Leben und außerirdisches Leben - Das Fermi-Paradox: Teil 2 (2018)
Hallo Raumzeit, Ronny hier.
Wir leben – aber was ist das eigentlich?
Und was lebt denn sonst noch?
Vor zwei Wochen haben wir unsere Reihe zum Fermi-Paradox gestartet, in der wir der Frage
nachgehen, ob es irgendwo im Universum außerirdisches Leben gibt.
Bevor wir ganz tief in die Lösungsansätze eintauchen, wollen wir heute – quasi als
Prequel – diskutieren, was eigentlich Leben ist, und ob es theoretisch auch in ganz anderen
Formen existieren könnte.
Willkommen bei Raumzeit!
Mit der Frage nach dem Leben sind wir im Bereich der Biologie.
Wir haben uns daher bei dieser Folge fachkundige Hilfe von einem Experten geholt, dem Neurobiologen
und ehemaligen Harvard-Dozenten Professor Dr. Karl-Friedrich Schmidt.
Wir sagen danke für die vielen Ergänzungen, Korrekturen und spannenden Ideen.
Jetzt aber auf ins Leben … Leben, das wird auch unter Biologen nicht
gänzlich einheitlich definiert.
Je nach Definition sind Viren lebendig oder nicht, je nach Definition würde eine künstliche
Intelligenz leben oder nicht.
Bestimmte Merkmale aber finden sich immer, und wir betrachten heute genau diejenigen, die
für unsere Suche nach Außerirdischen relevant sind.
Erstens, Leben ist ein selbstregulierendes System – Biologen sprechen hier von Homöostasis.
Dies bedeutet, dass dieses System dafür sorgt, dass es im Inneren immer bestimmte Parameter
einhält: z.B.
Temperatur, PH-Werte, Flüssigkeitshaushalt und so weiter.
Damit stemmt sich das Leben einem fundamentalen Prinzip der Physik entgegen – es wehrt sich
gegen die zunehmende Entropie, gegen das stets zunehmende Chaos.
Zweitens, damit der lebende Organismus diese Aufgabe bewältigen kann, muss er sich zunächst
erst einmal von der chaotischen, unregulierten Umwelt abgrenzen.
Dies tun alle terrestrischen Lebensformen durch Membranen, welche Zellen umschließen.
Diese Membranen schirmen die Zellen von der Umwelt ab, erlauben gleichzeitig aber die
Aufnahme und Abgabe von Stoffen – einen Stoffwechsel.
Eine Ausnahme sind für uns damit Viren – die wir soeben zu Zombies erklärt haben.
Was Raumzeit eben so kann.
Drittens verfügen alle uns bekannten Lebewesen, yep, sogar Viren, über DNA (bzw.
RNA) – äußerst komplexe organische Moleküle, in welchen der genetische Code verankert ist,
der Reproduktion und Evolution ermöglicht.
Wenn man sich die dabei erforderlichen Prozesse und Strukturen ansieht, ist man schnell überrascht
von der Komplexität einer einzelnen Zelle.
Und damit so eine Zelle existieren und ihren Aufgaben nachgehen kann, braucht man 2 Dinge:
langkettige, teils extrem komplexe organische Moleküle und ein geeignetes flüssiges Lösungsmittel.
Die organischen Moleküle werden beim Leben in der uns bekannten Form auf Basis von Kohlenstoff
gebildet.
Als Lösungsmittel dient uns Wasser.
Beide Komponenten sind derart fundamental, dass viele Biologen argumentieren, dass sie
notwendige Schlüsselkomponenten des Lebens sind – und zwar egal wo.
Kohlenstoff ist deshalb so gut geeignet, weil er chemisch so vielseitig ist.
Er kann mit verschiedensten Elementen bis zu vier Bindungen eingehen und auf diese Weise
komplexe und langkettige Moleküle formen.
Schauen wir uns mal ein Beispiel an.
Das hier ist nur ein winziger Bruchteil eines komplexen Moleküls – unserer DNA.
Besonders hilfreich, diese langkettigen Moleküle sind unter den Bedingungen der Erde sehr stabil
– eine Voraussetzung für das Leben.
Dann kann Kohlenstoff schnelle Bindungen mit Sauerstoff eingehen – das ermöglicht unsere
Energieversorgung und das Abfallprodukt – Kohlendioxid – können wir auf simple Weise loswerden.
