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YouTube | Y-Kollektiv - kurze Videodokumentationen und Reportagen, Was geht auf Tinder, Grindr & Co.? Dating im Lockdown (1/2)

Was geht auf Tinder, Grindr & Co.? Dating im Lockdown (1)

„Es hat ja quasi nix offen, man kann ja quasi nix unternehmen,

Also ist Sex eines der letzten Hobbies, die man noch mehr oder weniger machen kann.“

Was ist im Lockdown in Sachen Dating noch okay?

Wir verbringen gerade so viel Zeit zu Hause wie noch nie.

Gerade für Singles extrem belastend.

Und einfach auf Dates verzichten?

Für die meisten keine Option.

Ein paar grindr-Nachrichten kommen rein. Jemand fragt mich nach einem Dreier.

Es ist nicht so, dass wir sagen: Oh ja, wir machen einfach was wir wollen und schauen

und wir nehmen keine Rücksicht auf irgendwen.

Nee, nee, wir sind uns durchaus des Risikos bewusst.

Ich treffe in diesem Film drei junge Leute, die unterschiedlich mit dem Lockdown umgehen.

Und will herausfinden: Was geht in Sachen Dating noch?

Es ist schon irgendwie frustrierend und man hätte vielleicht schon gern jemanden,

mit dem man sich dann eben auch öfter treffen kann.

Jeder ist die ganze Zeit geil. So ist es halt.

Ist doch grad komisch als Single, oder?

Diese Freiheiten, die man sonst vielleicht mag.

Gerade kann man sie nicht wirklich ausnutzen: mal so eben jemanden ganz unverbindlich treffen,

mal gucken, was so draus wird.

Es fühlt sich gleich ganz komisch wie so ein möglicher Riskokontakt an.

Auch ich bin Single und frage mich: Können wir im Lockdown guten Gewissens weiterdaten?

Derzeit darf man maximal eine andere Person aus einem anderen Haushalt treffen.

Und soll generell die Kontakte reduzieren.

Schon klar, aber was heißt das für mich als Single?

Heute ein Tinder-Date und morgen das nächste?

Was ist erlaubt, und was ist moralisch okay?

Für viele ist das nicht so ganz klar.

Ich schaue auf Dating Apps wie Grindr, Tinder oder Feeld, was so geht.

In mein Grindr-Profil schreibe ich „group“, also Gruppe,

was auf dieser App ziemlich eindeutig heißt: Suche Gruppensex.

Mal schauen, ob jemand drauf anspringt.

Auf anderen Profilen finde ich auf Anhieb Corona-Verweise.

Einer bezeichnet sich als Kuschelcovidiot, ein Typ gibt an, gegen Corona immun zu sein,

und da, tatsächlich jemand, der nach Gruppensex sucht.

Auf Grindr geht es an diesen Tagen ganz schön ab.

Einen Typen, der auch jetzt noch auf Grindr sehr aktiv ist, kann ich treffen.

Varun, der Freund eines Freundes.

Ich selbst habe übrigens vorher einen Corona-Schnelltest gemacht, der negativ war

und werde heute auch komplett alleine und mit FFP2-Maske drehen.

Ich treffe Varun in Berlin.

Er ist 35 Jahre, gebürtiger Inder und arbeitet von zu Hause aus.

Varun hat eine Marke für Seifen und Kerzen aufgebaut,

die er selbst herstellt und auf Bestellung verschickt.

Und zwischendrin nutzt er Grindr, um sich Typen zu verabreden, trotz Pandemie.

Ein paar grindr-Nachrichten kommen rein. Jemand fragt mich nach einem Dreier.

Es ist ein Fremder, aber ich denke seit der Pandemie läuft alles verdeckt ab.

Vorher haben wir uns im Lab, im Kitkat oder am Teufelssee getroffen.

Jetzt treffen wir uns alle in Kellern.

Lab und KitKat, das sind berühmte Clubs in Berlin, wo Menschen Sex haben können.

Und auch am Teufelssee wird gerne rumgevögelt.

Varun hat übrigens einen Ehemann, aber die Beziehung ist offen.

Regelmäßige Sexdates mit anderen Typen gehören für ihn zu seinem Leben dazu.

Und so trifft er mehrmals die Woche Typen für schnellen Sex.

Angst vor Corona hat er nicht.

