Drogen testen - Was bringt Drug-Checking wirklich?
. Es fühlt sich langsam schon mega normal an, mit Drogen zu hantieren. * Musik *
Heute geht es bei "FollowMeReports" um ein umstrittenes Thema.
In Deutschland ist es noch verboten,
in der Schweiz wird es seit 20 Jahren gemacht.
Es geht um Drug-Checking.
Dabei können Menschen ihre Drogen testen lassen.
Auf die Inhaltsstoffe und sehen,
ob sie z.B. mit Rattengift gestreckt wurden.
Ich frage mich, ist das wirklich eine gute Initiative,
oder fördert das eher den Drogenkonsum?
Dem gehe ich jetzt nach, eure Fragen nehme ich natürlich auch mit.
* Musik *
Hier sehen wir schon die angebrochene Ecstasy-Pille.
Da drin wird sich aufs Wochenende vorbereitet, wir gehen rein.
Hi, ich bin Hanna. - Roman, freut mich.
Roman, ich kann hier, bei euch theo- retisch meine Drogen testen lassen?
Was ist genau das Ziel eurer Initiative?
Das Ziel ist bei uns Substanzen analysieren zu lassen,
wenn du eine Substanz auf dem Schwarzmarkt kaufst, weißt du nicht,
was da drin ist. Wir versuchen, das nachzuliefern, für Leute,
die illegale Substanzen kaufen.
Wir fragen unsere Zuschauer im Community-Chat immer Fragen,
da kam ein paar kritische Fragen:
Das ist natürlich die häufigste Kritik, die wir zu hören bekommen.
Da ist die Frage, wie geht man eine Problematik an, der Gesellschaft?
Es ist nun mal eine Realität, das konsumiert wird,
versucht man, die Leute da alleine zu lassen, oder bietet man etwas an,
das den Schaden zu verhindern versucht?
Was wir machen ist auch nicht Prävention im klassischen Sinne,
sondern Schadensminderung. - Ihr sagt,die Leute konsumieren Drogen,
so oder so. Und wir helfen ihnen nur, es sicher zu tun?
- Möglichst sicher. Ein Risiko hast du immer beim Konsum.
Bei egal welcher Substanz, auch beim Alkohol.
Aber, wenn du gewisse Regeln, Verhaltensweisen kennst,
oder eben auch weißt, was du für eine Dosierung hast,
oder welche Substanz du tatsächlich hast, kannst du besser abschätzen,
wie gestaltest du den Konsum, dass du keinen Schaden dabei nimmst.
Muss ich jetzt im Beratungsgespräch irgendetwas beachten?
Im Umgang mit der Userin? - Nein, du kannst dich ganz normal verhalten.
Was klar ist, ist, dass die Personen anonym bleiben möchten.
O.k., ich bin ein bisschen nervös aber gut, let's go!
* Musik *
Hallo. - Was möchtest du abgeben?
MDMA. - Wo hast du die Substanz her?
Von jemandem, den ich kenne.
Hattest du schon mal mit uns zu tun, bevor du hierhergekommen bist?
Nein, nicht. - O.k.
Was hat dich dazu bewogen, hierher zu kommen?
- Ich habe von dem Angebot gehört, ich kannte es vorher nicht,
habe mir jetzt gedacht, ich will es auf jedem Fall nutzen.
Weil es einfach sicherer ist? Fühlst du dich dann besser? - Absolut.
Würdest du die Droge so oder so nehmen?
Egal, ob sie getestet wurde oder nicht? - Ja, ich habe auch
schon Drogen genommen, die ich nicht getestet habe.
Von dem her würde ich sagen, ja. Grundsätzlich ja.
Hast du schon schlechte Erfahrungen gemacht?
Dass da vielleicht mit irgendwas gestreckt wurde?
- Nein. Bislang habe ich keine schlechten Erfahrungen gemacht.
Aber man hat einfach nicht das beste Gefühl irgendwie.
Und wenn man es hier testen kann, fühlt man sich dabei etwas besser.
Es ist schon ungut, wenn man da so eine Unsicherheit hat,
da es auch echt gefährlich werden kann. - Genau. Absolut.
Hast du schon mal einen "Bad Trip" erlebt? - Nein.
Hattest du einmal eine depressive Verstimmung?
Vielleicht auch nach dem Konsum? - Es kommt immer darauf an,
wie man es auslegt. Ich hatte schon 1-2 Tage danach das Gefühl,
dass ich down bin. - Ich persönlich konsumiere keine harten Drogen,
mich würde interessieren, warum machst du das?
Weil man die Party dann ganz anders erlebt.
Und ich das ab und zu sehr genießen kann.
