Podcast #31: Was die EU-Ratspräsidentschaft für die Bundeswehr bedeute... (1)
Delta to all, Radiocheck, over.
Hier ist Bravo, kommen.
This is Tango, over.
Funkkreis, Podcast der Bundeswehr.
A: Es gibt Kameraden, die reden deutsch, es gibt deutsche Kameraden die reden halt französisch,
aber mit Händen und Füßen klappt das in allen Dienstgradebenen.
B: Zum Beispiel in Holland, Unterschiede im Dienstgrad, sind schon wichtig, aber wir sind
ein bisschen lockerer, in Frankreich sind die nicht locker.
C. Uns ist es wichtig das wir alle mitnehmen und einen Weg definieren den alle
EU-Mitgliedstaaten mitgehen wollen.
F1: Am 1. Juli hat Deutschland die EU-Ratsmitgliedschaft
übernommen, das ist das erste Mal seit 13 Jahren.
Die EU Staaten wechseln sich nämlich
alle halbe Jahre ab. Weil das also etwas besonderes ist, haben wir heute auch einen besonderen
Podcast, nämlich mit gleich drei Gesprächspartnern.
Sie berichten über ganz unterschiedliche
Seiten dieses Themas.
Meine Kollegin Jasmin Brünnecke spricht mit einem Spieß
vom deutsch-französischen Versorgungsbataillon.
Ich selbst, Barbara Gantenbein, spreche mit der Referatsleiterin,
die im Verteidigungsministerium für die Ratspräsidentschaft zuständig ist.
Und mein Kollege Hauptmann Lehna
hat einen niederländischen Kompanie-Einsatzoffizier am Telefon. Der dient in einer deutsch-niederländischen
Einheit und berichtet, was das im Alltag bedeutet.
Matthias ich bin ganz gespannt wie dein Gesprächspartner
diese europäische Zusammenarbeit erlebt.
F2: Vielen Dank Barbara. Ich hab Berent Becker
in der Leitung. Er ist Soldat in einer Pionierkompanie.
B: Guten Morgen Matthias.
F2: Ja hallo Berent. Schön das du gerade Zeit hast. Sag mal, von wo telefonierst du
eigentlich jetzt gerade?
B: Ich telefoniere jetzt gerade von Wezep aus.
Wezep ist ein kleines Dorf, ungefähr 50 Kilometer entfernt von der deutschen-niederländischen
Grenze und 80 km entfernt von Utrecht in Holland.
F2: Für alle Zuhörerinnen und Zuhörer,
wie man vielleicht auch am Akzent hören kann und jetzt auch nach der Ortsbeschreibung,
ist Berent Niederländer, genauer gesagt ein niederländischer Soldat der 43. mechanisierten
Brigade, die Teil der 1. Panzerdivision ist. Das ist eine Besonderheit, die interessant
ist Berent. Kannst du ein bisschen mehr dazu erzählen?
B: Ja genau, wir sind mit unserer ziemlich neuen Kompanie „MREC“ Multirole Engineer
Company, unserer Einheit hat so Pionier Aufklärungstruppen,
Advanced Search Truppen, das sind so Leute
die ganz gut Sachen durchsuchen können auch bei Nacht, Search Operations machen können.
Wir haben auch ABC-Abwehrtruppen in unserer Kompanie, da bin ich mit meiner Kompanie Teil
des Panzerpionierbataillons. Unser Bataillon ist dann wieder Teil der 43. mechanisierten
Brigade und unsere Brigade dann wieder Teil der 1. Panzerdivision.
F2: Die wiederum Teil des deutsch-niederländischen Korps ist. Hier haben wir ein Beispiel dafür,
dass die Niederländer die ihre Panzereinheiten die sie haben, ihre einzigen Panzereinheiten
komplett in eine deutsche Division vereinen. Das Rahmennationenkonzept dazu sieht nämlich
vor, dass Fähigkeiten die einzelne Armeen von kleineren Staaten nicht haben, kombiniert
mit anderen Staaten zusammengeführt werden und sich ergänzen. Und das heißt aber auch
Berent für dich das du mit Deutschen zusammen übst?