Ich denke nicht, dass es mich besonders hart treffen würde.

Denn die meisten Leute in meinem Alter, bei denen ich weiß, dass sie es hatten,

hatten gerade mal eine Erkältung für eine Woche.

Und weil ich meine Eltern nicht treffe oder sonst jemand Älteres,

ich kann nicht nach Hause, habe ich nur mit jüngeren Leuten Kontakt.

Wir in der Redaktion kennen Leute, bei denen es weitaus schlimmer war als nur eine kleine Erkältung.

Er sagt, dass ich ihm schreiben kann, wenn ich an der Tür bin.

Er gibt mir dann den Namen. Seine Mitbewohner sind zu Hause.

Das erklärt, warum jeder Sex im Keller haben muss, weil du kannst dich nicht einfach treffen.

Jeder ist zu Hause, jeder arbeitet von zu Hause, jeder ist die ganze Zeit online,

jeder ist die ganze Zeit geil.

Ich sag ihm, dass ich komme.

Mal wieder typisch, denkt ihr vielleicht: Die sexsüchtigen Gays, die auch im Lockdown

nicht verzichten können.

Dann wartet mal, was mir später noch ein Hetero-Mann erzählen wird.

Varun jedenfalls ist wichtig, die besondere Lage

der queeren, teils internationalen Community zu betonen.

Die meisten Leute leben isoliert, die meisten leben alleine – gerade queere Leute.

Sie können nirgendwo hin – keine Familien, nichts zu tun.

Der Hauptteil unserer Kultur – in Clubs gehen und Leute treffen – ist gerade nicht vorhanden.

Ich denke, das ist der Grund, warum sie gerade am meisten leiden müssen.

Was Varun sagt, stimmt. Gerade hier in Berlin waren Bars, Clubs und auch Sexpartys

ein fester Bestandteil der Schwulen-Szene. Geschützte Orte, um andere zu treffen,

und wo es ​okay ist seine Sexualität auszuleben. Jetzt fehlen diese Orte.

Das Bedürfnis nach anderen Menschen aber bleibt.

Er fragt mich, ob ich schlucke. Ich frag ihn, ob er gesund ist.

Ja gut, es ist sein Wort gegen meins. Es ist trotzdem gut, diese Fragen zu stellen.

Ich gehe normalerweise auf Nummer sicher, wenn es um safen Sex geht.

Er sagt: Ja, er ist gesund.

Zählst du noch wie viele Männer du in deinem Leben getroffen hast?

Nein, nach 500 habe ich aufgehört zu zählen. Ich weiß es nicht.

Was ist der Sinn vom Zählen? Das ist ein bisschen kindisch.

So wie: Wie viele take-away Mahlzeiten hattest du in deinem Leben?

Würdest du das zählen? Ich denke, das ist ziemlich irrelevant. Sex ist Sex.

Du machst es einfach und das war's dann...

Er fragt mich, ob ich da bin. Und ich meinte: Bin gerade da – fast da.

Ab hier lass ich Varun allein, mit seinem Sexdate.

Ob es das Wert ist? Die Ansteckungsgefahr für die schnelle Befriedigung zwischendrin?

Während meiner Recherche höre ich mich nicht nur in der Schwulen-Szene um.

Die Frage, was in Sachen Dating jetzt noch okay ist, stellen sich ja alle Singles.

Auf Instagram starte ich eine Umfrage:

Da kamen auch ziemlich viele interssante Geschichten von Weihnachten in Quarantäne...

Weil man vorher dummerweise ein Dating hatte, bis hin zu einer,

die gesagt hat, sie merkt, dass die Eier gerade ganz schön schwer hängen bei den Typen.

Es also schnell irgendwie in Chats um Sex geht.

Es ging um Corona-Schnelltestes. Also, da überlegt ein Pärchen,

was gerne mal einen Dreier haben möchte, ob sie nicht vorher dann einfach

einen Corona-Schnelltest machen. Auch das sind Überlegungen, die da passieren.

So richtig verzichten auf Zweisamkeit, Nähe und Sexualität wollen also die wenigsten,

aber viele bemühen sich, wie man eben trotz der Pandemie

das Ganze so ein bisschen sicher gestalten kann.

Durch meine Umfrage auf Insta stoße ich auch auf Natalie.

