der albanischen Hauptstadt Tirana.

War das eher eine Abschiedstour der Kanzlerin

oder eine Reise mit Signalcharakter für den Westbalkan?

Ich würde sagen, es war eine Abschiedstour,

die Angela Merkel bewusst gewählt hat,

um den Fokus auf den Westbalkan zu richten.

Drei Signale waren ihr dabei besonders wichtig.

Sie hat den Premierministern klargemacht:

Dass nach ihrer Zeit als Kanzlerin

der Westbalkan auf dem Schirm der Bundesregierung ist.

Das war eine große Sorge, wer kommt.

Das zweite Signal:

Das ist ein Appell, auf dem Westbalkan weiter

am Beitritt und an Reformen zu arbeiten.

Das dritte Signal ging Richtung EU.

Einige Länder haben gesehen, dass alle Hausaufgaben sinnlos sind,

sobald ein EU-Land sagt, wir sind dagegen.

Da hat sie deutlich die EU kritisiert.

Wenn wir Bedingungen auferlegen,

dann müssen wir zu unseren Zusagen stehen.

Wie nah sind die Westbalkan-Länder einem EU-Beitritt derzeit?

Wir haben es vorhin gehört.

Es kommt darauf an, von welchem Land wir reden.

Kosovo steht ganz am Anfang.

Andere verhandeln schon.

Aber solange der Konflikt nicht gelöst ist,

wird ein Beitritt schwer.

Es gibt keine konkrete Jahreszahl bei keinem Land.

Man sollte trotzdem den Ländern die Perspektive offenhalten,

sagte Merkel hier.

Sonst suchen sie sich langfristig andere Perspektiven,

zum Beispiel bei China oder Russland.

Es waren goldene Zeiten,

als Martin Winterkorn den VW-Konzern lenkte.

Der Schein und die Scheine stimmten.

Bis im Herbst 2015 bekannt wurde:

VW hat seine Diesel-Fahrzeuge manipuliert.

11 Mio. Mal installierte VW eine Software in Diesel-Fahrzeugen,

um deren Stickoxid-Ausstoß zu beeinflussen.

Donnerstag beginnt in Braunschweig der erste Betrugsprozess

zu einem der größten Industrieskandale Deutschlands:

Vier Mitarbeiter müssen sich vor Gericht verantworten.

Insgesamt wird gegen 100 Beschuldigte ermittelt.

Mit einigen konnte ein Team des NDR vor Prozessbeginn exklusiv sprechen.

Auch mit einem Ex-VW-Manager, der in den USA verurteilt wurde

und seit Januar auf Bewährung frei ist.

Die Doku läuft morgen im Ersten, hier ein Vorab-Einblick:

Er hat einen hohen Preis bezahlt –

für einen der größten Skandale der deutschen Industriegeschichte.

Drei Jahre saß Oliver Schmidt im Gefängnis,

weil er nicht alles gesagt hat, was er wusste.

Die Firma und das Werk waren fast 20 Jahre mein Lebensmittelpunkt.

Es ist ein komisches Gefühl, hierher zu fahren.

Die Firma ist VW.

Ihre Manager wollen 2005 den US-Markt erobern -

mit einem sauberen Dieselmotor.

Clean Diesel nennen sie das Projekt.

Doch der Motor macht Probleme.

Er kann die US-Abgaswerte nicht einhalten.

Einer der Ingenieure berichtet von einer Software.

Die erkennt, ob ein Auto auf dem Prüfstand steht,

und drosselt dort den Stickoxid-Ausstoß.

Auf der Straße ist er 35-mal höher als erlaubt.

Im November 2006 präsentieren VW-Ingenieure

die Schummel-Software dem damaligen Motorenchef.

Ein Teilnehmer sagt später aus:

Ich habe unseren Plan ...

Der Chef wird uns ...

Der Motorenchef sagt heute:

Die Mitarbeiter hätten die Manipulation nicht deutlich gemacht.

Die Testerkennung habe er nicht genehmigt.

Trotzdem kommt 2008 der manipulierte Motor auf den US-Markt,

begleitet von einer Werbekampagne.

* Welcome on bord your TDI Clean Diesel. *

* Clean Diesel *

* Clean Diesel *

2014 kommen US-Forscher VW auf die Schliche.

Jetzt herrscht Angst in der Konzernzentrale.

Ein Ingenieur erinnert sich später:

"Wir wussten, wir waren aufgeflogen."

"Wir haben 500.000 Fahrzeuge in den USA."

"Im schlimmsten Fall müssen wir sie zurückkaufen."

Im Mai 2014 bekommt VW-Chef Martin Winterkorn eine Warnung.

US-Behörden könnten nach einer illegalen Testerkennung suchen,

ein sogenanntes Defeat Device.

So die Notiz in seiner Wochenendpost.

Die ist ein wichtiger Punkt, um zu sagen –

und das werfen wir Herrn Winterkorn vor:

Ab diesem Moment war er informiert, dass die Fahrzeuge in den USA

eine Defeat-Device-Einrichtung hatten.

Martin Winterkorn wird später sagen, er habe die Notiz nicht gelesen.

Ein Jahr hält VW die US-Behörden hin.

Dann schickt der Konzern Oliver Schmidt in die USA.

Er soll seine Kontakte spielen lassen.

Die Testerkennung soll er nicht erwähnen, sagt er.

Zum ersten Mal spricht er offen vor einer Kamera.

Ich hab mit denen so geredet, wie man's nicht hätte tun sollen.

In diesen Gesprächen hab ich nicht alles gesagt, was ich wusste.

Dafür wird der ehemalige Top-Manager in den USA wegen Betrugs verurteilt.

Seit Januar ist er auf Bewährung frei.

VW will keine Einzelfälle kommentieren.

Das Unternehmen räumt aber ein, dass die Beteiligten

aus heutiger Sicht die Folgen ihres Handelns unterschätzt haben.

