Deutschlands PROBLEM mit CORONA-BONDS - VisualPolitik DE (2)
Ja, ist denn sowas möglich? Ja, ist es, absolut! Und in diesem Fall ist
dieser Freund die Europäische Union.
Tja, liebe Freunde, die Rede ist vom gefürchteten... Euro-Rettungsschirm! Dieser vergibt Darlehen
mit sehr niedrigen Zinssätzen an Euro-Staaten, die ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen
können.
Gut, jetzt fragt ihr euch sicher: Wo ist der Haken?
Nun ja, die wirtschaftlichen Kosten dieser Darlehen sind gering... dafür sind aber die
politischen Kosten sehr hoch.
Ok, wovon reden wir hier? Was sind politische Kosten?
Also, wenn die Europäische Union einen rettet, heißt dies im Grunde: "OK, wir geben Dir
das Geld quasi für umme, aber dafür will ich die Kontrolle darüber, was Du mit diesem
Geld anstellst. Denn Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!".
Nun, eigentlich kann man in diesem Fall gar nicht von Vertrauen reden. Und glaubt mir,
die Geschichte hat gezeigt, dass Europa sehr gute Gründe hat, den PIGS ganz und gar nicht
zu vertrauen.
Während Spanien zum Beispiel damals seine schlimmste Wirtschaftskrise durchmachte, leistete
sich Madrid eine unglaublich kostspiele Kandidatur für die nächsten Olympischen Spiele.
Ganz zu schweigen von all den "politischen Geschenken", riesigen Korruptionsaffären,
ungerechtfertigten Steuerprivilegien für "Amigos" und ihre Unternehmen und einer gewaltigen
Schattenwirtschaft. Und je größter die Schattenwirtschaft eines Landes, desto kleiner ist die Fähigkeit
des Staates, Steuern einzutreiben. Allein Italien entgehen dadurch über 100 Millarden
Euro jährlich.
Tja, und in Italien sitzt außerdem noch die Mafia an jeder Ecke und lauert nur darauf,
ihren Schnitt durch überteuerte Aufträge, Subventionsbetrug und jede andere nur erdenkliche
Art der Veruntreuung öffentlicher Gelder zu machen - natürlich mit Hilfe eines weit
verzweigten Netzwerks korrupter Politiker.
Mit anderen Worten: Das Allerletzte, was spanische, italienische und französische Politiker wollen,
ist, dass aus Brüssel wieder die "Men in Black" anrücken und überall ihre Nase reinstecken.
Das waren jene bösen Bürokraten und Prüfer, die den armen PIGS-Politikern damals verschreiben
wollten was sie tun und lassen haben, damit sie ihren finanziellen Schweinestall ausgemistet
bekommen.
Nein, sowas mögen die stolzen Politiker dieser Länder gar nicht.
Und in genau diesem Moment kam die Europäische Kommission, unterstützt von Spanien und Italien,
auf eine grandiose Idee:
Europäische Kommission schlägt Euro-Bonds als Waffe gegen die Krise vor
Was war damals der Hintergrund? Nun, Investoren hatten damals keine besonders große Lust,
den PIGS Geld zu leihen, da ihr Vertrauen in die Finanzpolitik und Zahlungsfähigkeit
dieser Staaten nicht mehr allzu groß war. Dem leistungsfähigen und verlässlichen Deutschland
warfen sie ihr Geld jedoch mit Freude hinterher. Wieso also nicht beide Extreme miteinander
vermischen, um einen erträglichen Kompromiss zu finden?
Euro-Bonds wären Anleihen, die Schulden von sehr kreditwürdigen und weniger kreditwürdigen
Ländern miteinander kombinieren würden.
Mit anderen Worten würde es sich also um ein fest verschnürtes Paket handeln, im dem
die schlechten Schulden unter den guten Schulden quasi versteckt werden.
Denkt mal einen Moment darüber nach: Für ein zahlungsunfähiges Land sind Euro-Bonds
das Beste aus beiden Welten: Niedrige Zinsen und kaum politische Kosten.
Na, das sind alles nur Vorteile! Was für Probleme gibt's denn damit?
