heute journal vom 03.11.2020
Guten Abend,
seit mehr als 24 Stunden ist Wien im Schock
und in einem anhaltenden Ausnahmezustand.
Es wird weiter nach möglichen Komplizen gefahndet,
wobei es bisher noch keine konkreten Hinweise darauf gibt,
dass es tatsächlich mehrere Täter gab, die gestern bewaffnet
durch die Innenstadt zogen.
Das wurde zunächst ja auch von den Sicherheitskräften angenommen.
Doch bislang ist auf den Videos, die die Polizei auswertet,
wohl immer nur der selbe Mann zu sehen.
Vier Menschen verloren durch die Angriffe ihr Leben,
auch eine Deutsche ist unter den Opfern.
Ein fünfter Toter ist der Täter selbst.
Durch seine Biografie bestätigte sich, was gestern Abend
nur Vermutung war: dass es sich um einen Islamisten handelte,
einen Anhänger des IS.
Darüber reden wir gleich noch.
Zunächst berichtet Wolf-Christian Ulrich aus Wien.
Mahnwache am Tatort.
24 Stunden, nachdem hier die Schüsse fielen.
Die Erinnerung an den Terrorabend schnürt einem die Kehle zu.
Am Nachmittag gedachte die Staatsspitze der Opfer
mit Blumen und Kränzen,
es ist ein trauriger Tag für Österreich.
Ein offenbar islamistisch motiviertes Attentat,
das in seiner Dimension und kalten Menschenverachtung
das schlimmste unserer jüngeren Geschichte ist.
Der Anschlag trifft Wien mitten ins Herz:
Die Schüsse fallen in einem beliebten Ausgehviertel,
am letzten Abend vor der Ausgangssperre,
die ja heute wegen Corona beginnt.
Der Attentäter erschießt vier Menschen.
Danach stundenlang Panik in der Innenstadt.
Niemand weiß zu diesem Zeitpunkt, wie viele Attentäter unterwegs sind.
Ein schwerverletzter Polizist wird gerettet,
weil zwei Männer Courage zeigen und ihn aus der Gefahrenzone zerren.
Wir haben geschrien: Er liegt da, helft ihm, helft ihm hoch.
Die Sanitäter standen dort, aber sie haben sich auch nicht getraut.
Wir haben uns angeschaut und wir sind einfach rübergelaufen.
Der Attentäter, wie sich heute herausstellt,
ein 20-jähriger Anhänger des IS, ein vorbestrafter Österreicher,
dessen Familie aus Nordmazedonien stammt.
Die Polizei erschießt ihn.
Nach den jüngsten islamistischen Terroranschlägen in Frankreich
sieht Bundeskanzler Kurz auch nach dem Anschlag gestern Abend
den radikalisierten Islam als Bedrohung für Österreich.
Es ist ein Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei
und diesen Kampf werden wir mit aller Entschlossenheit führen.
22 Verletzte sind im Krankenhaus.
Die Ärzte sprechen von Schuss- und Stichwunden.
Warum Wien, fragen sich die Bürgerinnen und Bürger heute.
Die lebenswerteste Stadt auf dem Planeten, da sind sich viele einig,
bekannt für seine Kultur und Lebensart.
Jetzt heulen den ganzen Tag lang die Polizeisirenen,
sichern Polizisten in Kampfmontur die Straßen.
Es ist sehr schlimm.
Das kann sich eigentlich keiner vorstellen, was da passiert ist.
In mehreren Städten fahndet die Polizei heute
nach weiteren Beteiligten, Helfern, Hintermännern.
Dabei konnten 14 Personen aus dem Umfeld des Täters
vorläufig festgenommen werden und sie werden derzeit einvernommen.
Am Abend ein Gedenkgottesdient im Stephansdom.
Geistliche der großen Religionsgemeinschaften
gedenken vereint.
Und schenke Trost, Frieden und Vergebung.
Wien trauert.
Und in Angst.
Britta Hilpert in Wien:
Heute Morgen hieß es ja noch, die Leute sollen sicherheitshalber
nicht aus dem Haus gehen.
Gibt es jetzt etwas Entwarnung?
Noch nicht komplett,
aber man geht inzwischen von einem Einzeltäter aus.
Wenn auch, das betont der Innenminister,
die im Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind.
Man erhofft sich noch weitere Erkenntnisse.
