Sendung: tagesschau 10.02.2020 20:00 Uhr - Kramp-Karrenbauer - Rückzug
Sendung: tagesschau 10.02.2020 20:00 Uhr
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen
mit der tagesschau.
Herzlich willkommen zur Live-
Untertitelung des NDR (10.02.2020)
Heute im Studio: Linda Zervakis
Guten Abend,
ich begrüße Sie zur tagesschau.
Nach nur 14 Monaten im Amt
als CDU-Vorsitzende
hat Kramp-Karrenbauer
ihren Rückzug angekündigt:
Sie verzichte auf
die Kanzlerkandidatur
und trete mittelfristig
als Parteichefin zurück.
Als einen Grund nannte sie
das ungeklärte Verhältnis
von Teilen der CDU zur AfD
und zur Linken.
Ein Richtungsstreit,
der den anstehenden Machtkampf in
der Kanzlerfrage zu überlagern droht.
Parteichefin und Kanzlerin -
zwei Personen, beide im CDU-Vorstand.
Was entspannt wirkt,
ist einer der Gründe für Annegret
Kramp-Karrenbauers Rückzug.
Die Trennung
von Parteivorsitz und Kanzlerschaft
habe die CDU geschwächt.
Sie wolle beides
wieder zusammenführen,
im Amt bleiben, bis die
Kanzlerkandidatur geklärt sei.
Für mich ist klar, dass ich mit
meinem Verzicht auf die Kandidatur
diesen Prozess
freier gestalten kann.
Alles, was dazu notwendig ist,
kann ich angehen.
Ohne dass man mir unterstellt,
dass ich dies
in eigenem Interesse tue.
Eine Parteivorsitzende mit
Verfallsdatum - wie die Kanzlerin.
Die dankt Kramp-Karrenbauer
v.a. für eins:
Die Zusammenarbeit mit CDU und CSU,
das war ein wichtiger Punkt.
Wir hatten ja
bekanntermaßen Schwierigkeiten.
Der CSU-Chef betont,
sein Platz bleibe in München.
Die CDU müsse
schnell für Stabilität sorgen.
Gemeinsam mit der CDU:
Die Entscheidung
über die Kanzlerkandidatur
wird nicht nur
vom CDU-Parteitag getroffen.
Sondern natürlich mit der CSU.
Ich bin gespannt, welche Zeitachsen
da definiert werden.
Ein halbes Jahr Schönheitswettbewerb
wird nicht mehr Stabilität bringen.
Mögliche Nachfolger meiden die
Kameras - oder geben sich Wortkarg:
Wir diskutieren die Lage der Partei
hinter verschlossenen Türen.
Der Kurs der Union muss
ein Kurs der Mitte bleiben.
Es darf niemand Regierungschef
werden mit Stimmen der AfD.
Die Parteivorsitzende
betont heute noch einmal
die Abgrenzung zur Linkspartei.
Nach Thüringen droht
in der CDU nun ein Machtvakuum.
Der Rückzug Kramp-Karrenbauers löste
unterschiedliche Reaktionen aus.
Begrüßt wurde er bei der AfD,
wo Fraktionsvorsitzender Gauland
Chancen für eine Annäherung
von CDU und AfD sieht.
Vor einem solchen Rechtsruck warnten
Politiker von Linkspartei und Grünen.
Es gehe darum, eine Brandmauer
gegen die AfD hochzuhalten,
forderte Grünen-Chefin Baerbock.
Auch SPD-Chef Walter-Borjans forderte
eine Abgrenzung der CDU nach rechts.
Führungssuche kennen sie.
Das SPD-Spitzenduo wurde selbst
nach langem Casting gewählt.
Dass Kramp-Karrenbauer abtreten will,
dafür haben beide Respekt.
Doch sie habe rechten Kräfte
zu viel Raum gelassen.
Die CDU muss das Verhältnis
zu Rechtsextremisten klären.
Sie muss auch klären,
wie es um die Werteunion
bestellt ist.
Die will sich offenbar
diesen Kräften zum Teil öffnen.
Mit Rechtsextremisten meint
der SPD-Vorsitzende wohl auch ihn,
AfD-Chef Tino Chrupalla.
Der weiß, dass
unterschiedliche Ansichten in der CDU
über den Umgang mit der AfD mit
zur heutigen Entscheidung führten.
Es gibt in der CDU
Diskussionsbedarf.
Das werden wir abwarten.
Wir gucken, in welche Richtung
sie sich bewegt:
Wieder bürgerlich-konservativ
oder links-grün-ideologisch.
Was die AfD angeht,
ist man bei der FDP der Meinung,
die richtigen Schlüsse
gezogen zu haben.
Statt Rücktritt Angriff
vom Parteichef - gegen die CDU.
