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YouTube | News Videos / Doku, Schluss mit Made in Germany? China kauft den Mittelstand in Deutschland | DokThema | Doku | BR (2)

Du weißt im Prinzip nix. Du kennst niemand.

Du weißt ja nicht mal, wo du was zum Anmieten herbringst.

Zu den etwa 100 Mindelheimer Mitarbeitern

kamen so noch mal rund 60 chinesische,

denen der deutsche Chef regelmäßig seinen Besuch abstattet.

Wieder einmal hat der Allgäuer Unternehmer

16 Stunden Reisezeit hinter sich.

Changchun, eine Industriestadt im Norden Chinas.

Das letzte Mal war Hans Brandner vor vier Monaten hier.

Good morning. - Good morning.

Nice to see you again. - And how are you?

Theresa, gell? - Ja.

I just changed my clothes. - You changed your clothes, nice.

Thank you.

Für den Allgäuer ist es oft mühsam in seinem chinesischen Zweigwerk.

Zwei Kulturen stoßen aufeinander.

Keiner spricht die Sprache des anderen,

daher bleibt nur der Umweg übers Englische.

In Changchun werden Maschinen zusammengebaut.

Die Konstruktionen dafür kommen aus dem Allgäu.

Wenn's beim Kunden nicht passt, wird höchstens nachjustiert.

Wenn nötig, repariert.

Leiter der Fertigung ist Fu Yu Gao.

Es gibt ein Problem bei der Lieferung von Ersatzteilen.

Der Kunde beschwert sich schon.

Fragen Sie noch mal nach.

Wenn vor dem Mittagessen nichts passiert,

werde ich den Kunden in Deutschland anrufen.

Das ist eine wirklich schlechte Ersatzteil-Strategie.

Unglaublich.

Wir und auch die Kunden erwarten,

dass zumindest ein Minimum an Ersatzteilen auf Lager ist.

Brandner muss sofort deutlich werden.

Dabei tut er sich schwer mit dem autoritären Führungsstil,

den sie hier in China gewohnt sind.

Noch dazu, wo er nur auf Stippvisite ist.

Nur ein paar Meter weiter

fallen Brandner und seinem mit angereisten Geschäftsführer

Risse in einer Schutzscheibe auf.

Für die Deutschen ist schnell erkennbar,

dass die Tür unachtsam behandelt wurde.

Ist das vom Türe zuschlagen?

Nein, von den Materialteilen.

Das glaube ich nicht. Die sind doch nur ganz klein.

Die sind für die Systeme dahinten.

Der chinesische Fertigungsleiter streitet jedoch beharrlich ab,

dass seine Leute schuld am Schaden seien.

Immer wieder erleben die Deutschen,

wie Probleme falsch angegangen werden,

sich die chinesischen Mitarbeiter wenig verantwortlich fühlen.

Eine Zwickmühle, denn der deutsche Chef

ist abhängig vom Wohlwollen seiner Mitarbeiter vor Ort.

In wenigen Tagen ist Brandner wieder weg,

und Fertigungsleiter Gao der Chef in Changchun.

Die chinesischen Angestellten

werden immer selbstbewusster, ebenso wie die chinesischen Kunden.

Früher haben sie widerspruchslos alles befolgt,

was der deutsche Meister von "Made in Germany" sagt.

Das hat sich jetzt gedreht.

Der Chinese ist auch im Maschinenbau oder im Werkzeugbau

wesentlich selbstbewusster geworden.

Und sagt: "Okay, jetzt weiß ich, wie es geht.

Und du als Deutscher,

du hast jetzt das so zu machen, wie ich das will."

Zurück bei der IG Metall in Lohr am Main.

Der Austausch mit den Betriebsräten aus ganz Deutschland

hat Harald Frick überrascht.

Im Gegensatz zu seiner Firma Astronergy

tun sich die anderen leichter mit den neuen Herren im Hause.

Vom Sentiment der Veranstaltung habe ich den Eindruck,

dass wir wirklich die Ausnahme sind.

Dass die chinesischen Investoren eher gekommen sind,

um Ruhe zu haben, erst einmal den Status Quo zu übernehmen

und dass sie im Prinzip nicht anecken wollen.

Bei uns hält man schon ziemlich dagegen.