Hallo

Hi! Na, wie geht es?

Gut soweit und dir?

Gut gut. bisschen aufgeregt?

Ehrlich gesagt schon.

Wegen mir oder wegen deines Dates später?

Beides auf jeden Fall.

Natalie ist 28, kommt aus Freiburg und ist Single.

Heute hat sie ein Bumble-Date. Sie werden draußen spazieren gehen,

damit fühlt sie sich momentan am wohlsten.

Was erwartest du da dir davon jetzt so?

Also wir haben noch gar nicht so lange geschrieben seit Anfang der Woche, glaube ich.

Ja, ich habe echt einfach nicht mehr so viele Erwartungen und Hoffnungen.

Also er hat eigentlich einen ganz lustigen Eindruck gemacht im Chat.

Denke ich, hoffe ich, dass es ganz entspannt wird.

Wie viele Spaziergänge, Dates oder hattest du noch andere Form von Date Sätze in der

Pandemie-Zeit? Was ist da so bei herausgekommen?

Viele erste Dates, ohne zweite.

Aber ja, es waren eigentlich also nicht eigentlich.

Es waren überwiegend nur Spaziergang-Dates.

Erste Dates hat Natalie fast nur noch am Wochenende im Hellen, draußen.

Unter der Woche ist es nach Arbeit oder Studium schon dunkel.

Und dann in der Kälte, mit einem fremden Typen?

Darauf hat sie keine Lust.

Wie siehts aus mit sowas wie sich einen Corona-Buddy suchen, so ein bisschen Ansprüche senken,

damit man jetzt einfach mit jemandem zusammen ist?

Das habe ich jetzt auch von vielen gehört, dass das Thema ist.

Ja, diese Erfahrung hab ich im letzten Jahr tatsächlich schon zweimal so gemacht, dass man

sich halt auf jemand eingelassen hat, obwohl klar war, dass man...

Quasi unterschiedliche Idealvorstellungen hat, wie es aussehen könnte, aber...

Nach ein paar Wochen merkt man halt dann auch, dass es dann

passt, dann wieder so, dass es dann auch wieder reicht und.

Für ein paar Wochen sich zu Hause treffen, körperliche Nähe spüren, Sex haben, aber

keine große Liebe – klingt in diesen Zeiten auch nicht schlecht.

Jetzt muss Natalie sich fertig machen.

Die Mütze auf ganz wichtig!

Sieht aber immer noch ein bisschen dünn aus, ehrlich gesagt.

Findest Du? Das ist der wärmste Pulli, den ich besitze, glaube ich.

Ok, und jetzt viel Erfolg.

Ok! Tschüss.

Natalie nimmt mich bis zum verabredeten Date-Treffpunkt mit.

Dann bleibt die Kamera natürlich aus.

Wie's gelaufen ist, erfahre ich später.

Ich recherchiere weiter. Finden auch jetzt noch Sexparties statt?

Und ist den Leuten, die dorthin gehen, die Pandemie scheißegal?

Ich bin in Kontakt mit mehreren Leuten, erfahre von einer Whatsapp-Nummer, der man

schreiben muss, um zu Sexparties eingeladen zu werden. Übrigens Hetero-Sexparties.

Und ich hab ziemlich lang versucht, irgendwie diesen Bereich auch abzubilden,

aber natürlich will da kaum jemand darüber sprechen vor der Kamera.

Jetzt ist es mir aber tatsächlich gelungen, einen Typen zu finden,

der zwar nicht seinen Namen nennen will, aber den ich jetzt treffen kann.

Den Typen, den ich hier treffen kann, nenne ich Tim. Er ist Anfang 30,

in einer offenen Beziehung und ist auch zu Corona-Zeiten weiterhin auf sexpositiven Parties.

Parties, bei ​denen es um gute Musik geht, vielleicht Drogen, und gerne auch Sex.

Die meisten waren im Sommer 2020, erzählt er mir.

Und da kommt dann auch mal vor, dass man an einem Wochenende eine Einladung zu fünf

verschiedenen Partys hat.

Also und das in Corona-Zeit, nicht davor.

Sexpositiv-Partys, die waren meist so mit 40 bis 200 Leuten.