Und du kannst es mehr genießen als ohne? - Nein,
das würde ich nicht sagen. Nein, überhaupt nicht, aber manchmal,
gerade bei einem Festival oder so, ist es eine andere Art Lebensgefühl.
Es ist einfach anders.
Nicht besser, nicht schlechter. Einfach anders, würde ich sagen.
Ich finde, das verharmlost das ein bisschen, oder?
Dass es so ein bisschen ausschaut wie ein Kinderbonbon.
Es schaut süß aus.
Die User geben hier ein Viertel der Droge ab
und bekommen das Ergebnis ein paar Tage später am Telefon mitgeteilt.
Morgen sehen wir im Labor, was in dieser MDMA-Tablette drin ist.
Jetzt habe ich eine Nacht drüber geschlafen, und ich muss sagen,
die Frage hat mich die ganze Nacht beschäftigt.
Ist Drug-Checking was Gutes
oder animiert es die Leute eher zum Drogenkonsum?
Und ich glaube, die Frage lässt sich pauschal nicht richtig beantworten.
Ich kann nur sagen, dass ich nach dem Beratungsgespräch
gestern ein komisches Gefühl hatte, weil ich eigentlich noch nie
das Bedürfnis hatte,
harte Drogen zu konsumieren, aber gestern fühlte ich mich so sicher,
dass ich es zum ersten Mal in Erwägung gezogen habe.
Ich werde es nicht machen, weil es ist definitiv nichts für mich.
Aber das hat mich schon ein bisschen erschrocken.
Mich interessiert, was sagt ihr dazu?
Findet ihr, das sollte in Deutschland eingeführt werden?
Oder soll das verboten bleiben?
Schreibt es unbedingt in die Kommentare.
Es kam noch eine sehr gute Frage von euch und zwar:
Wie kann es sein, dass in der Schweiz Drug-Checking erlaubt ist
und in Deutschland nicht, obwohl in beiden Ländern Drogen illegal sind?
Genau diese Frage habe ich an das Bundesgesundheitsministerium
weitergegeben und die Antwort ist gekommen.
Ich lese euch einen Ausschnitt daraus vor:
Die Bundesregierung warnt vor dem Konsum illegaler psychoaktiver
Substanzen und lehnt deshalb insbesondere alle Maßnahmen mit
dem Potenzial zur unmittelbaren und aktiven Förderung des Konsums ab.
In Übereinstimmung mit dem Inter- national Narcotics Control Board
sieht die Bundesregierung die Gefahr,
dass ein negatives Testergebnis von den Konsumierenden als Aufmunterung
zum Drogenkonsum missverstanden werden könnte.
Das Argument kann ich sogar nachvollziehen, muss ich sagen.
Es spiegelt eine vermeintliche Sicherheit vor,
die den Konsumierenden nicht gegeben werden kann.
Bei illegalen Drogen handelt es sich jedoch nicht um standardisierte
und in einem kontrollierten Verfahren hergestellte Produkte.
Die "Unbedenklichkeit" einer Probe besagt wenig über Zusammensetzung,
Wirkstoffgehalt und gesundheitsgefährdende Beimischungen
oder Verunreinigungen in weiteren nicht getesteten Einheiten.
Es besteht dann sozusagen die Gefahr, wenn die Regierung offiziell
Drug-Checking zustimmt, dass man dann denkt,
das ist ein offizielles Produkt, ein sicheres Produkt,
ich sage mal so, das wird ja auch hier immer gesagt,
zu 100% sicher ist es irgendwie nie.
Die Haftung kann nicht übernommen werden.
Das ist jetzt schon sehr kritisch, sehr anti, wie siehst du das?
Was man gut sieht ist eine ganz unterschiedliche Haltung.
Von der deutschen Regierung gegenüber der Schweizer Haltung.
In der Schweiz geht man davon aus, dass es eine Realität ist,
dass konsumiert wird,
da ist das Drug-Checking ein sehr effektives Mittel.
Es gibt immer ein obligatorisches Beratungsgespräch.
Die Leute müssen sich mit ihrem Konsum auseinandersetzen.
Es ist ja schon ein Argument,
dass Drug-Checking zum Drogenkonsum animiert.
Theoretisch gesehen könnt ihr wahrscheinlich auch nicht sagen,
ganz praktisch könnt ihr nicht sagen,
ob ihr den ein oder anderen nicht animiert, oder?
Wir sehen, den Konsum gab es auch vor dem Drug-Checking.
Der Konsum hatte durch das Drug-Checking nicht zugenommen.
Deswegen geht diese Argumentation nicht auf.
Wir können zwar auch nicht messen, wie viele Notfälle wir verhindern
mit dem Drug-Checking, das ist schlicht und einfach nicht messbar,
aber wir haben auch keine Verschlimmerung der Situation.
