tagesthemen 18.05.2021, 22:15 Uhr - Marokkanische Flüchtlinge werden aus der EU-Exklave Ceuta ausgewiesen
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit den tagesthemen.
Diese Sendung wurde vom NDR
live untertitelt (18.05.2021)
Heute im Studio: Caren Miosga
Guten Abend.
Alle, die es wollen,
können sich in drei Wochen
einen Impftermin buchen.
Diesen aber schnell zu bekommen,
dürfte schwer möglich sein.
Denn was sich nach freier Fahrt
zum Immunisieren anhörte,
erweist sich
als zeitaufwendiger Wettlauf.
Hausärzte warnen vor
einer aggressiven Stimmung
auf der Jagd nach einem Termin -
besonders vor der Urlaubssaison.
Denn vollständig geimpft
wäre in den Ferien mehr möglich.
Die Ständige Impfkommission bat,
auf keinen Fall jene zu vergessen,
die ein Erkrankungs-Risiko haben
und noch nicht geimpft sind.
Schlange stehen im Treppenhaus
einer Hausarztpraxis in Rheinbach,
auch wenn das Ende
der Impf-Priorisierung erst kommt.
Die Situation ist nervenaufreibend
und es gib unmoralische Angebote.
Nach dem Motto: "Wir machen
eine Spende für Ihre Praxis,
damit wir morgen geimpft sind."
Das kommt auch per E-Mail.
Und es gibt die total Ungehaltenen,
die wirsch werden.
Ersetzen Glück
und Durchsetzungsvermögen
die Impfgerechtigkeit?
Ist unfair.
Aber wie man es macht,
man macht es falsch.
Super.
Manche wollen sich impfen lassen,
manche nicht.
Wer will, kann grad nicht,
und wer nicht will, der könnte.
Da bleibt immer was über.
Und manche wundern sich,
wie einfach es gehen kann.
Das war problemlos:
Ich habe eine E-Mail geschrieben
und eine Woche später
kam die Rückmeldung.
Ich kenne einen Arzt,
der hat viel AstraZeneca.
Denn viele wollen das nicht haben.
Da habe ich mich
freiwillig gemeldet.
Mir ist egal, welcher Impfstoff -
Hauptsache, geimpft.
Biontech gilt vielen
als der Goldstandard.
Aber auch von diesem Impfstoff
bleiben Hunderte Dosen liegen,
hat Dr. Dietmar Hekers am Wochenende
in einem Impfzentrum erlebt.
Wir haben uns gewundert,
dass auch in anderen Impfstraßen
wenig los war.
Es stellte sich heraus,
dass 200 Patienten
nicht gekommen waren,
obwohl Biontech verimpft wurde.
Es ist schade, dass man dann nicht
spontan Begleitungen mitimpfen kann,
weil man an der Priorisierung
festhalten muss.
Wird es einfacher
ohne Priorisierung?
Natürlich wird das einfacher.
Wenn morgens 200 nicht kommen,
könnte man 200 Begleitungen
direkt mitimpfen.
Weniger Bürokratie,
mehr Pragmatismus –
und trotzdem Gerechtigkeit?
Ich gehe davon aus,
dass die Hausärzte weiterhin
diejenigen zuerst impfen,
die es am notwendigsten haben.
Auch von ihrer ärztlichen Ethik her.
Aber generell heißt
Aufhebung der Priorisierung:
Wenn freie Termine da sind,
wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Die größte Sorge vieler Praxen:
Dass es ab 7. Juni zu einem Hauen
und Stechen um Impftermine kommt.
Die Impf-Priorisierung
ist aufgehoben.
War das richtig?
Ja, findet Julia Fischer
vom Rundfunk Berlin-Brandenburg.
Nein, sagt Jeanne Rubner
vom Bayerischen Rundfunk.
Die Priorisierung
hat ihren Dienst getan:
Der Großteil der Risikogruppen
ist geimpft.
Jetzt muss das Virus
in allen Bevölkerungsschichten
ausgebremst werden,
damit nicht Jüngere erkranken.
