heute journal vom 23.12.2020 - Countdown zur Corona-Impfung
Guten Abend.
Vielleicht wird nun doch noch passieren,
was man kaum für möglich hielt: ein Brexit-Deal zu Weihnachten.
Irgendwas hat die Fronten jetzt aufgeweicht.
Vielleicht spielten die Bilder von Dover eine Rolle.
Unzählbare, tausende von LKW, die vor dem Kanal stranden.
Das lag zwar an Corona, nicht am Brexit,
aber der Ernst der Lage wurde noch mal klar.
In Brüssel, wo die letzten Verhandlungen bis gestern
noch immer wieder vor Hindernisse fuhren, brennt jetzt noch Licht.
Große Betriebsamkeit den ganzen Abend.
Heimreisen zu Heiligabend wurden abgesagt.
Noch gibt es kein Ergebnis.
Aber in London und Brüssel scheint etwas greifbar nah.
Stefan Leifert: Am Nachmittag waren es nur "sich verdichtende" Hinweise.
Was passiert tatsächlich gerade?
Was einen Deal wahrscheinlich macht,
ist die Tatsache,
dass beide Seiten übereinstimmend sagen,
dass es nur eine Sache von Stunden ist.
Sie verhandeln gerade nicht aktiv.
Sie haben eine Version des Vertrages in die Hauptstädte geschickt.
Es kann noch paar Stunden dauern, aber der finale Schritt sein.
Die EU könnte morgen ein Verfahren auf den Weg geben,
dass dieser Vertrag provisorisch am 1. Januar in Kraft treten kann.
Wie wurde das ausgerechnet jetzt möglich?
Der Zeitdruck - bei der Fischerei hat eine Annäherung stattgefunden.
Die EU-Seite blutet da wohl ein bisschen mehr.
Bei den Wettbewerbsbedingungen haben sie sich auf eine Regelung geeinigt.
Wenn es Wettbewerbsverzerrung gibt, könnte es Strafen geben.
Im Moment sieht es nach Einigung aus.
Diana Zimmermann: Was hat er noch rausholen können,
der Premier, der den Brexit liefert?
Wir wissen es noch nicht,
weil der Deal noch nicht da ist.
Wenn er denn kommt, dann muss Boris Johnson das Ding verkaufen.
Das wäre schwieriger für ihn als für die EU.
Johnson hatte den Briten versprochen,
dass er die Briten in eine glanzvolle Zukunft führt.
Er hätte dann die Sache mit einem Handelsvertrag mit der EU beendet.
So glanzvoll sieht die Zukunft aber nicht aus.
Der Deal wird die Stärken Großbritanniens
nicht besonders herausstreichen können.
Die Finanzdienstleistungen, eine der Stärken, tauchen nicht auf.
Der Warenverkehr taucht oft auf, das ist die Stärke der EU.
Wird Boris Johnson den Briten zeigen,
dass der Brexit ein Vorteil war?
Das ist sehr schwer abzusehen.
Es melden sich viele aus der Partei, denen dieser Deal nicht genug ist.
Knapp die Hälfte der Bevölkerung war sowieso gegen den Brexit.
Die Nationalisten in Wales, Nordirland und Schottland
sind stärker geworden.
Die Fliehkräfte sind durch den Brexit stärker geworden.
Es könnte ein zweites Unabhängigkeitsreferendum
für Schottland geben.
Die Wirtschaft fühlt sich über den Tisch gezogen.
Sie ärgert sich, dass dieser Deal, falls er kommt, so spät kommt.
Heute ist zum Thema Corona ein krass gemischter Nachrichtentag.
Auf der schlimmen Seite erreicht die Zahl der an einem Tag
mit Corona Verstorbenen fast 1.000.
In den nächsten Tagen wird die 1.000 fast sicher überschritten.
Die Zwangsläufigkeit des Zeitablaufs von Infektion über Erkrankung
bis zur schwersten Phase und dann in vielen Fällen Tod
macht das unvermeidlich.
In immer mehr Regionen erreichen Intensivstationen ihre Grenzen.
Auf der anderen, der guten Seite,
begann die Auslieferung des Impfstoffes
für Deutschland und Europa.
Die ersten 1,3 Mio. Dosen können nächste Woche
schon in Deutschland zur Verfügung stehen.
Wenn Achtsamkeit und Vorsicht dazukommen, kann sich vieles
zum Guten wenden.