Nun, das Problem ist, dass Euro-Bonds im Grund auf demselben Mechanismus beruhen, der die
Welt 2008 in die Finanzkrise geführt hat: die geniale Idee einiger profitgelier Banker,
gute Hypotheken solventer Schuldert mit jenen toxischen Hypotheken, deren Schuldner diese
nie würden zurückzahlen können, in gut verschnürten, vollkommen intransparenten
Paket zu bündeln und diese Pakete dann an den nächstgrößeren Dummen zu verkaufen.
Dann die toxischen Hypotheken alleine hätte ihnen ja niemand abgekauft. So konnten sie
sich die Welt jedoch schönrechnen. Und da die Schuldenbündel schön komplex und untrennbar
waren, konnte man sie quasi mit Phantasiepreisen versehen, die keiner richtig überprüfen
konnte. Was zählte war nur der Glauben und das Marketing.
Dies führte natürlich dazu, dass eine Bank nun gar keine Hemmungen mehr hatte, viel zu
große Kredite an Menschen zu vergeben, von denen sie wusste, dass sie diese nie würden
zurückzahlen können. Denn sobald der Kreditvertrag abgeschlossen war, wurde er in ein dicht verschlossenes
Paket mit anderen Krediten gepackt und weiterverkauft. Die Bank bekam so schnell wieder ihr ganzes
Geld zurück und konnte schön Boni an ihre Banker auszahlen.
Nun, und das funktionierte eben nur solange gut, bis der Vorrat an nächstgrößeren Idioten,
die bereit waren, diese Mogelpackungen abzukaufen, erschöpft war.
Dann platzte diese ganze Illusion, und ich kann Euch sagen: das war damals eine wirklich
vertrackte Krise. Denn überall, in den Büchern aller möglichen Banken, lagen diese Kreditbündel
rum, von denen nun gar keine mehr wusste, wieviel sie eigentlich wert waren. Keiner
vertraute mehr keinem. Und niemand wusste, wie lange es dauern würde, dieses ganze Schlammassel
wieder zu entflechten, die guten von den schlechten Krediten zu trennen und dann irgendwann wieder
mit dem normalen Kreditgeschäft weitermachen zu können.
Denn wenn die Kreditwirtschaft still seht, dann meine lieben Zuschauen, ist das Geschrei
groß: Unternehmen können nicht planen und investieren, Innovation kommt zum Erliegen,
neue Häuser und Wohnungen können nicht mehr gebaut und alte nicht mehr renoviert werden,
die Welt wird komplett ausgebremst.
Tja, und genau dieses Horrorszenario haben auch die wirtschaftsstarken Länder der Euro-Zone
vor Augen, denn sie wissen, dass am Ende sie die ganze Rechnung begleichen müssten, wenn
die finanziell schwachen Länder die mit den Euro-Bonds gemachten Schulden irgendwann nicht
zurückzahlen können oder wollen.
All dies erklärt, warum - als Brüssel mit der Eurobond-Idee ankam, Deutschland, die
Niederlande und Finnland sagten: "Nicht mit uns! Sucht Euch einen anderen Dummen!"
Das war damals, aber jetzt ist Situation wieder anders: Wir befinden uns mitten in der Corona-Krise.
Und das Gespenst der Euro-Bonds geht in Brüssel wieder um.
Was genau ist jetzt anders? Nun, das werden wir gleich sehen.
TRANSPARENZ? NEIN, DANKE!
In einer Hinsicht ähnelt die Corona-Krise der Schulden-Krise von 2008: Sie tirfft so
gut wie jedes Land rund um den Globus... wobei die Reaktionen einzelner Länder durchaus
unterschiedlich ausfallen. Italien, Spanien und auch Frankreich erlebten einen schweren
Schock, schwere Zusammenbrüche der Krankenversorung und gingen in einen lang anhaltenden, wirklich
radikalen Lock-Down, der die Menschen dort wirtschaftlich und psychisch extrem stark
belastet. In Deutschland, Tschechien und Österreich
fiel die Panik gemäßigter aus, die Gesundkeitssysteme hatten keinerlei Probleme mit der Krankenversorgung
und diese Länder fangen nun auch damit an, die Lock-Down-Maßnahmen zu lockern und die
Wirtschaft zur Normalität zurückzuführen.