Das empört mich ganz persönlich,

dass es nun ausgerecht bei uns wieder so ist.

Ein anderer Betriebsrats-Chef fällt auf: Hardy Müller.

Er kennt sich mit chinesischen Eigentümern besser aus

als die meisten hier.

Seit mehr als 12 Jahren

ist sein Arbeitgeber der Staatskonzern Beijing No 1.

Es war eine der ersten chinesischen Übernahmen in Deutschland.

Die Skepsis ist, denke ich, weg in der Belegschaft.

Wir haben in den letzten Monaten oder Jahren,

die relativ schwierig für das Unternehmen waren, gelernt:

Die Chinesen stehen zum Unternehmen.

Es wird Geld investiert und in den schwierigen Zeiten eingebracht.

Ausschlachten, abbauen und ausstellen.

So brutal wie in den Anfangsjahren

gehen chinesische Investoren nicht mehr vor.

Heute geht es mehr um das Absaugen von Ideen und Know-how

aus den deutschen Tochterfirmen.

Betriebsrat Müller sieht's pragmatisch.

Die gab es früher auch schon.

Nichtsdestotrotz hat sich manches entwickelt.

Es wurde spioniert und heute wird es offen gekauft.

Also die Veränderung ist da marginal, sag ich mal.

Die meisten hier

haben sich arrangiert mit ihren neuen Eigentümern.

Ausländische Investoren in der Firma,

das ist für viele Arbeitnehmer nichts Neues

im Zeitalter der Globalisierung.

Oh ja, sehr angenehm.

Sind Sie gut bei uns angekommen?

Störungsfrei, hat alles gut funktioniert.

Waldrich Coburg ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Region.

Hier werden Spezialmaschinen für die Metallverarbeitung gebaut.

Eine Traditionsfirma. Gegründet 1919.

Der Betriebsratsvorsitzende Hardy Müller

ist seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen.

Der Geschäftsführer, Hubert Becker, seit seiner Lehre 1968.

Beide sind zufrieden mit ihrem chinesischen Eigentümer.

Wir waren ja eigentümergeführt durch den Herrn Waldrich.

Er hat uns dann Ende 1985 verkauft an einen amerikanischen Shareholder.

Das war für mich die schlimmste Zeit, die ich hier erleben konnte,

weil hier wurden keine Entscheidungen mehr getroffen.

Mit dem Amerikaner kam die Pleite.

Waldrich wurde versteigert

und kam 2005 schließlich zu "Beijing No 1",

Teil eines mächtigen Staatskonglomerats.

Heißt: Waldrich Coburg

gehört letztendlich der Volksrepublik China.

Wir waren sehr gespalten. Es gab natürlich Ängste.

Man hat viel darüber gehört, was passiert.

Damals war noch die Zeit,

in der Chinesen irgendwo mal was abgebaut

und irgendwo hingefahren haben.

Doch anders als unter dem US- Investor wurde nicht gekürzt,

gefeuert und gegängelt, sondern aufgebaut.

Rund 60 Millionen Euro investierten die Chinesen, stellten Leute ein.

Erst in jüngster Zeit gab es wieder Entlassungen,

der Markt für die großen Maschinen ist derzeit schlecht.

Dazu gibt es Ärger.

Nicht mit dem chinesischen Investor,

sondern mit der deutschen Bundesregierung.

Wir sind jetzt hier in der Halle, wo wir zwei Maschinen sehen,

die momentan noch nicht geliefert werden durften,

weil wir aktuell keine Ausfuhrgenehmigung

hierfür bekommen haben.

Obwohl wir nicht verstehen, warum das überhaupt ein Thema ist,

denn die gleiche Technologie ist bei den gleichen Kunden,

bei anderen Kunden in China vorhanden.

Jetzt auf einmal dürfen wir die Maschinen nicht mehr liefern?

6 Millionen Euro sind in den gewaltigen Maschinen gebunden

und fehlen in der derzeit schlechten Auftragslage.

Zudem ist eine Halle komplett blockiert, seit über einem Jahr.

Ein Versuch des Gesetzgebers, Know-how im Lande zu behalten?

Zu spät, findet Hardy Müller, der auf einer Reise sah,

wie Technologie im großen Stil nach China gelangt.