Aber erst in vielen Wochen.
Anna-Maria Schuck berichtet.
Schlange stehen für ein bisschen Gewissheit,
einen Tag vor Weihnachten.
Heute Morgen kurz vor 10 Uhr in Berlin:
Noch bevor das Testzentrum öffnet, warten sie hier schon stundenlang
auf ihren Corona-Schnelltest.
Ich bin vor fünf Tagen aus dem Ausland zurückgekommen.
Ich möchte Weihnachten mit meinen Eltern verbringen.
Damit ich die nicht unnötig einem Risiko aussetze,
lasse ich mich testen.
Anders als in Berlin sind die Schnelltests in Baden-Württemberg
heute und morgen sogar kostenlos.
Die Schnelltests, die wir machen, haben eine 95%-ige Sicherheit.
Trotzdem müssen sich alle an die AHA-Regeln halten, lüften usw.
Aber wir fischen immer wieder Positive heraus,
die dann nicht zu ihrer Großmutter oder ihrem Vater gehen.
Dennoch, die Sicherheit bleibt trügerisch.
Gerade Schnelltests haben nur eine begrenzte Aussagekraft.
Wenn etwa die Infektion so frisch ist,
dass sie beim Test noch nicht nachweisbar ist.
Ansteckend ist man dann trotzdem.
Wenn Sie wenig oder gar keine Symptome zeigen,
zeigen die Tests das leider nicht immer zuverlässig an.
Darin liegt das größte Problem.
Daraus erklärt sich, warum es besser ist, niemanden zu treffen,
als jemanden zu treffen in vermeintlicher Sicherheit.
Doch gerade jetzt machen sich viele auf zum Verwandtenbesuch.
Es sind zwar deutlich weniger als sonst vor Weihnachten,
aber allein am Frankfurter Flughafen
wollen heute etwa 40.000 Menschen verreisen.
Meine Frau ist Amerikanerin und ihre Familie wohnt da.
Wir haben sie seit einem Jahr nicht mehr gesehen,
jetzt fliegen wir rüber.
Wer wie diese Familie über die Feiertage in ein Risikogebiet reist,
muss bei der Rückkehr einen Test machen.
So wollen es zumindest Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen.
Quarantäne alleine reicht jetzt nicht mehr.
Für echte Erleichterung wird wohl erst der Impfstoff sorgen.
An vielen Standorten wie hier in Berlin wollen sie zeigen:
Wir sind vorbereitet.
60 mobile Teams warten auf ihren Einsatz
und das große Impfen ab Sonntag.
Wir werden jetzt bis Ende dieses Jahres 1,3 Mio. Dosen
an die Bundesländer ausliefern lassen können durch BionNTech.
Ab Sonntag kann es losgehen, v.a. in den Pflegeheimen.
Das einzige, was jetzt noch fehlt, ist eigentlich nur der Impfstoff.
Der Impfstoff, auf dem nun in Europa und vielen Teilen der Welt
die größten Hoffnungen liegen, ist ein Nebenprodukt
revolutionärer Grundlagenforschung,
die eigentlich auf Krebsbekämpfung ausgerichtet war.
Die den Körper in die Lage versetzen soll, sich ganz gezielt
gegen bösartige Zellen zu wehren, die ihn töten könnten.
Als Corona aufkam, brachten die Gründer von BioNTech
ihre Erkenntnisse gegen das Virus in Stellung.
Eine Erfolgsgeschichte des deutschen Forscher-Ehepaars
Özlem Türeci und Ugur Sahin.
Guten Abend, Professor Sahin. Guten Abend, Herr Kleber.
Wir mussten gerade wieder melden, wie die Infektionszahlen
und die Zahl der Verstorbenen davonrennen.
Was kann in dieser Situation Ihr Impfstoff ändern und verbessern
und was kann er nicht?
Wir haben momentan durch den Impfstoff keine Möglichkeit,
einen Einfluss auf die Infektionszahlen zu nehmen.
Dafür werden zu wenige Personen am Anfang immunisiert werden.
D.h., die wichtigste Aufgabe wird sein, die Infektionszahlen
durch Isolations- und Hygienemaßnahmen zu reduzieren.
Worauf wir einen Einfluss haben werden, ist, dass jeder Geimpfte
eine geringere Wahrscheinlichkeit hat, eine Infektion zu bekommen.