Da wissen Hausärzte besser,
wer "dran" ist.
Der alleinerziehende Vater,
der täglich Hunderte Kunden
an der Supermarktkasse bedient?
Oder die kinderlose Juristin
mit Diabetes im Homeoffice?
Eine Person
mit hohem Erkrankungsrisiko
wird kein Arzt einfach wegschicken.
In gewisser Weise
wird die Priorisierung besser:
Weniger Bürokratie
und mehr Zeit zum Impfen.
Schnelligkeit statt Perfektion,
denn jede Impfung zählt.
Aber die Politik hat noch
andere Aufgaben zu bewältigen:
Eine generelle Impfempfehlung
für Schwangere.
Die gezieltere Impfung
an Brennpunkten.
Ein fälschungssicherer Impfnachweis.
Für eine Rückkehr zur Normalität -
für alle.
Genervte Hausärztinnen,
drängelnde Patienten:
Und am Ende sind alle frustriert,
denen man eine Impfung
versprochen hat.
Nach dem Motto:
Weg mit der Priorisierung,
die Spritze kommt für jeden.
Die Priorisierung
gibt es aus gutem Grund.
Erst diejenigen impfen,
die ein erhöhtes Risiko haben:
Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen,
Lehrerinnen, Busfahrer.
Sie sind noch nicht alle geimpft,
weil es nicht genug Impfstoff gibt.
Wird die Priorisierung aufgehoben,
kommen diejenigen dran,
die mit Ärzten befreundet sind.
Oder im Impfzentrum Argumente haben,
warum sie besonders gefährdet sind.
Ohne Not hat die Politik
die Priorisierung
durch ein Windhundprinzip ersetzt.
Aus Aktionismus? Weil Wahlkampf ist?
Es ist ein Fehler,
die Reihenfolge aufzuheben,
solange der Impfstoff fehlt.
Die Meinungen von
Jeanne Rubner und Julia Fischer.
Das folgende Thema
machte in der Corona-Pandemie
oft keine Schlagzeilen,
es ist aber nicht gelöst.
Die Flucht vieler Afrikaner*innen
nach Europa -
in der Hoffnung,
dort ein besseres Leben zu finden.
In der Stadt Ceuta ist solch
eine Hoffnung zum Greifen nahe.
Die Stadt ist eine spanische Exklave
an Nordafrikas Küste
an der Grenze zu Marokko.
Die öffnete Marokko nun faktisch.
Seit gestern kamen 8000 Migranten
schwimmend an ihrem Ort
der Hoffnung an.
Doch gut die Hälfte wurde
von den Spaniern abgeschoben.
Die Chance der Flucht
bot sich den Menschen nur,
weil im Hintergrund ein
alter politischer Streit aufflammt.
Die Menschen kommen
über die Grenze nach Spanien:
Zu Fuß, schwimmend - in Scharen.
Das Militär bewacht seit heute
verstärkt die Grenze.
Es kann nicht verhindern,
dass sich am Strand
dramatische Szenen abspielen.
Die meisten Ankömmlinge
sind Marokkaner aus der Umgebung.
Durch die Corona-bedingte
Grenzschließung
haben sie ihre Arbeit verloren.
Auf der marokkanischen Seite
laufen sie Richtung Ceuta.
Es hat sich herumgesprochen,
dass Marokkos Grenzbeamte
nicht mehr kontrollieren.
Das Tor nach Europa scheint offen.
Ich will nach Spanien,
im Maghreb gibt es keine Arbeit.
So denken viele.
Spanien protestiert scharf dagegen,
dass Marokko
seine Grenze nicht mehr kontrolliert.
Ministerpräsidenten Sanchez
trifft am Abend in Ceuta ein.
Zuvor hatte er die Lage
als Krise bezeichnet.
Wir werden mit der sofortigen
Abschiebung derjenigen weitermachen,
die illegal
über die Grenze gekommen sind.
Marokko will mit solchen Bildern
Druck auf Spanien ausüben.
Es ist ein politisches Instrument,
um ein Ziel zu erreichen.
Das hat viel
mit der Westsahara zu tun.