Das ist ungefähr so, als würden Sie mit zwei Promille

auf der Autobahn 250 km/h fahren.

Und Sie meinen, Sie bekommen eine Strafzettel,

als hätten Sie falsch geparkt.

Oliver Schmidt wurde fristlos entlassen.

Er klagt gegen VW.

Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Die ganze Dokumentation zum VW-Dieselskandal

können Sie jetzt schon in der ARD-Mediathek sehen.

In Afghanistan regt sich erneut Widerstand

gegen die islamistischen Taliban.

Weitere Nachrichten mit Jens Riewa.

In Kandahar im Süden gingen heute Tausende auf die Straße.

Auslöser war offenbar die Aufforderung,

eine Siedlung zu räumen, die von Armee-Angehörigen bewohnt wurde.

Journalisten berichten,

sie seien während des Demozuges von Taliban-Kämpfern geschlagen worden.

Das Demonstrationsrecht wurde von den Taliban stark eingeschränkt.

Die juristische Auseinandersetzung über Wahlplakate

der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" in Zwickau geht weiter.

Das Verwaltungsgericht Chemnitz entschied:

Plakate mit dem Slogan "Hängt die Grünen"

müssen trotz einer Verfügung der Stadt nicht abgenommen werden.

Sie müssten aber einen Abstand von 100 Metern

zur Wahlwerbung der Grünen haben.

Die Stadt will gegen den Gerichtsentscheid vorgehen.

Finanzexperten erwarten mehrheitlich laut einer Umfrage

der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse:

Die Bundestagswahl wird die Märkte beeinflussen.

Mehr dazu von Anja Kohl:

Zwei große Themen werden nach Ansicht der Finanzprofis

die Wahl entscheiden: das Klima und die Pandemie.

Je nachdem, wer künftig regiert:

Gesetze für Unternehmen und Investoren,

die zu mehr Nachhaltigkeit führen, werden strikter oder laxer ausfallen.

Subventionen werden mehr oder weniger üppig.

Unabhängig davon gehen drei Viertel der Experten

von einer steigenden Staatsverschuldung aus.

In der Folge rechnen zwei Drittel mit höheren Steuern:

Um die Pandemie zu bewältigen,

aber auch weil die CO2-Umlage weiter steigen dürfte.

Das Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland

wurde am neuen Standort in Heidelberg mit einem Festakt wiedereröffnet.

Das Archiv wurde 1987 gegründet.

Es sammelt Schriften und Dokumente

über das Leben der jüdischen Gemeinden in Deutschland.

Einige sind aus der Zeit des Nationalsozialismus,

viele dokumentieren die Zeit nach 1945.

Die Sammlung wird laufend erweitert und digitalisiert.

Nach 15 Jahren Renovierung wurde nahe Kairo

eine 4700 Jahre alte Grabstätte wieder eröffnet:

Das Südgrab des altägyptischen Königs Djoser

in der Nekropole von Sakkara.

Es ist eine weitgehend unterirdische Anlage

mit zentraler Grabkammer.

Die Instandsetzungsarbeiten des Pyramidenkomplexes,

der zum UNESCO-Welterbe gehört, sind damit abgeschlossen.

Lehrerinnen und Lehrer gehören oft nicht zu den Lieblingsmenschen.

Aber der Typ mit der Strickmütze könnte fast ein guter Kumpel sein.

Ist er auch, aber nicht um sich anzubiedern,

sondern um Kindern mehr beizubringen als Zahlen und Formeln.

Es wird viel gesprochen in der Klasse 6b

an der Georg-Büchner-Schule im hessischen Stadtallendorf.

Einer Klasse mit Kindern aus zwölf Nationen.

Manchmal wird auch zwei Minuten kollektiv vor sich hingedöst

mitten im Unterricht, weil der Lehrer es so will.

Ein Dokumentarfilm zeigt diese besondere Art der Schule fürs Leben.

Klaus Lesche hat ihn gesehen.

Guten Morgen, Herr Bachmann!

Dieter Bachmann unterrichtet die 6B einer Gesamtschule.

Hier haben fast alle einen Migrationshintergrund.

Viele sprechen Deutsch nur hier, die Eltern können kaum helfen.

Bildung als mission impossible? Nicht bei Bachmann.

Er findet Wege, der Klasse Bruchrechnen schmackhaft zu machen.

Was bleibt für jeden, wenn sich alle eine Pizza teilen?

Sag ganz laut, den wievielten Teil Pizza du bekommst.

Ein Neunzehntel. I love you!

Geht doch.

Bachmann ist ein irgendwie anderer Lehrertyp.

Er unterrichtet nicht nur, was der Lehrplan verlangt.

Wichtiger ist ihm, das Selbstbewusstsein zu stärken.

Musik sorgt für Erfolgserlebnisse.

Diese Noten zeigen nichts von euch. Das sind nur Momentaufnahmen.

Viel wichtiger ist, dass ihr alle tolle Kinder seid.

Wo andere nur Schwächen sehen, erkennt er Potenzial.

Er brennt für seine Schüler, fordert und fördert.

Er kämpft gegen Sprachbarrieren und geringe Aufmerksamkeitsspannen.

Leute, das ist keine Arbeitsatmosphäre.

Silentium, Maximum flüstern.

Bachmann will wissen, was sie bedrückt, wie sie denken.

Er stößt Diskussionen an – und erfährt so manches.

Was ist deine Idealfrau, Dschengis?

Meine soll braunhaarig sein. Er guckt Steffi an.

Wann möchtest du mal heiraten? Ich will nie.

Wenn er eine Frau hat, hat er ein Problem.

Wenn du einen Mann hast, dann kriegst du Probleme!

Ob in der Klasse oder im Feriencamp:

Fasziniert beobachtet man die Entwicklung der Kinder.

"Herr Bachmann und seine Klasse" zeigt, was möglich ist:

Wenn ein Lehrer durch unkonventionellen Unterricht

Spielräume schafft, Neugier fördert.

3,5 Stunden, die sich nie wie Nachsitzen anfühlen.