Wenn ich einmal zu BMW schau, ins BMW-Werk,

die nehmen dort alles mit hin.

Alles, was an Technologie vorhanden ist in Deutschland,

ist dort genauso in dem Werk in Shenyang.

Das sieht tupfengleich aus,

wie wenn ich hier in Regensburg ins Werk gehe.

Vielleicht sogar moderner dort noch wie hier, weil es neuer ist.

Also von daher, wie will man das verhindern?

Ich sehe die Möglichkeit überhaupt nicht,

das auszuschließen, Technologietransfer.

Jede Maschine, die BMW nach China mitbringt,

gehört auch den Chinesen.

Denn BMW arbeitet in China in einem Joint Venture

mit der chinesischen Brilliance zusammen.

Solche deutsch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen

sind in vielen Branchen Vorschrift, auch in der Automobilindustrie.

Für Hans Brandner und seine Maschinenbaufirma BBG

galt dies nicht.

Er kann sein Zweigwerk in Changchun nach wie vor eigenständig halten.

Zur großen Erleichterung des Allgäuer Unternehmers.

Einige seiner Geschäftsfreunde

hatten üble Erfahrungen mit ihren Joint Venture-Partnern gemacht.

Dann zieht er seine Leute wieder ab,

oder die einen kündigen,

gehen und du findest sie drüben bei deinem Joint-Venture Partner.

Da siehst du das Gesicht: Der war doch bei mir. Jetzt ist er da.

Und dann fängt die Kiste auszubluten an.

Irgendwann ist das Joint Venture an sich

wirtschaftlich so am Boden unten,

dass der eine mehr oder weniger, ganz extrem formuliert ...

Der sitzt alleine drin und kann bloß noch zuschließen.

Hans Brandner besucht in Changchun einen seiner wichtigsten Kunden.

Den bayerischen Automobilzulieferer Webasto,

der hier Panorama- und Schiebedächer herstellt.

Mithilfe von Brandners BBG-Maschinen.

Das ist ein schöner Anblick.

Weil man sieht, dass das, was man hergestellt hat,

hier in China und die Maschinen in Deutschland,

dass es auch angewandt wird, verwendet wird,

und was Gutes draus produziert wird und am Markt ankommt.

Der Familienbetrieb Webasto konnte eigenständig bleiben,

ist kein Joint Venture

mit chinesischen Unternehmern eingegangen.

Das Werk in Changchun leitet Freddy Geeraerds,

ein Belgier,

der in den Vorstand des Gesamtunternehmens Webasto

aufgestiegen ist.

Das China-Geschäft wird immer wichtiger,

macht ein Drittel des Gesamtumsatzes aus.

Es ist immer eine Konkurrenz mit den lokalen Herstellern,

die oft billiger zuliefern.

Wobei die Materialien und Prozesse nicht immer gleich sind,

wo ab und zu vielleicht die Qualität nicht immer gleich ist.

Oder die internationalen Spezifikationen nachgelegt werden.

Das gibt uns immer noch einen Vorsprung.

Und da halten wir auch dran.

Doch wie lange können Unternehmen

wie Webasto oder die BBG von Hans Brandner

diesen Vorsprung noch halten?

Denn China holt technologisch auf

und spielt anders als die westlichen Marktwirtschaften.

Muss Deutschland seine Wirtschaftspolitik überdenken?

Die strategische Frage ist, wie weit und wie tief verbündet man sich

mit diesem chinesischen Wirtschafts- und Innovationsgeschehen

und wo setzt man auch die Grenzen?

Wo sind die Grenzen

des Technologietransfers und der Kooperation?

Das halte ich auf der Unternehmensebene

für die wichtigste Entscheidungsfrage der Zukunft.

SZ-Wirtschaftsgipfel im Berliner Hotel Adlon.

Die Übernahmewelle durch die chinesischen Investoren

sorgt für Unruhe bei Politikern und Wissenschaftlern,

aber auch bei Industriebossen.

Yi Sun ist als Expertin für die Podiumsdiskussion eingeladen.

Das Thema: "China kauft Deutschland".

Viele ihr bekannte Gesichter tauchen auf.

Der Herr Stieler, der Geschäftsführer von KraussMaffei.