Es geht um eine dünn besiedelte
Region südlich von Marokko:
Die Westsahara.
Spanien gab 1975 dieses Gebiet auf.
Marokko beansprucht
einen Großteil davon.
Die Befreiungsfront Polisario
kämpft für eine Unabhängigkeit.
100.000 Menschen sind in Lagern
auf der algerischen Seite gelandet,
vergessen von der Welt.
In der Wüste zerschneidet
ein 2000 Kilometer langer Sandwall
das Gebiet der Westsahara.
Polisario-Kämpfer
und marokkanische Soldaten
stehen sich feindselig gegenüber.
Der Chef der Polisario-Bewegung
wird aktuell in Spanien
medizinisch behandelt.
Mit falschem Namen
soll er eingereist sein.
Marokko findet das inakzeptabel
und setzt Spanien unter Druck.
8000 Menschen gelangten
bis heute auf die spanische Seite.
Fast die Hälfte
wurde wieder abgeschoben.
Grundlage dafür ist ein Abkommen
zwischen den beiden Ländern.
Daran scheint sich Marokko zu halten.
Aber wann werden die Grenzkontrollen
wieder aufgenommen?
Stefan Schaaf ist in Madrid.
Noch hält es, aber wie lange noch?
Es kann noch eine Weile halten.
Das Abkommen ist fast 30 Jahre alt.
Marokko will mit der Aktion
die Folterwerkzeuge zeigen:
Wenn ihr nicht einschwenkt,
öffnen wir die Schleusen.
Spanien hat 30 Millionen Euro
zur Grenzsicherung
für Marokko bewilligt.
Und es patrouillieren wohl wieder
erste marokkanisch Soldaten.
Möglicherweise
gibt es einen Zusammenhang.
Ist das ein Streit
nur zwischen Marokko und Spanien?
Oder auch ein Streit
zwischen Marokko und der EU,
weil auch die die Annexion
der Westsahara nicht akzeptiert?
Das ist mit der gesamten EU,
insbesondere auch mit Deutschland.
Marokko hat Anfang dieses Jahres
die Beziehungen zu Deutschland
eingefroren.
Es dürfen keine Beziehungen mehr
zur deutschen Botschaft
unterhalten werden.
Das hängt zusammen
mit der Westsahara.
Donald Trump
hat in seiner Präsidentschaft
die Westsahara
als Gebiet von Marokko anerkannt.
Andere Länder haben sich dagegen
ausgesprochen.
Man beharrt auf ein Referendum
über den Status.
Das wird
schon viele Jahre gefordert.
Aber vorerst hat man es sich
mit Marokko verscherzt.
Danke nach Madrid.
Wären die Lebensbedingungen auf
dem afrikanischen Kontinent besser,
dann könnten die Menschen in
ihrer Heimat ein gutes Leben führen.
Doch danach sieht es nicht aus,
besonders seit der Corona-Pandemie.
Afrika droht erstmals seit 25 Jahren
wieder die Rezession.
Frankreichs Präsident Macron
hat Politiker aus Afrika und Europa
nach Paris geladen.
Um über Milliardenhilfen zu beraten,
die den Kontinent
vor dem Abdriften bewahren.
Sabine Krebs über die Spuren,
die die Pandemie
in der Wirtschaft hinterlassen hat.
Und wieso es sich
langfristig bezahlt macht,
Geld zu investieren in Afrika.
Bei kenianischem Kaffee
schlägt so manches Herz höher.
Beste Qualität, kräftiges Aroma -
über Jahre ein Exportschlager.
Wir sind bei Goldrock in Nairobi,
einem eingesessenen Kaffeehändler.
Viele Unternehmer in Kenia
sind gebeutelt von der Corona-Krise.
Um 70 Prozent brachte Export
bei Goldrock ein.
Er musste fast 100
seine 120 Mitarbeiter entlassen.
Früher hatten wir
teilweise Dreischichtbetriebe.
Jetzt haben wir
eine einzige Schicht.
Und sie läuft nicht auf Hochtouren.
