Das passiert, wenn das Internet komplett ausfällt
Okay, überlegt mal, was gewesen wäre,
wenn es eine Sache heute nicht gegeben hätte: Internet.
Hätte euer Wecker heute Morgen richtig funktioniert?
Wie hättet ihr Musik gehört auf dem Weg zu Arbeit, Schule oder Uni?
Wie mit euren Freunden, Kollegen kommuniziert?
Und was würdet ihr gerade in diesem Moment machen, ohne YouTube?
Ein Leben ohne Internet ist für uns heute unvorstellbar.
Das Internet gehört einfach dazu.
Aber was wäre, wenn es plötzlich weg wäre?
Bei einem "Digitalen Blackout", was würde dann passieren? So viel schon mal vorab: Es würde wahrscheinlich Tote geben.
Frühjahr 2018, im westafrikanischen Land Sierra Leone
steht die Präsidentschaftswahl an.
Die Menschen suchen Informationen und gehen dafür natürlich ins Internet.
Dann plötzlich der Schock:
Nichts geht mehr, keine Websites, keine E-Mails, Streamingdienste,
gar nichts. Das Internet ist tot. Nicht nur in Sierra Leone,
sondern auch in 5 anderen Ländern dieser Region.
Nach 24 Stunden klappt wieder alles.
Trotzdem dauert es noch Wochen, bis sich die Region davon erholt.
Und der Mann, der eigentlich Präsident werden wollte,
wird es nicht. Der amtierende Präsident wird abgewählt,
der Oppositionskandidat kommt neu ins Amt. Und warum?
Weil viele Menschen dem ehemaligen Präsidenten den Vorwurf machen,
er hätte das Internet absichtlich abgeschaltet,
damit sich niemand über seine Konkurrenz informieren konnte.
Das hat ihm geschadet.
Ob das wirklich so war, ist bis heute nicht geklärt.
Aber es wäre nicht das 1.Mal gewesen.
Z.B. im Sudan
hat die Regierung das Internet im Umfeld einer Wahl eingeschränkt,
damit man die sozialen Netzwerke nicht nutzen kann.
Oder Sri Lanka: Dort griff die Regierung ein,
damit sich keine Gerüchte nach einem Terroranschlag verbreiten können.
Und in Algerien oder im Irak
wird immer wieder bei landesweiten Prüfungen
das Internet so eingeschränkt,
dass sich Studenten/Schüler nicht austauschen können
über Prüfungsinhalte und auch keine Infos holen können.
Kein Witz. Hier greift die Regierung immer wieder ein.
Ob das in Sierra Leone auch der Fall war, ist nicht bekannt.
Die offizielle Version ist: Ein Kabel war kaputt.
Das entscheidende Kabel, das dafür gesorgt hat,
dass es in Sierra Leone und anderen Ländern Internet gibt.
Aber ist es wirklich so einfach?
Kann durch ein kaputtes Kabel das Internet komplett lahmgelegt werden?
Ihr werdet es euch gedacht haben: Nein, so einfach ist es nicht.
Während es in Afrika oder Asien einige Länder gibt,
die quasi am seidenen Internetfaden hängen,
sieht es in westlichen Industriestaaten
wie Deutschland anders aus.
Deutschland ist über 10 Unterwasserkabel
mit dem Internet verbunden.
Dazu gibt's diverse Überlandleitungen. Ich habe dazu ein Video gemacht, findet ihr oben auf dem "i". Darin erfahrt ihr auch, wie das Internet strukturiert ist.
Es ist längst nicht so, dass es ein Kabel gibt,
das geht zu einem ominösen Internet,
sondern alles ist irgendwie miteinander verknüpft.
Wenn ein Kabel ausfällt oder ein Knotenpunkt,
springt der eine ein.
Wenn das andere ausfällt, dann der andere usw.
Ziemlich komplex, aber im Video oben erfahrt ihr mehr darüber.