Die Frage ist, wie man mit extremistischen Islamisten umgeht.
Es gibt Leute, die inhaftiert sind, und bei denen auch im Raum steht,
dass sie vorzeitig entlassen werden.
Das ist der schlimmste Akt der jüngeren Geschichte.
Die Gesellschaft ist multikulturell und nicht frei von Spannungen.
Der Zusammenhalt wurde deswegen heute beschworen.
Es heißt, dass der Attentäter ein Extremist war
und dass man den Extremismus bekämpfen muss.
Zugeschaltet ist mir nun Julia Ebner,
österreichische Autorin und Politikberaterin.
Sie kommt aus Wien
Guten Abend.
Gestern, da klang das noch so,
man dachte unwillkürlich an die Anschläge in Paris 2016.
Das war eine koordinierte Aktion.
Jetzt sieht das aber in Wien eher nach einer Einzeltat aus.
Wie sehen Sie das?
Er scheint alleine gehandelt zu haben.
Ich würde ihn trotzdem nicht als Einzeltäter beschreiben.
Er hatte einen Radikalisierungsweg hinter sich,
der darauf hindeutet,
dass er schon länger ein Sympathisant war.
Deswegen kann man ihn nicht als kompletten Einzeltäter bezeichnen.
Er wurde angetrieben von einem größeren Netzwerk.
In den nächsten Tagen werden wir mehr dazu sehen.
Vermuten Sie, dass er ein Nachahmer ist?
Oder dass eine Führungsebene dahintersteht?
Der IS hat den Angriff für sich beansprucht.
D. h. nicht, dass sie wirklich dahinterstanden.
Manchmal behaupten sie das aus opportunistischen Gründen.
Es sieht derzeit trotzdem so aus,
gerade im Hinblick auf die Anschläge in Frankreich
und auch die Aufrufe zu mehr Attentaten,
dass es Inspirationen aus den vorhergegangenen Anschlägen gab.
Was auffällt, ist, dass das ein sehr junger Mensch war.
Er hat einen muslimischen Hintergrund aus dem Balkan.
Es ist schwierig auf ein Standardprofil zurückzugreifen.
Es gibt viele Richtungen in den dschihadistischen Kanälen.
Da sind mir sehr unterschiedliche Personen begegnet.
Aber er ist wirklich sehr jung.
Zu Hochzeiten des IS hat sich der IS
aber auch auf junge Menschen konzentriert.
Deswegen ist es nicht überraschend, dass der Täter relativ jung ist.
Wenn man an November 2015 denkt,
dann war es schon ein wenig ruhiger in den letzten Monaten.
Denken Sie, dass die Terrorgefahr auch in Deutschland
deutlich erhöht sein könnte?
Wir konnten in den letzten Wochen beobachten,
dass es in den dschihadistischen Kanälen mehr Aktivität gab.
Ich würde die Gefahr für den deutschsprachigen Raum
höher einschätzen.
Dieses Problem hält sich nicht an nationale Grenzen.
Sie kommunizieren auch auf paneuropäischer Ebene.
Deswegen wird sich das nicht nur auf ein Land beschränken,
sondern kann noch weitere Kreise ziehen.
Vielen Dank.
Terror mitten in einer Pandemie, das hatte uns allen gerade noch gefehlt.
Aber genau darauf zielen solche Taten ab:
eine eh schon geschwächte Gesellschaft
weiter zu verängstigen und zu spalten.
Zur Corona-Lage in Deutschland gab es heute eine weitere Pressekonferenz
des Gesundheitsministers mit dem Robert Koch-Institut.
Erfreuliches war da nicht zu erwarten.
Bis sichtbar wird, ob die neuen Wellenbrecher-Maßnahmen wirken,
werden mindestens ein, zwei Wochen vergehen.
Dann könnten die Zahlen bei den Neuinfektionen
wieder nachhaltig sinken.
Auf den Intensivstationen hingegen
dürfte es dann erst richtig losgehen mit den Problemen.
Weil erst dann dort diejenigen ankommen, die sich vor dem Shutdown
infiziert haben und über die Zeit einen schweren Verlauf entwickeln.
Christiane Hübscher berichtet.
Zurück im Dienst nach überstandener Corona-Infektion.