Ich hab was gelernt über dich: Du willst Friseur werden.

Da kannst du mal bei mir üben.

Die Dokumentation entstand vor der Corona-Pandemie.

Man ahnt, wie verloren diese Klasse gewesen wäre

im Distanzunterricht mit Zoom-Schalten.

Das Bachmann-Prinzip funktioniert nur als zugewandter Präsenzunterricht.

Da aber ist dieser Lehrer eine Klasse für sich.

Der Film ist ab Donnerstag in den Kinos zu sehen.

Und jetzt in den tagesthemen:

Herr Plöger und seine Wetteraussichten.

Ich steige sofort ein mit der Feststellung:

In der Westhälfte des Landes ist es noch ganz schön warm.

Das zieht sich zum Teil bis Sachsen hinein.

Das sind aktuelle Temperaturen.

Es ist Mitte September.

Das, was wir jetzt erleben,

gehört normalerweise in diese Jahreszeit als Höchsttemperaturen.

Auch in den nächsten Tagen wird es nicht richtig kühl.

Aber die Temperaturen gehen ein bisschen zurück.

Das ist das Tief über der Nordsee.

Danach kommt dieser Komplex,

der schon über Frankreich heute Regen brachte.

Die Wetterlage stellt sich um.

Die Wolken kommen von Westen nach Osten.

Darin eingelagert können Warmlufteinschubgewitter sein.

Es kann immer wieder regnen.

Im Nordwesten gibt es zuerst die Beruhigung.

Unter den Wolken bleibt es weiter warm.

Dort, wo es klar ist, ist es etwas kühler.

Das sind die Aussichten.

Donnerstag weitere Schauer und Gewitter.

Freitag freundlicher.

Das waren die tagesthemen.

Hier geht es weiter mit dem Dokumentarfilm

"Slahi und seine Folterer":

Über einen Mauretanier, der wegen Terrorverdachts

14 Jahre im US-Gefangenenlager Guantanamo eingesperrt war.

Das nachtmagazin meldet sich um 0.20 Uhr.

Wir sind morgen wieder für Sie da.

Tschüss und bleiben Sie zuversichtlich.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 14.09.2021, 22:15 Uhr - Wie kommt das Impfangebot bei den Impfunwilligen an? tagesthemen 14.09.2021, 22:15 Uhr - Como é que a oferta de vacinação é recebida pelas pessoas dispostas a serem vacinadas?

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (14.09.2021)

Guten Abend.

Sprachbilder, um es zu beschreiben, gibt es viele.

Die Impfkampagne ist ins Stocken geraten.

Oder: Da ist noch Luft nach oben.

Oder: Der Impfmotor stottert.

Fest steht:

62,3 % aller Bürgerinnen und Bürger sind bei uns vollständig geimpft.

Aber zur Herdenimmunität fehlen noch ein paar Millionen -

trotz aller Promi-Kampagnen.

Es scheint ein Plateau erreicht,

obwohl es Impfdosen genug für alle gäbe.

Im internationalen Vergleich stehen wir nicht so schlecht dar.

Aber Spanien hat schon 75,5 % vollständig Geimpfte,

Portugal sogar mehr als 81 %.

Wie also auch bei uns an diese Quoten herankommen,

um die vierte Corona-Welle einzudämmen?

Die Bundesregierung rief nun eine Aktionswoche ins Leben,

mit einfach zugänglichen Impfangeboten.

Geimpft wird in Bars, Museen, Supermärkten, Zoos, Straßenbahnen.

Wie das ankommt? Cecilia Knodt.

Soundcheck bei den Jazz Open in Stuttgart:

Sie geben auf der Bühne Gas.

Nebenan soll das auch der Fall sein, aber beim Impfen.

Kein Weg soll mehr dran vorbei führen.

Das Ziel der Impfaktion von Bund und Ländern:

Der Piks im Vorbeigehen.

Einige hier haben lange überlegt - jetzt also doch.

Ich vertraue eigentlich niemandem.

Aber mir bleibt keine andere Wahl.

Irgendwann wird jeder dazu gezwungen, glaube ich.

Eine Impfpflicht gibt es in Deutschland nicht.

Angebote sind das eine, Informationen zu finden, das andere.

Information? Hauptsächlich im Internet!

Die Infos gab es,

aber ich musste sehr viel selber nachschauen.

Ich hab für mich entschlossen:

Das ist gut. Man braucht keine Angst haben.

Gute Aufklärung –

für Expert*innen entscheidend für die Impfbereitschaft.

Die Aufklärung muss zugänglich sein, automatisch im Alltag passieren,

ohne dass man sich aktiv diese Informationen sucht.

Und sie muss ansprechend sein.

Ansprechend, direkt zugänglich:

Das versuchen sie an dieser Gesamtschule in Köln.

Informieren im Unterricht.

Der Schulleiter setzte sich für ein Impfangebot an der Schule ein.

Die Infos dazu auf Deutsch und Türkisch.

Er hatte sich mehr erhofft.

Von den 750, wo es möglich wäre, haben sich 80 rückgemeldet.

Verschwindend geringe Zahl, für das, was möglich wäre.

Das könnte daran liegen,

dass viele Eltern sich Informationen aus den falschen Quellen holen.

Die Schülerinnen und Schüler holen Informationen aus dem Netz,

die nicht zuverlässig sind.

Wir arbeiten dagegen an.

Nicht so einfach.

Das Umfeld kann auch eine starke Wirkung

auf die Impfbereitschaft haben.

Wenn man im eigenen Umfeld sieht,

dass alle geimpft sind oder sich impfen lassen möchten:

Dann spornt das mehr zur Impfbereitschaft an,

als wenn man in einem Umfeld lebt, in dem viele skeptisch sind.

Einfluss auf die Impfbereitschaft kann auch die Sprache haben.

Das zeigt eine Studie,

an der Florian Keppeler mitgearbeitet hat.

