Schwarze Löcher – geht nicht, gibt's nicht? | Harald Lesch (1)
[Harald Lesh] 2020 wurde der Nobelpreis in Physik dafür vergeben,
dass man ein schwarzes Loch beobachtet hat. Das schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße.
Aber schwarze Löcher kann man nicht beobachten, man kann sie ja nicht sehen!
Also wie würde man denn ein schwarzes Loch erkennen, wenn man direkt davon stehen würde?
Und was haben sie im Zentrum unserer Milchstraße eigentlich wirklich beobachtet?
[INTRO]
Tja, jetzt weiß ich gar nicht so genau, wie ich da eigentlichanfangen soll.
Ganz ehrlich, ich habe schon so viel über schwarze Löcher erzählt,
dass es gar nicht so einfach ist, jetzt nochmal zurückzugehen und sich zu fragen:
Was ist denn eigentlich ein schwarzes Loch?
Übrigens, der Kreisel ist ein Zeitkristall, der springt immer hin und her, also wundert ihr nicht
Also da ist was und dann ist nichts, ein Loch
und was ist jetzt daran so besonders? Eigentlich doch Wurst.
Es ist eben schwarz, es ist eigentlich egal. Ganz einfach.
Da kann man auch ohne Physikstudium mitgehen, aber so ist es nicht gemeint!
Es ist ja so gemeint, dass das eine Oberfläche mit einem Loch mittendrin ist,
sondern das ist ein Objekt. Ja, die schwarzen Löcher kriegen erst richtig
Bedeutungsschwere, Gravitas, durch die Schwerkraft.
Durch die Behandlung der Schwerkraft mittels der allgemeinen Relativitätstheorie.
Da wird es aus dem schwarzen Loch mehr als nur ein Loch.
Der wird nämlich aus dem Ganzen ein Objekt, aus dem nichts rauskommt
und der Gedanke, dass es ein Objekt geben könnte von dem nicht mal Licht entweichen kann,
der ist in der Tat schon ziemlich alt, der ist mal schon im 18. Jahrhundert gedacht worden
von einem Herrn Michell, dann hat ein Franzose mal darüber gedacht, Laplace.
Wenn Licht die höchste Geschwindigkeit ist, mit der sich irgendwas bewegen kann,
kann man sich fragen was das für ein Körper ist. Es kommt nichts weg, nicht mal Licht.
Da muss man sich schon fragen, gibt's sowas überhaupt?
1915 veröffentlicht Albert Einstein die allgemeine Relativitätstheorie
und kaum ist seine Theorie veröffentlicht hat K. Schwarzschild bereits die erste Lösung
der einsteinschen Feldgleichungen und das ist dann gleich ein schwarzes Loch.
Und nach diesem Schwarzschild wird dann auch tatsächlich der Radius benannt
auf den ein Objekt zusammenschrumpfen muss, damit es zum schwarzen Loch wird.
So schön: Schwarzschild-Radius. Man stelle sich mal vor, hätte er "Licht" o.ä. geheißen.
Schwarzschild findet also mathematisch eine Lösung, die davon spricht,
dass sich die Raumzeit komplett vom Universum abschließt, dass nichts herauskommt,
keine Möglichkeit gibt, dass irgendeine Strahlung von innen nach außen kommt,
aber die Umgebung ist durch die Anwesenheit dieses schweren Objektes, dass seine Masse
auf einen sehr kleinen Radius konzentriert hat, wird natürlich die Umgebung geprägt.
D.h. die Umgebung spürt "Da ist was" und reagiert darauf, dass das schwarze Loch
eben nicht ein Loch ist, wo nichts ist, sondern dass da Masse ist
und Masse hat die Eigenschaft der Schwerkraft, d.h. die Wirkung der Schwerkraft im Außenraum
ist was man eigentlich wirklich beobachtet, wenn man sagt man würde ein schwarzes Loch sehen.
Man schaut sich die Wirkung an von diesem komischen Objekt und schließt von der Wirkung
auf die Existenz eines Objektes, dass man garantiert nicht sehen kann,
man kann nur die Wirkung messen.
Und tatsächlich. 1915 wurde das schwarze Loch- Konzept mathematisch erfunden,
aber erst 50 Jahre später, nämlich 1963 wird zum ersten Mal ernsthaft in der Astronomie
darüber gesprochen, dass es schwarze Löcher geben müsste.
Warum? Weil man ein Objekt entdeckt hat, das aberwitzige, abartige Eigenschaften hat.
Man hat ein Objekt beobachtet, dass Mrd. Lichtjahre von uns entfernt ist
aber so hell wie ein Stern ist und dessen Leucht- kraft sich innerhalb von Monaten verändert.
Was das bedeutet? Nun, wenn ich eine Helligkeit beobachte, dann kann ich aufgrund der Entfernung
darauf schließen, wie groß seine Leuchtkraft sein muss.
Leuchtkraft ist die Energie, die pro Zeit tatsächlich abgegeben wird.
Es stellte sich heraus, dieses Objekt macht eine Billion Sonnenleuchtkräfte, europäische Billion.
Zugleich verändert sich die Helligkeit dieses Objektes innerhalb von Monaten.