Auch Gesundheitsminister Spahn will noch mal erklären,
wie ernst die Lage ist, spricht von einer nationalen Kraftanstrengung
und einem harten November.
Um die Pandemie im Griff zu behalten,
mussten wir die Notbremse ziehen.
Dieses Virus ist tückisch, es lässt keine einfachen Antworten zu.
Wir müssen vielmehr immer wieder
unsere Strategie an die Lage anpassen.
7.238 Intensivbetten sind aktuell frei.
Doch nicht neben jedem Bett steht auch eine Pflegerin.
Der Personalmangel, das alte Problem,
wird in der Krise zum echten Risiko.
Wenn wir nicht vor die Welle kommen,
kommt die Intensivmedizin an ihre Grenzen,
genau wie die Krankenhäuser insgesamt.
Begleitet wird nämlich diese Zunahme
von einer deutlich ansteigenden Zahl von Covid-19-Patienten
auf den Normalstationen deutscher Krankenhäuser.
Es ist wirklich deutlich spürbar im Vergleich zu April und März,
dass wir deutlich mehr normal- stationäre Covid-Patienten haben -
und zwar auch exponentiell mehr.
Nicht unbedingt notwendige Operationen
sollen nun wie im Frühjahr verschoben werden.
Spahn verspricht den Krankenhäusern,
den Ausfall aus dem Bundeshaushalt zu kompensieren.
Wir werden die Krankenhäuser unterstützen, wo wir können.
Keine Klinik soll wegen Corona wirtschaftlich benachteiligt sein.
Immer mehr Tests werden gebraucht, es gibt aber nur 1,4 Mio. pro Woche.
Deshalb sollen künftig
nur noch Patienten mit typischen Covid-19-Symptomen getestet werden.
Denn die Labore sind überlastet.
Wir haben die rote Ampel eigentlich überfahren.
Unsere Testzahlen übersteigen jetzt die Testkapazitäten.
Ein kleiner Lichtblick könnte das leichte Sinken des R-Werts sein.
Die Reproduktionszahl liegt seit heute knapp unter 1
und muss weiter darunter bleiben,
um das exponentielle Wachstum zu stoppen.
Die Kurve wird vermutlich etwas flacher im Moment.
Falls es stabil sein sollte, wäre das natürlich schon ein Ausdruck
oder ein Ergebnis einer Verhaltens- änderung und von Maßnahmen.
Die Pandemie aber bleibt eine Langstrecke.
Vor kurzem hieß das Ziel noch: möglichst unbeschwerte Weihnachten.
Die Virologin Brinkmann ist schon weiter.
Wir werden mit vielen Einschränkungen weiterleben müssen.
Wir werden die Masken weiter tragen.
Wir werden mit der Pandemie an Ostern nicht durch sein.
Doch wir seien dem Virus nicht machtlos ausgeliefert,
sagt der Gesundheitsminister noch
und nennt Ärzte, Pfleger und Labore “Helden unserer Zeit“.
Und dann schauen wir jetzt
auf das vor uns liegende politische Ereignis,
auf das die ganze Welt wartet:
den Ausgang der US-Wahlen.
Wobei noch lange nicht gesagt ist, dass wir morgen früh
schon ein Ergebnis haben werden.
Das kann sich ziehen, v.a. wegen der vielen Briefwähler.
Dass Donald Trump angedeutet hat,
dass er da nicht viel Geduld haben werde,
macht die Sache noch brenzliger.
Durchaus möglich, dass es erst nach einem Wahlsieg Trumps aussieht
und sich das Blatt später zu Joe Biden wendet,
wenn alle Stimmzettel ausgezählt sind.
Dieses Szenario nennt man in den USA "Rote Fata Morgana".
Rot, weil ja die Parteifarbe der Republikaner Rot ist,
anders als in Europa,
wo Rot üblicherweise für Sozialdemokraten und Linke steht.
In den USA ist es genau umgekehrt, der Ausgang jedenfalls ist ungewiss.
Nur eines weiß man jetzt schon:
Die Wahlbeteiligung ist überwältigend.
Heike Slansky berichtet.
Angst geht um in Washington.
Ausgerechnet hier, im Zentrum der Macht.
Das Weiße Haus gleicht einer Festung.
Eingeigelt, abgeschottet.
Angst vor der Wahl, Angst vor dem Ergebnis.
Ein Novum für eine Demokratie.