Für uns war Mittwoch ein Fiasko,
das zu einer notwendigen Klärung
geführt hat.
Noch nicht einmal ohne Absicht
möchten wir mit der AfD
in Verbindung gebracht werden.
Das sieht in der CDU nicht jeder so.
Die Koalition in Berlin wackelt.
Ob es Neuwahlen geben wird,
ist unklar.
Wir werden heute sofort ein
Bundeswahlkampfbüro einrichten.
Von Neuwahlen sprechen sie
bei den anderen Parteien nicht.
Alle sind heute überrascht.
Zum angekündigten Rückzug
der CDU-Vorsitzenden
jetzt Tina Hassel live aus Berlin.
Annegret Kramp-Karrenbauer
hat eingestanden,
dass sie nicht mehr über die
Autorität verfügt, die CDU zu einen.
Sie zieht die Konsequenzen
aus ihrem Autoritätsverslust,
der schon lange
vor dem Eklat in Thüringen begann.
Damit ist auch Merkels Plan
für den geordneten Machtübergang
gescheitert.
Genauso wie das Experiment,
Parteivorsitz und Kanzleramt
nicht in eine Hand zu legen.
Jetzt ist die CDU-Chefin nur noch
eine politische Verwalterin,
die den Richtungsstreit, den sie
nicht lösen konnte, moderiert.
Bis ihr Nachfolger feststeht.
Ob sich die CDU damit wirklich
bis zum Dezember Zeit lassen kann,
fragen besorgte Stimmen
aus der Union.
SPD, Grüne und Linke warnen
vor einem Rechtsruck in der CDU.
Und die AfD macht sich bereit,
die Kanzlerin ins Visier zu nehmen.
Union und SPD
haben sich heute
zur Fortsetzung
der Großen Koalition bekannt.
Zurück zu Linda Zervakis.
In Thüringen bleibt die Lage
angesichts der Mehrheits-Verhältnisse
im Landtag verfahren.
Bodo Ramelow von der Linkspartei
will sich zum Ministerpräsidenten
wählen lassen.
Da eine rot-rot-grüne Koalition nicht
über eine Mehrheit verfügt,
setzt er auf Stimmen
aus der CDU-Fraktion.
Kommende Woche soll es Gespräche
mit den Christdemokraten geben.
Die Union hat bislang eine
aktive Unterstützung ausgeschlossen.
Erstmals seit der Wahlniederlage
zeigt Ramelow sich heute
in der Öffentlichkeit.
Er ist Ex- und
- wenn es nach seiner Partei geht -
bald wieder Ministerpräsident
von Thüringen.
Die Linksfraktion will ihn
erneut zur Wahl stellen.
Ich bin bereit,
die Verantwortung zu nehmen
und ich strecke auch die Hände aus
Richtung CDU und FDP.
Wir müssen zu
einem gemeinsamen Weg kommen,
damit dieses Land
handlungsfähig ist.
Damit dieses Land beweisen kann:
Wir sind in schwieriger Situation
in der Lage,
im Parlament
zu geordneten Mehrheiten zu kommen.
Rot-Rot-Grün fehlen vier Stimmen,
um Ramelow erneut
zum Ministerpräsidenten zu wählen.
Das Bündnis ist
auf CDU oder FDP angewiesen.
Das CDU-Bundespräsidium
hatte am Freitag bestätigt,
dass die Partei nicht für einen
Kandidaten der Linken stimmen wird.
Deshalb ist für den Landesverband
eine Zustimmung für Ramelow
keine Option.
Die Lage ist kompliziert.
Wir haben vom Bund
die Unvereinbarkeitsbeschlüsse,
die uns in eine Zwangsjacke stecken.
Wir können nicht Mehrheiten
auf der einen oder anderen Seite
organisieren oder da mithelfen.
Diese Unvereinbarkeitsbeschlüsse
mit Linken und AfD
müssten beim nächsten Bundesparteitag
diskutiert werden.
Das Landesvorsitzende Mohring
kündigte an,
die Thüringer CDU-Mitglieder
zur Basiskonferenz einzuladen.
Dort solle über die Rolle der CDU
als Volkspartei diskutiert werden.
Wie es kurzfristig weitergehen kann,
darüber wollen Rot-Rot-Grün und CDU
am Montag sprechen.
Zu den Gründen ihres Rückzugs
nimmt Kramp-Karrenbauer Stellung:
In einem Brennpunkt
im Anschluss an diese tagesschau.
Brennpunkt 20.15 Uhr in DGS
auf daserste.de und über HbbTV
Unter den gestern aus Wuhan nach
Berlin zurückgekehrten 20 Menschen
wurden bei ersten Tests
keine Corona-Infektion nachgewiesen.
Sie bleiben unter Quarantäne.
Die EU-Gesundheitsminister
wollen am Donnerstag
über weitere Schutzmaßnahmen beraten,
wie einheitliche Einreisekontrollen.
