heute journal spezial vom 26.09.2021 - Ost/West/Jung/Alt nicht über einen Kamm scheren
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend, seit fast sechs Stunden sind die Wahllokale zu.
Wählerinnen und Wähler haben ihr Recht ausgeübt,
ihre Pflicht getan.
Ihr Votum abgegeben.
Damit steht noch keine Regierung.
Die wird ausgehandelt.
Von Grünen und FDP - entweder mit Laschet/Söders Union.
Oder mit Scholz' SPD.
Damit ist die Wahl gelaufen, und das letztlich Entscheidende weiter offen.
Die Zahlen hat Matthias Fornoff:
MF: Wir haben eine neue Hochrechnung,
die arbeitet mit einem großen Teil bereits ausgezahlter Wahlbriefe.
Die Zahlen aktuell:
-8,7 Punkte für die CSU/CDU.
Die SPD liegt vor der Union.
Er stabilisiert sich, es könnte noch größer werden, sagt man.
AfD verliert 2 %.
Die Grünen bei 14,3 % mit deutlichen Gewinnen.
Was heißt das für die Bildung einer Regierung.
Für Rot-Grün reicht es nicht,
für Schwarz-Grün auch nicht.
Falls Die Linke drin ist, schaffen sie es trotzdem nicht.
Jamanka: Union, Grüne und FDP würde es auch noch schaffen.
Man kann Deutschland
Ost/West/Jung/Alt nicht über einen Kamm scheren.
Was weiß man schon Genaueres?
MF: Das ist eine spannende Frage.
Wir haben dazu gute Analysedaten, die erklären,
warum wer stark verloren oder gewonnen hat.
Wir schauen auf das Alter und schau- en uns die jüngere Altersgruppe an.
Bei den unter 30-jährigen hat die Union 11 % erhalten
und 13 Prozentpunkte verloren. Das ist einschneidend.
Die Grünen kommen auf 22 %.
Bei den über 60-jährigen,
CDU/CSU 34 %, sie verliert auch in der Gruppe,
ihrem klassischen Klientel, sieben Punkte.
Die SPD wird die stärkste Partei.
Plus elf Punkte, das war so nicht erwartbar.
FDP 8 %, die Grünen, selbst bei den über 60-jährigen,
Zugewinn mit 9 %.
Ost-West ist auch ein Thema.
Nicht erschrecken lassen von den Zahlen.
Es ist viel.
Ich versuche uns dadurch zu navigieren.
Hier sehen wir die Westseite und für die Ostseite.
Viel stärker als im Osten für die Union. Die SPD ungefähr gleich.
Die AfD im Osten viel stärker als im Westen.
Die Grünen stärker als im Osten.
Man sieht, es ist noch keine Einheit beim wählen
und im politischen Verständnis entstanden.
Da wird viel zu analysieren sein in den nächsten Tagen, danke Matthias.
Daniel Pontzen fasst Tag und Abend
mit Stimmungen und wesentlichen Aussagen zusammen.
Es dauerte nicht lange nach bekannt werden der ersten Prognose -
Es begann die Fortsetzung des Wahlkampfs mit anderen Mitteln.
Als sie Stimmen abgegeben worden sind,
ging es rastlos über zur nächsten Etappe.
Wie lässt sich ein Regierungsauftrag ableiten?
Bei der Partei die so weit hinten gelegen hatte, klang das so:
ich habe schon immer gesagt, dass ich finde,
dass es große Schnittmengen gibt zum Beispiel,
aber es wird nicht alleine reichen,
deswegen wird es zu dritt sein müssen.
Das wird sich in kurzer Zeit klären.
Mein Wunsch ist konstruktiv mit Beachtung all der Punkte
der Parteien eingebracht wird.
für die Union war der Wahlabend ein Spiegelbild des Wahlkampfs.
Die Frage stand im Raum, als CDU und CSU sich einig sind?
Ob das Ergebnis immer noch als Regierungsauftrag anzusehen sei?
Spätes Teamwork.
Wer Bundeskanzler in Deutschland wird, muss es schaffen,
unterschiedliche Fraktionen des Deutschen Bundestages
zusammenzubringen und am Ende eine Mehrheit zu haben.
Das war in allen 70 Jahren der Bundesrepublik so.
Nicht immer war die Partei, die auf einen war,
die, die den Kanzler stellte.
Es gab lange dieses Modell Rot-Rot- Grün.
Das hat heute eine klatsche bekommen.
Dieses Misstrauen ist indirekt einen gegen Olaf Scholz,
denn er hat diese Idee favorisiert.
