Staatstheorie bei Machiavelli · Politische Philosophie
Hi! In diesem Beitrag geht's um Staatsphilosophie bei Machiavelli und wie dieser Denker den
Umbruch vom Mittelalter in die Neuzeit markiert.
Staatsphilosophie umfasst die Entstehung, Ausformung und Zielsetzung von Staatsmodellen.
Damit ist sie Teil der praktischen und genauer der politischen Philosophie.
Auch wenn die abendländische Staatsphilosophie ihre Anfänge in der Antike hat,
springen wir direkt an das Ende des Mittelalters um das Jahr 1500.
Im Folgenden fragen wir uns: Wer war Machiavelli, inwiefern hat er das Mittelalter beendet
und warum genießt er heute so einen schlechten Ruf?
Natürlich hat Machiavelli nicht das Mittelalter willentlich beendet, weder im Alleingang
noch im Bewusstsein dieses Vorgangs.
Jeder Mensch ist ein Kind seiner Zeit und hat keine Ahnung, wie die eigene Epoche
später mal historisch eingeordnet wird.
Niccolò Machiavelli lebte von 1469 bis 1527 in Florenz.
Nun ging von dort, Norditalien, in eben dieser Zeit die Wiederentdeckung antiker Werke aus.
Eine Kulturepoche, die später als »Renaissance« ihren Einzug in die Geschichtsbücher fand.
Dass die Schriften der Antike dabei zuweilen etwas missverstanden wurden, von den Köpfen
dieser Kulturepoche, das haben wir im Beitrag über die platonischen Ideen bereits besprochen.
Platon war's übrigens, der mit der »Politeia« eine der ersten Staatstheorien schuf.
Doch Machiavelli hat sich, im Zuge besagter Renaissance, nicht einfach
an eine Neuauflage von Platons Staat gemacht.
Und mit dem Staatsdenken des Mittelalters brach er regelrecht.
Der mittelalterliche Philosoph Thomas von Aquin etwa, den wir im Beitrag über Gottesbeweise
kennengelernt haben, verband seine Vorstellung vom optimalen Staat noch mit dem Streben
nach Tugendhaftigkeit jedes Mitglieds dieses Staats.
Ein solches politisches Denken war normativ, nach dem Motto: »Das sei die Norm. So soll's sein.«
Machiavelli hingegen hat vielmehr eine eiskalte Bestandsaufnahme von Staatsmodellen
seiner Zeit gemacht und deskriptiv gesagt, also beschrieben: »So ist es.« Ob's gefällt oder nicht.
Der Religion hat er dabei einen niedrigen Stellenwert beigemessen.
Ein berühmtes Zitat von Machiavelli lautet etwa:
Diese Position bringt gut auf den Punkt, inwiefern Machiavelli
die Wende vom Mittelalter in die Neuzeit markiert.
Machiavellis Werke »Il Principe« (Der Fürst) und die »Discorsi«, beide erst nach seinem Tode
ums Jahr 1530 erschienen, stellen die ersten Schriften moderner Staatsphilosophie dar.
Aus unserer Sicht wirken sie weniger modern, als eher martialisch.
Heute ist der »Machiavellismus«, der sich von besagten Schriften ableitet, negativ konnotiert,
als ein politischer Realismus, der Machtgebrauch über Moral erhebt.
»Der Zweck heiligt die Mittel«,
so lautet ein weiteres Zitat, das auf Machiavelli zurückgeht, Gründervater der Idee des Machtstaats.
Was in dieser Rezeption oft übersehen wird, ist eine doch modern anmutende Pointe von »Il Principe«.
Und zwar empfiehlt Machiavelli dem Fürsten am Ende, die Alleinherrschaft in eine republikanische Ordnung
zu überführen – da nur diejenigen Gemeinwesen langfristig stabil seien,
in denen die Bürger*innen aktiv beteiligt würden.
So kommt es, dass Hannah Arendt den Staatsphilosophen Machiavelli,
dessen »Principe« immerhin für Jahrhunderte auf dem Index verbotener Bücher stand,
vollmundig als Referenz nennt, in ihrem handlungstheoretischen Hauptwerk
»Vita activa oder Vom tätigen Leben«.
Dazu blendet Arendt jedoch einiges aus, sodass der Kerngedanke Machiavellis auf der Strecke bleibt:
die »Beherrschbarkeit der Geschichte durch Erkenntnis ihrer Gesetzmäßigkeit.«
Eine solche Gesetzmäßigkeit der Geschichte bestreitet Arendt, darauf weist auch Grit Straßenberger
in ihrer Einführung zu der Philosophin hin – ein lesenswertes Buch, nicht nur bezüglich Arendts
Auseinandersetzung mit Machiavelli.
Und damit endet nun vorerst unsere Auseinandersetzung mit Machiavelli
und dem Mittelalter.
Demnächst würden wir uns der Neuzeit widmen, angefangen mit einem Denker, dessen Meditationen
in der Philosophie für einigen Wirbel gesorgt haben.
Doch bevor es mit René Descartes weitergeht, will ich erstmal nachhorchen,
ob und wie es überhaupt weitergehen soll.
Hinter uns liegen rund 20 Beiträge zur Philosophie, mit dem Anspruch, mehr oder weniger systematisch
einen Rundumschlag zu wagen – von einer allgemeinen Einführung ins Fach bis zu einem kleinen Einstieg
in Einzelthemen. Dabei ging's um die Philosophie in Antike und Mittelalter.
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