200 waren auch so eine Obergrenze. Da hat sich kaum einer drüber getraut, weil ab da haben

es dann auch zu viele Leute gewusst und das hat sich dann sehr schnell rumgesprochen

in der Stadt und dann wissen sie dann auch sehr schnell die falschen Leute

und dann kann es halt vielleicht gefährlich werden für Veranstalter oder so.

Aber, was findet seitdem noch statt?

Ja, im kleineren Kreise.

Also man sagt ja okay, dann trifft man sich halt mit irgendwo fünf bis maximal 20 Leuten,

sei es jetzt zu einem Geburtstag oder sei es einfach mal so, um sich mal

wieder zu sehen, um auch mal wieder ein bisschen...

Wobei man auch da beachten muss, dass sind wirklich auch Leute, die nicht unverantwortlich

sie einfach treffen egal was, sondern wie sehr verantwortungsvoll damit umgehen.

Das heißt, wenn jemand ein Job hat, der z. B. Lehrerin oder sonst irgendwas ist,

dann achtet sie da auch drauf. Teilweise werden Corona-Schnelltest sogar gemacht

bei uns in der Gruppe oder so Sachen, dass wenn irgendjemand

irgendwelche Krankheitssymptome hat, dann geht er natürlich

nicht zu so einer Party, weil grundsätzlich mit Krankheiten

sehr verantwortungsbewusst umgegangen wird.

Dann ist jetzt so eine Gruppe von, ich sag mal, 15 Leuten oder so ist,

Mit wie vielen bist du dann so nahe, dass wenn du was hättest, dass die sich anstecken würden?

Ich sage es mal anders, wenn eine Party stattfindet, in dieser Form.

Dann... Da sind 15 oder 20 Leute und einer hat es, dann hat es danach jeder,

der es noch nicht hatte.

Aber das ist auch so ein Ding.

Es hatten ja jetzt einige schon. Das heißt, man hat auch selbst von unseren kleinen Gruppen

so eine gewisse Immunisierung mittlerweile auch.

Von daher, das lässt dann die Leute natürlich auch ein bisschen entspannter werden.

Ob man wirklich dauerhaft immun ist, auch gegen Mutationen,

oder weiterhin Überträger sein kann, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.

Wahrscheinlich denken einige von euch jetzt: Muss das gerade wirklich sein, was Tim hier erzählt?


Was geht auf Tinder, Grindr & Co.? Dating im Lockdown (1)

„Es hat ja quasi nix offen, man kann ja quasi nix unternehmen,

Also ist Sex eines der letzten Hobbies, die man noch mehr oder weniger machen kann.“

Was ist im Lockdown in Sachen Dating noch okay?

Wir verbringen gerade so viel Zeit zu Hause wie noch nie.

Gerade für Singles extrem belastend.

Und einfach auf Dates verzichten?

Für die meisten keine Option.

Ein paar grindr-Nachrichten kommen rein. Jemand fragt mich nach einem Dreier.

Es ist nicht so, dass wir sagen: Oh ja, wir machen einfach was wir wollen und schauen

und wir nehmen keine Rücksicht auf irgendwen.

Nee, nee, wir sind uns durchaus des Risikos bewusst.

Ich treffe in diesem Film drei junge Leute, die unterschiedlich mit dem Lockdown umgehen.

Und will herausfinden: Was geht in Sachen Dating noch?

Es ist schon irgendwie frustrierend und man hätte vielleicht schon gern jemanden,

mit dem man sich dann eben auch öfter treffen kann.

Jeder ist die ganze Zeit geil. So ist es halt.

Ist doch grad komisch als Single, oder?

Diese Freiheiten, die man sonst vielleicht mag.

Gerade kann man sie nicht wirklich ausnutzen: mal so eben jemanden ganz unverbindlich treffen,

mal gucken, was so draus wird.

Es fühlt sich gleich ganz komisch wie so ein möglicher Riskokontakt an.

Auch ich bin Single und frage mich: Können wir im Lockdown guten Gewissens weiterdaten?

Derzeit darf man maximal eine andere Person aus einem anderen Haushalt treffen.

Und soll generell die Kontakte reduzieren.

Schon klar, aber was heißt das für mich als Single?

Heute ein Tinder-Date und morgen das nächste?

Was ist erlaubt, und was ist moralisch okay?

Für viele ist das nicht so ganz klar.

