EchtSprech 2 - Russland vs. Deutschland | Hörverstehen | Learn German |
[Vielen Dank an ylamummo93 für's Transkribieren!]
So - ich hab auf Twitter noch mal nachgefragt,
was... worüber ich hier so reden sollte. Achso, übrigens, ich hatte beim letzten Mal
das ganze "Echtgerede" genannt. Wir ändern das um in "Echtsprech". Einfach, weil mir
das besser gefällt. Ja und, da hab ich schon Kommentare dazu bekommen,
was ihr so gerne sehen würdet und dann hab ich auf Twitter noch mal nachgefragt und - immer
wieder die letzten Wochen werde ich gebeten „Mach was über Russland, dein Leben in
Russland!“ Ja, Vergleich Russland – Deutschland vielleicht
auch. Erstmal muss ich dazu sagen: ich wohne hier seit etwa drei Monaten, das heißt, mein
Eindruck ist trotz allem sehr begrenzt. Es ist natürlich umfangreicher und anders als
wenn ich jetzt, keine Ahnung, zwei Wochen Urlaub hier gemacht hätte, aber es ist auch
nicht, also, damit zu vergleichen, wie wenn ich hier jetzt mehrere Jahre gelebt hätte.
Ja, also das ist bitte zu beachten. Ich kann in diversen Sachen falsch liegen und im allergrößten
Großteil von allem, was ich jetzt sage, ist das einfach nur mein Eindruck. Mein Eindruck
ist begrenzt. Mein Eindruck ist sehr von meinen eigenen Erfahrungen, Meinungen und was weiß
ich geprägt. Also das was ich hier sage sind keine Wahrheiten, das ist einfach nur mein
Gedankengang. Ja Russland. Russland ist... anders. Und teilweise sehr offensichtlich
anders und teilweise gar nicht. Also es gibt dann so Sachen, wo man's merkt - diese Tapete
oder, keine Ahnung, die Blockhäuser, die ich hier aus meinem Fenster sehe oder die
Tatsache, dass im Bus immer jemand mitfährt, den man кондуктор nennt, also Konduktor,
der Bustickets verkauft oder eben, wenn man so Monatskarten hat, die einscannt. Anders
als in Deutschland, wo man vorne einsteigt und beim Fahrer sein Fahrkärtchen kauft,
oder hinten und keins kauft. Also es ist einerseits kontrollierter aber andererseits, muss ich
auch sagen, etwas, was mir gefällt. Also es ist auch etwas, was ich wahrscheinlich
vermissen werde und ich weiß gar nicht genau, warum. Ich, keine Ahnung, ich weiß es nicht.
Es ist irgendwie einfach so ein bisschen so... Heimeligkeit. Es fühlt sich weniger automatisiert
an und man hat einen Kontakt ohne wirklich Kontakt mit den Menschen zu haben. Ich kann's
nicht genau sagen, aber es ist tatsächlich etwas, was mich am Anfang zwar gewundert hat,
aber letztendlich find ichs eigentlich sehr schön. Ja, das sind so die kleinen Unterschiede,
da gibt's natürlich jede Menge von - die werde ich jetzt nicht alle aufzählen, weil
sie mir nicht alle einfallen und weil das zu lange dauern würde. Aber man merkt definitiv,
dass man in einem anderen Land ist. Anders als jetzt vielleicht zum Beispiel in... Ich
müsste mal was essen. Keine Ahnung - irgendeinem Nachbarland von Deutschland. Da merkt man's
zwar auch, aber wahrscheinlich erst so , also, mit der Zeit in bestimmten Hinsichten, so
Mentalität oder was weiß ich. Hier merkt man schon, dass man sehr weit weg ist. Andererseits
gibt's aber auch bestimmte Dinge, die man vielleicht nicht erwartet hätte. Also zum
Beispiel gibt's hier irgendwie überall Wifi. So als eines (ein*) Beispiel, wo man
ja gerade als Deutscher, wo wir ja leider sehr viele schlechte Vorurteile gegen Russland
und Russen haben, so denken würde, hier ist alles sozusagen nach, keine Ahnung, nach dem