Ausgerechnet die USA, die Weltmacht am Scheideweg.
Dies könnte die wichtigste Wahl in der amerikanischen Geschichte sein.
Viele wollen abstimmen und wissen, dass ihre Stimme auch gezählt wird.
Auch das ein Novum in einer Demokratie:
Noch nie hat es so viele Gerichtsverfahren
bereits vor einer Wahl gegeben wie dieses Mal.
Z.B. in Pennsylvania der Versuch,
per Gericht die Briefwähler nicht zu zählen,
deren Stimmen wenige Tage nach der Wahl eintreffen.
In Texas sollten sogar mehr als 100.000 Stimmzettel
nicht berücksichtigt werden,
die wegen der Pandemie per Pkw abgegeben worden sind.
In letzter Minute vor Gericht abgelehnt.
Gescheitert der Versuch des Präsidenten und der Republikaner,
die Demokratie zu untergraben.
Die Republikaner dachten,
dass die abgegeben Stimmen für die Demokraten ausfallen würden.
Das ist aber unamerikanisch, es ist undemokratisch.
Und der Richter hat das bestätigt.
Noch nie hat ein Präsident so viel Angst geschürt,
so viele Zweifel gesät.
Bis tief in die Nacht hat er gekämpft,
die ganze Familie im Schlepptau.
Massenveranstaltungen trotz Pandemie -
eine Parallelwelt.
Trumps Verdienst: Er hat ihnen ein Gesicht gegeben,
dem weißen Amerika, dem ländlichen, dem religiösen.
Menschen, die in der globalisierten Welt den Kürzeren ziehen.
Als letztes Mittel für den Machterhalt
kann Trump seine Anhänger nur noch aufwiegeln,
hetzt gegen die Gerichte.
Das war eine schreckliche Entscheidung des höchsten Gerichts.
Eine Entscheidung, die unser Land in Gefahr bringt.
Viele schlechte Dinge können in den Straßen passieren.
Die Bevölkerung wird sehr wütend sein.
Amerika hat die Wahl.
Der Gegenentwurf: Joe Biden.
Auch er unterwegs besonders in den Bundestaaten,
die die Demokraten vor vier Jahren verloren haben,
der "Rust Belt".
Die Heimat der amerikanischen Arbeiter,
die zuhauf zu Trump übergelaufen sind.
Pennsylvania, von beiden Seiten heiß umkämpft.
Trump will nicht, dass ihr wählen geht.
Er will nicht, dass Amerikaner wählen.
Aber er kann euch nicht davon abhalten.
Egal, wie sehr er es versucht.
Machtwechsel im Weißen Haus oder weiter wie bisher.
Diese Wahl ist ein Referendum über den Präsidenten,
für oder gegen Trump.
Mehr als 100 Mio. haben bereits vor dem Wahltag abgestimmt -
ein Rekord.
Die Mauer, die Trump an der Grenze zu Mexiko versprochen hatte,
umzingelt nun das Weiße Haus.
Eine Trutzburg gegen die Wut, die er selbst entfacht hat.
Elmar Theveßen,
auf welchen Staat schaust du heute Nacht besonders?
Als Allererstes auf Florida.
Wenn Biden das gewinnt,
dann wird es schwer für Donald Trump.
Es könnte sein, dass die Ergebnisse schon bald da sind.
Die Briefwahlen dort können früher ausgewertet werden.
Danach schaut man auf Pennsylvania.
Biden hat im TV-Duell gesagt,
dass die Ölindustrie mittelfristig beendet werden soll.
Darauf haben die Leute geschaut.
In Pennsylvania werden die Stimmen erst nach der Wahl ausgezählt.
Es könnte sein, dass Donald Trump zuerst als Sieger erscheint,
aber durch das Ergebnis der Briefwahl die Wahl an Biden geht.
Du hast ja eine lange Reise quer durchs Land gemacht,
auch durch Pennsylvania.
Was bewegt so viele Wähler, Trump die Treue zu halten?
Das haben wir auf der Reise auch gefragt.
In Arkansas ist uns ein Winzer begegnet,
der seine Wahl damit begründet,
dass Donald Trump seine Versprechen nicht einhalten konnte
wegen des Widerstands der Republikaner im Kongress.
Viele trauen Donald Trump eine höhere Wirtschaftskompetenz zu.