D.h. also: Durch ein beschädigtes Kabel kann vielleicht das Internet
in einem Land mal für kurze Zeit einigermaßen eingeschränkt werden,
aber weltweite Auswirkungen hat das definitiv nicht.
Ist es deshalb ein unrealistisches Szenario,
so ein totaler Blackout, ein totaler "Digitaler Blackout"? Naja, nicht unbedingt.
Es könnte auch noch andere Ursachen
für einen weltweiten Totalausfall geben.
Dazu sagt Scott Borg, Direktor der U.S. Cyber Consequences Unit,
eine nichtstaatliche Beratungsorganisation Folgendes:
Das sagt Scott Borg im Interview mit dem Deutschlandradio.
Seine Kollegen fügen noch ein 4.Szenario dazu,
nämlich Auswirkungen von "Superflares". Vereinfacht gesagt
sind das Eruptionen auf sonnenähnlichen Planeten,
die unglaublich viel Energie freisetzen.
Das könnte auch bei uns auf der Erde einiges bewirken,
könnte die Technik schachmatt setzen. Dazu gehört auch das Internet.
Zur Einschätzung dieser Szenarien ist Folgendes zu sagen:
Software, ja, da gab es schon mal einen großen Angriff.
Da wurden die DNS-Rootserver angegriffen.
13 gab es damals insgesamt, 9 wurden lahmgelegt.
Aber das war vor 17 Jahren. Nun ist man besser vorbereitet.
Seitdem ist das Netz deutlich komplexer geworden.
So einfach geht das nicht mehr.
Die Hardware: Wie gesagt, man kann einzelne Leitungen zerstören.
Das würde erst mal nicht großartig was bewirken.
Wenn, müsste man flächendeckend zerstören.
Experten sagen, das ginge nur durch einen atomaren Großangriff.
Aber dann hätten wir auch andere Probleme.
Mehr dazu erfahrt ihr in diesem Video.
Da wäre das Internet das kleinste Problem.
Dann die Sache mit dem Stromausfall. Das ist etwas Realistisches.
Wobei auch hier, wenn es einen weltweiten Stromausfall gibt,
hätten wir große Sorgen, und das Internet wäre nur eine kleine davon.
Aber es kann schon sein,
dass ein Stromausfall in bedeutenden Ländern wie Großbritannien, USA,
vielleicht auch Deutschland, Frankreich gleichzeitig dazu führt,
dass das Internet erst mal ins Stocken gerät.
Selbst wenn der Strom dann sofort wieder funktioniert,
kann es lange dauern, bis im Netz wieder alles klappt.
Das wiederum ist ein nicht so unrealistisches Szenario,
realistischer als Superflares, das wäre ja die 4.Möglichkeit.
Nehmen wir an, es kommt tatsächlich
zu einem weltweiten Totalausfall des Internets. Was wäre dann?
Das Erste, das uns betrifft, ist unser unmittelbarer Bereich.
Wo haben wir da mit dem Internet zu tun?
Klar, Smartphone, Notebook usw.,
aber es gibt auch Dinge, die man auf den 1. Blick gar nicht sieht:
Die Ampelschaltung z.B., Verkehrsleitsysteme generell
oder auch Behörden,
da läuft inzwischen alles weitestgehend digital ab.
Das würde nicht mehr funktionieren.
Die Sicherheitsinfrastruktur bei uns hätte ein großes Problem.
Die ganze Überwachung würde nicht mehr funktionieren,
Polizei-Computer usw.
Das würde zu einem Kontrollverlust führen,
Kontrollverlust wiederum zu Panik und das zu Chaos.
Und Chaos könnte auch in Gewalt münden.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
hat das Szenario durchgespielt und 2013 ein Gutachten erstellen lassen.
Darin heißt es:
Aus diesem Grund könnte es sein,
dass die Bundesregierung den "K-Fall" ausruft, den Katastrophenfall. Was das bedeutet, erfahrt ihr im Video oben.