B: Genau das stimmt, ja. Wir haben zum Beispiel letztes Jahr Truppenübungsplatz Klietz haben
wir zusammen geübt mit Panzerbataillon 414, das ist auch ein deutsch-niederländischer
Panzerbataillon weil wir in Holland, in Niederlande, eigentlich keine eigenen Panzer haben. Seit
einigen Jahren. Das hat was mit Geld zu tun damals und weil natürlich Panzer, ganz wichtig
sind im Gefecht haben wir doch wieder die Zusammenarbeit gesucht mit euch, mit Deutschland.
Deswegen gibt es dann zum Beispiel Panzerbatallion 414 und wir haben dann auch in Klietz als
Panzerpionier zusammengearbeitet bei der Verteidigung das war da das Thema genau.
F2: Diese Zusammenarbeit gibt es nicht nur beim Heer, die ist auch bei der Marine sehr
stark also jetzt in Bezug auf euch Niederländer und auch bei der Luftwaffe. Auch da gibt es
verschiedene Kooperationen und Zusammenarbeiten die über ein loses Bündnis hinausgehen.
Kannst du mir nochmal erzählen wie das eigentlich ist, diese Integration in der 1. Panzerdivision.
Du wirst auch auf Lehrgänge geschickt, auf deutsche Lehrgänge, da habe ich dich ja unter
anderem kennengelernt beim Taktiklehrgang 1 im letzten Jahr Dezember in Dresden und
das ist für dich auch normal. Du bist öfter bei Lehrgängen in Deutschland. Kannst du
dazu etwas sagen?
B: Ja genau mit dir waren gute zwei Wochen übrigens.
Wir waren in Dresden, ich hab da viel gelernt. Das ist, glaube ich, auch ganz wichtig in
dieser internationalen Zusammenarbeit, dass wir auch zusammen Lehrgänge machen, besser
verstehen wie wir denken, wie wir operieren, was für euch wichtig ist, was für uns wichtig
ist, dass wir einander besser verstehen, um dann besser üben zu können und letztendlich
natürlich auch im Einsatz besser zu wissen wie man am besten zusammenarbeiten kann. Ich
war dann damals in Dresden, aber es gibt verschiedene Kurse die wir von Holland aus, die Niederländer
zusammen mit euch machen und auch das deutsche Soldaten nach Holland kommen, in die Niederlande,
zum Beispiel ABC-Abwehr in meiner Kompanie im Moment. Wir machen oft mit euch mit, weil
das eigentlich einfacher ist. Ihr habt eigentlich auch viel Erfahrung und wenn wir das dann
zusammenbringen, dann werden wir alle besser und besser und wissen, wie wir besser
zusammenarbeiten können, genau.
F2: Genau, ja du sprichst da einen interessanten
Punkt an es geht dabei nicht nur darum um zusammenführen von Kräften und Mitteln,
sondern es geht ja auch um das Zusammenführen und Zusammenwachsen verschiedener Mentalitäten.
Jetzt muss ich aber gestehen, es ist bei dir recht einfach gewesen. Auch in den zwei Wochen
Lehrgang in Dresden war das schon sehr einfach mit dir weil wir keine Sprachbarriere hatten,
man hört ja du kannst ja sehr gut Deutsch sprechen das hat ja enorm geholfen auch im
zwischenmenschlichen Zusammenarbeiten. Hast du da auch andere Erfahrungen mal gemacht,
auch mit anderen Partnern das heißt jetzt nicht Deutschland, sondern auch mit, weiß
nicht, mit Belgien oder sonst wie. Wie empfindest du das Arbeiten auf multinationaler Ebene?