Manche Leute haben aber auch gesagt,
man habe Donald Trump eine Chance gegeben,
er habe sie verspielt
und deswegen wählen sie Biden.
Wie sich die US-Bürger entscheiden,
wird nicht nur für die Geschicke der amerikanischen Nation
erhebliche Bedeutung haben, sondern auch für den Rest der Welt.
Mehr als bei jeder anderen US-Wahl.
Dieser Präsident, der sich als Wutbürger im Weißen Haus
installiert hat, würde in einer zweiten Amtszeit
das Land weiter in einer Form umbauen,
die für mindestens die Hälfte der US-Bürger
als unerträglich empfunden wird.
Er wird weiterhin nicht der Präsident aller Amerikaner sein wollen,
sondern nur der seiner Anhänger, bei zugleich maximalem Nutzen
für sich, seine Geschäfte und seinen Familienclan.
Und so würde es auch in der amerika- nischen Außenpolitik weitergehen.
Darauf müssen sich auch die Europäer einrichten.
Mit Joe Biden würde es einfacher, aber auch nicht alles einfach.
Stefan Leifert über die europäische Perspektive
auf diese Schicksalsnacht.
Donald Trump mag die EU nicht.
Sollte Präsident Trump eine Amtszeit Zwei erringen,
dann dürfte das transatlantische Verhältnis
weiteren erheblichen Belastungen ausgesetzt sein.
Vier Jahre Trump, vier Jahre Stresstest für Europa.
Ein Bündnis wäre der Zerstörungswut Donald Trumps
fast zum Opfer gefallen.
Erstmals in 70 Jahren NATO-Geschichte
bekämpft der Präsident des wichtigsten Mitglieds
das Bündnis sogar von innen.
Im Brüsseler Hauptquartier ist Europas Nervosität
vor einer Wiederwahl Trumps in dieser Nacht am größten.
Welche Auswirkungen
auf das Gesamtgefüge der transatlantischen Beziehungen
würde eine zweite Amtszeit von Präsident Trump mit sich bringen?
Da bin ich eher pessimistisch.
Weil Präsident Trump weiß,
dass er mit einer zweiten Amtszeit nicht wieder in Wahlen gehen muss
und seine Agenda durchdrücken kann, koste es, was es wolle.
Trump reichte vielen die Hand,
doch zur Irritation der Europäer den Falschen.
Seine erratischen Flirts mit Autokraten und Diktatoren,
die Abwendung der USA von Europa haben die alte Weltordnung beendet.
Für Europa ein Weckruf, erwachsen zu werden.
Es ist absolut notwendig,
dass wir aus der Amtszeit Trumps unsere Lehre ziehen.
Und die Lehre für Europa kann nur sein:
So schnell wie möglich
eine europäische Verteidigungs- gemeinschaft zu entwickeln.
Nie war so viel Gift zwischen Brüssel und Washington,
in der Verteidigung genauso wie beim Handel.
Vier weitere Jahre Trump
würden aus Handelskonflikt wohl Handelskrieg machen.
Das Verhältnis der EU und auch Deutschlands zu Washington, D.C.
ist nicht gut.
Man könnte fast sagen: zerrüttet.
Deswegen erwarte ich mir von vier weiteren Jahren nicht viel Gutes.
Und wenn Joe Biden gewinnt?
Glaubt Europa an die Rückkehr des zivilen Umgangs,
an eine neue Romanze aber eher nicht.
Stärkung der transatlantischen Partnerschaft,
ein anderer Umgangsstil, mehr Vertrauen.
Aber klar ist: In der Sache kann manches hart bleiben.
Es gibt zwei Konstanten, die für die amerikanische Außenpolitik
seit Jahren von Bedeutung sind:
Die Hinwendung nach Asien und die Aufforderung an die Europäer,
mehr für ihre eigene Sicherheit zu tun.
Diese beiden Konstanten
werden auch unter einem Präsident Biden nicht weggehen.
Eins steht jetzt schon fest:
Europa hat wenig zu gewinnen in dieser Nacht,
aber viel zu verlieren.
Ein umstrittener Castor-Transport rollt seit dem Abend per Zug
von Nordenham in Niedersachsen in Richtung
des Zwischenlagers Biblis in Hessen.
Der im britischen Sellafield aufbereitete Atommüll
war gestern mit einem Spezialschiff nach Nordenham gebracht worden.