Steht auf einem Anschreiben "Ihre Impfung" statt nur "Impfung",

so steigt das Impfinteresse bei den Empfängern merklich.

Bei Kommunikation kommt es auf den feinen Unterschied an.

Wenn jemand das Gefühl hat, es geht um meine eigene Impfung,

kann das bei den Menschen einen Unterschied machen.

Impfen und Jazz – in diesen Tagen ganz nah beieinander.

Für beide gilt:

Den richtigen Ton zu treffen, kann entscheidend sein.

Was könnte Schwung in die Impfkampagne bringen?

Darüber habe ich mit Cornelia Betsch gesprochen.

Sie ist Psychologin und Professorin für Gesundheitskommunikation

an der Uni Erfurt.

Guten Abend, Frau Betsch.

Guten Abend, Herr Zamperoni.

Um eine Herdenimmunität annähernd zu erreichen,

fehlen noch Millionen Deutsche.

Ihre Erhebungen zeigen, dass unter den Ungeimpften

nicht alle grundsätzliche Impfverweigerer sind.

Warum erreicht die Impfkampagne diese nicht?

Etwa 20 % der Ungeimpften sind noch erreichbar.

Die sind impfbereit.

Die niederschwelligen Angebote beim Supermarkt usw. sind sehr gut,

um diese zu erreichen.

Aber es gibt noch mindestens genauso viele,

die Fragen haben, zögern oder nicht die Dringlichkeit sehen.

Da hilft sicher das aufsuchende Impfen nicht.

Da braucht es eine Informationsoffensive.

Es hilft also nicht,

an jeder Würstchenbude einen Impfstand aufzustellen?

Es geht nicht um Angebot, sondern um Aufklärung?

Das hilft für die, die impfbereit sind.

Aber viele Leute haben noch Fragen oder Sicherheitsbedenken.

Frauen haben weniger Vertrauen in die Sicherheit von Impfungen.

Diese Woche wird die STIKO die Impfempfehlung

für Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch aussprechen.

Das ist ein großer Meilenstein.

Denn es gibt den Mythos,

dass die Impfung etwas mit der Fruchtbarkeit zu tun hat.

Die STIKO sagt jetzt klar:

Die Impfung ist wichtig für den Schutz der Schwangeren

und des ungeborenen Lebens.

Das Risiko der Impfung ist viel kleiner

als das einer Covid-Erkrankung.

Der Moment kann genutzt werden,

um alle Mythen um das Thema aufzuklären.

Sind unter der Gruppe auch welche,

die nicht grundsätzlich gegen impfen sind?

Wollen sie der Politik eins auswischen?

Impfen hängt immer auch mit dem Vertrauen in die Regierung zusammen.

18 % der Ungeimpften sagen:

"Es ist für mich 'ne Möglichkeit zu sagen, ich bin unzufrieden."

Wir sollten die Impfentscheidung rausholen aus der politischen Ecke.

Natürlich wird momentan viel von Politikern informiert.

Aber eigentlich ist es 'ne Gesundheitsentscheidung.

Ich entscheide für mich und meine Familie

und auch für die Gesellschaft, wie unser Herbst wird.

Werde ich krank oder kann ich gesund bleiben?

Es ist ganz wichtig,

dass wir es wieder als Gesundheitsentscheidung begreifen.

Uns gute Informationen holen bei Ärzten.

Die Gynäkologen sind jetzt aufgerufen,

diese Gruppen zu informieren.

Dann kann es noch einen Schritt vorangehen.

Impfen ist ein emotionales Thema.

Es geht auch um Vertrauen.

Hat es Vertrauen auf- oder abgebaut, dass die STIKO sich lange Zeit

gelassen hat bei der Empfehlung für Kinder und Schwangere?

Bei den Schwangeren sehen wir es schon.

Die Information, dass die Impfung zu Unfruchtbarkeit führt,

gibt es schon, seit es die Impfung gibt.

Dass es keine Impfempfehlung gab, brachte das Gerücht zum Kochen.

Jetzt ist ein wichtiger Moment,

dass mit diesen Falschinformationen noch mal gründlich aufgeräumt wird.

Dass die STIKO sich die Daten genau angeschaut hat,

kann auch ein Punkt sein, der Vertrauen schafft.

Dass die Empfehlung für die Kinder

noch nicht zu einem großen Anstieg geführt hat ...

Viele Eltern fühlen sich noch nicht gut informiert.

Auch hier sind die Ärzte aufgerufen, die Familien zu informieren.

Es sind noch große Gruppen ungeimpft.

Das medizinische Fachpersonal ist immer die Gruppe,

die den besten Zugriff hat auf die Leute.

Es genießt auch das größte Vertrauen.

Da wird eine Impfempfehlung am besten angenommen.

Frau Betsch, vielen Dank.

Jeanne Rubner ist Leiterin der Wissenschaftsredaktion

beim Bayerischen Rundfunk.

Zu den Erfolgsaussichten der Impfkampagne

hat sie folgende Meinung:

Wenn ich mich noch mal impfen lassen müsste,

würde ich zum Bräustüberl am Tegernsee fahren.

Bei der Kampagne #HierWirdGeimpft kommen die Spritzen jetzt dorthin,

wo die Menschen sind.

Das ist richtig so.

Zu lange setzte Deutschland auf große Zentren.

In München kostet so ein Impfausflug ins entlegene Messegelände Stunden.

Als amerikanische Marotte belächelt wurde das Impfen im Drive Through

oder im Supermarkt.

Nun könnte es sich auch bei uns bewähren.

Kreative Impforte sind dringend nötig. Creative vaccination sites are urgently needed.

Noch sind viel zu wenige Menschen geschützt,

um eine schwere vierte Welle im Herbst abzuwenden.

Was ist mit denen, die bisher keinen Impftermin haben?

Die meisten sind keine Impfverweigerer.

Davon gibt es nur um die fünf Prozent.

Es sind vielmehr die, die den Aufwand scheuen.