Das wird mittelfristig einen Einfluss
auf die Anzahl der Krankenhausaufenthalte haben.
Das kann mittelfristig auch zu einer Reduktion der Sterblichkeit
in der immunisierten Gruppe der älteren Personen führen.
Weil die deutsche Politik darauf abzielt,
die Schwächsten und Gefährdetsten am Anfang zu impfen.
Dann werden wir in drei, vier Wochen, wenn frisch Infizierte,
wenn es sie ganz hart trifft, auf Intensivstationen kommen
und dort vielleicht sterben, dann kommen die da nicht mehr hin,
weil sie als erste geimpft worden sind - das ist das Kalkül?
Wir haben eine Impfwirksamkeit von 95 %
und 94 % in der Gruppe der Älteren.
Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit
für eine symptomatische Infektion 20 Mal geringer ist.
Dementsprechend hat jede Person, die geimpft worden ist,
ein deutlich geringeres Risiko.
Das müsste sich auf die Anzahl der Krankenhausaufenthalte
und später auf die Sterblichkeit in dieser Gruppe niederschlagen.
Nun möchte ich Sie auf Sorgen ansprechen, die viele Leute haben,
die mitbekommen haben, dass Sie am Erbgut,
an der RNA oder DNA herummanipulieren müssen,
um diesen Impfschutz zu gewähren.
Menschen haben das Gefühl, Sie pfuschen am menschlichen Erbgut herum
Ist da nicht was dran?
Nein, es ist im Prinzip so, dass wir hier eine neue Substanz haben,
es handelt sich nicht um Gene und es geht auch nicht um Genmanipulation.
Es ist eine Substanz, die mRNA heißt,
die zum ersten Mal als Impfstoff breit eingesetzt wird.
Der Vorteil dieser mRNA-Impfstoffe ist, dass die genetische Information
in Form eines instabilen Moleküls übertragen wird.
Der Impfstoff wird innerhalb von wenigen Tagen abgebaut.
Das Wichtige ist, dass die mRNA ein Bestandteil unseres Körpers ist.
Es befindet sich in unserem Körper in millionenfach höheren Mengen
als das, was wir per Impfstoff applizieren.
Wir nutzen eine natürliche Form
der instabilen Informationsübertragung.
Das ist eigentlich das Revolutionäre,
dass wir dadurch keine Veränderung im Erbgut zu erwarten haben.
Nun kamen heute schon wieder neue Meldungen aus Südafrika,
dass dort wieder eine noch aggressivere Variante des Coronavirus
gefunden worden ist als die, über die wir seit Tagen berichten.
Besteht nicht die Gefahr,
dass das Virus mit seinen Mutationen Ihren Impfstoff bald überrollt?
Wir haben sehr von vornherein darauf geachtet und auch damit gerechnet,
dass sich das Virus weiter weiterentwickelt,
und haben entsprechend eine Sequenz ausgewählt, die sehr groß ist.
Wenn man vergleicht,
welche Veränderungen in einem Virus vorliegen,
dann ist es immer noch so, dass 99 % der Sequenz des Impf-Antigens,
was was wir verwenden, immer noch gleich geblieben ist.
Das Virus hat sich also nur 1 % verändert.
Wir gehen daher davon aus,
dass das keinen direkten Einfluss auf die Impfwirkung hat.
Aber wir können das erst dann wissenschaftlich beweisen,
wenn wir das Experiment dazu durchgeführt haben.
Das wird in ca. zwei Wochen passieren,
dass wir eben dieses neue Virus-Antigen darauf testen,
ob es genauso effizient inaktiviert wird.
Noch eine ganz praktische Frage:
Wird Deutschland genügend von Ihrem Impfstoff haben,
um die Bevölkerung zu schützen, am Ende?
Wir liefern viele Millionen Dosen nach Deutschland aus.
Unser Impfstoff alleine wird für Deutschland nicht ausreichen.
Es ist wichtig, dass auch weitere Impfstoffe
zugelassen und verfügbar gemacht werden.
Damit haben wir von Anfang an gerechnet.
Ich glaube schon, dass wir einen wesentlichen Beitrag
zum Impfschutz in Deutschland leisten können.
Danke für Ihre Arbeit und für das Gespräch
und schöne Tage Ihnen.
Dankeschön, Herr Kleber, Ihnen auch.
