Rassismus pur: Ein Werbeplakat und seine Folgen - MONITOR
Ich bin, 23 Jahre alt,
in Deutschland geboren und aufgewachsen.
In Baden Württemberg in einem kleinen Dorf.
Ich bin nach dem Abitur nach Berlin gegangen
und hab dort ein freiwilliges soziales Jahr absolviert.
Und bin jetzt seit fast 4 Jahren in Köln an der Sporthochschule
und studiere dort Sportjournalismus. Eigentlich ein ganz normales Leben.
Eigentlich ein ganz normales Leben.
Und eigentlich gäbe es nichts weiter zu erzählen.
Bis zu diesem Plakat der DAK.
Seither steht das Leben von Philipp Awounou wirklich Kopf.
Das Plakat zeigt werdende Eltern, ein Ultraschallbild in der Hand.
Die Schwangerschaftswerbung einer Krankenversicherung
und Awounou und seine Freundin waren die Models.
Eine große Kampagne, 27.000 Plakate bundesweit.
Unser Handy steht nicht still,
weil ständig irgendjemand das Plakat sieht.
Und sagt, ey Philipp, Regina, ihr seid in Hamburg, in Bremen,
in Berlin. Und das alles positiv.
Und dann merkst du von jetzt auf gleich, okay,
es gibt anscheinend sehr viele Menschen, die nicht so denken.
Und diese Menschen haben ihr anderes Denken in Worte gefasst.
Hunderte kommentieren das Plakat in den sozialen Medien.
Die Rede ist von Kanaken-Werbung, von Mörder und Vergewaltiger,
von Schmarotzer, Neger und Araber, von Rassenvermischung,
Volksaustausch und Umvolkung.
Und so weiter, und so weiter.
"Philipp, was hast du dreckiger Hund für die Dreckswerbung bekommen?"
"Dem Drecksgesindel wird alles in den Arsch geschoben."
"Es erstaunt mich doch, dass man offensichtlich
kein einheimisches Paar mehr zeigen kann."
"Mit solch widerlichen Machwerken will man offenbar noch mehr
Gewalttäter, Kriminelle, Arbeitsscheue
und anpassungsunwillige Schmarotzer ins Land locken."
Ich kann das nicht sehen.
Das macht mir ein Stück weit Angst, also, das muss ich ehrlich sagen,
dass es so viele Menschen gibt und...
Das sind ja nicht nur Menschen, die einen beleidigen
oder die jetzt totale Nazis oder so sind, sondern auch Menschen,
die versuchen, auf vernünftigere Weise zu argumentieren,
warum Menschen mit Migrationshintergrund nichts
in Deutschland zu suchen hätten.
Das finde ich irgendwie beängstigend
Noch schlimmer sei es für ihn geworden,
als die bundesweite Werbekampagne für parteipolitische Zwecke
missbraucht wurde.
Denn der Hass nimmt v.a. Fahrt auf,
als sich die AfD in die Debatte einmischt.
Anfang Februar veröffentlicht der AfD-Kreisverband Nordwestmecklenburg
ein Foto des Plakats auf Facebook
und spricht von "der Flutung unseres Landes mit Migranten".
Migranten, die laut AfD keine Kassenbeiträge zahlen.
Finanzieren müsse das der deutsche Bürger.
Und am Ende:
"Denken Sie mal darüber nach, wenn Sie am Morgen zur Arbeit gehen
und fleißig Steuergelder erwirtschaften!"
Dass Philipp ein Deutscher ist, kümmert hier längst niemanden mehr.
Auch ganz real verbreitet sich die Hetze wie hier in Thüringen.
"Keine Umvolkung" hat jemand auf das Plakat geschmiert.
Und auch bei der DAK kommt der Hass an.
Auf Facebook und Twitter, aber auch in Briefen und E-Mails.
Forderungen, die Plakate abzunehmen.
Eine Reaktion in dieser verbalen Brutalität haben wir in der Vergangenheit so noch nie erlebt.
Z.B. hat jemand geschrieben,
dass rassische Durchmischung im Tierreich ein Problem sei,
aber bei Menschen ein ethisches Verbrechen.
Und eine solche Formulierung in Deutschland im Jahr 2018
halte ich für unglaublich.
Das erinnert an die schlimmsten Zeiten in unserer Geschichte.
Und es ist wichtig, dass hier eine Gesellschaft Haltung zeigt
und dass man deutlich macht,
dass eine solche Position weit weg ist von dem,
was eine Mehrheit der Menschen in unserem Land heute denkt. Wir fragen bei der AfD in Wismar nach,
warum sie sich so vehement gegen das Plakat ausgesprochen hat.
Die Antwort ist eindeutig und zeigt,
dass man in der AfD offensichtlich ein Problem damit hat,
wenn ein Deutscher mit dunkler Hautfarbe
auf einem Plakat abgebildet wird.
Mit Rassismus habe das aber nichts zu tun,
lässt die AfD uns wissen.
Philipp Awounou und seine Freundin Regina wollen dagegenhalten.
Auch die Studentin war nach der Plakataktion beschimpft worden.
Beide wollen keine Opfergeschichte erzählen, sondern Haltung zeigen.
Weil eben die Rechten doch ziemlich laut sind, würde ich schon sagen,
dass das immer gesellschafts- und salonfähiger wird.
Und gerade deshalb finde ich, dass da alle noch lauter sein müssen,
obwohl sie vielleicht nicht davon betroffen sind.
Aber trotzdem sagen müssen, doch, aber wir müssen dagegen vorgehen.
Und das gegen mich, das hat mich auch getroffen,
aber konnte ich ganz gut wegstecken.
Ja, es hat schon in mir den Impuls ausgelöst, mich zu behaupten.
Das ist schade, eigentlich sollte das so nicht sein.
Aber wenn Menschen eben solche Meinungen äußern,
hat es zumindest bei mir schon dazu geführt,
dass ich ein Stück weit kämpferisch wurde
und das nicht auf mir sitzen lassen wollte.
Und hab mich auch noch mal ein bisschen mehr als Deutscher
einfach begriffen durch die Geschichte
Ein harmloses Werbeplakat und ein ganz normales Paar.
In Deutschland 2018 offenbar keine Selbstverständlichkeit mehr.