Für Deutschland der erste große Rücktransport von Atommüll
in Castoren seit Jahren.
Die Junge Union hat das Ergebnis einer Mitgliederbefragung
zum CDU-Parteivorsitz bekanntgegeben:
Demnach favorisieren knapp 52 % der beteiligten JU-Mitglieder
Friedrich Merz, rund 28 % Norbert Röttgen und knapp 20 % Armin Laschet.
Die Befragung gilt als Stimmungstest.
Beteiligt haben sich daran rund 20 % der stimmberechtigten JU-Mitglieder.
Eine Meldung vom Sport:
In der Fußball-Champions-League hat Borussia Mönchengladbach
sein Auswärtsspiel beim ukrainischen Vertreter Schachtar Donezk
deutlich mit 6:0 gewonnen.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat den Weg
für die umstrittene Fehmarnbelt-Querung freigemacht.
Die Richter wiesen sechs Klagen
von Umweltschützern und Fährbetreibern zurück,
die durch den Bau eines Ostseetunnels zwischen Deutschland und Dänemark
negative Folgen für Schifffahrt und Natur befürchtet hatten.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Somit steht jetzt auch auf deutscher Seite
dem Milliardenprojekt rechtlich nichts mehr entgegen.
Claus Kleber ist für uns in Washington.
Claus, du hast so lange in den USA gelebt,
so viele Präsidentschaftswahlen begleitet, das ist jetzt die zehnte,
aber hast du je eine erlebt, bei der es um so viel ging?
Nein, und selbst wenn ich auf 100 Jahre zurückblicken könnte,
wäre meine Antwort: nein.
Amerika hat es immer geschafft,
die Übergabe der Macht pünktlich und friedlich hinzubekommen.
Bis jetzt hat immer jemand gesagt:
ich habe verloren und gratuliere dem Sieger.
Es gab dabei schon viele große Momente.
Inzwischen ist Donald Trump an einem Punkt an gelangen,
bei dem er in Zweifel zieht,
ob er das Wahlergebnis anerkennt.
Was wäre dein Worst-Case-Szenario,
das Schlimmste, was heute Nacht geschehen kann?
Um gut zu sein, muss ein Wahlergebnis klar sein.
Es müsste heute Nacht oder morgen Früh klar sein,
wer vorne liegt.
Das schlimmste Szenario ist, dass es ein unscharfes Ergebnis gibt.
Dann könnte es zu Klagen und Unruhen auf den Straßen kommen.
Das wäre eine Lähmung der USA
und eine endlose Beschädigung der amerikanischen Demokratie.
Bei diesen Aussichten kann man nur noch sagen:
gute Nacht und viel Glück.
Es wird in jedem Fall eine lange Wahlnacht hier im ZDF,
kurz nach Mitternacht geht's los in unserem Wahlstudio in Berlin.
Dort werden Bettina Schausten und Christian Sievers Sie bis morgen früh
um 7 Uhr durchgehend auf dem Laufenden halten,
mit jeweils aktuellen Zahlen und Ergebnissen
und vielen Gesprächspartnern.
Und dann mal sehen, ob wir morgen Abend, wenn Heinz und ich uns hier
wieder melden dann bereits einen Wahlsieger haben.
Bis dahin, auf Wiedersehen.
Auf Wiedersehen.
Der Hurrikan "Eta" hat sich stark intensiviert.
Als Kategorie vier von fünf ist er heute Mittag auf Nicaragua getroffen.
Er hat Windgeschwindigkeiten von 240 km/h und sehr viel Regen mitgebracht.
Bis Samstag wird es in der Region weiter regnen,
mit 300 bis 900 Liter Regen pro Quadratmeter.
In Deutschland kommen in einem Jahr
ca. 600 Liter pro Quadratmeter zusammen.
In der Nacht fällt etwas Regen an den Alpen, am meisten an der Donau.
An der Nordsee gibt es kräftige Schauer,
da können auch Blitz und Donner dabei sein,
bei einem stürmischen Nordwestwind.
Sonst ist es zum Teil auch klar.
Morgen scheint häufig die Sonne.
Im Süden fällt etwas Regen.
An der Nordsee gibt es Regenschauer.
Nach Nebel und Hochnebel
gibt es in den nächsten Tagen ruhiges Herbstwetter.