Der amtierende US-Präsident Trump
verweigert dem Corona-Hilfsprogramm seine Zustimmung
und hat sein Veto eingelegt.
Nach zähem Ringen hatte der Kongress mit großer Mehrheit
ein Paket von insgesamt 900 Mrd. US-Dollar beschlossen.
Trump nannte die geplanten Hilfen
für Betriebe und Bedürftige "eine Schande".
Zum Teil seien sie verschwenderisch,
zum Teil müssten die Hilfszahlungen deutlich höher ausfallen.
Das Veto von Trump kann jetzt nur noch vom Kongress
mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit überstimmt werden.
Per Veto blockiert
hat Präsident Trump bereits den Verteidigungshaushalt.
Er begründete sein Veto mit Fragen der nationalen Sicherheit.
Der Verteidigungshaushalt war Anfang Dezember
mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit
in beiden Kongresskammern beschlossen worden.
Mit dem Gesetz sollte auch der von Trump geplante Truppenabzug
aus Deutschland blockiert werden.
Die Lufthansa hat sich nach wochenlangen Verhandlungen
mit der Pilotengewerkschaft Cockpit
auf einen Krisen-Tarifvertrag geeinigt.
Damit sind die etwa 5.000 Flugzeugführer der Kerngesellschaft
bis April 2022 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt.
Im Gegenzug kann die Lufthansa die Kurzarbeit für ihre Piloten
bis Ende 2021 verlängern und dazu Arbeitszeit
mit entsprechenden Gehaltseinbußen kürzen und Tariferhöhungen aussetzen.
In Israel finden erneut vorgezogene Neuwahlen statt.
Es wird die vierte Parlamentswahl innerhalb von zwei Jahren sein.
Das Verhältnis von Ministerpräsident Netanjahu
und seinem Koalitionspartner Gantz
war seit Beginn der gemeinsamen Regierung im April
von Misstrauen geprägt.
Nun musste sich das israelische Parlament in der Nacht auflösen,
da im Streit um den neuen Haushalt
keine Einigung gefunden werden konnte.
Geplant sind die Neuwahlen für März.
Can Dündar war Chefredakteur von "Cumhuriyet",
kein Oppositionsblättchen,
die älteste Zeitung der türkischen Republik.
Als ihm Beweise vorlagen, dass die Regierung Erdogan
Waffen an Terroristen in Syrien lieferte,
hat er entschieden, dass das an die Öffentlichkeit gehört.
Er hat gewusst, dass er einen Preis dafür zahlen wird.
Die Strafverfolger haben ihn ins Exil gezwungen.
Er ging nach Berlin und arbeitet von dort weiter.
Heute kam die Rechnung.
Von einem Strafrichter, der Erdogan zuverlässig Strafmaße liefert,
wie sie der Präsident erwartet.
Jörg Brase berichtet.
Das sind die Waffen, von denen Erdogan behauptet,
dass sie nicht existieren.
Für diese Schlagzeile gab es heute 27 Jahre Haft.
Und dieser Mann hat sie geschrieben: Can Dündar, türkischer Journalist.
Er sitzt in einem schmucklosen Büro in Berlin,
erfährt hier von einem Urteil, das ihn nicht überrascht.
Sie wollen die Journalisten,
die damals diese Geschichte geschrieben haben, hart bestrafen.
So, dass niemand es wagen würde,
je wieder eine solche Geschichte zu veröffentlichen.
Ich zahle den Preis dafür, dass ich die Wahrheit erzählt habe.
Es ging um illegale Waffenlieferungen
der türkischen Regierung und des Geheimdienstes
an islamistische Rebellen in Syrien im Jahr 2014.
Dündar war damals Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet".
Der Präsident selbst verklagte ihn wegen Geheimnisverrats und Spionage.
Aber nicht etwa, weil Dündars Geschichte falsch gewesen wäre.
Im März 2016 entschied das türkische Verfassungsgericht,
dass Dündar aus der Untersuchungshaft zu entlassen sei.
Der Angeklagte feierte das wie einen Sieg
im Kampf für die Pressefreiheit.
Der Präsident dagegen kochte vor Wut.
Um es ganz klar zu sagen: Ich akzeptiere
diese Gerichtsentscheidung nicht und ich respektiere sie auch nicht.
Der Präsident respektiert Entscheidungen
des höchsten Gerichtes nicht, wenn sie ihm nicht passen.