Von? Welchem Verein?

Der Geschäftsführer von KraussMaffei.

Und das ist Frank Stieler, Chef von KraussMaffei,

mittlerweile ebenfalls Angestellter eines chinesischen Staatskonzerns.

Yi Sun soll mit ihm auf dem Podium reden.

Auch ein IG Metall-Vorstand ist da.

Muss ich mich heute vor Ihnen fürchten?

Nein.

Da bin ich beruhigt. Woher kommen Sie ursprünglich?

Ich komme ursprünglich aus Augsburg.

Aha, wo Kuka sitzt.

Weil ich kenn Reuter gut, ich war lang...

Ja?

Ich weiß noch, wo die Kuka kurz vor der Insolvenz stand.

Ah, da hatte Herr Reuter sehr gute Geschäfte gemacht.

Die Diskussionsrunde wird eröffnet mit einer kurzen Saal-Umfrage.

Glauben Sie,

dass der Verkauf deutscher Firmen an chinesische Investoren

eher eine Chance ist oder eher ein Risiko?

Das hätte ich jetzt so nicht erwartet. Interessant.

60 Prozent sehen eher die Risiken.

Offensichtlich hat die Unternehmerseite hierzulande

größere Bedenken wegen der chinesischen Übernahmen

als die Arbeitnehmervertreter.

Die Unternehmensberaterin ist frustriert.

Sie glaubt, die Deutschen

verstehen die guten Absichten der chinesischen Investoren nicht.

Ich möchte wirklich, dass die Masse versteht:

Wie machen wir das Geschäft?

Wir bringen keine Heuschrecken hierher.

Wir retten auch Arbeitsplätze. Wir geben auch Finanzzuschuss.

Hier ist sie ganz auf der Seite ihrer chinesischen Aufkäufer.

Die beschränken sich nicht mehr nur auf Industrieunternehmen.

Kriegen Sie Anfragen aus China

für die Übernahme von Bundesliga-Vereinen?

Ja.

* Lachen *

Fußball ist eben so ein wunder Punkt bei den Chinesen,

besonders bei den chinesischen Männern.

In Deutschland schauen sie zur Zeit noch.

Wir müssen keine Namen nennen.

Was die Deutschen beschäftigt, sind Übernahmen wie Kuka.

Der Vorstandsvorsitzende Till Reuter ist auch beim Wirtschaftsgipfel.

Seine Robotikfirma gilt als eine Perle des deutschen Mittelstands,

Zukunftstechnologie.

Firmenchef Reuter hatte den Verkauf vehement vorangetrieben.

In der Überzeugung, dass Kuka mit dem neuen chinesischen Eigentümer "Midea"

in Zukunft eine viel bessere Marktposition hat.

Für große Unternehmen wie Kuka im Bereich der Robotik

ist die Verheißung,

dass sie Marktführer für hochwertige Robotik in China werden können

mit der Hilfe des chinesischen Investors.

Das kann gelingen.

Es sieht momentan so aus, dass ein Teil dieser Verheißung

in den nächsten Jahren umgesetzt werden kann.

Aber es ist klar, dass am Ende,

das muss allen vor Augen stehen, die chinesische Seite

diese Technologie in China kontrollieren will.

Der damalige SPD- Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel

versuchte lange die Übernahme von Kuka zu verhindern, vergeblich.

Matthias Machnig,

nach wie vor Staatssekretär im Wirtschaftsministerium,

stand ihm zur Seite.

Hier hat es ein Kaufangebot gegeben, das weit über Marktpreis lag.

Deswegen hat es auch kein deutsches Konsortium gegeben,

das sich um einen Kauf, eine Übernahme von Kuka bemüht hat.

Anders als westliche Investoren haben chinesische Konzerne

bei Unternehmenskäufen einen mächtigen Rückhalt:

Die chinesische Einparteien-Regierung.

Sie kann zielgenau steuern, welches Unternehmen im Ausland

für welchen Preis vom wem übernommen wird.

Staatliche Unternehmen kann sie direkt anweisen.

In der Privatwirtschaft sorgt indirekter Druck für Wohlverhalten.

Zudem hilft der Staat auch mit gewaltigen Finanzmitteln.