Ich schaue auf Dating Apps wie Grindr, Tinder oder Feeld, was so geht.

In mein Grindr-Profil schreibe ich „group“, also Gruppe,

was auf dieser App ziemlich eindeutig heißt: Suche Gruppensex.

Mal schauen, ob jemand drauf anspringt.

Auf anderen Profilen finde ich auf Anhieb Corona-Verweise.

Einer bezeichnet sich als Kuschelcovidiot, ein Typ gibt an, gegen Corona immun zu sein,

und da, tatsächlich jemand, der nach Gruppensex sucht.

Auf Grindr geht es an diesen Tagen ganz schön ab.

Einen Typen, der auch jetzt noch auf Grindr sehr aktiv ist, kann ich treffen.

Varun, der Freund eines Freundes.

Ich selbst habe übrigens vorher einen Corona-Schnelltest gemacht, der negativ war

und werde heute auch komplett alleine und mit FFP2-Maske drehen.

Ich treffe Varun in Berlin.

Er ist 35 Jahre, gebürtiger Inder und arbeitet von zu Hause aus.

Varun hat eine Marke für Seifen und Kerzen aufgebaut,

die er selbst herstellt und auf Bestellung verschickt.

Und zwischendrin nutzt er Grindr, um sich Typen zu verabreden, trotz Pandemie.

Ein paar grindr-Nachrichten kommen rein. Jemand fragt mich nach einem Dreier.

Es ist ein Fremder, aber ich denke seit der Pandemie läuft alles verdeckt ab.

Vorher haben wir uns im Lab, im Kitkat oder am Teufelssee getroffen.

Jetzt treffen wir uns alle in Kellern.

Lab und KitKat, das sind berühmte Clubs in Berlin, wo Menschen Sex haben können.

Und auch am Teufelssee wird gerne rumgevögelt.

Varun hat übrigens einen Ehemann, aber die Beziehung ist offen.

Regelmäßige Sexdates mit anderen Typen gehören für ihn zu seinem Leben dazu.

Und so trifft er mehrmals die Woche Typen für schnellen Sex.

Angst vor Corona hat er nicht.

Ich denke nicht, dass es mich besonders hart treffen würde.

Denn die meisten Leute in meinem Alter, bei denen ich weiß, dass sie es hatten,

hatten gerade mal eine Erkältung für eine Woche.

Und weil ich meine Eltern nicht treffe oder sonst jemand Älteres,

ich kann nicht nach Hause, habe ich nur mit jüngeren Leuten Kontakt.

Wir in der Redaktion kennen Leute, bei denen es weitaus schlimmer war als nur eine kleine Erkältung.

Er sagt, dass ich ihm schreiben kann, wenn ich an der Tür bin.

Er gibt mir dann den Namen. Seine Mitbewohner sind zu Hause.

Das erklärt, warum jeder Sex im Keller haben muss, weil du kannst dich nicht einfach treffen.

Jeder ist zu Hause, jeder arbeitet von zu Hause, jeder ist die ganze Zeit online,

jeder ist die ganze Zeit geil.

Ich sag ihm, dass ich komme.

Mal wieder typisch, denkt ihr vielleicht: Die sexsüchtigen Gays, die auch im Lockdown

nicht verzichten können.

Dann wartet mal, was mir später noch ein Hetero-Mann erzählen wird.

Varun jedenfalls ist wichtig, die besondere Lage

der queeren, teils internationalen Community zu betonen.

Die meisten Leute leben isoliert, die meisten leben alleine – gerade queere Leute.

Sie können nirgendwo hin – keine Familien, nichts zu tun.

Der Hauptteil unserer Kultur – in Clubs gehen und Leute treffen – ist gerade nicht vorhanden.

Ich denke, das ist der Grund, warum sie gerade am meisten leiden müssen.

Was Varun sagt, stimmt. Gerade hier in Berlin waren Bars, Clubs und auch Sexpartys

ein fester Bestandteil der Schwulen-Szene. Geschützte Orte, um andere zu treffen,

und wo es ​okay ist seine Sexualität auszuleben. Jetzt fehlen diese Orte.

Das Bedürfnis nach anderen Menschen aber bleibt.

Er fragt mich, ob ich schlucke. Ich frag ihn, ob er gesund ist.

Ja gut, es ist sein Wort gegen meins. Es ist trotzdem gut, diese Fragen zu stellen.