Kein Bündnis ist rückwärtsgewandt,
sondern es muss stabil und vorwärtsguckend sein.
Und mit und das war eine der wenigen frühen Gewissheiten des Abends -
mit einer sehr zufriedenen und einer sehr unzufriedenen Partei.
Bei den Grünen gelang es nicht bei allen.
Aufwertung gab es ausgerechnet durch die FDP,
die das Ergebnis so interpretierte:
Etwa 75 % der Deutschen
haben die Partei eines nächsten Kanzlers nicht gewählt.
Deshalb könnte es ratsam sein, dass die Parteien,
die gegen den status quo der großen Koalition Wahlkampf gemacht haben,
die aus einer unterschiedlichen Perspektive heraus diesen Status Quo
überwinden wollten, dass Grüne und FDP zuerst mit einander sprechen.
wir haben in den letzten Tagen deutlich gemacht, Robert Habeck
und ich, die Logik dass es einen gibt der alle anruft -
Dass diese Logik nicht gut tut unserem Land. Es ist
sinnvoll dass mehrere Parteien miteinander sprechen.
Nicht mitreden wird die linke.
Die Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung früh zerstoben
und verdrängt von der Sorge, die Fünf-Prozent-Hürde zu reichen.
Ich würde sagen, es gibt einen deutlichen Widerspruch in dem,
dass wir durchaus die soziale Frage stellen.
Es geht um sozialen Zusammenhang in unserer Gesellschaft.
Die AfD gab sich trotz deutlicher Verluste zufrieden.
Man hat uns ja prognostiziert,
dass die AfD eine Eintagsfliege im Bundestag ist und dass man uns
wieder aus dem Bundestag hinaus wirft. Das haben wir widerlegt.
Widerlegt hat vor allem er viele,
die seinen Anspruch aufs Kanzleramt belächelt hatten.
Der Mann, der wie Vize Kevin Kühnert sagte, manchmal schlüpfrig grinsen,
aber nie an der falschen Stelle lachte.
Theo in der Hochrechnung über die wir gerade gesprochen haben,
tut sich etwas interessantes:
der Abstand zwischen Union und SPD wird größer.
Die Forschungsgruppe Wahlen hatte das Gefühl,
es könnte noch weiter wachsen.
Gestern noch hatte die CSU gesagt,
wenn der Abstand zu groß ist,
dann wird das nichts mit unserer Regierungsbeteiligung,
dann ziehen wir uns raus und lassen nicht verhandeln.
Im früheren Abend hatte es sich harmloser angehört.
Wenn es Richtung 2 % geht, wie ist es da mit der Loyalität der CSU?
TK: Zunächst mal haben sie das abgeräumt diese Position.
Ich wäre überrascht,
wenn es sich durch den breiter werdenden Abstand noch mal verändert
Insgesamt scheint es so zu sein,
dass sich die Erkenntnis breitmacht,
dass man in einer neuen Parteien Welt ist.
Dass es keine dominanten großen Parteien ergibt.
Dass es in einer solchen Situation,
wo man Dreierbündnisse schmieden muss, auch nicht so relevant ist,
ob man auf Platz eins oder zwei ist.
Da muss man nicht die historischen Vorbilder sehen,
wo Parteien, Beispielsweise 69,
wo man mit mehr als 3 % zurücklag dennoch den Kanzler gestellt hat.
Wir sehen,
es ist eine neue Parteienlandschaft mit vielen kleineren Parteien.
Da ist es dann nicht mehr so relevant.
Nun spürte man in den letzten Tagen und Wochen eine wachsende Wut
in München über die unzureichende Performance des ungeliebten Laschet.
Der rettet sich in Koalitionsverhandlungen
und dann möglicherweise ins Kanzleramt.
Das Scherbengericht auf das sie so scharf waren
kann dann nicht mehr stattfinden.
Ja, er wird, das hat er angekündigt,
die Regierungsverhandlungen
von der Position als Parteivorsitzender führen.
Wenn ihm das nicht gelingt, hat er ein Problem.
Dann bleibt nur noch der Fraktionsvorsitz.
Da läuft jetzt seit geraumer Zeit ein nicht geklärte Machtkampf.
Ralf Brink möchte das bleiben, Interesse wird auch Spahn, Merz,
Röttgen nachgesagt.
In jedem Fall hätte der CSU-Chef ein Veto.
Sonst ist die CSU von ihren harten Kanten zurückgeschreckt.
