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YouTube | Y-Kollektiv - kurze Videodokumentationen und Reportagen, Bitcoin: Krypto als nationale Währung? El Salvador macht das Experiment | Y-Kollektiv (1/2)

Bitcoin: Krypto als nationale Währung? El Salvador macht das Experiment | Y-Kollektiv (1)

Das ist Nayib Bukele. Präsident von El Salvador. Er hat entschieden, dass der Bitcoin in seinem

Land ein legales Zahlungsmittel ist - quasi eine offizielle Währung.

Die Entscheidung kam letztes Jahr völlig unerwartet.

Ich bin hergekommen, um mir anzuschauen, wie das in der Realität aussieht.

Plötzlich sollen alle Unternehmen neben dem US-Dollar auch den Bitcoin akzeptieren.

Viele Ökonomen sagen, das sei wirtschaftlicher Wahnsinn

- wegen der krassen Kursschwankungen.

Aber was sagen eigentlich die Leute in El Salvador dazu?

Ich bin zwei Wochen im Land unterwegs. Teilweise mit mit einer Gruppe von Bitcoinern,

die meisten aus Deutschland. Wir sind auf offizieller Bitcoin-Erkundungstour.

Die Regierung will uns zeigen, dass das Projekt Bitcoin bis jetzt ein voller Erfolg ist.

Aber ist das auch so? Auch Thomas Kehl vom Youtube-Kanal Finanzfluss

ist mit dabei.

Ich bin mal gespannt, wie das mit dem Mining-Experiment aussieht.

Ich will auch mit Leuten reden, die nicht im Reiseprogramm stehen.

Und finde Menschen, die selbst nicht verstehen, was das alles soll.

Was steckt hinter der Bitcoin-Geschichte in El Salvador?

Und wie zur Hölle, bin ich in der feiernden Menge dieses Präsidenten gelandet?

Die Geschichte ist komplex. Es fängt schon damit an, dass die meisten

gar nicht wissen, wo El Salvador überhaupt liegt. In Zentralamerika, neben Honduras und Guatemala.

Das Land hat 20 Vulkane - obwohl es nur so

groß ist, wie Hessen.

Hier wohnen 6 Millionen Leute. Bei uns ist El Salvador vor allem bekannt

für seine brutalen Gangs, die Maras. Lange Zeit galt es als eins der gefährlichsten

Länder der Welt.

Ich bin in der Hauptstadt San Salvador. Es ist November, 6 Uhr morgens.

Seit September 2021 ist El Salvador das erste Land auf der ganzen Welt,

das den Bitcoin als legales Zahlungsmittel eingeführt hat.

Es funktioniert ab sofort wie eine Zweitwährung neben dem US-Dollar.

Denn El Salvador hat seit 20 Jahren keine eigene Währung mehr.

Auf einen Film über Geld hätte ich noch vor nem Jahr berhaupt keine Lust gehabt.

Aber seit ich das Thema Kryptowährungen für mich entdeckt hab,

finde ich das alles total spannend.

Also bei mir ist es so: Ich hab im Februar diesen Jahres angefangen, mich mit Bitcoin zu beschäftigen.

Dann auch recht schnell mit anderen Kryptowährungen. Das war so der Klassiker.

Der Kurs hatte ein Allzeit-Hoch und ich hatte Angst, dass ich da vielleicht doch irgendetwas

verpasse, und wollte dabei sein.

Beim All-Time-High einsteigen - typischer Anfängerfehler. Ein paar Monate später mein

erster Kursrutsch, zwischendurch war mein Geld auf die Hälfte geschrumpft.

Ich muss euch das einmal so konkret sagen: Ihr solltet ausschließlich Geld investieren,

auf das ihr im Zweifel sehr lange warten könnt - oder auf das ihr,

wenn es richtig schlecht läuft, auch verzichten könnt.

Mein Gesichtsausdruck hat übrigens nichts mit dem Bitcoin-Kurs zu tun, es ist einfach noch sehr früh.