kalten Krieg oder schon vor dem kalten Krieg ist hier alles stehen geblieben. Also lächerlich
natürlich, aber man merkt teilweise schon bei manchen Deutschen, dass da so die, uns
fehlen Informationen. Also wir sind ja über Russland lange nicht so informiert wie zum
Beispiel über Amerika und wir hören immer nur, ja hier werden Leute unterdrückt und
blablabla. Das ist nicht zu missachten, das ist aber ein ganz anderes Thema, über das
ich ehrlich gesagt jetzt nicht reden will, weil, das dauert ewig und das ist sehr schwierig,
da das, die richtigen Dinge zu sagen und alles mit einzubringen. Ich kann nur so summa summarum
sagen, ich fühl mich hier nicht dauernd in Gefahr. Es ist auch nicht so, als dass man
dauernd bespitzelt oder verfolgt oder sonst was wird. Es gibt sicher gefährliche Gegenden
in Russland, aber es gibt gefährliche Gegenden überall. Ich will das nicht kleinreden, es
gibt hier Probleme, aber so im Alltag merkt man das nicht. Also ich zumindest nicht. Ich
fühle mich hier sehr normal. Ja ich glaube der größte Unterschied, auf den ich mich
auch jetzt konzentrieren möchte, ist die Mentalität oder beziehungsweise einfach der
Unterschied, den man hier als Deutscher merkt im Umgang mit Leuten. Und zwar kriegt man,
wenn man nach Russland geht, zu Hause zwei Dinge erzählt. Das erste und überwiegende
ist, die Russen sind unhöflich und kalt und gemein und reden nicht viel und blablabla.
Und das andere, was man erzählt bekommt von weniger Leuten, aber ich hab's tatsächlich
mehrfach von Leuten mitbekommen, ist dass sie eher den Italienern ähneln, weil sie
sehr emotional sind und sehr, auch über sich selber lachen können und, ja, sozusagen ihr
Herz auf der Zunge tragen. Was überhaupt nicht zu diesem Stereotyp, zu diesem komischen
Klischeebild, das wir in Deutschland vom Russen haben, "der große böse Russe"... das passt
da überhaupt nicht dazu und insofern fand ich es sehr interessant, bevor ich hergekommen
bin und ich muss sagen, es stimmt beides. In bestimmten Hinsichten. Natürlich ist beides
leicht übertrieben und nicht immer wahr, aber ich hatte, falls ihr euch erinnert, in
Episode 11, der Vergleich zwischen den USA und Deutschland, darüber gesprochen, dass
einem Amerikaner die Deutschen vielleicht distanziert und abweisend und vielleicht auch
kalt vorkommen beim ersten Kontakt. Also wenn man fremd ist. Dass man aber, wenn man eine
Freundschaft entwickelt, tatsächlich eine Freundschaft hat und dass Deutsche, wenn man
sie kennenlernt und sich mit ihnen unterhält, sehr schnell warm werden und sehr höflich
und hilfsbereit und nett sind. Und das ist in Russland ähnlich, aber, wie ich finde,
noch polarisierter. Das heißt, definitiv ist hier diese Kälte und dieses - „Fremde!“
- und zum Beispiel, wenn man einen Fremden auf der Straße nach dem Weg fragt, dann,
anders als in Deutschland, wo die allermeisten Leute sehr hilfsbereit sind und sofort mit
Händen und Füßen versuchen zu erklären, wo man hinmuss, wird einem, entweder hier
das passieren, dass man… ja, dass Leute einem halt erklären, wo man hinmuss - freundlich
oder weniger freundlich. Es ist allerdings wahrscheinlicher, hier dass die Leute hier
irgendeine freche Antwort geben. Einem zwar den Weg irgendwie sagen, aber einem dabei
sozusagen ein schlechtes Gefühl mit auf den Weg geben, warum man sie angesprochen hat.