Kenia ist eine der größten
Volkswirtschaften Ostafrikas.
Die Hauptstadt Nairobi
ächzt unter Baustellen.
Ein neuer Super-Highway
entsteht quer durch die Stadt.
Das Stadtbild verändert sich.
Aber in Wahrheit geht es
um Rohstoffe, Märkte
und geopolitischen Einfluss.
Hier ist China,
wie in vielen Ländern Afrikas,
der Motor der Veränderung.
Finanziert wird aber vieles
über Kredite.
China ist in Afrika
zu einem Akteur geworden.
Für afrikanische Länder
ist das erst mal eine Möglichkeit,
mehr Kapital für die wirtschaftliche
Entwicklung zu erhalten.
Die Geister scheiden sich daran,
unter welchen Bedingungen.
Hier hat China durch die Pandemie
einen Schritt nach vorne getan.
Der ganze afrikanische Kontinent
steckt in einer
tiefen wirtschaftlichen Krise.
Der IWF beziffert
den Finanzbedarf bis 2025
auf umgerechnet 235 Milliarden Euro.
Nicht nur in Nairobi, auch in Paris,
dreht sich heute alles um die Frage:
Wie weiter?
Auf Einladung von Präsident Macron
trafen sich afrikanische
und europäische Politiker.
Mit einem Appell
für Milliardenhilfen für Afrika
ging der Gipfel am Abend zu Ende.
Das Ziel des Gipfels bestand darin,
kurzfristige Antworten zu geben.
Aber auch eine Dynamik zu starten,
wie man es schaffen könnte.
Einen New Deal
mit dem afrikanischen Kontinent.
Geld, welches auch Kenia
dringend benötigt,
denn die Probleme bleiben.
Das Land war schon vor der
Corona-Krise verschuldet.
Die öffentliche Hand ist mit
70 Milliarden Dollar in der Kreide.
Ein Kontinent, der aus dieser Krise
erst einmal geschwächt herauskommt.
Aber mit Investitionen
kann er sich auch schnell erholen.
Das ist im Interesse Europas.
Für den Weltmarkt ist es
ein sehr wichtiger Kontinent.
Kaffee kann Schwung geben.
Vielleicht kommt
ein wirtschaftlicher Aufschwung
für einen Kontinent, der unter
der Last der Pandemie ächzt.
Wir blicken in den Nahen Osten.
Neben dem Raketenbeschuss
haben sich die Straßenkämpfe
zwischen Palästinensern und Israelis
auf das Westjordanland ausgeweitet.
Damit das Sterben aufhört,
wird auf allen Kanälen
um eine Waffenruhe gerungen.
In einem Konflikt, von dem die Welt
immer wieder die Illusion hatte,
er könnte irgendwann enden.
Wer in der Welt wie helfen könnte,
damit die Waffen schweigen,
darüber sprechen wir gleich.
Zunächst berichtet Gabriele Dunkel
über Tag neun der Gewalt in Nahost.
Die Straßen von Hebron
versinken im schwarzen Rauch.
In der Stadt im Westjordanland
lieferten sich Palästinenser
und die israelische Armee
Straßenschlachten.
Die Wut der Palästinenser
entlädt sich heute
im gesamten Westjordanland.
In Bethlehem gibt es Verletzte.
Steine und Feuergeschosse
von der einen Seite
gegen Tränengas und Gummigeschosse
von der anderen Seite.
Nahe Ramallah kommt es zu Gefechten
mit scharfer Munition.
Ein Mann getötet,
ein Dutzend weitere verletzt.
Auch israelische Soldaten
erleiden Verletzungen.
Es ist aktuell das erste Mal,
dass Palästinenser im Westjordanland
Schusswaffen einsetzen
und Israel zurückschießt.
Tausende Palästinenser
folgen dem Aufruf
zum "Tag des Zorns" gegen Israel.
In Ost-Jerusalem
geraten arabische Israelis
mit Sicherheitskräften aneinander,
es gibt Festnahmen.
Auch aus dem Libanon
gehen Raketen Richtung Israel.