Ich mag die Bitcoin-Idee immer noch, eigentlich jetzt erst recht - denn ich hab mich mittlerweile

ganz gut ins Thema reingefuchst. Aber es dauert echt lange, bis man einigermaßen dahinter steigt.

Übrigens: Ich werde euch in diesem Film nicht erklären, was Bitcoin ist oder wie er funktioniert.

Ihr findet Links zu solchen Videos in der Infobox.

Ich will verstehen, wie und warum der Bitcoin in El Salvador benutzt wird.

Mir geht es jetzt darum zu sehen, was denken die Leute darüber. Die Entscheidung kam ja

eher von oben, als aus dem Volk heraus.

Der Präsident hat das entschieden. Nayib Bukele, 40 Jahre alt, ist seit 2 Jahren der mächtigste

Mann in El Salvador - und zwar mit ganz großem Abstand.

Bukele ist ein autoritärer Landeschef. Er hat zum Beispiel schon mal das Parlament

militärisch besetzen lassen, um Abgeordnete bei einer Entscheidung unter Druck zu setzen.

Und er hat die Verfassungsrichter im Land austauschen lassen -

damit er da auch keinen Widerspruch mehr erwarten muss.

Er kann all das machen, weil er bei den Menschen extrem beliebt ist.

Zustimmung im Volk laut einer neuen Erhebung: 85 Prozent.

Er hat je 3 Millionen Follower auf Instagram und Twitter.

Bukele ist unkonventionell. Er selbst hat sich in seiner Twitter-Bio mal

so beschrieben: Der coolste Diktator der Welt.

Sollte ein Spaß sein, meinte er.

Bukele ist also Bitcoin-Fan. Aber was sagen die Leute in El Salvador zu

der neuen quasi-Zweitwährung? Der erste mit dem ich spreche:

Mein Uber-Fahrer Carlos, er ist 28 Jahre alt.

An der Tankstelle lohnt sich das, denn seit der Einführung

gibt es Rabatte, wenn man den Sprit mit Bitcoin zahlt. Carlos versucht aber auch, Bitcoin anzusparen.

Der Bitcoin-Kurs schwankt extrem. Manchmal geht es aus heiterem Himmel steil

bergab, und wie lange er unten bleibt, weiß man nie.

Und plötzlich erholt er sich dann wieder. Volatilität nennt man das.

In unseren Breitengraden kritisieren Institutionen und Ökonomen die Einführung des Bitcoin in

El Salvador deswegen scharf. Viel zu unsicher sei das alles, viel zu riskant.

Carlos ist da ziemlich gelassen.

Er sieht das also in etwa so wie ich. Wir glauben, dass es auf lange Sicht schon

klappen wird. Aber El Salvador ist nicht so reich, wie Deutschland.

Wie viele Menschen haben hier überhaupt die Möglichkeit,

sich was auf die hohe Kante zu legen?

Der erste Tag unserer geführten Tour durchs Land.

Ich bin unterwegs mit einer Gruppe von etwa 40 Leuten.

Die meisten davon arbeiten in der Bitcoin-Branche. Ich habe zufällig über eine Interviewanfrage

von der Reise mitbekommen. Und wurde dann, wie alle anderen auch, von

der El Salvadorianischen Botschaft in Berlin eingeladen, mitzukommen.

Wir bezahlen die Reise selbst, aber die Regierung stellt das Programm,

das und besondere Eindrücke liefern soll.

Die erste Station: Ein Geothermie-Kraftwerk. Hier wird aus der Vulkan-Erdwärme Energie

gewonnen - ohne Emissionen. Mit in unserer Gruppe ist Thomas Kehl vom

Youtube-Kanal Finanzfluss. Er ist, genau wie ich, mit dabei,

um über die Reise zu berichten.