Bei gefälligen Urteilen hingegen fordert er Respekt
für die Unabhängigkeit der türkischen Justiz.
An dieser Unabhängigkeit, v.a. der Strafgerichte aber,
zweifeln so manche.
In der Türkei ist die Justiz nicht unabhängig.
So, wie auch der Gerichtsvorsitzende
im Prozess gegen Can Dündar nicht unabhängig ist.
Alle gesellschaftlich wichtigen Prozesse vor dem Istanbuler Gericht
gehen an denselben Richter.
Und derselbe Richter verhängt die höchsten Strafen.
Das kann kein Zufall sein.
Die Bundesregierung kritisiert das Urteil.
Außenminister Maas nannte es einen "harten Schlag
gegen unabhängige journalistische Arbeit in der Türkei".
Prompt reagierte der Sprecher des türkischen Präsidenten.
Auf Deutsch schrieb Fahrettin Altun:
"Von unseren Partnern erwarten wir,
die Entscheidung der unabhängigen türkischen Justiz zu akzeptieren
und Can Dündar an die Türkei auszuliefern."
Das aber wird wohl nicht passieren.
So wird das deutsch-türkische Verhältnis weiteren Schaden nehmen.
Und Can Dündar wird weiter seinen Job machen, aus dem Exil in Berlin.
Es ging nicht anders dieses Jahr:
Wir haben mehr über Virus-Wirkung gelernt,
als wir jemals wissen wollten.
Dass Covid-19 sich erst im Rachen festsetzt
und dann in die Lunge geht.
Und dort nicht unbedingt bleibt.
Schlimmes, aber normales Virus-Handwerk, sozusagen.
Schnell verstanden.
Es ging länger, bis uns klar wurde,
wie dieses Virus den Raum zwischen den Menschen vergiftet.
Abstand erzwingt, wo Nähe so gut und wichtig wäre.
Der Raum, in dem Kultur ihren Platz hatte.
Und ihren Auftrag:
das Leben bewusster, sinnvoller und schöner zu machen.
Noch schwieriger als sonst, dieses Jahr:
Es geht an die Substanz.
Claudio Armbruster blickt darauf.
Kunst braucht Publikum und Publikum braucht Kunst.
So einfach ist das.
Denn leere Bühnen, Säle, Hallen, Museen und Kinos bringen nichts -
ohne Kunst und Kultur verarmt das Publikum geistig
und die Künstler verarmen geistig und finanziell.
Es war ein bescheidenes Jahr für alle,
aber da müssen wir jetzt durch.
Der Januar war noch ganz gut.
Billie Eilish, die Neudefinition des Pop,
gewinnt fünf Grammys - bei dieser Verleihung,
die Trauer trug um Basketball-Star Kobe Bryant.
Im Februar die Oscars mit dem Überraschungssieger aus Südkorea:
"Parasite", die rabenschwarze Tragikomödie schreibt Geschichte.
Als erster nicht englischsprachiger Film wird er zum besten Film gekürt.
Und dann war nochmal Berlinale - unter neuer Leitung.
Man wird ein wenig wehmütig bei diesen Bildern,
denn kaum waren die Lichter erloschen, hieß es:
Wer nicht im Kino war, der wird es lange nicht mehr sein.
Denn im März gingen alle Bühnenlichter aus,
kaum noch Einkünfte für die gesamte Branche.
Ohne Kunst wurde es still und die ersten Stimmen wurden laut.
Wenn das jetzt ein, zwei, drei Monate ausmacht,
wird es ein gravierender Einschnitt.
Aber da kommen wir irgendwie drüber weg.
Aber wenn das monatelang, etwa bis in den Herbst
oder bis Ende des Jahres, anhalten sollte,
dann gibt es schon ein existenzielles Problem.
Auch die Clubs im ganzen Land geschlossen.
Es beginnt die Zeit der digitalen Kreativität.
Die DJs legen auf für die Partygemeinde zu Hause.
Wir sind vielleicht nicht system- relevant, aber "freude-relevant".
Wir merken, dass das Feedback wirklich enorm ist
von den Leuten zu Hause und wir da echt was Gutes tun.
Und ein jeder tanzt für sich allein.
Viele Künstler fliehen ins Netz.
Pianist Igor Levit mit seinen Konzerten
aus dem heimischen Wohnzimmer - jeden Tag, wochenlang,
auf Twitter ein Erfolg.