Die sich für nicht gefährdet halten oder glauben,

der Impfstoff sei nicht ausreichend getestet.

Umso wichtiger ist es, Menschen zu überzeugen,

dass sie was für ihren Schutz tun und für den ihrer Familie und Freunde.

Die eigene Gesundheit ist immer das beste Argument.

Auch die Impfaktionen am Tegernsee und woanders

werden nicht alle erreichen.

Nicht alle Zögerlichen sind scharf auf eine Gratisfahrt im Riesenrad

oder eine Bratwurst.

Deswegen muss es zusätzlich positive Anreize geben.

Besonders die Aussicht für Geimpfte und Genesene,

mehr Freiheiten zu genießen – Stichwort 2G.

Eine Aktionswoche fürs Impfen alleine wird nicht reichen.

Die Meinung von Jeanne Rubner.

Der Kampf gegen die Corona-Pandemie und deren Folgen

wird eine der drängendsten Aufgaben der neuen Bundesregierung.

Um zu erfahren, was sonst die Menschen bewegt,

reisen wir seit Wochen durch alle 16 Bundesländer.

Heute sind wir in einem Stadtteil von Berlin,

der sehr muslimisch geprägt ist.

Wie wird der Wahlkampf dort geführt?

Welche Themen stehen oben auf der Liste?

Um das herauszufinden und mittendrin mitzuerleben,

war Kerstin Breinig in Berlin-Neukölln.

Sie hat einen Direktkandidaten bei seiner Straßentour begleitet.

Wahlbezirk 82 - Berlin Neukölln, mehr als 320.000 Einwohner:

Zwischen Brennpunktviertel, Hippster-Treff und Familien-Idylle

liegen hier nur wenige Straßen.

Jeder Vierte hat keinen deutschen Pass,

darf also nicht wählen.

Und einige von denen, die dürfen,

machen in der muslimischen Community von ihrem Recht keinen Gebrauch.

Ihre Wahlbeteiligung liegt unter dem Durchschnitt.

Unterwegs mit Hakan Demir,

türkischstämmig, 36 Jahre alt und Direktkandidat der SPD:

Ich bin Hakan, der Bundestagskandidat für Neukölln.

Ich bin Hakan Demir.

Ich bin der SPD-Bundestagskandidat und wollte mich mal vorstellen.

Wir machen 'ne Kleingewerbetour.

Wenn du Fragen hast, kannst du mich erreichen.

Zweisprachiger Wahlkampfspaziergang von Laden zu Laden,

von Gespräch zu Gespräch:

Viele Menschen kennenlernen, eine Verbindung aufbauen.

Viele sind Multiplikatoren für die Community.

Das ist eine soziale Tankstelle.

Ich hoffe, dass sich das rumspricht:

"Der Bundestagskandidat war hier und hat sich nach uns erkundigt."

Auf dem #wAlman Festival taucht ein Punkt immer wieder auf:

Viele muslimische Wahlberechtigte

fühlen sich von den Parteien nicht vertreten.

Politik von und für die Mehrheitsgesellschaft,

nicht für sie: So ist ihr Eindruck.

Das häufigste Argument von Menschen mit muslimischem Glauben

oder einer Fluchtgeschichte ist:

Sie werden nicht angesprochen und sind strukturellem Rassismus

ausgesetzt - auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt.

Sie bekommen stets das Gefühl, dass sie nicht dazu gehören.

Wenn Menschen ausgegrenzt werden, wundert es nicht,

dass sie nicht wählen möchten.

Deshalb hat er das Festival mit ins Leben gerufen,

das zum Wählen animieren soll, für Politik begeistern - mit Musik.

Der Teil funktioniert.

Randa Diab und Nesri El-Sahi muss aber niemand ihre Rechte erklären.

Dann kann man am Ende sagen, ich habe gewählt.

Es haben nicht die falschen meine Stimme gekriegt.

Man sollte mehr unternehmen, dass die Leute anfangen zu wählen.

Man muss ihnen einen Ruck geben.

Werbung oder die Wählerpost reicht meistens nicht. Advertising or voter mail is usually not enough.

Beim Festival treffen wir potenzielle Wähler*innen aller Altersgruppen:

Frisch eingebürgerte Neuwähler,

doch auch viele, die seit Jahren ohne deutschen Pass hier leben.

So wie die Band, die ihre Stimme nur auf der Bühne erhebt.

Über die Wahl wollen sie nicht reden, weil sie damit nichts zu tun hätten.

Was auch deutlich wird, ist viel Enttäuschung:

Ich kenne viele, die würden gern eine Partei wählen.

Dann erfährt man, dass die Partei mitbestimmt hat,

dass irgendwo kein Kopftuch getragen werden darf.

Sofort wird ein Rückzieher gemacht.

Bei Hakan Demir geht es immer wieder um Rassismus, Diskriminierung

und das Kopftuch-Verbot.

Das ist mir halt wichtig.

Das fällt mir besonders schwer.

Ich versuch mich immer, auf Stellen zu bewerben.

Das Problem ist, dass ich keine Erfahrung hab,

weil mir kein Arbeitgeber die Chance geben möchte.

Das finde ich wichtig, dass das geändert wird.

Einen speziell muslimischen Wahlkampf brauche es aber in Neukölln nicht:

Es gibt grundsätzlich ein soziales Problem in Neukölln.

Mit Mietenanstieg haben alle Probleme,

egal welche Herkunft sie haben.

Und alle müssen vor jeder Wahl neu überzeugt werden,

dass auch ihre Stimme zählt.

Zu den Dingen, die Kanzlerin Merkel nicht mehr im Amt erleben wird,

gehört die Erweiterung der EU auf dem Westbalkan.

Da warten einige Länder darauf, aufgenommen zu werden.

Die Bereitschaft der EU-Mitglieder dazu ist unterschiedlich.

So befinden sich die Staaten des Westbalkans

in verschiedenen Beitrittsstadien.