So, das ist dann einer dieser Geothermie-Punkte. Also hier unten wird in 2000 Meter Tiefe

heißes Wasser hochgeführt. Und dann wird das Gas jetzt runter gepumpt. Wir gehen jetzt gleich

nochmal hier weiter runter. Und dort wird dann halt grüne Energie produziert.

Ich bin mal gespannt, wie das mit dem Mining-Experiment aussieht.

Das Kraftwerk gibt es schon ein paar Jahre, aber seit neuestem soll die Energie wohl auch

für Bitcoin-Mining, also deren Herstellung, benutzt werden.

In diesem Kasten stehen 300 Rechner, die für die Staatskasse von El Salvador Bitcoin

minen sollen. Das alles wirkt noch sehr berschaubar.

Und die Antworten auf die vielen Fragen der Bitcoiner bleiben meistens vage.

Kein Wunder, dass hier alles noch am Anfang steht.

Erst vor einem halben Jahr hat der Präsident seine Bitcoin-Pläne verkündet

- und ich habe den Eindruck , dass die Mitarbeiter genau wie ich

neu im Kryptowährungs-Thema sind.

Viele Fragen bleiben offen, auch für Anita Posch, Bitcoin-Buchautorin und Podcasterin.

Ich wollte wissen, wie viele Bitcoins sie schon gefunden haben und gemint haben.

Wie viel Stück quasi. Das kann er nicht sagen. Darf er nicht sagen. Was sie auch noch nicht

sagen wollten, weil sie noch in Verhandlungen sind, ist, mit welcher Mining-Company sie

dann mehr oder weniger zusammenarbeiten. Die ihnen die Mining-Software wartet und laufen

lässt und solche Sachen.

Was wir gesagt bekommen: Das Vulkan-Mining soll ausgebaut werden.

Und wenn das klappt, wäre das ein super Mittel, um die Bitcoin-CO2-Bilanz aufzubessern.

Bitcoin frisst verdammt viel Energie - die ist nötig, um das System sicher laufen zu lassen.

Klimaneutrales Mining durch die Vulkane klingt nach einer guten Idee.

Und logisch - denn Vulkane gibt es in El Salvador genug.

Unser Programm ist ziemlich straff. Mit Polizeibegleitung geht es von Termin zu Termin.

Was mich nach ein paar Tagen stutzig macht:

Wie ber die Gruppe berichtet wird. In der Zeitung werden alle in der Gruppe als

Investoren verkauft, und - noch besser - wir alle seien treue Bewunderer des Präsidenten Bukele

und würden das in Europa weitererzählen.

Spätestens jetzt versuche ich, mich ziemlich im Hintergrund zu halten.

Offensichtlich hat Bukele nicht nur seine eigenen Social-Media-Kanäle in der Hand,

postet darauf ständig perfekt inszenierte Videos, wie dieses hier.

Auch große Teile der Presse stellen ihn makellos dar.

Vielleicht habe ich ja noch die Chance, ihn selbst auf diese Propaganda, in die wir reingezogen

werden, anzusprechen. Am Ende sollen wir vielleicht ein Interview

mit dem Präsidenten bekommen, heißt es.

Warum setzt Bukele eigentlich auf den Bitcoin? Zum einen geht es darum, unabhängiger vom

US-Dollar zu werden. El Salvador hat kein Mitspracherecht bei der

Geldpolitik, kann zum Beispiel gar nicht mitreden, wie viel neues Geld gedruckt wird.

Außerdem gibt es hier viele Leute, die kein Bankkonto haben -

Übrigens betrifft das weltweit 1,7 Milliarden Menschen.

Das alles sind Dinge, die wir uns in Deutschland kaum vorstellen können.

Um mit Bitcoin zu zahlen, braucht man eigentlich nur ein Smartphone.

Und Bitcoin-Guthaben.

Bukele hat jedem Bürger 30 Dollar Startgeld versprochen. Das ist eine Menge Geld -

für diese drei Jungs der Lohn von zweieinhalb Tagen Arbeit. Um an die 30 Dollar zu kommen,

mussten sie sich das Chivo-Wallet installieren, das ist die Bitcoin-Anwendung, die die Regierung hier promotet.

