In der Bar
Vielen Wörtern ist es ein sehr guter Geselle. Es ist zwar unscheinbar, aber sehr brauchbar und hat die Kraft, Verben in Adjektive zu verwandeln. Es kommt aber auch gut allein klar und ist dann nicht weniger nützlich.
Unscheinbar kommt es daher. Nur drei Buchstaben besitzt dieses sprachliche Etwas, dafür hat es mindestens vier etymologische Ursprünge: im Althochdeutschen, im Griechischen, im Englischen und im Französischen. Es steht mal vorne, mal hinten, mal bloß für sich allein. Es ist Adjektiv und Substantiv, ein Raum, eine physikalische Einheit, kurz ein sprachlicher Tausendsassa, dieses unscheinbare „b-a-r“.
Nur Bares ist Wahres
„Nur Bares ist Wahres“: So lautet das Motto all derjenigen, die lieber Geldscheine und Münzen in den Händen fühlen statt ihr Guthaben als nicht handfeste Summe auf dem Papier zu sehen oder als Aktie, Spar- oder Kaufvertrag zu besitzen – ganz zu schweigen von blinkenden Zahlen auf dem Computerbildschirm, die Konto- oder Börsennotizen angeben.
Das Wichtigste am Bargeld ist natürlich: Man weiß, was man hat. Denn bei einem abgeschlossenen Kaufvertrag kann der Käufer ja zum Beispiel unzuverlässig sein und der Verkäufer müsste lange auf sein Geld warten. Aber wer weiß: Irgendwann wird der Spruch „Nur Bares ist Wahres“ seine Bedeutung verloren haben, denn dann wird sicher nur noch hin- und hergebucht, der verknitterte Geldschein und die klingende Münze der Vergangenheit angehören.
In der Bar
Mit Barem kann man – noch – in der Cocktailbar bezahlen – und in vielen anderen Bars, die es außer Cocktailbars auch noch gibt. Lokale mit spärlicher Beleuchtung und einer großen Auswahl an alkoholischen Getränken. Die verrauchte Bar gehört allerdings jetzt schon der Vergangenheit an.
Der Barmann, besser bekannt unter „Barkeeper“, schüttelt oder rührt wahlweise, was das Regal an Schnaps, Likör, Whisky und Weiterem zu bieten hat. „Bardamen“ sind dagegen in der Regel eher daran interessiert, den Umsatz der teuren Getränke zu steigern, abgesehen von anderen Interessen …
Die Barstange
Sitzen kann man nicht nur in, sondern auch an der Bar und das in fast jeder Gastwirtschaft oder Kneipe, in Hotels und Bistros. Die Bar als Theke verdankt ihren Namen der Stange, die sich auch heute oft noch am Tresen findet, zur Zierde oder als praktische Stütze zum lässigen Anlehnen. Auf Französisch heißt diese Stange „la barre“.
Früher diente sie als Schranke vor allem dazu, diejenigen, die ausschenkten, von denjenigen, die Alkohol tranken, zu trennen. Wer sich zu viel Bier, Wein, Cognac oder anderes Hochprozentiges einschenken ließ, musste ja auf Distanz gehalten werden. Denn allzu oft zeigten sich die Gäste nach einigen Gläsern „bar jeder Vernunft“, also ganz ohne Verstand, und fabrizierten nicht selten „baren“, nämlich reinen „Unsinn“. Manche Gäste sollen in ihrem Zustand sogar barfüßig nach Hause gegangen sein. In einer Sprachbar kann so etwas natürlich nicht passieren. Da ist ein sprachlich Interessierter höchstens von Worten berauscht.
Das physikalische „Bar“
Wenig zu tun mit seiner sprachlichen Schwester, in der geplaudert und getrunken wird, hat das Bar. Physiker haben es als Einheit für den Luftdruck erkoren, der mittels eines Barometers beziehungsweise eines Reifendruckmessgeräts festgestellt wird – was jetzt genauso wie die griechische Wortherkunft nicht rasend spannend ist.
Aber wer etwas sucht, um bei der nächsten Einladung zum Essen oder in die Cocktailbar anzugeben, könnte sich merken: „das Schwere“ hat dem Luftdruck wie dem Bariton mit seiner tiefen Stimme den Namen gegeben.
Vielfältig wandelbar
Aber weder als das noch als die Bar zeigen die drei Buchstaben ihre wahre Stärke. Groß raus kommt „-bar“ erst als kleines Anhängsel. Es wird tausendfach verwendet und macht aus Verben Adjektive, die etwas vorzuweisen haben. Das Wasser ist trinkbar, das Musikstück spielbar, der Geruch wahrnehmbar. Begehbar ist der anstrengende Wanderpfad, verwundbar auch der größte Held, brennbar das Holz, das einige Zeit trocken gelagert wurde.
Negativ geht's übrigens auch. Solche „bar“-Worte sind dann bei Politikern sehr beliebt: unaufschiebbar ist das neue Gesetz, unanfechtbar die Argumente dafür, weil die Entwicklung unaufhaltbar ist. Die Opposition betrachtet die Regierungsvorschläge dagegen als unbrauchbar und untragbar, die Argumente als unhaltbar. Bleibt am Ende nur der Gang an die Bar, um einvernehmlich festzustellen, dass Gesetze grundsätzlich schwer verhandelbar sind.
Sonderbare Zufälle
Übrigens hat weder der Haar- und Bartkünstler, der Barbier, noch der ungehobelte Barbar irgendetwas mit einem Lokal oder dem Luftdruck zu tun. Das sind einfach nur sprachliche Zufälle. Obwohl: Ein bisschen sonderbar ist es ja schon, oder?