Der Beschuss aus dem Gazastreifen
durch die radikal-islamischen Hamas
geht auch weiter.
Dutzende Raketen werden
auf den Süden Israels gefeuert,
zwei Menschen streben.
Die Armee bombardiert
im Gegenzug den Gazastreifen.
Eine Entspannung
zeichnet sich nicht ab.
International gehen die Bemühungen
um eine Waffenruhe weiter.
US-Außenminister Blinken versichert,
die USA werden auf diplomatischem Weg
ein Ende der Gewalt anstreben.
Unser Ziel bleibt es,
den Kreislauf der Gewalt
schnell zu beenden.
Dann müssen die Konfliktparteien
die dauerhafte Stabilität aufbauen,
die die Palästinenser und die
israelische Bevölkerung verdienen.
Der russische Präsident Putin
ruft die internationale Gemeinschaft
zur Zusammenarbeit auf.
Wir betrachten es als zwingend,
die Gewalt zu beenden.
Die Suche nach einer Lösung
muss auf der Resolution
des UN-Sicherheitsrates beruhen.
Der Tenor der EU-Außenminister
nach einer Sonderkonferenz lautet:
Verurteilung
der Raketenbeschüsse durch die Hamas,
die sie als Terrororganisation
einstuft.
Israel habe das Recht,
sich zu verteidigen,
aber im Einklang
mit internationalem Recht.
Priorität habe das Ende der Gewalt
und eine sofortige Waffenruhe.
Markus Kaim ist von der Stiftung
Wissenschaft und Politik.
Er hilft uns zu verstehen,
wer was tun kann,
damit dieser Konflikt
entschärft werden kann.
US-Präsident Joe Biden ließ sich
seit seinem Amtsantritt Zeit.
Er machte den Eindruck,
er wolle den Nahostkonflikt
lieber gar nicht erst anfassen.
Warum macht er es jetzt doch?
Ihre Beobachtung ist richtig.
Er hat andere Prioritäten
in der amerikanischen Innenpolitik.
Er beugt sich jetzt
dem internationalen Druck.
In diesem Konflikt
kann in Sachen Israel
nur ein Akteur
die Hebel in Bewegung setzen:
Die USA
als engster Verbündeter Israels.
Sie unterstützen das Land
umfangreich.
Wenn jemand Einfluss
auf die israelische Regierung hat,
dann die USA.
Und dieser Erwartung
beugen sie sich.
Welche Initiative
müssen die Amerikaner ergreifen?
Man muss bescheiden sein.
Der erste Schritt
muss Konfliktmanagement sein.
Den Status quo
von vor zehn Tagen zu erreichen.
Dass Menschen auf beiden Seiten
nicht leiden.
Wenn wir von
einer Konfliktlösung sprechen,
tauchen all die Fragen auf,
die es seit 70 Jahren gibt:
Die Zwei-Staaten-Lösung
und die Autonomie der Palästinenser,
Zugang zu bestimmten Gebieten.
Das hat
die internationale Gemeinschaft
in den letzten Jahren verdrängt.
Auch die USA sind davon ausgegangen,
dass man das
nach hinten schieben kann.
Neben den USA können weitere Länder
ernsthaft vermitteln.
Ägypten hatte schon
beim Gaza-Krieg 2014 vermittelt -
oder auch Katar.
Was können die jetzt
bestenfalls bewirken?
Wenn man sich
auf die Zweiteilung einlässt,
geht es zunächst
ums Konfliktmanagement.
Aufgrund der geographischen Lage
ist ein Nachbar des Gazastreifens
Ägypten.
Dem Land
kommt eine besondere Rolle zu.
Es kann Botschaften überbringen.
Aber dieser Einfluss
reicht vielleicht so weit,
um einen Abklingen der Kämpfe
zu erreichen.
Aber eine umfassende
und dauerhafte Regelung:
Das kann nur in bilateralen
Verhandlungen zwischen Israelis
und Palästinensern erreicht werden.
Da gab es in den letzten zehn Jahren
von beiden Seiten
nur geringe Bemühungen.
