×

我們使用cookies幫助改善LingQ。通過流覽本網站,表示你同意我們的 cookie policy.


image

Youtube-Lektionen - April 2020, Kein muslimischer Bürgermeisterkandidat | quer vom BR

Kein muslimischer Bürgermeisterkandidat | quer vom BR

Über diesen Ort spricht gerade Deutschland:

Wallerstein im Kreis Donau-Ries

steckt inmitten eines riesigen Shitstorms.

Den Bürgermeister erreichen Nachrichten sogar aus Hamburg.

Ich habe auch schon Mails bekommen: "Wallerstein, schämt euch!"

Die Bürger sind verunsichert.

Es kann schnell die Stimmung umschlagen.

Und der Pfarrer stellt die Glaubensfrage:

Ich glaube, es geht einzig und allein um die Frage:

Kann eine Partei, die das C im Namen trägt,

einen Moslem als Spitzenkandidaten aufstellen?

Und zwar ihn: Sener Sahin.

Geboren in Nördlingen, wohnhaft in Wallerstein.

Er sollte CSU-Bürgermeisterkandidat werden.

Doch dann erfährt er vom Ortsvorsitzenden,

dass andere CSUler deswegen mit Rücktritt drohen.

Dann habe ich gesagt:

"Sagen die auch was über mich selber,

dass ich ungeeignet oder unsympathisch bin?

Oder bin ich ungeeignet, weil ich keine Vorkenntnisse hab?"

Der hat gesagt:

"Nie hat jemand was Schlechtes über deine Person gesagt.

Es ging immer um deinen Glauben."

Sahin zieht seine Kandidatur zurück.

Und das ausgerechnet, während die CSU-Spitze am neuen Image arbeitet.

Diese Woche in Seeon:

Zweifel an der Weltoffenheit seiner Partei

kann der Vorsitzende da gar nicht brauchen.

Jemand, der sich für uns engagiert,

hat auch Respekt und Unterstützung verdient.

Der Generalsekretär soll Sahin umstimmen.

Ich hatte gestern ein sehr gutes, langes Telefonat mit ihm.

Wir hatten gerade noch mal telefoniert.

Dass Sahin Moslem ist,

wäre laut CSU-Grundsatzprogramm tatsächlich kein Problem.

Dort steht:

Aber in der Wallersteiner CSU-Basis scheinen das nicht alle zu wissen.

Vielleicht, weil die Parteispitze das selbst nicht immer betont hat?

Wir sind die CSU, die Christlich-Soziale Union,

und nicht die MSU, die muslimisch-soziale Union.

Deshalb ist der Satz, der Islam gehöre zu Deutschland,

in dieser Form falsch.

Sahin gehört zu Wallerstein. Da ist sein Fußballverein,

da führt er sein Unternehmen, da hat er seine Frau gefunden,

eine Protestantin. Sogar ihr Pfarrer schwärmt.

Ich kenn Herrn Sahin schon seit einigen Jahren

und habe ihn als sehr liberalen Menschen kennengelernt,

für den im Grunde genommen

die Religion eines Mitmenschen keine Rolle spielt.

Von daher denke ich auch,

ist er für diesen Posten sehr gut geeignet.

Aber einige in der Wallersteiner CSU wollten partout keinen Moslem. Warum?

Der Ortsvorsitzende steht für Anfragen nicht zur Verfügung.

Und niemand will sagen, wer genau gegen Sahin war.

Immerhin treffen wir zufällig diese Wallersteinerin.

Ich war in der CSU-Vorstandschaft dabei

und habe praktisch das mit abgestimmt.

Aber der Druck war einfach zu massiv.

Es waren nicht nur die alten CSU-Mitglieder,

sondern der ganze Ort eigentlich.

Beim Glauben hört für viele der Spaß auf, nicht nur in Wallerstein.

Ein Moslem als Bürgermeister, das mag woanders gehen,

in Bayern ist das kompliziert.

Das ist eine Frage, die können Sie nicht auf der Straße stellen.

Da muss ich überlegen.

Da sage ich ein ganz klares Nein.

Mir macht das nix aus, und meiner Bekannten auch nicht.

Also, wir sind da ganz offen.

In Oberammergau zeigt sich jedoch,

dass ein Wandel in Glaubensfragen durchaus möglich ist.

Man muss es den Leuten nur zumuten.

Wie Christian Stückl bei den Passionsspielen.

Dieses Jahr spielt eine der Hauptrollen ein Moslem.

Da haben schon manche Leute geschluckt,

aber ich glaube, das ist die logische Folge, dass Menschen ...

Der Céngiz, der den Judas spielt, der lebt in dritter Generation hier.

Das ist eine logische Folgerung, dass der irgendwann dazugehört.

Auch in Oberammergau gab es böse Post und Kommentare,

aber der große Aufschrei blieb aus.

Auch, weil sich Stückl, anders als die CSU in Wallerstein,

nicht beirren lässt.

Ich glaube, man muss den Mut haben, es einfach zu machen.

Ich finde es fast schade in dem Fall, dass er dann gesagt hat,

er lässt es bleiben, er macht es lieber nicht.

Aber Sahins Entschluss steht fest.

Politisch will er sich in Wallerstein so schnell nicht mehr engagieren.

Ich gehe morgen zum AH-Fußballtraining in Wallerstein.

Da geht's sportlicher ab.

Wenn ich schlecht bin, verliere ich, wenn ich gut bin, gewinne ich.

Und die CSU?