B: Im Grunde genommen ist es natürlich sehr gut, dass wir hier zusammen arbeiten, aber
man sieht schon, höhere Offiziere die können meistens ziemlich gut Englisch oder Fremdsprache.
Aber auf taktischer Ebene, wo es eigentlich drauf ankommt, dann sieht man natürlich doch
oft, das haben wir zum Beispiel in Mali oft gesehen, da haben wir oft viel zusammengearbeitet
mit den Franzosen, das ist natürlich schwierig. Ich kann nicht so gut französisch, die meisten
meiner Einheit auch nicht und die Franzosen können auch oft nicht so gut Englisch. Dann
merkt man schon schnell das Kommunikation schwierig wird. Aber auf Gruppenebene oder
Zugebene, Kompanie auch Bataillon glaube ich, dann funktioniert das schon einigermaßen.
Brigade wahrscheinlich auch, aber so Soldaten da ist es natürlich schwierig das die dann
auch zusammen arbeiten.
F2: Das ist eine wichtige Sache die du ansprichst
soweit ich das große und ganze Konzept verstanden habe ist ja auch nicht die Absicht, dass man
bis in die Gruppenebene hinein eine multinationale Vermischung haben möchte und dass es dann
im taktischen Klein-Klein da zu Problemen kommt, sondern wir bleiben ja auch auf der
Ebene Verbände, Brigade jetzt in dem Fall bei dir aufwärts und davon gibt es ja sehr
viele Beispiele. Es gibt ja auch im multinationalen Korps Nord-Ost in Stettin die Integration
der 41. Panzergrenadierbrigade mit der 10. Panzerbrigade polnisch und da gibt es ja viele
Beispiele. Ich zum Beispiel habe auf einer multinationalen simulierten Divisionsgefechtsübung
in Grafenwöhr letztes Jahr mit Tschechen zusammengearbeitet, die dann auf der Divisionsstabsebene
auch ihre Verbindungsoffiziere abgestellt haben und da muss ich schon gestehen, das
klappte erstaunlich gut. Es ist auf jeden Fall erfreulich, wie bei dir jetzt einen Fall
zu haben, dass man eine sehr schnelle Verständigung hat, weil die Sprachbarriere weg ist.
B: Nicht nur Sprache, nicht nur military position making process was natürlich in Holland schon
ein bisschen anders ist zum Beispiel, sogar in Holland Unterschiede Dienstgrad sind schon
wichtig, aber wir sind da vielleicht ein bisschen lockerer. In Frankreich sind die nicht locker,
in Amerika sind die auch nicht so locker. Ich hab schon erlebt in Afghanistan sehen
die, wie ich dann mit einem Soldaten einfach ein bisschen quatsche und rede und die gucken
mich dann an und denken „Was macht dieser Offizier, was macht der überhaupt?“ Das
ist nicht normal für die Amerikaner und auch dort sieht man Unterschiede, kulturelle Unterschiede,
wie man dann so zusammenarbeitet.
F2: Das stimmt, ja das ist ein wichtiger Punkt.
Deswegen wird ja auch die Zusammenarbeit vertieft, indem man unter anderem die Offiziere mindestens
gegenseitig in die Länder schickt zu den Lehrgängen wie es bei dir ja auch der Fall
war und so wie es die Bundeswehr ja auch macht. Und diese binationalen Programme gibt es ja
zu Hauf. Ich zum Beispiel hatte bei einem Einzelkämpferlehrgang auch einen Niederländer,
der sich mit mir vier Wochen durch die deutschen Mittelgebirge gequält hat und das schweißt
zusammen. Das kann ich garantieren.
B: Genau.
F2: Vielen Dank Berent für deine Zeit gerade und für das Gespräch. Was steht bei dir
als nächstes an?