In den neunziger Jahren
war die Hoffnung
auf einen Friedensprozess.
Die Frage ist auch,
auf welche Verhandlungspartner man
bei den Israelis
und Palästinensern trifft.
Netanjahu ist
nur geschäftsführend im Amt.
Auch die Palästinenser
haben einen schwachen Präsidenten,
der gerade die Wahlen abgesagt hat.
Welche Kraft haben die,
in Verhandlungen zu gehen?
Das ist ein wichtiger Punkt.
Wir haben es
mit zwei schwachen Akteuren zu tun.
Netanjahu ist
nur geschäftsführend im Amt.
Abbas hat die Wahlen
gerade erst abgesagt.
Er ist nicht legitimiert,
für die Palästinenser zu sprechen.
Die Hebel sind also begrenzt.
Wenn man starke Führer hätte,
die jetzt notwendige Entscheidungen
treffen könnten ...
Aber diese Situation ist nicht.
Für externe Vermittler
wie die USA oder Ägypten
ist es deshalb noch schwieriger.
Besteht in dieser Situation
Aussicht auf eine Waffenruhe?
Wenn die Hamas militärisch
deutlich geschwächt wird.
Und wenn kein Raketenbeschuss
vom Gazastreifen aus
mehr nach Israel geht:
Dann kann man
zum Status Quo zurückkehren.
Danke für die Einschätzung.
Zum Problemfall Bundeswehr:
Zu langsam, zu bürokratisch
und Schwierigkeiten
bei der Beschaffung
neuer Waffensysteme.
Verteidigungsministerin
Kramp-Karrenbauer
kündigte erste Pläne
für eine Reform an.
Weitere Nachrichten:
Die Verteidigungsministerin
kündigte an,
die Bundeswehr schneller zu machen
und die Strukturen verschlanken.
Sie setzt auf
ein nationales Führungskommando
vom Frühjahr 2021 an.
Dieses soll Aufgaben
von der Amtshilfe und Unterstützung
bei Katastrophen
bis zur Landesverteidigung steuern.
So heißt es in einem Eckpunktepapier,
das sie mit Generalinspekteur Zorn
vorstellte.
Weniger Führungsstäbe
und eine bessere Finanzierung
der Truppe werden angestrebt.
Die Commerzbank
treibt ihren Umbau voran.
Auf der heutigen Hauptversammlung
versprach Konzernchef Knof
den Aktionären, Tempo zu machen.
Mehr dazu von Stefan Wolff.
Aktionärsschützer sprechen
von "Chaostagen" bei der Commerzbank:
Milliardenverluste,
Personalquerelen,
die gescheiterte Fusion
mit der Deutschen Bank.
Der neue Bank-Chef
läutete einen Strategiewechsel ein.
Wobei "Umbau"
wie so oft "Abbau" bedeutet.
20 Prozent Kosten
sollen so eingespart werden.
Auch die Kunden werden das spüren.
Das kostenlose Girokonto
gibt es ab Juli nicht mehr.
1,5 Jahre nach dem Einbruch
in das "Grünen Gewölbe" in Dresden
nahmen Ermittler
einen weiteren Tatverdächtigen fest.
Laut der Behörden handelt es sich
um einen 22-Jährigen
aus dem Berliner Clan-Milieu.
Er kam in U-Haft -
wie schon vier andere Verdächtige.
Sie sollen bei der Tat Ende 2019
binnen weniger Minuten Juwelenschmuck
von großem Wert erbeutet haben.
Nach einem starken Zyklon in Indien
rettete die Marine
über 180 Besatzungsmitglieder von
zwei in Seenot geratenen Frachtern.
90 Seeleute werden noch vermisst,
nach ihnen wird gesucht.
Der Wirbelsturm Tauktae
war der heftigste seit 20 Jahren.
Er verursachte an der Westküste
Indiens schwere Schäden.
Tausende Häuser wurden beschädigt,
Millionen Menschen waren ohne Strom,
mindestens 38 starben.
Deutschland im Jahr 2021:
In diesem Land leben Menschen,
die alle die gleichen
Chancen und Perspektiven haben.