Es ist übrigens hilfreich, dass Kohlenstoff im Kosmos sehr häufig vorkommt – es ist
das vierthäufigste Element im All.
Wer die häufigsten drei Elemente in der Kommentarsektion zuerst schreibt, den erwähnen wir
natürlich namentlich in einem der nächsten Videos.
Kohlenstoff ist also fundamental für unser Leben.
Aber was ist mit Wasser?
Wasser ist deshalb so gut für Leben geeignet, weil es das nahezu perfekte Lösungsmittel
für unsere Stoffwechselprozesse darstellt.
Und Wasser kam mit Zusatzqualifikationen zum Bewerbungsgespräch: Wasser bleibt über eine hohe Temperaturspanne
hinweg flüssig, es kann viel Hitze speichern und erlaubt somit die Regulation des Temperaturhaushalts.
Wasser kann sowohl als Säure als auch als Base agieren und so chemische Prozesse in
einer Zelle vielfältig unterstützen.
Und dann ist da noch diese Besonderheit des Wassers, im festen Zustand weniger dicht zu
sein als im flüssigen.
Das verhindert das komplette Einfrieren von Gewässern und war möglicherweise Bedingung
für das Überleben des Lebens.
Aber gibt es denn Alternativen?
Zunächst mal können wir eins ausschließen.
Irgendwelche noch nicht entdeckten, fantastischen Elemente (man denke an Unobtainium aus dem
Film Avatar oder Tiberium aus Videospielreihe Command and Conquer). Diese gibt es nicht.
Das ist ein Fakt, den ein kurzer Blick auf das Periodensystem der Elemente beweist: wir
kennen alle stabilen Elemente.
Diese definieren sich durch die Anzahl der Protonen im Atomkern – Wasserstoff besitzt
ein Proton, Helium zwei, Lithium drei, Beryllium 4 und so weiter bis hin zu Plutonium als letztem
natürlichen Element mit 94 Protonen in seinem Kern.
Es gibt keine Lücken und damit auch keine unbekannten, quasi außerirdischen Elemente.
Das setzt eine erste klare Grenze für außerirdisches Leben.
Ein Blick in die Welt der SciFi-Filme zeigt uns, dass man sich hier im Grunde an bekannte
Elemente, mehr noch – an die Grundbausteine des Lebens hält.
Egal ob Wookie oder Ewok, Klingone oder Romulaner – nahezu alle sind aus kohlenstoffbasierten
Molekülen aufgebaut und benötigen Wasser zum Leben.
Die Science Fiction hat sich aber einige faszinierende Kreaturen ausgedacht hat, bei denen Kohlenstoff
und Wasser nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen.
Beispiele gefällig?
Man denke an die Q aus Star Trek, eine Art metaphysische, omnipotente Lebensform – dann
gibt es da die sehr interessanten Volus aus Mass Effect – ihre Physiologie basiert nicht
auf Wasser, sondern auf Ammoniak.
Damit greift Mass Effect eine der greifbaren Hypothesen der Astrobiologie auf: Ammoniak
kommt als Wasserersatz in Frage.
Tatsächlich teilt Ammoniak viele der Eigenschaften des Wassers und kommt als Lösungsmittel für
organische Substanzen in Frage.
Allerdings benötigt es andere Bedingungen – entweder große Kälte oder großen Druck.
Beides ist auf Planeten denkbar, die normalerweise für uns nicht als habitabel gelten.
Schauen wir uns mal den Heimatplaneten der Volus an: Irune, so der Name des Planeten,
besitzt eine 1,5 mal stärkere Gravitation als die Erde und hat, vergleichbar mit der
Venus, eine extrem dichte Atmosphäre, deren Druck 60 Erdatmosphären entspricht.
Unter diesen Bedingungen spielt Ammoniak seine Stärken aus – es wird bereits bei -77 Grad
Celsius flüssig und wird erst bei ca.
100 Grad Celsius zu Gas.
Die Volus gehören damit zu den durchaus vorstellbaren Kreaturen im Sci-Fi Bereich.
Und lässt sich Kohlenstoff ersetzen?
Auch hier gibt es eine vieldiskutierte Alternative, nämlich Silizium bzw. im Englischen Silicon.