Das Digitale, es ist jetzt da.
Wer sich früher dafür nicht interessiert hat
und jetzt immer noch nicht dafür interessiert,
dem ist nicht mehr zu helfen.
Aber wie sehr ich mich danach sehne, Menschen zu umarmen,
das kann ich nicht beschreiben.
Oder die Künstler gehen raus -
mit der Orgel auf dem Lkw spielt Organist Cameron Carpenter
Bach für die Senioren in den Altenheimen.
Von mir aus könnte der öfter kommen.
Lady Gaga organisiert ein riesiges Online-Happening.
Sie lädt ein und die großen Stars spielen -
alle von zu Hause aus.
128 Mio. Dollar werden gespendet für die Helfer,
das Pflegepersonal und für den Impfstoff.
Mai und Juni in Deutschland: ein wenig Lockerung.
Das Autokino feiert sein Comeback und die normalen Kinos
dürfen wieder öffnen für eine Handvoll Publikum.
Wirtschaftlich ist das nicht, aber wenigstens geht wieder irgendwas.
Es ist Sommer.
In Berlin sorgt die große Katharina-Grosse-Ausstellung
für Farbe und Freude - aufatmen.
Die Salzburger Festspiele finden statt, verkleinert, aber immerhin.
Genau wie die Filmfestspiele in Venedig.
Vor dem Kino: Fieber messen.
Doch die Freude währt nur kurz.
Zweite Welle, alle Mühen umsonst,
Hygienekonzepte und so weiter, alles für die Tonne.
Die Kulturschaffenden sind verzweifelt.
Das Novembergeld ist ein Tropfen auf den glühenden Stein.
Manchen hilft's, vielen nicht.
Für die Veranstalter, die Betreiber der Hallen und die Kulturzentren
wird die Luft dünn, das Geld geht aus.
Gerhard Schulz leitet den Schlachthof in Wiesbaden -
Rockkonzerte, Lesungen, Subkultur und immer voll in normalen Zeiten.
Er bringt zwei Probleme auf den Punkt.
Als wir im Frühjahr gesehen haben, wie viele Solo-Selbständige
durch die Maschen der Sofortprogramme gerutscht sind,
weil sie nicht berücksichtigt waren, hat man festgestellt,
wie wenig die Politik darüber weiß,
wie der Kulturbetrieb organisiert und strukturiert ist.
Wir müssen gucken: Wo gibt es notwendige Änderungen
im Subventionssystem Kultur in Deutschland?
Wir haben hohe Häuser - Staatstheater, Staatsopern
und Konzerthäuser - die relativ hoch subventioniert sind
und im Stillstand diese Subventionen weiterhin erhalten.
Kulturzentren wie unsere
haben eine ganz andere, deutlich niedrigere Subventionslage.
Das heißt, unsere ständigen Einnahmen im Stillstand
sind deutlich niedriger.
Damit sticht er in ein Wespennest.
Sind Goethe, Schiller, Beethoven mehr wert
als Pop, Rock, Indie und Subkultur?
Apropos Beethoven,
der hatte kein schönes Jubeljahr, zum Tauftag im Dezember: Shutdown.
Igor Levit nimmt die "Ode an die Freude" auf,
als stillen Gruß und appelliert noch einmal eindringlichst:
Wenn es weiter so geht, wie es geht, dann kann hier -
und ich benutze jetzt ein ganz schlimmes Wort,
was ich aus Tiefstem raus verabscheue, ich bin dagegen -
aber wenn das so weitergeht,
gibt es die Gefahr einer Art Marktbereinigung.
Viele Kolleg*innen werden irgendwann nicht mehr können.
Kein heiteres Schlusswort.
Die Stars werden wohl durchkommen,
aber für die Millionen anderen Kulturschaffenden
wird es nein, ist es, längst existenziell.
Ohne Kultur wird's still.
Die ZDF-Mediathek hat schon einen schönen Strauß
von unseren Jahresrückblicken,
politisch, sportlich oder auch satirisch.
Kann einen fast mit 2020 versöhnen.
Die Finanzmärkte haben die Corona-Krise bislang
erstaunlich gut verkraftet,
leiden aber unter den anhaltend niedrigen Zinsen.
Die sind auch ein massives Problem für die Versicherungsbranche.
Frank Bethmann, Allianz-Chef Bäte warnte jetzt sogar
vor möglichen Pleiten deutscher Lebensversicherer.