Ganz gleich, wie sie aussehen,
wen sie lieben, an was sie glauben.
So sollte es sein.
Doch dann wäre das Internet nicht
voll von Schmähungen gegen die,
die angeblich zu schwarz, zu weiß,
zu schwul, zu undeutsch sind.
Darum geht es heute
am "Tag der Vielfalt".
Die einen zweifeln noch,
wie bunt unsere Gesellschaft
überhaupt sein darf.
Andere machen vor,
wie bunt sie sein könnte.
Über Vielfalt am Arbeitsplatz
und diversen Erfolg.
In seiner Heimat Syrien
hat Adnan Salamana Jura studiert.
Ihn interessieren
Gesetze und Verordnungen.
Im Saarland macht er eine Ausbildung
zum Verwaltungsfachangestellten.
Er informiert auch Corona-Infizierte
über ihre Quarantäne-Regeln.
Ich bin jetzt aufm Ordnungsamt
und im Bereich
Flüchtlings-Angelegenheiten tätig.
Ich helfe beim Dolmetschen.
Fähigkeiten, die ihn für
seinen Arbeitgeber wertvoll machen.
Die Stadt Merzig bemüht sich,
in ihrer Verwaltung
vielfältiger zu werden.
Wir sind Dienstleister
für die Bürger*innen.
Wir sind verpflichtet,
für alle Bürger*innen da zu sein
in deren Vielfalt.
Wir versuchen uns so aufzustellen,
dass jeder alle Dienstleistungen
in Anspruch nehmen kann.
Eine Regenbogenfahne als Zeichen
für Vielfalt und gegen Homophobie.
Für den Diversity-Berater der Post
in Münster eine wichtige Geste.
Als er vor 30 Jahren
als Briefzusteller anfing,
wusste auf der Arbeit niemand,
dass er schwul ist.
Alle gingen davon aus,
dass ich heterosexuell bin.
Ich hab Probleme damals gesehen,
ein Coming-Out
am Arbeitsplatz durchzuführen.
Das war mit Fragezeichen versehen,
hat für Bauchschmerzen gesorgt.
Ich hab mir Sorgen gemacht.
Jetzt will er dazu beitragen,
dass dieser Schritt für
seine Kolleg*innen einfacher wird.
30 Prozent
der nicht-heterosexuellen Menschen
berichten von Diskriminierung
im Arbeitsleben.
Viele Arbeitgeber unterzeichneten
deshalb die Charta der Vielfalt:
Eine Initiative für Diversität.
Die Soziologin Andrea Bührmann
sieht solche Aktionen
als mehr als nur ein bunter Anstrich.
Wenn die Fassade sich verändert,
werden Erwartungen geweckt -
bei der Kundschaft
und bei den Beschäftigten.
Das wird eingefordert
und verändert etwas.
Diversität
mache Arbeitgeber auch innovativer.
Wie kommt Innovation zustande?
Indem unterschiedliche Perspektiven
aufeinandertreffen.
Und was ist Diversität? Genau das.
Vielfalt als Potenzial:
Unternehmen und Verwaltungen
könnten dadurch erfolgreicher werden.
An Vielfalt mangelt es nicht
beim Eurovision Song Contest.
Welches Land welchen Künstler
mit welchem Lied ins Rennen schickt,
hat Potenzial,
eine ganze Nation zu spalten.
So wie bei Manizha,
der russischen Kandidatin.
Dass "so eine" für Russland antritt,
empfanden viele dort als Schande.
Sie kommt aus Tadschikistan,
ist Feministin und erdreistet sich,
von einer "Russian Woman" zu singen.
Manizha wurde derart angefeindet,
dass sie fast aufgegeben hätte.
Doch stattdessen bat sie ihre Fans,
ihr Stoffreste zu schicken.
Diese Stoffe von Frauen
aus dem ganzen Land
nähte sie zu einem Kleid.
Mit dem trat sie heute beim
ESC-Halbfinale in Rotterdam auf,
wie ein Panzer gegen den Hass.
(Sprechgesang auf Russisch)
Sie singt für Russland.