B: Wir haben heute eine Besprechung für eine
Übung am Ende des Jahres Iron Wolf in Litauen wo wir mit unseren ABC-Abwehrkräften zusammen
mit deutschen ABC- Abwehrkräften diese Übung mitmachen. Das passt zum Thema, das ist eigentlich
ganz schön. Das ist eigentlich das, was wir gleich machen. Eine Besprechung über das,
was wir da machen können, mit wie vielen Leuten wir dahin gehen und auch wie wir zum
Beispiel in unseren Funksystemen, wie wir damit kompatibel werden
um mit euch da überhaupt funken zu können.
F2: Vielen Dank Berent.
B: Danke Matthias, tschüss.
F2. Von der Truppenebende der deutsch-niederländischen
Zusammenarbeit übergebe ich an die ministerielle Ebene. Barbara wie schaut es bei dir aus?
F1: Danke Matthias. Ich habe jetzt Dr. Benedikta von Seherr-Thoß am Telefon. Sie leitet das
Referat, das im Verteidigungsministerium für die Ratspräsidentschaft zuständig ist.
Und sie erklärt, was die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft politisch für uns bedeutet.
Guten Tag Frau Dr. von Seherr-Thoß.
C: Hallo, ich grüße sie.
F1: Ich grüße sie auch. Ich bin froh, dass sie Zeit haben für uns heute.
Können sie mir denn bitte mal erzählen,
welche Chancen sind denn für Deutschland und auch für das
Verteidigungsministerium mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft verbunden?
C: Ja sehr gerne. Die Ratspräsidentschaft ist natürlich für jedes Land, das sie inne
hat, eine riesige Chance sich gestaltend einzubringen und wichtige Politikbereiche voranzubringen,
die EU insgesamt voran zu bringen und das ist genau das, was wir auch tun wollen. Die
Erwartung in Deutschland war natürlich schon vor der COVID-Krise riesig groß. Das liegt
zum einem daran, dass Deutschland natürlich ein Land ist – stärkste Wirtschaftskraft
in Europa mit viel politischem Gewicht – gleichzeitig sind wir auch der erste große Mitgliedsstaat
seit 2014 der die Ratspräsidentschaft innehatte und insofern gibt es in uns viele Hoffnung,
dass wir bestimmte Themen vorantreiben und mit der COVID-Krise ist, sind die Erwartungen
natürlich noch viel größer geworden. COVID hat, und das wissen wir ja alle, nicht nur
unser Leben sondern auch die Ratspräsidentschaft auf den Kopf gestellt und eine völlig neue
Ausgangslage geschaffen und ja ich glaube insgesamt geht es natürlich für uns darum,
dass wir uns erstmal der Krisenbewältigung widmen. Da geht es viel um den Bereich Gesundheit
aber es geht auch um die Frage wie können wir Europa aus der Krise heraus führen. Alle
haben sicherlich das Stichwort Wiederaufbau-Fond gehört. Das ist natürlich der wirtschaftliche
Bereich. Aber insgesamt wird es darum gehen, dass wir Europa zurück in eine gute Post-COVID-Zukunft
führen und das ist auch das, was das Verteidigungsministerium
und unsere Ministerin sich vorgenommen hat.
F1: Und welche Ziele hat die Verteidigungsministerin jetzt im Bereich Sicherheit und Verteidigung?
C: Also im Bereich Sicherheit und Verteidigung ist es ganz wichtig,
dass wir ein resilientes Europa haben.
Das heißt ein Europa, das widerstandsfähig ist, das reaktionsfähig ist und ein Europa,
das sich nach einer Krise auch schnell wieder erholen kann. Insgesamt wünschen wir uns
ein Europa, das als globaler Stabilitätsanker fungiert.
So müssen wir uns entsprechend aufstellen.
F1: Können sie mir ein oder zwei konkrete Vorhaben nennen?
C: Ja gerne. Also widerstandsfähig und reaktionsfähig
ist man natürlich nur, wenn man genau weiß, wie man dann auf die bestimmten Gefahren und
Herausforderungen reagieren muss und so ist eins unserer Vorhaben der so genannte strategische