In der App stehen US-Dollar und Bitcoin direkt nebeneinander, und man kann beliebig Geld

von der einen in die andere Währung tauschen. Deshalb versuchen die Jungs,

jede Kursbewegung im Bitcoin sofort zu Dollar zu machen.

Was ein bisschen merkwürdig ist, sind zwei Dinge:

Erstens gibt es keine Infos dazu, wer Chivo entwickelt hat.

Und zweitens ist es keine Open-Source-Software, wie es im Bitcoin-Space eigentlich üblich ist.

Man kann den Code nicht einsehen. Warum da so ist, weiß ich nicht,

aber es hinterlässt ein komisches Gefühl.

Selber kann ich die Chivo-App nicht ausprobieren - zur Freischaltung braucht man eine El Salvadorianische ID.

Aber das Zahlen mit Bitcoin funktioniert auch mit anderen frei zugänglichen Wallets.

Ich probiere es in einer großen Kaffeekette. Und in den größeren Läden ist das tatsächlich

so gut wie überall möglich

Ziemlich unkompliziert, man scannt einen QR-Code, das wars.

Während der zwei Wochen merke ich aber, dass viele kleinere Verkäufer längst noch nicht

soweit sind, und oft mit der Technik hadern.

Es hat ihm bisher keiner beigebracht. Wie groß ist eigentlich die Zahl der Menschen

in El Salvador, die einfach nicht die finanziellen oder technischen

Möglichkeiten haben? Kurz gesagt:

Die andere Sorgen haben, als die Probleme mit dem Bitcoin-Wallet.

Zurück im Uber mit Carlos.

In San Salvador gibt es einige Viertel, die von Armut geprägt sind,

und in denen immer noch die Gangs, die Maras, das Sagen haben.

Normalerweise traue ich mich mit locals eigentlich überall hin,

aber selbst Carlos will da nicht mit mir hinfahren.

Ich hab das Gefühl, dass ich wenigstens versuchen muss, auch diesen Ecken der Stadt möglichst

nahe zu kommen. Sonst blende ich ein ganzes Stück El Salvador

einfach aus. Ich rufe Fidel an, den ich vor kurzem kennengelernt hab.

Er ist in einer der Gang-Zonen aufgewachsen.

Wir verabreden uns für übermorgen.

Weiter geht's mit der Bitcoiner-Gruppe. Begleitet werden wir nicht nur von der Polizei,

sondern wir haben immer einen ganzen Pressetross im Schlepptau. Alle sind ein bisschen überrumpelt

davon, wie die Tour der Deutschen durchs Land medial ausgeschlachtet wird.

Und eine hat sich sogar ganz abgeseilt: Anita.

Einerseits finde ich es super, dass dieses Experiment hier stattfindet mit Bitcoin und

sehr interessant. Andererseits Also ich halte diese Heroisierung von dem Präsidenten,

ich steh da nicht so drauf. Vor allem im Bitcoin heißt es ja auch No Heroes, No Leaders ,

also keine Helden, keine Führer. Also Bitcoin ist ein hierarchieloses System. Da gibt es keine

Hierarchie. Da himmel ich niemanden an, weil der oder die was so toll gemacht hat.

Eigentlich schreibt und podcastet Anita schon lange dar ber, wie der Bitcoin gerade für

Menschen in Entwicklungsländern ein Stück finanzielle Befreiung sein kann.

Aber hier in El Salvador ist ihr die politische Einmischung viel zu viel.

Bitcoin ist apolitisches Geld, also unabhängig von Politik und Nationalstaat. Und darum

finde ich es auch okay, sich zurückzuziehen. Ich muss nicht mit Politikern handshake machen.

Nicht nur nicht in El Salvador, auch bei uns. Aber hier ist es halt noch verschärft.