Damit reden wir ganz banal über felsenartige Wesen, denn Steine bestehen zu großen Teilen
aus Siliziumoxyden.
Und wir finden zumindest Ansätze davon hier auf der Erde.
Die im Wasser lebenden Kieselalgen –sehr häufig vorkommende Einzeller – integrieren
Silikate aktiv in ihre Zellwände.
Und auch künstliche Intelligenzen – das ist nicht mal weit hergeholt – basieren
letztlich auf dem Silizium ihrer CPUs und RAM Bausteine.
Das kann die Science Fiction natürlich besser.
Aus Star Trek kennen wir etwa die Horta.
Lebensformen auf Silizium-Basis, die sich auch von Steinen ernähren und sehr lange
Lebensspannen aufweisen.
Und ich kann hier auf keinen Fall auf Terry Pratchett verzichten. Der darf nicht unerwähnt bleiben, der Gott der humorvollen
Fantasy.
Auf seiner Scheibenwelt spielen die Trolle eine zentrale Rolle und Pratchetts Trolle sind Steinwesen.
Tatsächlich finden wir Silizium im Periodensystem
in der gleichen Gruppe wie Kohlenstoff.
Silizium teilt viele der Eigenschaften von Kohlenstoff, auch wenn seine langkettigen
Verbindungen nicht so stabil wie die auf Kohlenstoffbasis sind.
Allerdings muss man vorsichtig sein.
Die Erdkruste besteht zu fast 30% Prozent aus Silizium und lediglich 0.03% Kohlenstoff
– dennoch basiert alles Leben hier zuhause auf Kohlenstoff.
Im interstellaren Raum sieht das nicht anders aus – 9 von 10 komplexen Molekülen, die
wir dort beobachten, sind Kohlenstoffverbindungen, nur 10% sind siliziumbasiert.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Atmen – unser Abfallprodukt, das CO2 – das atmen
wir einfach aus.
Wenn wir aber Silizium und Sauerstoff binden, dann erhalten wir Siliziumoxyd, und das ist
– ähm – Sand.
Es lässt sich also festhalten – Leben ist am wahrscheinlichsten in der uns bekannten
Form.
Es basiert auf Kohlenstoff und Wasser.
Aber wie sehen die Kreaturen dann aus?
Bereits auf der Erde kennen wir eine unfassbare Bandbreite an Erscheinungsformen.
Stoffwechsel, Wahrnehmung, Fortbewegung – all das sind Parameter, die sich stark unterscheiden
aber dennoch bestimmte Grundmuster aufweisen.
Natürlich gibt es Vögel, Schlangen, Fische, Pferde – aber egal ob sie fliegen, schlängeln,
schwimmen oder laufen – sie alle nutzen Muskeln zur Erzeugung kinetischer Energie.
Ähnliches gilt für Sinneswahrnehmungen.
Innerhalb einer Atmosphäre ist es sinnvoll, zu hören, denn Schall breitet sich in ihr
gut aus.
Es ist sinnvoll, zu sehen, denn es gibt immer das Licht eines Sterns.
Also können wir unsere Außerirdischen schon recht gut skizzieren.
Sie haben einen Stoffwechsel, der Aufnahme von Nahrung möglich macht ebenso wie die
Ausscheidung von Abfallprodukten.
Sie können sich fortbewegen und das erfolgt sehr wahrscheinlich muskelgetrieben.
Und schließlich verfügen sie über ähnliche Sinnesorgane wie wir – und je nach Beschaffenheit
ihres Planeten und der Evolution der Spezies kann ein Sinn stärker ausgeprägt sein als
andere.
Wir kennen zwar nicht Anzahl, Form und Farbe der Extremitäten, der Augen, der Fortpflanzungsorgane
– aber wir können mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass Außerirdische sie aufweisen,
und dass sie in der Funktionsweise den unseren ähneln.
Und das wird dann auch die Annahme sein, die wir bei Raumzeit für die Suche nach außerirdischen
Zivilisationen zugrunde legen: Lebewesen ähneln uns, sie benötigen Kohlenstoff und eine Reihe
anderer Elemente für ihren Aufbau sowie flüssiges Wasser (oder ähm, Ammoniak).
Damit brauchen wir in der Tat erdähnliche Planeten für die Existenz von außerirdischen
Zivilisationen.
Und nach denen suchen wir in der nächsten Folge von Raumzeit.
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