Das ist also ein bisschen... gerade natürlich, wenn sie finden, dass das eine doofe Frage
ist. Das ist also so ein bisschen Berliner-mäßig. Das passt, also dieser Vergleich passt auch
in anderen Hinsichten. Und dieses, sozusagen, Erstkontaktverhalten kann einem schon manchmal
schlechte Laune machen. Da muss ich ganz ehrlich sagen, wenn man eh schon einen schlechten
Tag hat oder irgendwas Dummes passiert ist und man dann, keine Ahnung, wenn man dann
mit jemandem redet, reden muss und der die ganze Zeit so eine Fresse zieht, dann, ja,natürlich
macht einem das keine gute Laune. Aber, der Kontrast ist, dass wenn man sie kennenlernt,
Russen tatsächlich sehr mit offenen Armen auf eine zugehen und sie geben einem ein Gefühl,
das es schwer ist zu beschreiben. Man fühlt sich sehr aufgenommen und sehr willkommen
- was komisch ist, weil natürlich dieses erste Verhalten, dieses "öhöh", das ist
mit das unwillkommenste Gefühl, das man haben kann. Und das ist ein komischer Kontrast,
der nicht unbedingt angenehm ist, aber ich finde ihn sehr interessant und man muss ihn
so nehmen, wie er ist. Man lernt es zu schätzen. Und das ist auch das, was man immer wieder
liest. Und man liest es und denkt "ähähä" - man liest es und denkt: "Ja da hat sich
jemand eine schöne Geschichte über die Russen..." Ja so nach dem Motto, "Die sind eigentlich
alle Scheiße, aber einen schönen, einen "redeeming factor" dazu finden", eine Wiedergutmachung
sozusagen... aber es stimmt. Es ist wirklich so. Es ist wirklich so, dass sie teilweise
sehr forsch, wie wir sagen, rüberkommen. Also das heißt sehr, ja nicht nett. Und auch
nicht, also als hätten sie auch nicht das Bedürfnis, dass, dir das Gefühl zu geben,
dass sie nett sind, aber dann... also erstens fühlt es sich dann natürlich umso besser
an, wenn man sie zum Lächeln bringt. Das hat natürlich auch damit zu tun, aber es
ist auch mehr als das. Es ist wirklich auch dieses Gefühl, wenn man das Eis gebrochen
hat, dann gehört man dazu. Zumindest bei dieser Person. Und das ist einfach sehr schön,
das ist einfach ein sehr, ja Zuhause-Gefühl. Tatsächlich, da ist es wieder das Wort: tatsächlich.
Dadurch, dass ich hier ja im Wohnheim wohne und zwar in einem Wohnheim mit anderen Ausländern,
ist man, was das angeht, natürlich nicht so eingebunden hier, wie man sein könnte,
also das ist sehr schade. Ich habe allerdings auch vor, in der Zukunft irgendwann noch mal
hierher wieder zurückzukommen. Dann mach ich das vielleicht anders. Das wird man sehen.
Ja. Sonst, was so mein Leben angeht, ist hier eigentlich alles normal. Also ich, ihr kennt
das, ich bin kein guter Vlogger, ich... Mir fällt immer nichts dazu ein, was ich heute...
„Ja was hast du heute gemacht, was machst du sonst so?“ Da fällt mir immer so zu
ein, was ich alles nicht gemacht habe und ja, weiß ich nicht, also irgendwie, keine
Ahnung. Es tut mir leid. Darüber werde ich nichts erzählen. Nicht weil ich euch es nicht
gönne, sondern einfach, weil ich mir dabei dumm vorkomme. Aber ja, das ist so mein Eindruck.
Also im Vergleich zwischen Deutschland und Russland ist es schwierig, sich hier einzuleben
am Anfang. Hängt natürlich auch von der Einstellung ab, also von der Attitüde, mit
der man da rangeht. Es werden einem unnötige Steine in den Weg gelegt in einigen Hinsichten,
aber wenn man durchhält, lohnt es sich meiner Meinung nach in einigen Hinsichten. Es ist
definitiv ein Land und ein Volk, das man erst kennenlernen muss. Also es ist definitiv nicht
eins der Länder, wo es einem leicht gemacht wird. Nicht mal als jemand, der visuell reinpasst.
Es ist natürlich noch schwieriger für jemanden, der anders aussieht. Das muss man leider auch
sagen. Ja, aber alles in allem bin ich froh, dass ich das hier gemacht habe, oder noch
mache. Noch bin ich ja noch nicht zu Hause. Ja, ich denke, das ist doch alles in allem
schön, wenn man das sagen kann.
Das war's dann, denke ich für heute. Etwas rambly ist es geworden, aber vielleicht beim
nächsten Mal wieder besser. Also bis dann. Ciao!