Der Rest der Reisegruppe fährt ohne Anita ins Außenministerium.


Bitcoin: Krypto als nationale Währung? El Salvador macht das Experiment | Y-Kollektiv (1) Bitcoin: crypto as a national currency? El Salvador does the experiment | Y Collective (1/2)

Das ist Nayib Bukele. Präsident von El Salvador. Er hat entschieden, dass der Bitcoin in seinem

Land ein legales Zahlungsmittel ist - quasi eine offizielle Währung.

Die Entscheidung kam letztes Jahr völlig unerwartet.

Ich bin hergekommen, um mir anzuschauen, wie das in der Realität aussieht.

Plötzlich sollen alle Unternehmen neben dem US-Dollar auch den Bitcoin akzeptieren.

Viele Ökonomen sagen, das sei wirtschaftlicher Wahnsinn

- wegen der krassen Kursschwankungen.

Aber was sagen eigentlich die Leute in El Salvador dazu?

Ich bin zwei Wochen im Land unterwegs. Teilweise mit mit einer Gruppe von Bitcoinern,

die meisten aus Deutschland. Wir sind auf offizieller Bitcoin-Erkundungstour.

Die Regierung will uns zeigen, dass das Projekt Bitcoin bis jetzt ein voller Erfolg ist.

Aber ist das auch so? Auch Thomas Kehl vom Youtube-Kanal Finanzfluss

ist mit dabei.

Ich bin mal gespannt, wie das mit dem Mining-Experiment aussieht.

Ich will auch mit Leuten reden, die nicht im Reiseprogramm stehen.

Und finde Menschen, die selbst nicht verstehen, was das alles soll.

Was steckt hinter der Bitcoin-Geschichte in El Salvador?

Und wie zur Hölle, bin ich in der feiernden Menge dieses Präsidenten gelandet?

Die Geschichte ist komplex. Es fängt schon damit an, dass die meisten

gar nicht wissen, wo El Salvador überhaupt liegt. In Zentralamerika, neben Honduras und Guatemala.

Das Land hat 20 Vulkane - obwohl es nur so

groß ist, wie Hessen.

Hier wohnen 6 Millionen Leute. Bei uns ist El Salvador vor allem bekannt

für seine brutalen Gangs, die Maras. Lange Zeit galt es als eins der gefährlichsten

Länder der Welt.

Ich bin in der Hauptstadt San Salvador. Es ist November, 6 Uhr morgens.

Seit September 2021 ist El Salvador das erste Land auf der ganzen Welt,

das den Bitcoin als legales Zahlungsmittel eingeführt hat.

Es funktioniert ab sofort wie eine Zweitwährung neben dem US-Dollar.

Denn El Salvador hat seit 20 Jahren keine eigene Währung mehr.

Auf einen Film über Geld hätte ich noch vor nem Jahr berhaupt keine Lust gehabt.

Aber seit ich das Thema Kryptowährungen für mich entdeckt hab,

finde ich das alles total spannend.

Also bei mir ist es so: Ich hab im Februar diesen Jahres angefangen, mich mit Bitcoin zu beschäftigen.

Dann auch recht schnell mit anderen Kryptowährungen. Das war so der Klassiker.

Der Kurs hatte ein Allzeit-Hoch und ich hatte Angst, dass ich da vielleicht doch irgendetwas

verpasse, und wollte dabei sein.

Beim All-Time-High einsteigen - typischer Anfängerfehler. Ein paar Monate später mein

erster Kursrutsch, zwischendurch war mein Geld auf die Hälfte geschrumpft.

Ich muss euch das einmal so konkret sagen: Ihr solltet ausschließlich Geld investieren,

auf das ihr im Zweifel sehr lange warten könnt - oder auf das ihr,

wenn es richtig schlecht läuft, auch verzichten könnt.

Mein Gesichtsausdruck hat übrigens nichts mit dem Bitcoin-Kurs zu tun, es ist einfach noch sehr früh.