Mit Montenegro und Serbien wird bereits konkret verhandelt.

Albanien und Nordmazedonien warten auf den Start ihrer Verhandlungen,

die von der EU zugesagt sind.

Bosnien und Herzegowina hat einen Antrag auf Aufnahme gestellt.

Verhandlungen gibt es noch keine, genauso wie mit dem Kosovo.

Da drängt die EU auf die Normalisierung

der Beziehungen zu Serbien und ein Abkommen zwischen den Ländern.

Die Stadt Mitrovica im Norden des Kosovo -

seit Ende des Kosovokrieges eine geteilte Stadt:

Im Norden der Stadt leben etwa 30.000 Menschen,

die meisten von ihnen Kosovo-Serben.

Zum Beispiel Marko, 25 Jahre alt, hier geboren, studiert hier.

Zu den Menschen im anderen Teil der Stadt

gebe es kaum Kontakt, dafür noch viel Hass, sagt er.

Ich hoffe ja auch, dass es mal ein friedliches Miteinander

zwischen Serben und Kosovaren geben wird.

Aber eben in einem Staat, der nicht Kosovo heißt,

sondern Serbien.

Auf der anderen Seite der Stadt leben etwas 33.000 Menschen,

die meisten Kosovo-Albaner:

Für sie gehört ganz Mitrovica zum Kosovo.

Aaron betreibt ein kleines Restaurant.

Er kann sich noch an den Krieg erinnern.

Viel habe sich gebessert seitdem.

Es gebe kaum Auseinandersetzungen,

aber eben auch kaum Kontakt zu den anderen.

Ganz früher war das anders.

Da wurde in manchen Cafes Serbisch, Albanisch, Türkisch gesprochen.

Heute ist es schwer, so einen Ort zu finden.

Das ist die Folge des Krieges und der Zeit danach.

Sicher spielt auch die Armut eine Rolle.

Der Streit um die Anerkennung des Kosovo durch Serbien:

In Mitrovica ist er ungelöst, überwacht von UN und KFOR.

250 km entfernt, Tirana in Albanien:

Ein Gipfel der Westbalkan-Regierungschefs -

zum letzten Mal mit Angela Merkel als Vermittlerin.

Mit dabei ist die serbische Premierministerin

und ihr Kollege aus dem Kosovo.

Eine Lösung ihres Konflikts ist für viele Voraussetzung

für einen EU-Beitritt der Länder.

Doch auch heute bleibt es beim gemeinsamen Foto -

eine Lösung weit entfernt.

Wir müssen den Prozess im historischen Kontext sehen.

Frau Merkel hat uns 2014 nach Berlin eingeladen.

Das war das erste Mal in der Geschichte dieser Region,

dass die Anführer an einem Tisch saßen, ohne sich umzubringen.

Dass sie nicht über die Vergangenheit reden,

sondern über die Zukunft.

Ob Flüchtlingskrise oder Corona:

Merkel habe die Westbalkan-Staaten nie vergessen, sagt Rama.

Umso mehr sei die Frage, wer ihr im Amt nachfolgt,

entscheidend für die Region.

Jeder neue deutsche Bundeskanzler wird ein Herz für die Region haben.

Aus jedem Land des westlichen Balkans

leben und arbeiten viele Menschen in Deutschland.

Sie sind ein Teil unseres Wohlstandes.

Wir haben ein strategisches Interesse daran,

mit der Region zusammenzuarbeiten.

Viele Probleme seien noch zu lösen, sagt die Kanzlerin:

Neben ethnischen Konflikten auch der Kampf gegen Korruption

oder Ausbau der Infrastruktur.

Mehr als der Appell, weiter daran zu arbeiten,

bleibt ihr nicht.

Christian Limpert berichtet aus der albanischen Hauptstadt Tirana.

War das eher eine Abschiedstour der Kanzlerin

oder eine Reise mit Signalcharakter für den Westbalkan?

Ich würde sagen, es war eine Abschiedstour,

die Angela Merkel bewusst gewählt hat,

um den Fokus auf den Westbalkan zu richten.

Drei Signale waren ihr dabei besonders wichtig.

Sie hat den Premierministern klargemacht:

Dass nach ihrer Zeit als Kanzlerin

der Westbalkan auf dem Schirm der Bundesregierung ist.

Das war eine große Sorge, wer kommt.

Das zweite Signal:

Das ist ein Appell, auf dem Westbalkan weiter

am Beitritt und an Reformen zu arbeiten.

Das dritte Signal ging Richtung EU.

Einige Länder haben gesehen, dass alle Hausaufgaben sinnlos sind,

sobald ein EU-Land sagt, wir sind dagegen.

Da hat sie deutlich die EU kritisiert.

Wenn wir Bedingungen auferlegen,

dann müssen wir zu unseren Zusagen stehen.

Wie nah sind die Westbalkan-Länder einem EU-Beitritt derzeit?

Wir haben es vorhin gehört.

Es kommt darauf an, von welchem Land wir reden.

Kosovo steht ganz am Anfang.

Andere verhandeln schon.

Aber solange der Konflikt nicht gelöst ist,

wird ein Beitritt schwer.

Es gibt keine konkrete Jahreszahl bei keinem Land.

Man sollte trotzdem den Ländern die Perspektive offenhalten,

sagte Merkel hier.

Sonst suchen sie sich langfristig andere Perspektiven,

zum Beispiel bei China oder Russland.

Es waren goldene Zeiten,

als Martin Winterkorn den VW-Konzern lenkte.

Der Schein und die Scheine stimmten.

Bis im Herbst 2015 bekannt wurde:

VW hat seine Diesel-Fahrzeuge manipuliert.

11 Mio. Mal installierte VW eine Software in Diesel-Fahrzeugen,

um deren Stickoxid-Ausstoß zu beeinflussen.

Donnerstag beginnt in Braunschweig der erste Betrugsprozess

zu einem der größten Industrieskandale Deutschlands:

Vier Mitarbeiter müssen sich vor Gericht verantworten.

