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Video lessons from YouTube, Wie uns die Medien beeinflussen | Agenda Setting

Wie uns die Medien beeinflussen | Agenda Setting

2019 rockte auf den letzten Metern noch eine der dümmsten Diskussionen seit langem.

Ein Kinderchor singt bei WDR 2 eine alternative Version von einem Kinderlied, in dem eine

fiktive Oma als Umweltsau betitelt wird, weil sie im Hühnerstall Motorrad fährt.

Das wirkt vielleicht total egal und nicht weiter beachtenswert, hat aber einen Shitstorm

ziemlich einzigartiger Güte ausgelöst.

Natürlich wegen zahlreicher Leute, deren Verständnis von Satire wahrscheinlich etwas

eingerostet ist oder es sich einfach nicht eingestehen wollten, ein Lied bewusst fehlzudeuten,

damit sie das Recht haben, sich darüber aufzuregen aber auch und besonders weil viele Medien

den Fehler machten, diesen Aufschrei ernstzunehmen.

Ich habe bereits im Video über TikTok im Ansatz darüber gesprochen, aber lasst uns

an dieser Stelle mal ausführlich darüber reden “Wie uns die Medien beeinflussen”

*Intro* Agenda Setting.

Das klingt zunächst wie ein Vorwurf.

Schließlich ist die Einordnung, eine Agenda zu haben im allgemeinen Sprachgebrauch keine

sonderlich positive.

Man assoziiert damit häufig eigennütziges, manipulatives und unehrliches Verhalten, aber

das ist hier gar nicht so gemeint.

Wenn wir die Interpretationen und Konnotationen dieses Wortes einmal beiseite legen bedeutet

“Agenda” nicht viel mehr als “Themenliste”.

Und genau das ist damit auch gemeint.

Das ganze geht auf den amerikanischen Politikwissenschaftler Bernhard Cohen zurück, der sagt, dass die

Medien zwar keinen Einfluss darauf hätten, wie wir über ein Thema denken, aber einen

sehr großen auf das, worüber wir allgemein nachdenken.

Die Theorie lautet wie folgt: Themen, die in den Medien häufiger auftreten, werden

auch für die Rezipienten wichtiger.

Das ganze schließt das Konzept der “Medienrealität” mit ein, das besagt, dass Rezipienten von

Massenmedien den meisten Themen nicht selbst begegnen, sondern ausschließlich von ihnen

durch die Medien hören.

Ein Krieg in einem anderen Land zum Beispiel existiert für einen normalen Rezipienten

also so lange nicht, bis er davon in den Medien hört.

Im Agenda Setting-Ansatz bedeutet das, dass die Medien eine sehr wesentliche Rolle für

das Wissen über allgemeine Themen spielen und demnach natürlich einen Einfluss darauf

haben, was die Menschen beschäftigt.

Und wie das in der Wissenschaft nun mal so ist; das wars auch schon mit dem Konsens.

Über alle übrigen Einzelheiten sind sich Wissenschaftler uneinig.

Es gibt zahlreiche verschiedene Modelle, die die Intensität, den Verlauf und die Gewichtung

dieses Ansatzes anders einschätzen.

So gibt es zum Beispiel das Aufmerksamkeitsmodell, das lediglich sagt, dass die Agenda der Medien

dafür sorgt, dass Rezipienten auf gewisse Themen aufmerksam werden.

Es gibt aber auch das Themenselektionsmodell, das aussagt, dass die in den Medien suggerierte

Wichtigkeitsreihenfolge der Themen vom Rezipienten 1:1 übernommen wird.

Und wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.

Gleichzeitig gibt es natürlich auch Wissenschaftler, die den Ansatz als solches ablehnen und zum

Beispiel das “Spiegelungsmodell” ins Feld führen, das den Standpunkt vertritt, dass

nicht die Medien die Rezipienten beeinflussen, sondern die Rezipienten die Medien.

Und das ist in der Medienwissenschaft tatsächlich ein bisschen wie die Frage nach dem Huhn und

dem Ei.

Erzieht uns die Werbung zu Sexisten?

Oder wird Werbung sexistisch gemacht, weil wir es schon lange sind?

Mittlerweile geht man von einer Wechselwirkung aus, in der sich beide Parteien gegenseitig

beeinflussen.

Und Agenda Setting ist keine Beschuldigung.

Es ist nichts schlechtes oder boshaftes auch wenn es vielleicht hinterhältig klingen mag.

Redaktionen der Programme in den Medien müssen natürlich auswählen welche Themen sie behandeln

und welche nicht.

Das könnten sie natürlich auch mit manipulativen Absichten tun, müssen es aber nicht.