Die Herkunft des Geldes

wird durch verschachtelte Firmenkonstruktionen


Du weißt im Prinzip nix. Du kennst niemand.

Du weißt ja nicht mal, wo du was zum Anmieten herbringst.

Zu den etwa 100 Mindelheimer Mitarbeitern

kamen so noch mal rund 60 chinesische,

denen der deutsche Chef regelmäßig seinen Besuch abstattet.

Wieder einmal hat der Allgäuer Unternehmer

16 Stunden Reisezeit hinter sich.

Changchun, eine Industriestadt im Norden Chinas.

Das letzte Mal war Hans Brandner vor vier Monaten hier.

Good morning. - Good morning.

Nice to see you again. - And how are you?

Theresa, gell? - Ja.

I just changed my clothes. - You changed your clothes, nice.

Thank you.

Für den Allgäuer ist es oft mühsam in seinem chinesischen Zweigwerk.

Zwei Kulturen stoßen aufeinander.

Keiner spricht die Sprache des anderen,

daher bleibt nur der Umweg übers Englische.

In Changchun werden Maschinen zusammengebaut.

Die Konstruktionen dafür kommen aus dem Allgäu.

Wenn's beim Kunden nicht passt, wird höchstens nachjustiert.

Wenn nötig, repariert.

Leiter der Fertigung ist Fu Yu Gao.

Es gibt ein Problem bei der Lieferung von Ersatzteilen.

Der Kunde beschwert sich schon.

Fragen Sie noch mal nach.

Wenn vor dem Mittagessen nichts passiert,

werde ich den Kunden in Deutschland anrufen.

Das ist eine wirklich schlechte Ersatzteil-Strategie.

Unglaublich.

Wir und auch die Kunden erwarten,

dass zumindest ein Minimum an Ersatzteilen auf Lager ist.

Brandner muss sofort deutlich werden.

Dabei tut er sich schwer mit dem autoritären Führungsstil,

den sie hier in China gewohnt sind.

Noch dazu, wo er nur auf Stippvisite ist.

Nur ein paar Meter weiter

fallen Brandner und seinem mit angereisten Geschäftsführer

Risse in einer Schutzscheibe auf.

Für die Deutschen ist schnell erkennbar,

dass die Tür unachtsam behandelt wurde.

Ist das vom Türe zuschlagen?

Nein, von den Materialteilen.

Das glaube ich nicht. Die sind doch nur ganz klein.

Die sind für die Systeme dahinten.

Der chinesische Fertigungsleiter streitet jedoch beharrlich ab,

dass seine Leute schuld am Schaden seien.

Immer wieder erleben die Deutschen,

wie Probleme falsch angegangen werden,

sich die chinesischen Mitarbeiter wenig verantwortlich fühlen.

Eine Zwickmühle, denn der deutsche Chef

ist abhängig vom Wohlwollen seiner Mitarbeiter vor Ort.

In wenigen Tagen ist Brandner wieder weg,

und Fertigungsleiter Gao der Chef in Changchun.

Die chinesischen Angestellten

werden immer selbstbewusster, ebenso wie die chinesischen Kunden.

Früher haben sie widerspruchslos alles befolgt,

was der deutsche Meister von "Made in Germany" sagt.

Das hat sich jetzt gedreht.

Der Chinese ist auch im Maschinenbau oder im Werkzeugbau

wesentlich selbstbewusster geworden.

Und sagt: "Okay, jetzt weiß ich, wie es geht.

Und du als Deutscher,

du hast jetzt das so zu machen, wie ich das will."

Zurück bei der IG Metall in Lohr am Main.

Der Austausch mit den Betriebsräten aus ganz Deutschland

hat Harald Frick überrascht.

Im Gegensatz zu seiner Firma Astronergy

tun sich die anderen leichter mit den neuen Herren im Hause.

Vom Sentiment der Veranstaltung habe ich den Eindruck,

dass wir wirklich die Ausnahme sind.

Dass die chinesischen Investoren eher gekommen sind,

um Ruhe zu haben, erst einmal den Status Quo zu übernehmen

und dass sie im Prinzip nicht anecken wollen.

Bei uns hält man schon ziemlich dagegen.

Das empört mich ganz persönlich,

dass es nun ausgerecht bei uns wieder so ist.