Und nein, ob ein Land in der Corona-Krise im totalen Desaster endete oder nicht hat
nichts damit zu tun, ob es reich ist oder nicht!
So sind beispielsweise Tschechien oder Polen ärmer als Spanien oder Italien, zumindest
war das noch vor der Krise so. Trotzdem hielten ihre Gesundheitssysteme stand und es gab dort
kaum mit COVID-19 in Verbindung stehende Todesfälle.
Tschechien hat als erstes europäisches Land nun offiziell angeküdingt, dass es die Quarantänemaßnahmen
ab sofort lockern wird, da die Reproduktionszahl des Virus unter den kritischen Schwellenwert
von 1 gefallen sei. Das Leben fängt also z.B. im frühlingshaft-sonnigen Prag bald
wieder an, seinen gewohnten Gang zu gehen und die Menschen können bereits einigermaßen
ausgelassen die Osterfeiertage genießen. Zumindest setzte der Sturm auf die Bau- und
Hobbymärkte ein, wie gewöhnlich vor Feiertagen. Auch wenn dieser Sturm diemal eher ein angestauter
Mega-Tsunami war. Und das ganz ohne Rabattaktion, weder auf Tiernahrung noch auf sonstwas. Gut,
kollabierende Baumärkte sind immer noch angenehmer als kollabierende Krankenhäuser.
Wärend dessen sieht es in Italien, Frankreich und Spanien aber ganz anders aus. Die Menschen
dort werden noch für längere Zeit in ihren Wohnung eingepfercht bleiben und diese nur
in einem extem begrenzten Radius und mit Ausnahmegenehmigungen, z.B. für den Einkauf einmal pro Woche verlassen
dürfen. Eine Situation, die psychisch und wirtschaftlich
nur sehr schwer auszuhalten ist. Es ist leider schon jetzt zu erwarten, dass vor allem Italien
nach der Krise als gebrochenes Land dastehen wird.
So trautig dieses Schicksal auch ist, müssen wir uns aber trotzdem die Frage stellen, ob
Spanien und Italien in dieser Krise nicht doch irgendetwas verdammt schlecht gemacht
haben.
Aber darüber haben wir bereits vor ein paar Tagen im Video über das Corona-Fiasko Spaniens
gesprochen.
Fakt ist, dass das Ergebnis der Corona-Krise, genau wie das der Finanzkrise von 2008, gigantische
Staatsschulden sein werden. Das BIP sinkt, die Steuereinnahmen sinken und die öffentlichen
Ausgaben steigen... Jeder Staat in Europa wird sich gewaltig neu-verschulden müssen!
Und hier kommt Brüssel zur Hilfe.
EZB kündigt 750 Milliarden Euro Pandemie-Notkaufprogramm (PEPP) an
Und wieder sprechen wir über eine Rettung mit geringen wirtschaftlichen, aber sehr hohen
politischen Kosten. Denn wenn die Europäische Zentralbank einem Geld leiht, will sie wissen,
wofür es verwendet wird, was in der Regel und zu unpopulären Ausgabenkürzungen führt.
So, und an dieser Stelle kommen wir nun zum ideologischen Part dieser Geschichte. Sowohl
Spanien als auch Italien haben in den vergangegen Jahren nämlich die Staatsausgaben in die
Höhe getrieben.
Im Falle Spaniens ist die Regierung eine Koalition von Sozialisten mit Podemos. Und Podemos ist
eine Partei, die 2014 entstand, um sich den Bedingungen der EU zur Rettung Spaniens entgegenzustellen.
Daher ist es nur schwer vorstellbar, dass gerade diese Regierung neue Bedingungen akzeptieren
würden. Mit anderen Worten, der spanische Premierminister Pedro Sánchez könnte vor
einem Dilemma stehen: entweder er wechselt den Koalitionspartner oder er ruft Neuwahlen
aus. Die erste Option wäre sehr schwierig. Bei der zweiten würde er riskieren, die Wahlen
zu verlieren und gar nicht mehr in die Regierung zu kommen.