Und zu Hause hält das halbe Land
das für einen Skandal.
Sie macht sich lustig über
das Klischee der russischen Frau.
Und stammt nicht mal aus Russland.
Manizha ist in Tadschikistan geboren,
ein Kind von Flüchtlingen.
Bei ihrem Song
lässt sie das R richtig rollen:
"Russian Woman".
Ich bin eine russische Frau.
Es gibt viele verschiedene von uns -
das ist meine Botschaft.
Russland ist
ein multinationales Land.
Ich bin der Beweis.
Manizha ist auch Feministin,
kämpft gegen häusliche Gewalt
und für die Rechte Homosexueller.
Um nichts davon
steht es gut in Russland.
Dass Moskau sie zum ESC schickte,
hielten manche für
einen geschickten PR-Schachzug.
Manizha sagt,
sie habe sich selbst gewundert.
Das offizielle Russland war entsetzt.
Das Ermittlungskomitee
untersuchte den Song auf Extremismus,
orthodoxe Christen liefen Sturm.
Ich empfehle ihnen,
hören Sie sich diesen Text an.
Absurdes Theater ist das,
völliger Schwachsinn.
Ich weiß nicht, was das soll.
Eine zerbrochene Familie kann mich
nicht zerbrechen, singt Manizha.
Und rät damit Frauen,
den Mann zu verlassen,
wenn es sein muss.
Über das Patriarchat
kann man dramatisch predigen,
aber das will keine hören.
Dann bist du gleich Feministin.
Wenn ich's mit Selbstironie mache,
lachen sie drüber.
Lachen hilft,
den Schmerz zu verarbeiten.
Manizhas Mutter hat nach der Flucht
fünf Kinder alleine durchgebracht,
lange als Putzfrau gearbeitet.
Jetzt managt sie ihre Tochter.
Im Lied erkennt sie sich wieder.
Sie hat mein Motto
da reingeschrieben:
"Worauf wartest du?
Steh auf und geh los."
Manizha verdankt ihre Karriere
den sozialen Medien.
Im Fernsehen
hätte sie früher niemand gespielt.
Mir ist wichtig,
dass ich gehört werde.
Glaubt mir,
nicht nur Sieger werden gehört.
Deshalb ruft sie am Ende eine Frage:
"Seid ihr bereit für den Wandel?"
Das wird überall gehört -
auch in Russland.
Heute das erste Halbfinale,
Samstag das Finale.
Jetzt könnten wir eine Lobeshymne
auf das Wetter gebrauchen, Claudia.
Das wird schwerfallen.
Aber es ist toll für die Natur,
denn das Wasser kommt von oben.
Aber der Mai ist kalt
in weiten Teilen Mitteleuropas.
Das ist die Karte
mit Temperatur-Abweichungen.
In diesen grauen Regionen
ist der Mai zu kalt,
zum Teil zwei bis vier Grad.
In Afrika,
Südskandinavien und Russland
liegen die Temperaturen fünf bis acht
Grad über dem langjährigen Mittel.
Die Temperaturen
liegen dort deutlich zu hoch.
In Europa sind sie aber zu niedrig.
Es bleibt bei wechselhaftem Wetter.
Schauer und Gewitter ziehen
in der Nacht nach Osten weiter.
Am Vormittag häufiger Sonnenschein.
Im Laufe des Nachmittags
brodelt es wieder
und es kann
heftige Regengüsse geben.
Dazu auch Gewitter und Hagel.
Die Temperaturen:
Die nächsten Tage
bleibt es wechselhaft.
Am Donnerstag
aber nicht so häufig Schauer.
Die fallen vor allem
im Osten und im Süden.
Freitag zieht eine Warmfront herein.
Vielen Dank, Claudia Kleinert.
Hier empfangen Judith Rakers
und Giovanni di Lorenzo
bei 3nach9 ihre Gäste.
Das nachtmagazin
hat Kirsten Gerhard um 0.50 Uhr.
Wir treten morgen Abend wieder auf.
Tschüss.
Copyright Untertitel: NDR 2021