D.h. es kann nicht größer sein als ein Lichtmonat.
Was soll das sein? Ein Objekt, dass so hell ist und was kleiner ist als das Sonnensystem.
Diese Leuchtkräfte von diesem Quasaren, von Quasi-Stellaren-Objekten,
die so aussehen wie ein Stern, aber Mrd. Lichtjahre von uns entfernt sind
kommen nur dadurch zustande, dass ein Objekt von der Masse von Mrd. Sonnenmassen jedes Jahr
1 bis 10 Sonnenmassen an Gas in sich aufnimmt und auf dem Weg der Aufnahme wird das Gas so heiß
und so hell, dass es die Leuchtkräfte bereit- stellt, die man beobachtet hat.
Damals in den 60er Jahren sprach man zunächst von weißen Löchern.
Man dachte sie seien Objekte, wo Materie aus dem nichts heraus ins Universum spritzt.
Nein, es ist genau umgekehrt. Die Materie wird in großen Schreiben ins schwarze Loch hineingezogen
und dabei wird es so heiß, dass die Leuchtkraft von einer Billionen Sonnen bereitgestellt wird
in einem Gebiet, was kaum größer ist als das Sonnensystem.
Da haben wir jetzt schon alles was wir brauchen, um schwarze Löcher zu erkennen.
Super massive schwarze Löcher, denn wenn es stimmt, dass ein schwarzes Loch in einer Scheibe
in einer Gasstaubscheibe, die sich um das Loch herumbilden muss, es fängt an herumzuspiralieren
wenn das so ist, ist dann das Loch die dominante Gravitationsquelle.
Jetzt für Expert*Innen unter euch, das Gleichgewicht von kinetischer Energie
also von Bewegungsenergie und potentieller Energie führt zu einer Form der Rotation
die nennt man Kepler-Rotation. Man kann voher- sagen, wie bei einer dominanten Gravitationsquelle
die Scheibe drum rum sich drehen muss.
Was soll ich euch sagen? Inzwischen ist es tatsächlich gelungen solche Scheiben zu messen.
Man kann genau die Rotationskurve von den Scheiben messen und man stellt fest
es ist wirklich wie im Sonnensystem, die Planeten sich um die Sonne herumdrehen
so bewegen sich die Scheiben um die schwarzen Löcher herum, nämlich mit Kepler-Rotation.
Die ersten indirekten Indikatoren für eine zentrale Masse.
Dann hat man gemessen, weil das Gas so heiß ist, dass sich an dem Innenrand dieser Scheiben
sich sehr heißes Gas in einer ganz besonderen Form verhält.
Das Material kommt auf das schwarze Loch zu, wird heiß und dabei strahlt es Röntgenstrahlung ab
Man spricht gerne von Todesschrei der Materie.
Die Form dieser Strahlung kann einem etwas darüber sagen, was für ein schwarzes Loch sich da aufhält
sogar ob es sich dreht oder nicht dreht.
Dann kommen wir aus dem Zentrum von großen elliptischen Galaxien, in denen Quasare sitzen
zurück zu den normalen Galaxien, wie unsere Milchstraße.
In unserer Milchstraße steckt im Zentrum ein schwarzes Loch von 4,3 Mio. Sonnenmassen.
Erheblich leichter als die schwarzen Löcher in den Quasaren.
Und unser galaktisches Zentrum ist heute durch Gas- und Staubwolken verdeckt.
Wir können also nicht mit unseren Augen oder Fernrohren einfach da reingucken.
Wir müssen besondere Bereiche der elektro- magnetischen Spektrums, wie Infrarot und Radio,
d.h. wie brauchen immer so eine Übersetzungs- arbeit, um zu verstehen was im Zentrum geschieht
aber wenn wir uns drauf einlassen, dann können wir sehen, dass im Inneren unserer Milchstraße
sich Sterne um das Zentrum herumbewegen, dass in der Tat völlig schwarz ist.
Ist das schon ein schwarzes Loch? Da muss mal gucken, denn wenn dort ein schwarzes Loch sitzt
als dominante Gravitationsquelle, dann müssen die Sterne, die in seiner Umgebung sich bewegen eben
sich so ähnlich verhalten, wie diese Akkretions- scheibe um die super massiven schwarzen Löcher.
Das ist erstmal für die galaktischen Zentren sozusagen die Methodik der Wahl,
um herauszufinden, ist da etwas, was Wirkung hat oder ist da einfach nur ein Loch?
Wenn da nichts wäre, also wenn da nur ein Loch wäre und nicht ein Objekt mit Masse
dann würden sich die Sterne gar nicht so verhalten, sie würden da durchlaufen
Da müsste man sehen, dass da eine Masse ist, die so viel schwerer als alle anderen Massen ist,
dass sie allen anderen Massen vorschreibt, wie sie sich zu bewegen haben
Das ist die Methodik, wofür 2020 die drei Wissen- schaftler*Innen mit dem Nobelpreis belohnt wurden
Sie haben über Jahrzehnte gemessen, wie sich die Sterne in der unmittelbaren Umgebung
des galaktischen Zentrums verhalten und konnten dann auf die Masse schließen,
die in einem bestimmten Raum existieren muss, um zu verstehen,wieso die Sterne sich so verhalten.