Ein anderer Betriebsrats-Chef fällt auf: Hardy Müller.

Er kennt sich mit chinesischen Eigentümern besser aus

als die meisten hier.

Seit mehr als 12 Jahren

ist sein Arbeitgeber der Staatskonzern Beijing No 1.

Es war eine der ersten chinesischen Übernahmen in Deutschland.

Die Skepsis ist, denke ich, weg in der Belegschaft.

Wir haben in den letzten Monaten oder Jahren,

die relativ schwierig für das Unternehmen waren, gelernt:

Die Chinesen stehen zum Unternehmen.

Es wird Geld investiert und in den schwierigen Zeiten eingebracht.

Ausschlachten, abbauen und ausstellen.

So brutal wie in den Anfangsjahren

gehen chinesische Investoren nicht mehr vor.

Heute geht es mehr um das Absaugen von Ideen und Know-how

aus den deutschen Tochterfirmen.

Betriebsrat Müller sieht's pragmatisch.

Die gab es früher auch schon.

Nichtsdestotrotz hat sich manches entwickelt.

Es wurde spioniert und heute wird es offen gekauft.

Also die Veränderung ist da marginal, sag ich mal.

Die meisten hier

haben sich arrangiert mit ihren neuen Eigentümern.

Ausländische Investoren in der Firma,

das ist für viele Arbeitnehmer nichts Neues

im Zeitalter der Globalisierung.

Oh ja, sehr angenehm.

Sind Sie gut bei uns angekommen?

Störungsfrei, hat alles gut funktioniert.

Waldrich Coburg ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Region.

Hier werden Spezialmaschinen für die Metallverarbeitung gebaut.

Eine Traditionsfirma. Gegründet 1919.

Der Betriebsratsvorsitzende Hardy Müller

ist seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen.

Der Geschäftsführer, Hubert Becker, seit seiner Lehre 1968.

Beide sind zufrieden mit ihrem chinesischen Eigentümer.

Wir waren ja eigentümergeführt durch den Herrn Waldrich.

Er hat uns dann Ende 1985 verkauft an einen amerikanischen Shareholder.

Das war für mich die schlimmste Zeit, die ich hier erleben konnte,

weil hier wurden keine Entscheidungen mehr getroffen.

Mit dem Amerikaner kam die Pleite.

Waldrich wurde versteigert

und kam 2005 schließlich zu "Beijing No 1",

Teil eines mächtigen Staatskonglomerats.

Heißt: Waldrich Coburg

gehört letztendlich der Volksrepublik China.

Wir waren sehr gespalten. Es gab natürlich Ängste.

Man hat viel darüber gehört, was passiert.

Damals war noch die Zeit,

in der Chinesen irgendwo mal was abgebaut

und irgendwo hingefahren haben.

Doch anders als unter dem US- Investor wurde nicht gekürzt,

gefeuert und gegängelt, sondern aufgebaut.

Rund 60 Millionen Euro investierten die Chinesen, stellten Leute ein.

Erst in jüngster Zeit gab es wieder Entlassungen,

der Markt für die großen Maschinen ist derzeit schlecht.

Dazu gibt es Ärger.

Nicht mit dem chinesischen Investor,

sondern mit der deutschen Bundesregierung.

Wir sind jetzt hier in der Halle, wo wir zwei Maschinen sehen,

die momentan noch nicht geliefert werden durften,

weil wir aktuell keine Ausfuhrgenehmigung

hierfür bekommen haben.

Obwohl wir nicht verstehen, warum das überhaupt ein Thema ist,

denn die gleiche Technologie ist bei den gleichen Kunden,

bei anderen Kunden in China vorhanden.

Jetzt auf einmal dürfen wir die Maschinen nicht mehr liefern?

6 Millionen Euro sind in den gewaltigen Maschinen gebunden

und fehlen in der derzeit schlechten Auftragslage.

Zudem ist eine Halle komplett blockiert, seit über einem Jahr.

Ein Versuch des Gesetzgebers, Know-how im Lande zu behalten?

Zu spät, findet Hardy Müller, der auf einer Reise sah,

wie Technologie im großen Stil nach China gelangt.