An den Folgen der Erkrankung starben
bislang mehr als 900 Menschen,
die meisten in China.
Als infiziert registriert
wurden etwa 40.000.
In Irland zeichnet sich
ein politischer Umbruch ab.
Nach dem überraschenden Wahlerfolg
der linksgerichteten Partei Sinn Fein
kommen harte Koalitionsverhandlungen
auf das Land zu.
Sinn Fein galt lange
als politischer Arm der IRA.
Sollte es zur Regierungsbeteiligung
kommen, will sich Sinn Fein
für ein Referendum über
Irlands Wiedervereinigung einsetzen.
"Sabine" hat in Deutschland weniger
Schäden angerichtet als befürchtet.
In der Nacht war der Sturm
in Richtung Süden gezogen
und hatte vormittags Bayern erreicht.
Flug- und Zugverbindungen fielen aus,
Zehntausende Haushalte
waren ohne Strom.
In mehreren Bundesländern
blieben Schulen zu.
Orkanartige Böen in ganz Deutschland.
Nirgendwo stürmt es so
wie im Schwarzwald.
177 km/h in der Früh.
Die Nordseeküste hat da
das Schlimmste wohl hinter sich.
Die Bahn kann die Züge
wieder anrollen lassen.
Es war richtig,
den Zugverkehr einzustellen.
Das versetzt uns in die Lage,
ihn geregelt wieder aufzunehmen.
Im Süden dauert das länger.
Bis in den Mittag hinein geht
am Münchner Hauptbahnhof nichts.
Noch stärker beeinträchtigt
war der Flughafen München.
Bis 17 Uhr wurden
alle Starts abgesagt.
80.000 Stromausfälle werden
in Bayern gemeldet,
wie hier halten viele Masten
den Böen nicht stand.
Genau wie dieser Kran,
der auf den Frankfurter Dom stürzt.
Glück im Unglück:
Niemand wird verletzt.
Nicht überall geht es
so glimpflich ab.
In Saarbrücken schwebt eine Frau
in Lebensgefahr,
die von einem umgestürzten Baum
am Kopf getroffen wurde.
In meisten Fällen haben die
Einsatzkräfte es mit Sachschäden tun.
Deren Höhe lässt sich
noch nicht beziffern.
Der Wind soll nach einer Pause
noch einmal aufdrehen.
In Hamburg hat am Abend
eine Sturmflut
den Fischmarkt überschwemmt.
In Großbritannien wütete das
Orkantief unter dem Namen "Ciara".
Beeinträchtigt war der Flugverkehr.
In London versuchte
diese Maschine der British Airways
zweimal vergeblich die Landung.
Die Böen erreichten Geschwindigkeiten
von bis zu 160 km/h.
In einigen Regionen
fiel in 24 Stunden so viel Regen
wie sonst in 1,5 Monaten.
20.000 Haushalte
waren zeitweise ohne Strom.
Meteorologen warnen nun
vor Schnee und Eis.
In der Nacht wurden
die Oscars verliehen.
Der Preis
für den besten Film
ging an die Satire "Parasite"
des Südkoreaners Boong Joon-ho.
Erstmals wurde die Auszeichnung an
einen fremdsprachigen Film vergeben.
Beste Hauptdarstellerin wurde Renee
Zellweger für ihre Rolle in "Judy".
Bester Hauptdarsteller
Joaquin Phoenix
für seine Darstellung in "Joker".
Die Wettervorhersage für morgen,
Dienstag, den 11. Februar.
Entwarnung kann
noch nicht gegeben werden.
Beachten Sie auch die Warnungen
des Deutschen Wetterdiensts:
Ein neues Sturmfeld
rollt auf uns zu:
Dann schwere Sturmböen,
in den Höhenlagen Orkanböen.
Dazu kräftige Schauer und Gewitter.
Am Tag Regen, Schnee- und
Graupelschauer, stellenweise Glätte.
Auch tagsüber Sturm- und Orkanböen.
Auch am Mittwoch ist es windig,
im Nordosten stürmisch.
Dabei Sonne, Wolken,
Regen- oder Graupelschauer,
im Norden kurze Gewitter.
Am Donnerstag Wetterberuhigung,
ehe von Westen
neuer Regen und Wind aufkommen.
Am Freitag im Osten und Südosten
noch Regen oder Schneeregen.
Ingo Zamperoni hat um 21.30 Uhr diese
tagesthemen für Sie:
Führung auf Abruf - wie die CDU
die Krise überwinden will:
Fragen an CDU-Vize Bouffier.
Dauereinsatz
wegen Sturmtief "Sabine" -
unterwegs mit der Feuerwehr
in Bayern.
Ich wünsche einen schönen Abend.
Copyright Untertitel: NDR 2020