Wieso kann man sicher sein, dass es sich dabei um ein schwarzes Loch handelt,
vielleicht ist es ja was ganz anderes. Selbst das Nobelkomitee meinte, man sei garnicht sicher
Es könnte immer noch was anderes sein, was anderes schweres und schwarzes.
Jetzt mal ganz ehrlich: Zentren von Galaxien sind weit weg,
selbst das Zentrum unserer Galaxie ist 27 Tsd.Licht- jahre entfernt, haben wir nichts Näherliegendes?
Gibt's denn keine schwarzen Löcher, die von uns nicht so weit weg sind?
Weil wenn sie nicht so weit weg wären, dann könnte man genauer hingucken
und vielleicht genauer untersuchen, ob es so komische Objekte überhaupt gibt oder nicht.
In der Tat kennen wir eine ganze Menge stellarer schwarzer Löcher. Also meine Lieblinge.
Diese riesen Löcher im Zentrum mit Mrd. Sonnenmasse sind ja schon, aber
bei einem schwarzen Loch mit 15 km Größe, kann man was mit anfangen. Das ist ne menschliche Länge.
Die kannst du laufen, sozusagen. Klasse! Z.B. ist 15 km ein schwarzes Loch mit 5 Sonnenmassen.
Das hätte ein Schwarzschild-Radius von 15 km, damit kann man was anfangen.
Am Ende eines besonders schweren Sternenlebens, wenn alle Fusionsprozesse abgelaufen sind,
dann bleibt im Inneren entweder ein weißer Zwerg übrig, die eine Sternenleiche,
ein Neutronenstern oder wenn er richtig schwer ist, wenn eine Masse überschritten ist,
dann gibt es kein Halten mehr. Schwarze Löcher sind Objekte, bei denen es kein Halten mehr gibt,
sie fallen in sich zusammen und bilden ein schwarzes Loch.
Alle schweren Sterne im Universum werden am Ende ihres Lebens zu schwarzen Löchern.
Im Inneren bleibt eine solche Leiche übrig, die unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenfällt.
Achtung: Da viele Sterne als Doppelsterne entstehen, kann es sein, dass der eine Stern
zu einem schwarzen Loch sich entwickelt hat, während der andere noch als Stern existiert.
Wenn die beiden nah genug sind, dann zieht dieses Loch über eine Scheibe Material vom Stern ab.
D.h. hier fließt auf die Scheibe um das schwarze Loch herum Material
und dabei kommt es wieder zu Röntgenausbrüchen, weil das Gas so heiß wird, sogar 106-108 Kelvin.
100 Mio. Grad, das Gas wird richtig heiß und saugt praktisch das Material vom anderen Stern ab
und das sind so Röntgendoppelsterne und die kann man wahnsinnig gut beobachten,
dass die Scheibe sich auflädt und dann gibt's ein Röntgenausbruch und Material muss geholt werden
und dann gibt's wieder einen Ausbruch, d.h. man hat periodische Röntgen-Doppelsterne.
Du siehst nichts vom 2. Stern, den gibt's nämlich nicht bzw. er ist ein schwarzes Loch.
Du siehst nur den einen leuchtenden Stern, manchmal grün und gelb,
aber die Ursache für diese Ausbrüche sieht man nicht, nur die Ausbrüche selbst.
Das hat damit zu tun, dass das Material zum schwarzen Loch strömt
und damit hat man ein stellares schwarzes Loch nachgewiesen, davon muss eine ganze Menge geben
Hier übrigens sogar im galaktischen Zentrum gibt's einen Schwarm vom Röntgen-Doppelsternen.
Das sind alle schwarzen stellare Löcher, die ihr Unwesen treiben, indem sie Material heranziehen
und dabei solche Röntgenausbrüche machen. Wahnsinn!
Wir haben viele Indizien zusammengesammelt, die für die Existenz von schwarzen Löchern sprechen.
Gibt's was Neues aus dem Zentrum unserer Milch- straße, das auf ein schwarzes Loch hinweist
gerade weil in der letzter Zeit so viele Spekulationen veröffentlicht worden sind,
dass es was ganz anderes sein könnte. 152 00:15:55,000 --> 00:16:00,000 Es wurde spekuliert, dass es im Zentrum unserer Milchstraße eine Verdichtung dunkler Materie gäbe.
Die Antwort lautet: Ja. So wie es in der Astronomie Tradition ist
hört man nicht auf zu beobachten, man schaut genauer mit anderen Methoden hin
und sammelt immer neue Hinweise und kleine Spuren man macht so was wie kosmische Forensik,
man hat neue Spuren gesichert und solche Spuren kommen aus der Infrarot- und Röntgen-Astronomie.
Die Erste sagt uns klar: die Sterne im Zentrum unserer M.S. bewegen sich mit Kepler-Rotation.
Man kann direkt darauf schließen, auf die zentrale Masse.
Die Röntgen-Astronomie sagt, es gibt eine heiße Akkretionsscheibe um dieses Zentrum drum rum,