Ich gehe normalerweise auf Nummer sicher, wenn es um safen Sex geht.

Er sagt: Ja, er ist gesund.

Zählst du noch wie viele Männer du in deinem Leben getroffen hast?

Nein, nach 500 habe ich aufgehört zu zählen. Ich weiß es nicht.

Was ist der Sinn vom Zählen? Das ist ein bisschen kindisch.

So wie: Wie viele take-away Mahlzeiten hattest du in deinem Leben?

Würdest du das zählen? Ich denke, das ist ziemlich irrelevant. Sex ist Sex.

Du machst es einfach und das war's dann...

Er fragt mich, ob ich da bin. Und ich meinte: Bin gerade da – fast da.

Ab hier lass ich Varun allein, mit seinem Sexdate.

Ob es das Wert ist? Die Ansteckungsgefahr für die schnelle Befriedigung zwischendrin?

Während meiner Recherche höre ich mich nicht nur in der Schwulen-Szene um.

Die Frage, was in Sachen Dating jetzt noch okay ist, stellen sich ja alle Singles.

Auf Instagram starte ich eine Umfrage:

Da kamen auch ziemlich viele interssante Geschichten von Weihnachten in Quarantäne...

Weil man vorher dummerweise ein Dating hatte, bis hin zu einer,

die gesagt hat, sie merkt, dass die Eier gerade ganz schön schwer hängen bei den Typen.

Es also schnell irgendwie in Chats um Sex geht.

Es ging um Corona-Schnelltestes. Also, da überlegt ein Pärchen,

was gerne mal einen Dreier haben möchte, ob sie nicht vorher dann einfach

einen Corona-Schnelltest machen. Auch das sind Überlegungen, die da passieren.

So richtig verzichten auf Zweisamkeit, Nähe und Sexualität wollen also die wenigsten,

aber viele bemühen sich, wie man eben trotz der Pandemie

das Ganze so ein bisschen sicher gestalten kann.

Durch meine Umfrage auf Insta stoße ich auch auf Natalie.

Hallo

Hi! Na, wie geht es?

Gut soweit und dir?

Gut gut. bisschen aufgeregt?

Ehrlich gesagt schon.

Wegen mir oder wegen deines Dates später?

Beides auf jeden Fall.

Natalie ist 28, kommt aus Freiburg und ist Single.

Heute hat sie ein Bumble-Date. Sie werden draußen spazieren gehen,

damit fühlt sie sich momentan am wohlsten.

Was erwartest du da dir davon jetzt so?

Also wir haben noch gar nicht so lange geschrieben seit Anfang der Woche, glaube ich.

Ja, ich habe echt einfach nicht mehr so viele Erwartungen und Hoffnungen.

Also er hat eigentlich einen ganz lustigen Eindruck gemacht im Chat.

Denke ich, hoffe ich, dass es ganz entspannt wird.

Wie viele Spaziergänge, Dates oder hattest du noch andere Form von Date Sätze in der

Pandemie-Zeit? Was ist da so bei herausgekommen?

Viele erste Dates, ohne zweite.

Aber ja, es waren eigentlich also nicht eigentlich.

Es waren überwiegend nur Spaziergang-Dates.

Erste Dates hat Natalie fast nur noch am Wochenende im Hellen, draußen.

Unter der Woche ist es nach Arbeit oder Studium schon dunkel.

Und dann in der Kälte, mit einem fremden Typen?

Darauf hat sie keine Lust.

Wie siehts aus mit sowas wie sich einen Corona-Buddy suchen, so ein bisschen Ansprüche senken,

damit man jetzt einfach mit jemandem zusammen ist?

Das habe ich jetzt auch von vielen gehört, dass das Thema ist.

Ja, diese Erfahrung hab ich im letzten Jahr tatsächlich schon zweimal so gemacht, dass man

sich halt auf jemand eingelassen hat, obwohl klar war, dass man...

Quasi unterschiedliche Idealvorstellungen hat, wie es aussehen könnte, aber...

Nach ein paar Wochen merkt man halt dann auch, dass es dann

passt, dann wieder so, dass es dann auch wieder reicht und.

Für ein paar Wochen sich zu Hause treffen, körperliche Nähe spüren, Sex haben, aber

keine große Liebe – klingt in diesen Zeiten auch nicht schlecht.