Wenn ich einmal zu BMW schau, ins BMW-Werk,

die nehmen dort alles mit hin.

Alles, was an Technologie vorhanden ist in Deutschland,

ist dort genauso in dem Werk in Shenyang.

Das sieht tupfengleich aus,

wie wenn ich hier in Regensburg ins Werk gehe.

Vielleicht sogar moderner dort noch wie hier, weil es neuer ist.

Also von daher, wie will man das verhindern?

Ich sehe die Möglichkeit überhaupt nicht,

das auszuschließen, Technologietransfer.

Jede Maschine, die BMW nach China mitbringt,

gehört auch den Chinesen.

Denn BMW arbeitet in China in einem Joint Venture

mit der chinesischen Brilliance zusammen.

Solche deutsch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen

sind in vielen Branchen Vorschrift, auch in der Automobilindustrie.

Für Hans Brandner und seine Maschinenbaufirma BBG

galt dies nicht.

Er kann sein Zweigwerk in Changchun nach wie vor eigenständig halten.

Zur großen Erleichterung des Allgäuer Unternehmers.

Einige seiner Geschäftsfreunde

hatten üble Erfahrungen mit ihren Joint Venture-Partnern gemacht.

Dann zieht er seine Leute wieder ab,

oder die einen kündigen,

gehen und du findest sie drüben bei deinem Joint-Venture Partner.

Da siehst du das Gesicht: Der war doch bei mir. Jetzt ist er da.

Und dann fängt die Kiste auszubluten an.

Irgendwann ist das Joint Venture an sich

wirtschaftlich so am Boden unten,

dass der eine mehr oder weniger, ganz extrem formuliert ...

Der sitzt alleine drin und kann bloß noch zuschließen.

Hans Brandner besucht in Changchun einen seiner wichtigsten Kunden.

Den bayerischen Automobilzulieferer Webasto,

der hier Panorama- und Schiebedächer herstellt.

Mithilfe von Brandners BBG-Maschinen.

Das ist ein schöner Anblick.

Weil man sieht, dass das, was man hergestellt hat,

hier in China und die Maschinen in Deutschland,

dass es auch angewandt wird, verwendet wird,

und was Gutes draus produziert wird und am Markt ankommt.

Der Familienbetrieb Webasto konnte eigenständig bleiben,

ist kein Joint Venture

mit chinesischen Unternehmern eingegangen.

Das Werk in Changchun leitet Freddy Geeraerds,

ein Belgier,

der in den Vorstand des Gesamtunternehmens Webasto

aufgestiegen ist.

Das China-Geschäft wird immer wichtiger,

macht ein Drittel des Gesamtumsatzes aus.

Es ist immer eine Konkurrenz mit den lokalen Herstellern,

die oft billiger zuliefern.

Wobei die Materialien und Prozesse nicht immer gleich sind,

wo ab und zu vielleicht die Qualität nicht immer gleich ist.

Oder die internationalen Spezifikationen nachgelegt werden.

Das gibt uns immer noch einen Vorsprung.

Und da halten wir auch dran.

Doch wie lange können Unternehmen

wie Webasto oder die BBG von Hans Brandner

diesen Vorsprung noch halten?

Denn China holt technologisch auf

und spielt anders als die westlichen Marktwirtschaften.

Muss Deutschland seine Wirtschaftspolitik überdenken?

Die strategische Frage ist, wie weit und wie tief verbündet man sich

mit diesem chinesischen Wirtschafts- und Innovationsgeschehen

und wo setzt man auch die Grenzen?

Wo sind die Grenzen

des Technologietransfers und der Kooperation?

Das halte ich auf der Unternehmensebene

für die wichtigste Entscheidungsfrage der Zukunft.

SZ-Wirtschaftsgipfel im Berliner Hotel Adlon.

Die Übernahmewelle durch die chinesischen Investoren

sorgt für Unruhe bei Politikern und Wissenschaftlern,

aber auch bei Industriebossen.

Yi Sun ist als Expertin für die Podiumsdiskussion eingeladen.

Das Thema: "China kauft Deutschland".

Viele ihr bekannte Gesichter tauchen auf.

Der Herr Stieler, der Geschäftsführer von KraussMaffei.

Von? Welchem Verein?