Ich mag die Bitcoin-Idee immer noch, eigentlich jetzt erst recht - denn ich hab mich mittlerweile

ganz gut ins Thema reingefuchst. Aber es dauert echt lange, bis man einigermaßen dahinter steigt.

Übrigens: Ich werde euch in diesem Film nicht erklären, was Bitcoin ist oder wie er funktioniert.

Ihr findet Links zu solchen Videos in der Infobox.

Ich will verstehen, wie und warum der Bitcoin in El Salvador benutzt wird.

Mir geht es jetzt darum zu sehen, was denken die Leute darüber. Die Entscheidung kam ja

eher von oben, als aus dem Volk heraus.

Der Präsident hat das entschieden. Nayib Bukele, 40 Jahre alt, ist seit 2 Jahren der mächtigste

Mann in El Salvador - und zwar mit ganz großem Abstand.

Bukele ist ein autoritärer Landeschef. Er hat zum Beispiel schon mal das Parlament

militärisch besetzen lassen, um Abgeordnete bei einer Entscheidung unter Druck zu setzen.

Und er hat die Verfassungsrichter im Land austauschen lassen -

damit er da auch keinen Widerspruch mehr erwarten muss.

Er kann all das machen, weil er bei den Menschen extrem beliebt ist.

Zustimmung im Volk laut einer neuen Erhebung: 85 Prozent.

Er hat je 3 Millionen Follower auf Instagram und Twitter.

Bukele ist unkonventionell. Er selbst hat sich in seiner Twitter-Bio mal

so beschrieben: Der coolste Diktator der Welt.

Sollte ein Spaß sein, meinte er.

Bukele ist also Bitcoin-Fan. Aber was sagen die Leute in El Salvador zu

der neuen quasi-Zweitwährung? Der erste mit dem ich spreche:

Mein Uber-Fahrer Carlos, er ist 28 Jahre alt.

An der Tankstelle lohnt sich das, denn seit der Einführung

gibt es Rabatte, wenn man den Sprit mit Bitcoin zahlt. Carlos versucht aber auch, Bitcoin anzusparen.

Der Bitcoin-Kurs schwankt extrem. Manchmal geht es aus heiterem Himmel steil

bergab, und wie lange er unten bleibt, weiß man nie.

Und plötzlich erholt er sich dann wieder. Volatilität nennt man das.

In unseren Breitengraden kritisieren Institutionen und Ökonomen die Einführung des Bitcoin in

El Salvador deswegen scharf. Viel zu unsicher sei das alles, viel zu riskant.

Carlos ist da ziemlich gelassen.

Er sieht das also in etwa so wie ich. Wir glauben, dass es auf lange Sicht schon

klappen wird. Aber El Salvador ist nicht so reich, wie Deutschland.

Wie viele Menschen haben hier überhaupt die Möglichkeit,

sich was auf die hohe Kante zu legen?

Der erste Tag unserer geführten Tour durchs Land.

Ich bin unterwegs mit einer Gruppe von etwa 40 Leuten.

Die meisten davon arbeiten in der Bitcoin-Branche. Ich habe zufällig über eine Interviewanfrage

von der Reise mitbekommen. Und wurde dann, wie alle anderen auch, von

der El Salvadorianischen Botschaft in Berlin eingeladen, mitzukommen.

Wir bezahlen die Reise selbst, aber die Regierung stellt das Programm,

das und besondere Eindrücke liefern soll.

Die erste Station: Ein Geothermie-Kraftwerk. Hier wird aus der Vulkan-Erdwärme Energie

gewonnen - ohne Emissionen. Mit in unserer Gruppe ist Thomas Kehl vom

Youtube-Kanal Finanzfluss. Er ist, genau wie ich, mit dabei,

um über die Reise zu berichten.

So, das ist dann einer dieser Geothermie-Punkte. Also hier unten wird in 2000 Meter Tiefe

heißes Wasser hochgeführt. Und dann wird das Gas jetzt runter gepumpt. Wir gehen jetzt gleich

nochmal hier weiter runter. Und dort wird dann halt grüne Energie produziert.