Insgesamt wird gegen 100 Beschuldigte ermittelt.

Mit einigen konnte ein Team des NDR vor Prozessbeginn exklusiv sprechen.

Auch mit einem Ex-VW-Manager, der in den USA verurteilt wurde

und seit Januar auf Bewährung frei ist.

Die Doku läuft morgen im Ersten, hier ein Vorab-Einblick:

Er hat einen hohen Preis bezahlt –

für einen der größten Skandale der deutschen Industriegeschichte.

Drei Jahre saß Oliver Schmidt im Gefängnis,

weil er nicht alles gesagt hat, was er wusste.

Die Firma und das Werk waren fast 20 Jahre mein Lebensmittelpunkt.

Es ist ein komisches Gefühl, hierher zu fahren.

Die Firma ist VW.

Ihre Manager wollen 2005 den US-Markt erobern -

mit einem sauberen Dieselmotor.

Clean Diesel nennen sie das Projekt.

Doch der Motor macht Probleme.

Er kann die US-Abgaswerte nicht einhalten.

Einer der Ingenieure berichtet von einer Software.

Die erkennt, ob ein Auto auf dem Prüfstand steht,

und drosselt dort den Stickoxid-Ausstoß.

Auf der Straße ist er 35-mal höher als erlaubt.

Im November 2006 präsentieren VW-Ingenieure

die Schummel-Software dem damaligen Motorenchef. the cheat software to the engine manager at the time.

Ein Teilnehmer sagt später aus:

Ich habe unseren Plan ...

Der Chef wird uns ...

Der Motorenchef sagt heute:

Die Mitarbeiter hätten die Manipulation nicht deutlich gemacht.

Die Testerkennung habe er nicht genehmigt.

Trotzdem kommt 2008 der manipulierte Motor auf den US-Markt,

begleitet von einer Werbekampagne.

* Welcome on bord your TDI Clean Diesel. *

* Clean Diesel *

* Clean Diesel *

2014 kommen US-Forscher VW auf die Schliche.

Jetzt herrscht Angst in der Konzernzentrale.

Ein Ingenieur erinnert sich später:

"Wir wussten, wir waren aufgeflogen."

"Wir haben 500.000 Fahrzeuge in den USA."

"Im schlimmsten Fall müssen wir sie zurückkaufen."

Im Mai 2014 bekommt VW-Chef Martin Winterkorn eine Warnung.

US-Behörden könnten nach einer illegalen Testerkennung suchen,

ein sogenanntes Defeat Device.

So die Notiz in seiner Wochenendpost.

Die ist ein wichtiger Punkt, um zu sagen –

und das werfen wir Herrn Winterkorn vor:

Ab diesem Moment war er informiert, dass die Fahrzeuge in den USA

eine Defeat-Device-Einrichtung hatten.

Martin Winterkorn wird später sagen, er habe die Notiz nicht gelesen.

Ein Jahr hält VW die US-Behörden hin.

Dann schickt der Konzern Oliver Schmidt in die USA.

Er soll seine Kontakte spielen lassen.

Die Testerkennung soll er nicht erwähnen, sagt er.

Zum ersten Mal spricht er offen vor einer Kamera.

Ich hab mit denen so geredet, wie man's nicht hätte tun sollen.

In diesen Gesprächen hab ich nicht alles gesagt, was ich wusste.

Dafür wird der ehemalige Top-Manager in den USA wegen Betrugs verurteilt.

Seit Januar ist er auf Bewährung frei.

VW will keine Einzelfälle kommentieren.

Das Unternehmen räumt aber ein, dass die Beteiligten

aus heutiger Sicht die Folgen ihres Handelns unterschätzt haben.

Das ist ungefähr so, als würden Sie mit zwei Promille

auf der Autobahn 250 km/h fahren.

Und Sie meinen, Sie bekommen eine Strafzettel,

als hätten Sie falsch geparkt.

Oliver Schmidt wurde fristlos entlassen.

Er klagt gegen VW.

Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Die ganze Dokumentation zum VW-Dieselskandal

können Sie jetzt schon in der ARD-Mediathek sehen.

In Afghanistan regt sich erneut Widerstand

gegen die islamistischen Taliban.

Weitere Nachrichten mit Jens Riewa.

In Kandahar im Süden gingen heute Tausende auf die Straße.

Auslöser war offenbar die Aufforderung,

eine Siedlung zu räumen, die von Armee-Angehörigen bewohnt wurde.

Journalisten berichten,

sie seien während des Demozuges von Taliban-Kämpfern geschlagen worden.

Das Demonstrationsrecht wurde von den Taliban stark eingeschränkt.

Die juristische Auseinandersetzung über Wahlplakate

der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" in Zwickau geht weiter.

Das Verwaltungsgericht Chemnitz entschied:

Plakate mit dem Slogan "Hängt die Grünen"

müssen trotz einer Verfügung der Stadt nicht abgenommen werden.

Sie müssten aber einen Abstand von 100 Metern

zur Wahlwerbung der Grünen haben.

Die Stadt will gegen den Gerichtsentscheid vorgehen.

Finanzexperten erwarten mehrheitlich laut einer Umfrage

der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse:

Die Bundestagswahl wird die Märkte beeinflussen.

Mehr dazu von Anja Kohl:

Zwei große Themen werden nach Ansicht der Finanzprofis

die Wahl entscheiden: das Klima und die Pandemie.

Je nachdem, wer künftig regiert:

Gesetze für Unternehmen und Investoren,

die zu mehr Nachhaltigkeit führen, werden strikter oder laxer ausfallen.

Subventionen werden mehr oder weniger üppig.

Unabhängig davon gehen drei Viertel der Experten

von einer steigenden Staatsverschuldung aus.

In der Folge rechnen zwei Drittel mit höheren Steuern:

Um die Pandemie zu bewältigen,

aber auch weil die CO2-Umlage weiter steigen dürfte.