Der Geschäftsführer von KraussMaffei.

Und das ist Frank Stieler, Chef von KraussMaffei,

mittlerweile ebenfalls Angestellter eines chinesischen Staatskonzerns.

Yi Sun soll mit ihm auf dem Podium reden.

Auch ein IG Metall-Vorstand ist da.

Muss ich mich heute vor Ihnen fürchten?

Nein.

Da bin ich beruhigt. Woher kommen Sie ursprünglich?

Ich komme ursprünglich aus Augsburg.

Aha, wo Kuka sitzt.

Weil ich kenn Reuter gut, ich war lang...

Ja?

Ich weiß noch, wo die Kuka kurz vor der Insolvenz stand.

Ah, da hatte Herr Reuter sehr gute Geschäfte gemacht.

Die Diskussionsrunde wird eröffnet mit einer kurzen Saal-Umfrage.

Glauben Sie,

dass der Verkauf deutscher Firmen an chinesische Investoren

eher eine Chance ist oder eher ein Risiko?

Das hätte ich jetzt so nicht erwartet. Interessant.

60 Prozent sehen eher die Risiken.

Offensichtlich hat die Unternehmerseite hierzulande

größere Bedenken wegen der chinesischen Übernahmen

als die Arbeitnehmervertreter.

Die Unternehmensberaterin ist frustriert.

Sie glaubt, die Deutschen

verstehen die guten Absichten der chinesischen Investoren nicht.

Ich möchte wirklich, dass die Masse versteht:

Wie machen wir das Geschäft?

Wir bringen keine Heuschrecken hierher.

Wir retten auch Arbeitsplätze. Wir geben auch Finanzzuschuss.

Hier ist sie ganz auf der Seite ihrer chinesischen Aufkäufer.

Die beschränken sich nicht mehr nur auf Industrieunternehmen.

Kriegen Sie Anfragen aus China

für die Übernahme von Bundesliga-Vereinen?

Ja.

* Lachen *

Fußball ist eben so ein wunder Punkt bei den Chinesen,

besonders bei den chinesischen Männern.

In Deutschland schauen sie zur Zeit noch.

Wir müssen keine Namen nennen.

Was die Deutschen beschäftigt, sind Übernahmen wie Kuka.

Der Vorstandsvorsitzende Till Reuter ist auch beim Wirtschaftsgipfel.

Seine Robotikfirma gilt als eine Perle des deutschen Mittelstands,

Zukunftstechnologie.

Firmenchef Reuter hatte den Verkauf vehement vorangetrieben.

In der Überzeugung, dass Kuka mit dem neuen chinesischen Eigentümer "Midea"

in Zukunft eine viel bessere Marktposition hat.

Für große Unternehmen wie Kuka im Bereich der Robotik

ist die Verheißung,

dass sie Marktführer für hochwertige Robotik in China werden können

mit der Hilfe des chinesischen Investors.

Das kann gelingen.

Es sieht momentan so aus, dass ein Teil dieser Verheißung

in den nächsten Jahren umgesetzt werden kann.

Aber es ist klar, dass am Ende,

das muss allen vor Augen stehen, die chinesische Seite

diese Technologie in China kontrollieren will.

Der damalige SPD- Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel

versuchte lange die Übernahme von Kuka zu verhindern, vergeblich.

Matthias Machnig,

nach wie vor Staatssekretär im Wirtschaftsministerium,

stand ihm zur Seite.

Hier hat es ein Kaufangebot gegeben, das weit über Marktpreis lag.

Deswegen hat es auch kein deutsches Konsortium gegeben,

das sich um einen Kauf, eine Übernahme von Kuka bemüht hat.

Anders als westliche Investoren haben chinesische Konzerne

bei Unternehmenskäufen einen mächtigen Rückhalt:

Die chinesische Einparteien-Regierung.

Sie kann zielgenau steuern, welches Unternehmen im Ausland

für welchen Preis vom wem übernommen wird.

Staatliche Unternehmen kann sie direkt anweisen.

In der Privatwirtschaft sorgt indirekter Druck für Wohlverhalten.

Zudem hilft der Staat auch mit gewaltigen Finanzmitteln.

Die Herkunft des Geldes

wird durch verschachtelte Firmenkonstruktionen