Ich bin mal gespannt, wie das mit dem Mining-Experiment aussieht.

Das Kraftwerk gibt es schon ein paar Jahre, aber seit neuestem soll die Energie wohl auch

für Bitcoin-Mining, also deren Herstellung, benutzt werden.

In diesem Kasten stehen 300 Rechner, die für die Staatskasse von El Salvador Bitcoin

minen sollen. Das alles wirkt noch sehr berschaubar.

Und die Antworten auf die vielen Fragen der Bitcoiner bleiben meistens vage.

Kein Wunder, dass hier alles noch am Anfang steht.

Erst vor einem halben Jahr hat der Präsident seine Bitcoin-Pläne verkündet

- und ich habe den Eindruck , dass die Mitarbeiter genau wie ich

neu im Kryptowährungs-Thema sind.

Viele Fragen bleiben offen, auch für Anita Posch, Bitcoin-Buchautorin und Podcasterin.

Ich wollte wissen, wie viele Bitcoins sie schon gefunden haben und gemint haben.

Wie viel Stück quasi. Das kann er nicht sagen. Darf er nicht sagen. Was sie auch noch nicht

sagen wollten, weil sie noch in Verhandlungen sind, ist, mit welcher Mining-Company sie

dann mehr oder weniger zusammenarbeiten. Die ihnen die Mining-Software wartet und laufen

lässt und solche Sachen.

Was wir gesagt bekommen: Das Vulkan-Mining soll ausgebaut werden.

Und wenn das klappt, wäre das ein super Mittel, um die Bitcoin-CO2-Bilanz aufzubessern.

Bitcoin frisst verdammt viel Energie - die ist nötig, um das System sicher laufen zu lassen.

Klimaneutrales Mining durch die Vulkane klingt nach einer guten Idee.

Und logisch - denn Vulkane gibt es in El Salvador genug.

Unser Programm ist ziemlich straff. Mit Polizeibegleitung geht es von Termin zu Termin.

Was mich nach ein paar Tagen stutzig macht:

Wie ber die Gruppe berichtet wird. In der Zeitung werden alle in der Gruppe als

Investoren verkauft, und - noch besser - wir alle seien treue Bewunderer des Präsidenten Bukele

und würden das in Europa weitererzählen.

Spätestens jetzt versuche ich, mich ziemlich im Hintergrund zu halten.

Offensichtlich hat Bukele nicht nur seine eigenen Social-Media-Kanäle in der Hand,

postet darauf ständig perfekt inszenierte Videos, wie dieses hier.

Auch große Teile der Presse stellen ihn makellos dar.

Vielleicht habe ich ja noch die Chance, ihn selbst auf diese Propaganda, in die wir reingezogen

werden, anzusprechen. Am Ende sollen wir vielleicht ein Interview

mit dem Präsidenten bekommen, heißt es.

Warum setzt Bukele eigentlich auf den Bitcoin? Zum einen geht es darum, unabhängiger vom

US-Dollar zu werden. El Salvador hat kein Mitspracherecht bei der

Geldpolitik, kann zum Beispiel gar nicht mitreden, wie viel neues Geld gedruckt wird.

Außerdem gibt es hier viele Leute, die kein Bankkonto haben -

Übrigens betrifft das weltweit 1,7 Milliarden Menschen.

Das alles sind Dinge, die wir uns in Deutschland kaum vorstellen können.

Um mit Bitcoin zu zahlen, braucht man eigentlich nur ein Smartphone.

Und Bitcoin-Guthaben.

Bukele hat jedem Bürger 30 Dollar Startgeld versprochen. Das ist eine Menge Geld -

für diese drei Jungs der Lohn von zweieinhalb Tagen Arbeit. Um an die 30 Dollar zu kommen,

mussten sie sich das Chivo-Wallet installieren, das ist die Bitcoin-Anwendung, die die Regierung hier promotet.