In einer Welt ohne Zinsen können die Lebensversicherer,
so argumentieren sie, keine lukrativen Konditionen mehr anbieten.
Und so hat die "Allianz Leben", die in Deutschland
fast jede dritten Lebenspolice verkauft, jüngst angekündigt,
bei Neuverträgen noch nicht mal mehr
die eingezahlten Beiträge garantieren zu wollen.
Das bedeutet nichts anderes als das Ende der gewohnten Sicherheit
für viele Kunden.
Schuld daran sei die Europäische Zentralbank.
Was Bäte nicht sagt, dafür aber Branchenkritiker:
Viele Versicherungen arbeiten mit hohen Provisionen
und z.T. versteckten Kosten.
Statt diese Kosten zu reduzieren, senke die Branche jetzt lieber
die Garantien ihrer Kunden, so der Vorwurf.
Weniger Sicherheit also bei vollen Kosten.
Des Deutschen liebste Altersvorsorge
droht damit immer mehr zu einem Auslaufmodell zu werden.
Im DFB-Pokal hat sich Regionalligist Rot-Weiß Essen,
Tabellenführer der Regional-Liga,
mit 2:1 gegen Fortuna Düsseldorf durchgesetzt
und steht damit im Achtelfinale.
Ebenso wie Bundesligist Wolfsburg,
der 4:0 gegen den SV Sandhausen gewann.
Weitere Ergebnisse dieser 2. Runde des DFB-Pokals
um 0.30 Uhr im heute journal up:date.
Schalke 04 setzt in der sportlichen Dauerkrise
nun auf Christian Gross als neuen Trainer.
Der 66-jährige Schweizer soll als bereits vierter Trainer
in dieser Saison auf Schalke
den Verein vor dem drohendem Abstieg retten.
Die Gewinnzahlen vom Lotto am Mittwoch lauten:
Vor oder nach der Bescherung an Heiligabend in die Kirche,
ein Vorhaben, das möglich ist, unter Corona-Bedingungen.
Wegen der Infektionsgefahr hatten Amtsärzte zwar eine Absage
der Präsenz-Gottesdienste gefordert,
aber die Kirchen halten ihr Angebot vielerorts aufrecht,
um in der Krise Zuversicht und Hoffnung zu geben.
Eine Alternative: der Gottesdienst im Fernsehen.
Morgen Abend hier im ZDF um 19.15 Uhr die Christvesper
in der Saalkirche im rheinland-pfälzischen Ingelheim.
Ihnen vorsichtige, aber besinnliche und erfreuliche Weihnachten.
Bis nach den Feiertagen vom heute journal.
Bis bald, wir wünschen alles Gute.
Sie kennen dieses Geräusch:
Wenn wir bei eisigem Wetter über frischen Schnee laufen:
* Schritte im Schnee *
Was macht den Krach?
Schneeflocken bestehen aus kleinen Eiskristallen,
jeder mit winzigen Verästelungen.
Diese Kristall-Verästelungen verhaken sich, dazwischen bleibt Luft.
Treten wir drauf, verpufft die Luft.
Die Kristalle zerbrechen, deswegen knirscht Neuschnee,
besonders bei tiefen Temperaturen.
Die sind allerdings zz. noch nicht in Sicht.
Aber es wird jetzt immer kälter.
Heute Nacht fällt viel Regen, besonders im Süden und Norden.
Der Wind kommt noch aus Südwesten,
an der Nordsee hat er aber schon auf Nordost gedreht.
Deswegen liegen die Tiefsttempera- turen dort zwischen 4 und 2 Grad.
Morgen tagsüber wird's kaum milder.
Heiligabend beginnt mit sehr viel Regen,
mit stürmischem Wind über der Schwäbischen Alb
und dem Schwarzwald.
In Norddeutschland ist das ein Nordwind,
der zwei Konsequenzen hat:
Zum einen werden die Wolken hier am Nachmittag auseinander gerupft
und in den Mittelgebirgen wird der Regen
oberhalb von 300 bis 500 m zu Schnee.
Schnee und Schneeregen ziehen morgen weiter in Richtung Alpenrand.
Dort schneit es also heftig.
Es können bis zu 20 cm Neuschnee zusammenkommen.
Nach dem 2. Feiertag beruhigt sich das Wetter
und von Nordwesten wird es stürmisch und regnerisch.