Da geht es zwar darum, was passiert,
wenn ein Krieg in Deutschland ausbricht,
aber das Szenario ist durchaus ähnlich.
Der Staat droht sein Gewaltmonopol zu verlieren.
Und uns droht Gefahr für unser Leben.
Es ist denkbar, dass es relativ schnell zu Toten kommt,
auch in Deutschland, sagen Experten.
Eine wichtige Rolle könnte spielen, an was man zunächst gar nicht denkt.
Die Kollegen vom Deutschlandradio haben recherchiert,
dass inzwischen ein großer Teil der Kontrolle unseres Trinkwassers
digital abläuft.
Auch dafür braucht man das Internet.
Wenn es einen Totalausfall gibt,
wird das Trinkwasser nicht mehr automatisch kontrolliert.
Terroristen könnten deshalb das Trinkwasser einfach vergiften
und damit ganze Regionen auslöschen, wenn sie wollten.
Es gibt zwar eine Notfalltrinkwasserversorgung,
aber die würde in einem solchen Fall nicht ausreichen.
Das ist auch ein wichtiger Punkt:
Auch die Wirtschaft wäre massiv von einem "Digitalen Blackout" betroffen. Ganz klar, egal, ob an der Börse
oder generell im Handel oder Transportwesen,
alles läuft inzwischen digital und übers Netz.
Wenn das ausfällt, geht erst mal gar nichts mehr.
Das könnte schnell zu Versorgungsengpässen führen
und hätte massive Konsequenzen für uns alle, weltweit.
Eine Studie aus der Schweiz hat vor Jahren herausgefunden,
dass 25% aller Unternehmen im Falle eines Internet-Totalausfalls
nach kurzer Zeit Insolvenz anmelden müssten.
Banken würden ungefähr 2 Tage durchhalten,
Handelsunternehmen demnach ungefähr 3 Tage.
Aber dazu gibt es auch noch abweichende Theorien.
Eine davon kommt u.a. von Scott Borg, den ich vorher schon zitiert hatte.
Der hat mit seinem Team eine Studie für das US-Heimatschutzministerium
veröffentlicht, ist schon ein paar Jahre her,
aber darin heißt es sinngemäß: So schlimm wäre das alles nicht,
denn der komplette Aktienhandel würde zum Erliegen kommen.
Das würde bewirken, dass es gar keine Kursschwankungen gibt,
denn es gibt ja keine Kurse.
Wenn dann wieder alles anläuft,
ist man quasi beim Stand vor dem Ausfall des Internets.
Auch große Unternehmen hätten nicht so riesige Probleme,
denn z.B. Online-Versandhändler
würden dann Bestellungen nach dem Ausfall bekommen,
die doppelt so hoch sind wie zuvor. Damit würde es sich ausgleichen.
Daran merkt ihr schon: So genau kann man das gar nicht sagen.
Aber klar ist, die Wirtschaft wäre auf jeden Fall massiv betroffen.
V.a. die Banken, deren Kerngeschäft inzwischen digital abläuft.
Ohne das Internet geht da wenig.
Dann ist da noch ein wichtiger Punkt: die Auswirkungen auf uns persönlich.
Was würde passieren, wenn man euch jetzt sofort das Internet abdreht?
Was würde euch am meisten fehlen?
Ich denke mal, es wäre der Kontakt mit anderen Menschen.
Dazu gibt es einen interessanten Erfahrungsbericht von Jeff Hancock.
Der ist Kommunikationsprofessor an der Stanford University/Kalifornien.
Der hat mit seinen Studenten immer ein Experiment gemacht.
Er hat gesagt: 48 h kein Internet.
Hat immer ganz gut geklappt.
2009, nachdem er ein Jahr weg war, wollte er das wieder machen.