In der App stehen US-Dollar und Bitcoin direkt nebeneinander, und man kann beliebig Geld

von der einen in die andere Währung tauschen. Deshalb versuchen die Jungs,

jede Kursbewegung im Bitcoin sofort zu Dollar zu machen.

Was ein bisschen merkwürdig ist, sind zwei Dinge:

Erstens gibt es keine Infos dazu, wer Chivo entwickelt hat.

Und zweitens ist es keine Open-Source-Software, wie es im Bitcoin-Space eigentlich üblich ist.

Man kann den Code nicht einsehen. Warum da so ist, weiß ich nicht,

aber es hinterlässt ein komisches Gefühl.

Selber kann ich die Chivo-App nicht ausprobieren - zur Freischaltung braucht man eine El Salvadorianische ID.

Aber das Zahlen mit Bitcoin funktioniert auch mit anderen frei zugänglichen Wallets.

Ich probiere es in einer großen Kaffeekette. Und in den größeren Läden ist das tatsächlich

so gut wie überall möglich

Ziemlich unkompliziert, man scannt einen QR-Code, das wars.

Während der zwei Wochen merke ich aber, dass viele kleinere Verkäufer längst noch nicht

soweit sind, und oft mit der Technik hadern.

Es hat ihm bisher keiner beigebracht. Wie groß ist eigentlich die Zahl der Menschen

in El Salvador, die einfach nicht die finanziellen oder technischen

Möglichkeiten haben? Kurz gesagt:

Die andere Sorgen haben, als die Probleme mit dem Bitcoin-Wallet.

Zurück im Uber mit Carlos.

In San Salvador gibt es einige Viertel, die von Armut geprägt sind,

und in denen immer noch die Gangs, die Maras, das Sagen haben.

Normalerweise traue ich mich mit locals eigentlich überall hin,

aber selbst Carlos will da nicht mit mir hinfahren.

Ich hab das Gefühl, dass ich wenigstens versuchen muss, auch diesen Ecken der Stadt möglichst

nahe zu kommen. Sonst blende ich ein ganzes Stück El Salvador

einfach aus. Ich rufe Fidel an, den ich vor kurzem kennengelernt hab.

Er ist in einer der Gang-Zonen aufgewachsen.

Wir verabreden uns für übermorgen.

Weiter geht's mit der Bitcoiner-Gruppe. Begleitet werden wir nicht nur von der Polizei,

sondern wir haben immer einen ganzen Pressetross im Schlepptau. Alle sind ein bisschen überrumpelt

davon, wie die Tour der Deutschen durchs Land medial ausgeschlachtet wird.

Und eine hat sich sogar ganz abgeseilt: Anita.

Einerseits finde ich es super, dass dieses Experiment hier stattfindet mit Bitcoin und

sehr interessant. Andererseits Also ich halte diese Heroisierung von dem Präsidenten,

ich steh da nicht so drauf. Vor allem im Bitcoin heißt es ja auch No Heroes, No Leaders ,

also keine Helden, keine Führer. Also Bitcoin ist ein hierarchieloses System. Da gibt es keine

Hierarchie. Da himmel ich niemanden an, weil der oder die was so toll gemacht hat.

Eigentlich schreibt und podcastet Anita schon lange dar ber, wie der Bitcoin gerade für

Menschen in Entwicklungsländern ein Stück finanzielle Befreiung sein kann.

Aber hier in El Salvador ist ihr die politische Einmischung viel zu viel.

Bitcoin ist apolitisches Geld, also unabhängig von Politik und Nationalstaat. Und darum

finde ich es auch okay, sich zurückzuziehen. Ich muss nicht mit Politikern handshake machen.

Nicht nur nicht in El Salvador, auch bei uns. Aber hier ist es halt noch verschärft.

Der Rest der Reisegruppe fährt ohne Anita ins Außenministerium.