Jetzt muss Natalie sich fertig machen.

Die Mütze auf ganz wichtig!

Sieht aber immer noch ein bisschen dünn aus, ehrlich gesagt.

Findest Du? Das ist der wärmste Pulli, den ich besitze, glaube ich.

Ok, und jetzt viel Erfolg.

Ok! Tschüss.

Natalie nimmt mich bis zum verabredeten Date-Treffpunkt mit.

Dann bleibt die Kamera natürlich aus.

Wie's gelaufen ist, erfahre ich später.

Ich recherchiere weiter. Finden auch jetzt noch Sexparties statt?

Und ist den Leuten, die dorthin gehen, die Pandemie scheißegal?

Ich bin in Kontakt mit mehreren Leuten, erfahre von einer Whatsapp-Nummer, der man

schreiben muss, um zu Sexparties eingeladen zu werden. Übrigens Hetero-Sexparties.

Und ich hab ziemlich lang versucht, irgendwie diesen Bereich auch abzubilden,

aber natürlich will da kaum jemand darüber sprechen vor der Kamera.

Jetzt ist es mir aber tatsächlich gelungen, einen Typen zu finden,

der zwar nicht seinen Namen nennen will, aber den ich jetzt treffen kann.

Den Typen, den ich hier treffen kann, nenne ich Tim. Er ist Anfang 30,

in einer offenen Beziehung und ist auch zu Corona-Zeiten weiterhin auf sexpositiven Parties.

Parties, bei ​denen es um gute Musik geht, vielleicht Drogen, und gerne auch Sex.

Die meisten waren im Sommer 2020, erzählt er mir.

Und da kommt dann auch mal vor, dass man an einem Wochenende eine Einladung zu fünf

verschiedenen Partys hat.

Also und das in Corona-Zeit, nicht davor.

Sexpositiv-Partys, die waren meist so mit 40 bis 200 Leuten.

200 waren auch so eine Obergrenze. Da hat sich kaum einer drüber getraut, weil ab da haben

es dann auch zu viele Leute gewusst und das hat sich dann sehr schnell rumgesprochen

in der Stadt und dann wissen sie dann auch sehr schnell die falschen Leute

und dann kann es halt vielleicht gefährlich werden für Veranstalter oder so.

Aber, was findet seitdem noch statt?

Ja, im kleineren Kreise.

Also man sagt ja okay, dann trifft man sich halt mit irgendwo fünf bis maximal 20 Leuten,

sei es jetzt zu einem Geburtstag oder sei es einfach mal so, um sich mal

wieder zu sehen, um auch mal wieder ein bisschen...

Wobei man auch da beachten muss, dass sind wirklich auch Leute, die nicht unverantwortlich

sie einfach treffen egal was, sondern wie sehr verantwortungsvoll damit umgehen.

Das heißt, wenn jemand ein Job hat, der z. B. Lehrerin oder sonst irgendwas ist,

dann achtet sie da auch drauf. Teilweise werden Corona-Schnelltest sogar gemacht

bei uns in der Gruppe oder so Sachen, dass wenn irgendjemand

irgendwelche Krankheitssymptome hat, dann geht er natürlich

nicht zu so einer Party, weil grundsätzlich mit Krankheiten

sehr verantwortungsbewusst umgegangen wird.

Dann ist jetzt so eine Gruppe von, ich sag mal, 15 Leuten oder so ist,

Mit wie vielen bist du dann so nahe, dass wenn du was hättest, dass die sich anstecken würden?

Ich sage es mal anders, wenn eine Party stattfindet, in dieser Form.

Dann... Da sind 15 oder 20 Leute und einer hat es, dann hat es danach jeder,

der es noch nicht hatte.

Aber das ist auch so ein Ding.

Es hatten ja jetzt einige schon. Das heißt, man hat auch selbst von unseren kleinen Gruppen

so eine gewisse Immunisierung mittlerweile auch.

Von daher, das lässt dann die Leute natürlich auch ein bisschen entspannter werden.

Ob man wirklich dauerhaft immun ist, auch gegen Mutationen,

oder weiterhin Überträger sein kann, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.

Wahrscheinlich denken einige von euch jetzt: Muss das gerade wirklich sein, was Tim hier erzählt?