Das Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland

wurde am neuen Standort in Heidelberg mit einem Festakt wiedereröffnet.

Das Archiv wurde 1987 gegründet.

Es sammelt Schriften und Dokumente

über das Leben der jüdischen Gemeinden in Deutschland.

Einige sind aus der Zeit des Nationalsozialismus,

viele dokumentieren die Zeit nach 1945.

Die Sammlung wird laufend erweitert und digitalisiert.

Nach 15 Jahren Renovierung wurde nahe Kairo

eine 4700 Jahre alte Grabstätte wieder eröffnet:

Das Südgrab des altägyptischen Königs Djoser

in der Nekropole von Sakkara.

Es ist eine weitgehend unterirdische Anlage

mit zentraler Grabkammer.

Die Instandsetzungsarbeiten des Pyramidenkomplexes,

der zum UNESCO-Welterbe gehört, sind damit abgeschlossen.

Lehrerinnen und Lehrer gehören oft nicht zu den Lieblingsmenschen.

Aber der Typ mit der Strickmütze könnte fast ein guter Kumpel sein.

Ist er auch, aber nicht um sich anzubiedern,

sondern um Kindern mehr beizubringen als Zahlen und Formeln.

Es wird viel gesprochen in der Klasse 6b

an der Georg-Büchner-Schule im hessischen Stadtallendorf.

Einer Klasse mit Kindern aus zwölf Nationen.

Manchmal wird auch zwei Minuten kollektiv vor sich hingedöst

mitten im Unterricht, weil der Lehrer es so will.

Ein Dokumentarfilm zeigt diese besondere Art der Schule fürs Leben.

Klaus Lesche hat ihn gesehen.

Guten Morgen, Herr Bachmann!

Dieter Bachmann unterrichtet die 6B einer Gesamtschule.

Hier haben fast alle einen Migrationshintergrund.

Viele sprechen Deutsch nur hier, die Eltern können kaum helfen.

Bildung als mission impossible? Nicht bei Bachmann.

Er findet Wege, der Klasse Bruchrechnen schmackhaft zu machen.

Was bleibt für jeden, wenn sich alle eine Pizza teilen?

Sag ganz laut, den wievielten Teil Pizza du bekommst.

Ein Neunzehntel. I love you!

Geht doch.

Bachmann ist ein irgendwie anderer Lehrertyp.

Er unterrichtet nicht nur, was der Lehrplan verlangt.

Wichtiger ist ihm, das Selbstbewusstsein zu stärken.

Musik sorgt für Erfolgserlebnisse.

Diese Noten zeigen nichts von euch. Das sind nur Momentaufnahmen.

Viel wichtiger ist, dass ihr alle tolle Kinder seid.

Wo andere nur Schwächen sehen, erkennt er Potenzial.

Er brennt für seine Schüler, fordert und fördert.

Er kämpft gegen Sprachbarrieren und geringe Aufmerksamkeitsspannen. He battles language barriers and short attention spans.

Leute, das ist keine Arbeitsatmosphäre.

Silentium, Maximum flüstern.

Bachmann will wissen, was sie bedrückt, wie sie denken.

Er stößt Diskussionen an – und erfährt so manches.

Was ist deine Idealfrau, Dschengis?

Meine soll braunhaarig sein. Er guckt Steffi an.

Wann möchtest du mal heiraten? Ich will nie.

Wenn er eine Frau hat, hat er ein Problem.

Wenn du einen Mann hast, dann kriegst du Probleme!

Ob in der Klasse oder im Feriencamp:

Fasziniert beobachtet man die Entwicklung der Kinder.

"Herr Bachmann und seine Klasse" zeigt, was möglich ist:

Wenn ein Lehrer durch unkonventionellen Unterricht

Spielräume schafft, Neugier fördert.

3,5 Stunden, die sich nie wie Nachsitzen anfühlen.

Ich hab was gelernt über dich: Du willst Friseur werden.

Da kannst du mal bei mir üben.

Die Dokumentation entstand vor der Corona-Pandemie.

Man ahnt, wie verloren diese Klasse gewesen wäre

im Distanzunterricht mit Zoom-Schalten.

Das Bachmann-Prinzip funktioniert nur als zugewandter Präsenzunterricht.

Da aber ist dieser Lehrer eine Klasse für sich.

Der Film ist ab Donnerstag in den Kinos zu sehen.

Und jetzt in den tagesthemen:

Herr Plöger und seine Wetteraussichten.

Ich steige sofort ein mit der Feststellung:

In der Westhälfte des Landes ist es noch ganz schön warm.

Das zieht sich zum Teil bis Sachsen hinein.

Das sind aktuelle Temperaturen.

Es ist Mitte September.

Das, was wir jetzt erleben,

gehört normalerweise in diese Jahreszeit als Höchsttemperaturen.

Auch in den nächsten Tagen wird es nicht richtig kühl.

Aber die Temperaturen gehen ein bisschen zurück.

Das ist das Tief über der Nordsee.

Danach kommt dieser Komplex,

der schon über Frankreich heute Regen brachte.

Die Wetterlage stellt sich um.

Die Wolken kommen von Westen nach Osten.

Darin eingelagert können Warmlufteinschubgewitter sein.

Es kann immer wieder regnen.

Im Nordwesten gibt es zuerst die Beruhigung.

Unter den Wolken bleibt es weiter warm.

Dort, wo es klar ist, ist es etwas kühler.

Das sind die Aussichten.

Donnerstag weitere Schauer und Gewitter.

Freitag freundlicher.

Das waren die tagesthemen.

Hier geht es weiter mit dem Dokumentarfilm

"Slahi und seine Folterer":

Über einen Mauretanier, der wegen Terrorverdachts

14 Jahre im US-Gefangenenlager Guantanamo eingesperrt war.

Das nachtmagazin meldet sich um 0.20 Uhr.

Wir sind morgen wieder für Sie da.

Tschüss und bleiben Sie zuversichtlich.

Copyright Untertitel: NDR 2021