Ich gehe jetzt ins Labor, da schauen wir uns an,
was in der MDMA-Tablette von gestern genau drin ist.
Das ist Carol, sie macht heute die Proben.
Was hat es denn gegeben? - 13 Proben. - O.k.
Eine Pille, der Rest sind Pulver. Ein Spezialfall.
Du kannst gleich loslegen.
Machen wir unsere zuerst, von gestern? - Ja. - Die blaue ist das.
* Musik *
Da fragst du besser meinen Chef. - Ich bin nicht dein Chef.
Da muss man präzisieren, wir haben die gängigen Sachen, Amphetamine,
MDMA, Kokain, das sind die häufigsten Drogen,
die haben zum Teil aktive Streckmittel drin,
die können problematisch sein,
die ganz gefährlichen Stoffe sind zum Glück selten.
MDMA, das habe ich gestern schon rausgehört,meistens nicht gestreckt,
ist es meistens rein, wenn ihr das bekommt?
Die gängigen heutzutage sind die Tabletten, zur Zeit
sind die Tabletten eigentlich nur mit MDMA als Wirkstoff.
Aber wir haben das Problem, sie sind oft überdosiert. - O.k.
Das ist das Hauptproblem momentan. Sie sind sauber aber zu stark.
Also sehr stark überdosiert? So, dass es gefährlich werden könnte?
Das kann gefährlich werden. - Könnte auch im schlimmsten Fall
zum Tod führen? - Ja. Theoretisch.
Koks wird ja ganz viel gestreckt, habe ich gehört,
was ist das Hauptstreckmittel? - Zur Zeit haben wir als aktives
Streckmittel Levamisol,
das ist ein Antiwurm-Mittel.
Das ist nicht besonders gesund. Das geht zur Zeit ein bisschen zurück.
Weil das Kokain sehr stark ist.
Da hat man nicht viel Platz für was Neues. - Auch zu stark?
Bzw. es ist dann rein. Das stört mich an für sich nicht,
wenn es die Leute wissen, sie sollen einfach weniger nehmen.
Die verschiedenen Drogen werden chemisch aufgelöst
und voneinander getrennt, damit alle Inhaltsstoffe analysierbar sind.
Es fühlt sich langsam schon mega normal an, mit Drogen zu hantieren.
Das ist der Laboralltag, oder? - Im Endeffekt ist es, dachte ich vorhin,
nichts anderes als eine andere chemische Substanz
mit der man hier arbeitet.
Gestern war es ein bisschen komisch,zum ersten Mal im Leben
eine chemische Droge zu halten. - Für uns ist das immer noch
eine Unbekannte. Es gibt eine Theorie, was es sein kann.
Es könnte auch nichts drin sein. - Sicherheit haben wir erst,
wenn wir die Analyse gemacht haben.
Aber es fühlt sich jetzt schon fast normal an. - Genau.
So, wie wir vermutet haben. Die Probe ist sauber.
Aber eben überdosiert. Ein Phänomen, dass wir zurzeit oft haben.
Da sagen wir den Leuten, passt auf mit dem Dosieren.
Wenn ihr etwas nicht kennt, kommt vorbei oder nehmt eine halbe Pille.
Wenn es nicht anders geht, nie eine ganze, wenn man sie nicht kennt.
Das ist wirklich wichtig zu wissen, weil ich glaube,
wenn ich mich nicht informiere, und einfach so im Club etwas kaufe,
würde ich erst mal vermuten, ich nehme die ganze. - Ja.
Das stimmt schon. - Das ist schon sehr sehr wichtig,
da so ein Bewusstsein zu schaffen.
* Musik *
Seien wir mal ehrlich, die Leute konsumieren Drogen,
ob sie jetzt verboten sind oder nicht, ohnehin.
Roman und seine Kollegen versuchen ihnen nur,
einen risikobewussteren Umgang beizubringen.
Das finde ich persönlich sehr gut.
Allerdings kann ich nicht sagen, ob der ein oder andere sich animiert
gefühlt hat Drogen zu nehmen, obwohl er vorher unsicher war.
Das weiß ich einfach nicht, entsprechend bin ich einfach nur
froh, dass ich nicht die Entscheidung treffen muss,
ob Drug-Checking jetzt eingeführt wird oder nicht.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)
Wenn euch die Reportage gefallen hat, dann würde es uns freuen,
wenn ihr uns ein Abo da lassen würdet,
hier kommt ihr zu unserer letzten Folge von "FollowMeReports"
hier gibt es noch ein weiteres Video auf dem Funk-Kanal
und hinter mir ist Bern. Ciao!