In beiden Fällen tritt der Agenda-Setting Effekt ein.

Er ist unvermeidbar.

Was macht man also daraus?

Na ja, in erster Linie sollte man sich als Teil einer Redaktion nicht mit dem “Das

ist zwar Quatsch, aber es interessiert die Leute”-Argument rechtfertigen.

Denn durch das Thematisieren in der Sendung kommt der Quatsch viel wichtiger rüber, als

er eigentlich ist und wird dadurch für viele auch wichtiger.

Wenn also die Diskussion, um ein persifliertes Kinderlied, in dem eine fiktive Oma für ihren

verschwenderischen Lebensstil “Umweltsau” genannt wird, eine Sondersendung zur Diskussion

im Radio bekommt, dann wird das Thema für viele damit zumindest für einen Moment wesentlich

wichtiger als all die anderen Themen, die nie eine Sondersendung spendiert bekommen

haben.

Und das ist Verantwortung mit denen Redaktionen umgehen müssen.

Und das war erst die erste Ebene des Agenda Settings, die Zweite befasst sich damit, wie

Medien mit Framing und Priming die Einstellung zu den gesetzten Themenschwerpunkten beeinflussen

können.

Zu beiden dieser Methoden habe ich bereits Videos gemacht.

Und seit 2015 spricht man auch von einer dritten Ebene, die versucht zu erklären, wie Medien

Themen miteinander verknüpfen können, so dass der Rezipient gewisse Probleme als miteinander

verwoben versteht.

Also, ja.

Medien können bewusst Themenschwerpunkte setzen, um das Interesse und die Prioritäten

der Zuschauer zu beeinflussen.

Und auch wenn keine Redaktion diesem Effekt aus dem Weg gehen kann, bedeutet es nicht,

dass alle Medien, die Themenschwerpunkte setzen, automatisch manipulative Propagandaapparate

sind.

Und auch wenn es kitschig und wie ein Tweet von Sami Slimani klingt; das tatsächlich

beste Mittel, diesem Effekt aus dem Weg zu gehen, ist auch mal wieder mit Freunden über

aktuelle Themen zu reden.

Weil dann sucht man sich die Agenda selbst aus.

Wie uns die Medien beeinflussen | Agenda Setting How the media influence us | Agenda Setting Cómo nos influyen los medios de comunicación | Agenda Setting

2019 rockte auf den letzten Metern noch eine der dümmsten Diskussionen seit langem. In 2019, one of the stupidest discussions in a long time rocked on the last meters.

Ein Kinderchor singt bei WDR 2 eine alternative Version von einem Kinderlied, in dem eine A children's choir sings an alternative version of a children's song on WDR 2 in which one

fiktive Oma als Umweltsau betitelt wird, weil sie im Hühnerstall Motorrad fährt. fictional grandma is dubbed an environmental pig because she drives a motorcycle in the chicken coop.

Das wirkt vielleicht total egal und nicht weiter beachtenswert, hat aber einen Shitstorm

ziemlich einzigartiger Güte ausgelöst. triggered of rather unique goodness.

Natürlich wegen zahlreicher Leute, deren Verständnis von Satire wahrscheinlich etwas

eingerostet ist oder es sich einfach nicht eingestehen wollten, ein Lied bewusst fehlzudeuten,

damit sie das Recht haben, sich darüber aufzuregen aber auch und besonders weil viele Medien

den Fehler machten, diesen Aufschrei ernstzunehmen.

Ich habe bereits im Video über TikTok im Ansatz darüber gesprochen, aber lasst uns

an dieser Stelle mal ausführlich darüber reden “Wie uns die Medien beeinflussen”

*Intro* Agenda Setting.

Das klingt zunächst wie ein Vorwurf.

Schließlich ist die Einordnung, eine Agenda zu haben im allgemeinen Sprachgebrauch keine

sonderlich positive.

Man assoziiert damit häufig eigennütziges, manipulatives und unehrliches Verhalten, aber

das ist hier gar nicht so gemeint.

Wenn wir die Interpretationen und Konnotationen dieses Wortes einmal beiseite legen bedeutet

“Agenda” nicht viel mehr als “Themenliste”.

Und genau das ist damit auch gemeint.

Das ganze geht auf den amerikanischen Politikwissenschaftler Bernhard Cohen zurück, der sagt, dass die

Medien zwar keinen Einfluss darauf hätten, wie wir über ein Thema denken, aber einen

sehr großen auf das, worüber wir allgemein nachdenken.

Die Theorie lautet wie folgt: Themen, die in den Medien häufiger auftreten, werden

auch für die Rezipienten wichtiger.