Und interessanterweise ist die politische Situation in Italien der spanischen verdammt
ähnlich. Dort sitzt die Fünf-Sterne-Bewegung. Auch sie ist eine weitere politische Partei,
die aus dem Widerstand gegen die Bedingungen des EU-Rettungsschirms entstanden ist. Und
heute sitzt sie in der Regierung. Daher wird auch diese Regierung die "Men in Black" nicht
willkommen heißen wollen.
Mit anderen Worten: dass es sehr wahrscheinlich ist, dass sowohl Spanien als auch Italien
Neuwahlen ausrufen müssten.
Und natürlich ist angesichts ihres epochalen Versagens beim Managen der Corona-Krise zu
erwarten, dass sie diese Wahlen verlieren werden. Die einzige politisch tragfähige
Lösung, die diese Parteien haben, um an der Macht zu bleiben ist also folgende:
Die Corona-Bonds könnten ganz Europa retten und vereinen
Mit anderen Worten, sowohl die spanische als auch die italienische Regierung wollen Europa
gegenüber nicht rechenschaftspflichtig sein. Sie wollen von anderen gigantische Hilfsleistungen
in Empfang nehmen können ohne selbst Kompromisse eingehen zu müssen.
Und so kam es zu dieser äußerst angespannten Videokonferenz der EU-Spitzen. In der Tageszeitung
El País gibt es eine Abschrift der kritischsten Momente. Dort können wir nachlesen, wie Spanien
Coronabonds als einzig mögliche Lösung präsentierte. Alternativlos.
Und Merkel - ihrerseits hervorragend geübt im Umgang mit der Vokabel "alternativlos"
- sagte in eher versöhnlichem Ton Folgendes:
Ich glaube, dass wir mit dem ESM ein Kriseninstrument haben, das uns viele Möglichkeiten eröffnet,
die nicht die Grundprinzipien unsers gemeinsamen und jeweils verantwortlichen Handels infrage
stellt. Wenn es die Corona-Bonds sind, auf die Sie
warten, werden sie nie kommen. Mein Parlament würde es nicht akzeptieren. Sie wecken Erwartungen,
die nicht erfüllt werden, und senden Botschaften der Spaltung.
So gibt es nun zwei Sichtweisen. Die spanische und italienische Presse stellt die Nordeuropäer
als unsolidarische Egoisten dar, die dem erneut und diesmal in nie dagewesenem Ausmaß gebeutelten
Süden nicht helfen wollen.
Wenn man jedoch genauer hinsieht, erkennt man, dass es sowohl der spanschen also auch
der italienischen Regierung vor allem darum geht, um jeden Preis Neuwahlen zu vermeiden.
Denn diese würden sie den Kopf kosten.
Kurz vor dem Osterwochenende einigten sich die EU-Finanzminister schließich im zweiten
Anlauf auf ein 500 Milliarden Euro schweres Hilfspaket, das vor allem jenen EU-Staaten
zukommt, die von den finanziellen Folgen der Corona-Pandemie überfordert sein könnten.
D.h. im Klartext vor allem Italien und Spanien. Sie bekommen ESM-Rettungsschirm-Kredite in
Höhe von 240 Milliarden Euro für ihre Staatshaushalte, außerdem von der Europäischen Investitionsbank
200 Millarden Euro an Unternehmenskrediten und 100 Millarden Euro über das EU-Kurzarbeiter-Programm.
Nach der Einigung sollen die Teilnehmer euphorisch applaudiert haben. Und das obwohl Rom und
Madrid im Vorfeld die Rettungsschirm-Kredite oder gar die Bedingung, die Corona-Schulden sollten
mittelfristig wieder abgebaut werden, als vollkommen inakzeptabel abgelehnt hatten.
Denn obwohl sie ihre Euro-Bonds nicht bekommen haben, wurde aus Insider-Kreisen nun bekannt,
dass die ESM-Kredite nur an sehr, sehr schwacke Auflagen geknüft sein werden - schon gar
nicht an irgendwelche wirtschaftspolitischen Reformen.