Das könnte aber im Ergebnis bedeuten,
wenn er nicht Kanzler wird,
dann droht das Schicksal von Martin Schulz.
dann droht das Schicksal von Martin Schulz. Zum Schluss war
er ohne alles.
Das ist ein Blick nach vorne,
wie werden diese Verhandlungen loslaufen?
Das war hochinteressant heute zu hören in der kleinen Dankesrede
heute am Abend von Armin Laschet.
Er hat sehr deutlich gemacht,
dass in einer Dreierkoalition alle ihren Raum brauchen.
Das könnte im Zweifel aber deutlich zulasten der Union
und der Union Programmatik gehen.
Die Union müsste dann Grünen und FDP ein besonderes und besseres Angebot
machen als das Angebot einer Ampel mit Olaf Scholz zu machen.
So hat er in NRW nur mit einer Stimmenmehrheit lange
und effizient regiert.
Letztlich fällt die Entscheidung bei den Grünen.
Und bei der FDP.
Wer bekommt wo wie viel, um sich zu entscheiden für die Ampel
oder für Jamaika.
Interessante Aussichten,
Dankeschön Theo.
Vergessen wir über der Bundestagswahl
nicht die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin,
Matthias, auch da haben wir jetzt gesicherte Zahlen?
MF: Die Zahlen sind belastbar,
hier kommt die neue Hochrechnung für Berlin.
Die SPD ist hier in Berlin recht deutlich stärkste Partei
vor den Grünen und der CDU.
Was heißt das für das bilden einer Regierung in Berlin für einen Senat?
Was ist die Linie, die überschritten werden muss.
Drei Konstellationen sehen wir.
Das amtierende Bündnis käme über diese Hürde.
Die Ampel ebenfalls.
Aber auch Jamaika hat es wieder ins Berliner Abgeordnetenhaus geschafft.
Jetzt sind wir in Schwerin.
8,7 Punkte dazu für die SPD.
Die beiden letzteren, das habe ich versucht zu sagen,
sind wieder im Schweriner Landtag vertreten.
Wer hätte in der Konstellation eine Mehrheit unter Führung der SPD?
Das amtierende Bündnis könnte weitermachen.
Die SPD könnte auch die Linke zum Partner nehmen
oder eine Ampel bilden.
Manuela Schwesig hat drei Optionen zum Regieren.
Und sie ist gleichzeitig die Frau,
die heute die höchste Punktzahl erreicht hat
in allen Wahlen.
Ausgerechnet in der deutschen Hauptstadt, auf die natürlich heute -
am Ende der Ära Merkel - auch die Weltpresse schaut.
Versumpfte der hohe Tag der Demokratie
in Berlin-typischer Peinlichkeit.
Arm und ziemlich unsexy, berichtet Jürgen Kehl.
Ein Spitzenkandidat beim "Urnengang".
Das gehört zu den Ritualen eines jeden Wahlsonntags.
Auch heute früh in Aachen.
Armin Laschet scherzt noch über das Wetter,
dann geht es ab in die Wahlkabine.
Stimmzettel ausfüllen, anschließend dann Fototermin.
Das Problem die Stimmzettel des Ehepaars Laschet
sind falsch gefaltet:
Die Kreuze für die CDU sind außen sichtbar,
ein Verstoß gegen das Gebot der geheimen Wahl.
Der Bundeswahlleiter meldet sich zu Ort.
Laschet hat also nicht geheim, aber gültig gewählt.
Und in Berlin
gibt es derweil erhebliche Probleme bei der Stimmabgabe,
Schlangen, sehr lange Schlangen.
Wer zu blöd ist einen Flughafen zu bauen,
der kriegt auch keine Wahl hin.
Marathon und Wahl an einem Tag ist desaströs.
Es ging offenbar einiges schief in der Hauptstadt.
Es klingt unglaublich,
in einigen Wahllokalen sind am Vormittag Stimmzettel ausgegangen,
andere haben Stimmzettel aus den falschen Bezirken geliefert bekommen
sodass Stimmen ungültig waren.
Und es dauerte teilweise sehr lange, bis die Nachlieferungen kamen,
weil zeitgleich hier in Berlin der Marathon stattgefunden hat
und die Transporter an Straßensperren hängen geblieben sind
Immerhin, einige Wahllokale bleiben auch bis nach 18 Uhr offen.
Berlin geht in die Verlängerung.
Morgen übernehmen Marietta und Heinz hier
für eine verdammt spannende Woche.
Ich schau mir das an - Sie auch.
Bald.
Bis Bald.