Das ganze schließt das Konzept der “Medienrealität” mit ein, das besagt, dass Rezipienten von

Massenmedien den meisten Themen nicht selbst begegnen, sondern ausschließlich von ihnen

durch die Medien hören.

Ein Krieg in einem anderen Land zum Beispiel existiert für einen normalen Rezipienten

also so lange nicht, bis er davon in den Medien hört.

Im Agenda Setting-Ansatz bedeutet das, dass die Medien eine sehr wesentliche Rolle für

das Wissen über allgemeine Themen spielen und demnach natürlich einen Einfluss darauf

haben, was die Menschen beschäftigt.

Und wie das in der Wissenschaft nun mal so ist; das wars auch schon mit dem Konsens.

Über alle übrigen Einzelheiten sind sich Wissenschaftler uneinig.

Es gibt zahlreiche verschiedene Modelle, die die Intensität, den Verlauf und die Gewichtung

dieses Ansatzes anders einschätzen.

So gibt es zum Beispiel das Aufmerksamkeitsmodell, das lediglich sagt, dass die Agenda der Medien

dafür sorgt, dass Rezipienten auf gewisse Themen aufmerksam werden.

Es gibt aber auch das Themenselektionsmodell, das aussagt, dass die in den Medien suggerierte

Wichtigkeitsreihenfolge der Themen vom Rezipienten 1:1 übernommen wird.

Und wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.

Gleichzeitig gibt es natürlich auch Wissenschaftler, die den Ansatz als solches ablehnen und zum

Beispiel das “Spiegelungsmodell” ins Feld führen, das den Standpunkt vertritt, dass

nicht die Medien die Rezipienten beeinflussen, sondern die Rezipienten die Medien.

Und das ist in der Medienwissenschaft tatsächlich ein bisschen wie die Frage nach dem Huhn und

dem Ei.

Erzieht uns die Werbung zu Sexisten?

Oder wird Werbung sexistisch gemacht, weil wir es schon lange sind?

Mittlerweile geht man von einer Wechselwirkung aus, in der sich beide Parteien gegenseitig

beeinflussen.

Und Agenda Setting ist keine Beschuldigung.

Es ist nichts schlechtes oder boshaftes auch wenn es vielleicht hinterhältig klingen mag.

Redaktionen der Programme in den Medien müssen natürlich auswählen welche Themen sie behandeln

und welche nicht.

Das könnten sie natürlich auch mit manipulativen Absichten tun, müssen es aber nicht.

In beiden Fällen tritt der Agenda-Setting Effekt ein.

Er ist unvermeidbar.

Was macht man also daraus?

Na ja, in erster Linie sollte man sich als Teil einer Redaktion nicht mit dem “Das

ist zwar Quatsch, aber es interessiert die Leute”-Argument rechtfertigen.

Denn durch das Thematisieren in der Sendung kommt der Quatsch viel wichtiger rüber, als

er eigentlich ist und wird dadurch für viele auch wichtiger.

Wenn also die Diskussion, um ein persifliertes Kinderlied, in dem eine fiktive Oma für ihren

verschwenderischen Lebensstil “Umweltsau” genannt wird, eine Sondersendung zur Diskussion

im Radio bekommt, dann wird das Thema für viele damit zumindest für einen Moment wesentlich

wichtiger als all die anderen Themen, die nie eine Sondersendung spendiert bekommen

haben.

Und das ist Verantwortung mit denen Redaktionen umgehen müssen.

Und das war erst die erste Ebene des Agenda Settings, die Zweite befasst sich damit, wie

Medien mit Framing und Priming die Einstellung zu den gesetzten Themenschwerpunkten beeinflussen

können.

Zu beiden dieser Methoden habe ich bereits Videos gemacht.

Und seit 2015 spricht man auch von einer dritten Ebene, die versucht zu erklären, wie Medien

Themen miteinander verknüpfen können, so dass der Rezipient gewisse Probleme als miteinander

verwoben versteht.

Also, ja.

Medien können bewusst Themenschwerpunkte setzen, um das Interesse und die Prioritäten

der Zuschauer zu beeinflussen.

Und auch wenn keine Redaktion diesem Effekt aus dem Weg gehen kann, bedeutet es nicht,

dass alle Medien, die Themenschwerpunkte setzen, automatisch manipulative Propagandaapparate

sind.

Und auch wenn es kitschig und wie ein Tweet von Sami Slimani klingt; das tatsächlich

beste Mittel, diesem Effekt aus dem Weg zu gehen, ist auch mal wieder mit Freunden über

aktuelle Themen zu reden.

Weil dann sucht man sich die Agenda selbst aus.