Da haben die Studenten rebelliert:
Nein, wir machen das nicht, das geht auf keinen Fall, wir wehren uns.
Letztendlich ist es dann nicht dazu gekommen.
Was zeigt uns das?
Unsere Gesellschaft hat sich sehr verändert in Bezug auf das Internet.
Wir kommen gar nicht mehr ohne klar.
Wenn ihr euer Smartphone rausholt und guckt,
wie viele Kontakte ihr jeden Tag habt,
egal über Whatsapp oder andere Messenger-Dienste, E-Mail usw.,
dann stellt ihr fest, da würde einiges fehlen.
Es gäbe sozusagen eine kommunikative Isolation.
Das hätte psychische Auswirkungen, unter Umständen.
Natürlich basiert auch ein großer Teil unserer Freizeitgestaltung
inzwischen auf dem Internet.
Egal, ob wir uns auf Streamingdiensten Serien angucken,
uns bei YouTube was reinziehen, Musik streamen usw.,
selbst E-Books basieren auf dem Internet.
Da würde uns ganz schön was fehlen,
auch wenn wir das momentan gar nicht so wahrhaben wollen,
denn es ist halt einfach da.
Das ist wie mit Gesundheit. Wenn man gesund ist, denkt man sich: passt.
Man merkt erst wenn man krank wird, was man vorher hatte.
Und Krankheit ist auch ein gutes Stichwort,
denn inzwischen basiert vieles im medizinischen Bereich
auf dem Internet.
Egal, ob Krankenakten beim Arzt oder Bestellungen in der Apotheke,
das alles würde nicht mehr funktionieren.
In den Krankenhäusern würde es schnell Engpässe geben,
denn alles müsste auf Papier umgestellt werden.
Großer Verwaltungsaufwand, man könnte weniger Patienten aufnehmen usw.
Massive Konsequenzen, zumindest, wenn es über einen längeren Zeitraum geht.
Noch ein Punkt betrifft uns persönlich:
Inzwischen haben wir vieles ausgelagert in die Cloud,
Urlaubsfotos, Kalender, andere Dinge.
Das wäre nicht mehr verfügbar. Da wären wir u.U. sehr aufgeschmissen.
Ihr merkt, wir sind mit dem Internet so verbunden,
dass wir ohne es eigentlich nicht können.
Es ist wie mit Strom: Wenn das ausfällt, haben wir auch ein Problem.
Die zentrale Frage bei all dem ist:
Wie lange fällt das Internet wirklich aus?
Experten sagen: 24 h sind gerade noch so okay, ab dann droht Chaos.
Und falls ihr jetzt beunruhigt seid, ganz so schlimm ist es nicht.
Denn dass so was tatsächlich ein- tritt, ist extrem unwahrscheinlich.
Forscher sagen, da muss schon sehr viel zusammenkommen,
dass das Internet weltweit nicht mehr funktioniert,
v.a. über einen längeren Zeitraum.
Trotzdem ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen
und dass Vorkehrungen getroffen werden für so den Fall,
macht u.a. das Bundesamt für Bevölkerungsschutz
und Katastrophenhilfe.
Mehr dazu habe ich euch unten in der Infobox verlinkt.
Mich interessiert eure Meinung:
Was würde eurer Meinung nach passieren,
wenn das Internet nicht mehr funktioniert?
Was würde euch am meisten fehlen?
Schreibt es in die Kommentare. Ich bin sehr gespannt, was ihr denkt.
Es ist ein fiktives Szenario,
aber eines, was zumindest gedanklich realistisch ist.
Neben mir findet ihr ein weiteres Video rund um das Thema:
Was wäre, wenn in Deutschland Krieg ausbricht?
Darunter ein Video von den Kollegen von MDR-Wissen,
die sich mit der gleichen Frage schon beschäftigt haben:
Was wäre, wenn das Internet ausfällt?
Danke fürs Zuschauen, bis nächstes Mal.