Die hat in Wallerstein jetzt keinen Bürgermeisterkandidaten.


Kein muslimischer Bürgermeisterkandidat | quer vom BR No Muslim mayoral candidate | cross from BR

Über diesen Ort spricht gerade Deutschland:

Wallerstein im Kreis Donau-Ries

steckt inmitten eines riesigen Shitstorms.

Den Bürgermeister erreichen Nachrichten sogar aus Hamburg.

Ich habe auch schon Mails bekommen: "Wallerstein, schämt euch!"

Die Bürger sind verunsichert.

Es kann schnell die Stimmung umschlagen.

Und der Pfarrer stellt die Glaubensfrage:

Ich glaube, es geht einzig und allein um die Frage:

Kann eine Partei, die das C im Namen trägt,

einen Moslem als Spitzenkandidaten aufstellen?

Und zwar ihn: Sener Sahin.

Geboren in Nördlingen, wohnhaft in Wallerstein.

Er sollte CSU-Bürgermeisterkandidat werden.

Doch dann erfährt er vom Ortsvorsitzenden,

dass andere CSUler deswegen mit Rücktritt drohen.

Dann habe ich gesagt:

"Sagen die auch was über mich selber,

dass ich ungeeignet oder unsympathisch bin?

Oder bin ich ungeeignet, weil ich keine Vorkenntnisse hab?"

Der hat gesagt:

"Nie hat jemand was Schlechtes über deine Person gesagt.

Es ging immer um deinen Glauben."

Sahin zieht seine Kandidatur zurück.

Und das ausgerechnet, während die CSU-Spitze am neuen Image arbeitet.

Diese Woche in Seeon:

Zweifel an der Weltoffenheit seiner Partei

kann der Vorsitzende da gar nicht brauchen.

Jemand, der sich für uns engagiert,

hat auch Respekt und Unterstützung verdient.

Der Generalsekretär soll Sahin umstimmen.

Ich hatte gestern ein sehr gutes, langes Telefonat mit ihm.

Wir hatten gerade noch mal telefoniert.

Dass Sahin Moslem ist,

wäre laut CSU-Grundsatzprogramm tatsächlich kein Problem.

Dort steht:

Aber in der Wallersteiner CSU-Basis scheinen das nicht alle zu wissen.

Vielleicht, weil die Parteispitze das selbst nicht immer betont hat?

Wir sind die CSU, die Christlich-Soziale Union,

und nicht die MSU, die muslimisch-soziale Union.

Deshalb ist der Satz, der Islam gehöre zu Deutschland,

in dieser Form falsch.

Sahin gehört zu Wallerstein. Da ist sein Fußballverein,

da führt er sein Unternehmen, da hat er seine Frau gefunden,

eine Protestantin. Sogar ihr Pfarrer schwärmt.

Ich kenn Herrn Sahin schon seit einigen Jahren

und habe ihn als sehr liberalen Menschen kennengelernt,

für den im Grunde genommen

die Religion eines Mitmenschen keine Rolle spielt.

Von daher denke ich auch,

ist er für diesen Posten sehr gut geeignet.

Aber einige in der Wallersteiner CSU wollten partout keinen Moslem. Warum?

Der Ortsvorsitzende steht für Anfragen nicht zur Verfügung.

Und niemand will sagen, wer genau gegen Sahin war.

Immerhin treffen wir zufällig diese Wallersteinerin.

Ich war in der CSU-Vorstandschaft dabei

und habe praktisch das mit abgestimmt.

Aber der Druck war einfach zu massiv.

Es waren nicht nur die alten CSU-Mitglieder,

sondern der ganze Ort eigentlich.

Beim Glauben hört für viele der Spaß auf, nicht nur in Wallerstein.

Ein Moslem als Bürgermeister, das mag woanders gehen,

in Bayern ist das kompliziert.

Das ist eine Frage, die können Sie nicht auf der Straße stellen.

Da muss ich überlegen.

Da sage ich ein ganz klares Nein.

Mir macht das nix aus, und meiner Bekannten auch nicht.

Also, wir sind da ganz offen.

In Oberammergau zeigt sich jedoch,

dass ein Wandel in Glaubensfragen durchaus möglich ist.

Man muss es den Leuten nur zumuten.

Wie Christian Stückl bei den Passionsspielen.

Dieses Jahr spielt eine der Hauptrollen ein Moslem.

Da haben schon manche Leute geschluckt,

aber ich glaube, das ist die logische Folge, dass Menschen ...

Der Céngiz, der den Judas spielt, der lebt in dritter Generation hier.

Das ist eine logische Folgerung, dass der irgendwann dazugehört.

Auch in Oberammergau gab es böse Post und Kommentare,

aber der große Aufschrei blieb aus.

Auch, weil sich Stückl, anders als die CSU in Wallerstein,

nicht beirren lässt.

Ich glaube, man muss den Mut haben, es einfach zu machen.

Ich finde es fast schade in dem Fall, dass er dann gesagt hat,

er lässt es bleiben, er macht es lieber nicht.

Aber Sahins Entschluss steht fest.

Politisch will er sich in Wallerstein so schnell nicht mehr engagieren.

Ich gehe morgen zum AH-Fußballtraining in Wallerstein.

Da geht's sportlicher ab.

Wenn ich schlecht bin, verliere ich, wenn ich gut bin, gewinne ich.

Und die CSU?

Die hat in Wallerstein jetzt keinen Bürgermeisterkandidaten.