heute journal vom 01.09.2021 - Keine Auskunft - Impfabfrage am Arbeitsplatz; Kein Vergessen - Staatsakt für Flutopfer
Diese Untertitel sind live produziert.
"Und jetzt: das heute journal, mit Heinz Wolf und Marietta Slomka."
Guten Abend.
Im privaten Umfeld zu sagen "Ich bin geimpft"
ist für die meisten Geimpften eher eine Selbstverständlichkeit.
Schließlich können sich andere damit sicherer fühlen,
wenn man ihre Wohnung betritt oder gemeinsam am Tisch sitzt.
Und den Impfausweis bzw. QR-Code bei Auslandsreisen, im Kino
oder an der Eingangstür eines Pflegeheimes vorzuzeigen
ist für viele auch schon Normalität geworden.
Ob aber auch Arbeitgeber ihre Belegschaft fragen dürfen,
wer gegen Corona geimpft ist, steht auf einem anderen Blatt.
Mit wenigen Ausnahmen ist das bisher nicht erlaubt.
Die Bundesregierung hat heute bei der Verlängerung
der Corona-Arbeitsschutzverordnung
an dem Punkt noch keine Änderungen vorgenommen.
Bundesgesundheitsminister Spahn will aber prüfen,
ob eine solche Auskunftspflicht am Arbeitsplatz eingeführt werden kann.
Oliver Deuker berichtet.
Die Firma "nass magnet" in Hannover, rund 300 Mitarbeiter,
die leistungsstarke Magnetventile und Stecker entwickeln und fertigen.
Die Idee, dass Arbeitgeber den Corona-Impfstatus ihrer Mitarbeiter,
zumindest in den kommenden sechs Monaten abfragen dürfen,
sieht der Chef der Firma mit gemischten Gefühlen.
Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust.
Zum einen bin ich sehr dafür, dass die Privatsphäre geschützt wird.
Und dass die persönlichen Daten geschützt werden.
Zum anderen muss ich aber auch sagen,
als Verantwortlicher für ein Unternehmen,
ist es mir wichtig, dass die Gesundheit der Mitarbeiter
geschützt wird.
An der nachher natürlich auch die Effektivität
und die Arbeitsplätze und die Wirtschaftsfähigkeit
des Unternehmens auch mit dranhängen.
So sehen es die allermeisten Arbeitgeber,
bestätigen unter anderem die Unternehmerverbände Niedersachsen,
und fordern schnelles Handeln.
Die Unternehmen sehen das als längst überfällig.
Wir müssen hier ordentliche Schutzkonzepte für die Kollegen
in den Unternehmen haben.
Und das geht nur, wenn man weiß,
wer ist geimpft, wer ist nicht geimpft?
Nur dann kann man den Schutz der Kollegen
auch wirklich sicherstellen.
Der Betriebsrat von nass magnet hält dagegen,
ist damit auf Linie mit dem deutschen Gewerkschaftsbund.
Das geht überhaupt nicht.
Es gibt Menschen, die eine Krankheit haben,
und sich dadurch nicht impfen lassen können.
Oder die sind schwanger.
Und dieses würde dem Arbeitgeber dann bekanntgegeben werden.
Dadurch könnten den Kolleg*innen Nachteile entstehen.
Der Bundesarbeitsminister auf Wahlkampftour in Niedersachsen.
Am Morgen stellte er im Kabinett den Entwurf
seiner neuen Arbeitsschutzverordnung vor.
Darin steht zwar,
der Impfstatus darf vom Arbeitgeber berücksichtigt werden,
sofern bekannt.
Allerdings gibt es keinen allgemeinen Auskunftsanspruch
gegenüber dem Arbeitgeber.
Das sind sensible Dinge.
Arbeitgeber dürfen auch nicht die Krankenakten
von Beschäftigten einsehen.
Aber in den Bereichen, in denen es notwendig ist,
z.B. auch in Krankenhäusern oder in Gefängnissen,
kann ich mir vorstellen, dass wir im Rahmen
des Infektionsschutzgesetzes
ganz pragmatische Lösungen hinbekommen.
Die wünscht sich auch Unternehmer Klaus Kircher.
Wüsste er den Impfstatus seiner Mitarbeiter,
könnte er innerhalb der Schichten einen Ungeimpften
mit mehreren Geimpften arbeiten lassen.
Sodass das Risiko, dass ein Ungeimpfter
sehr viele andere Ungeimpfte ansteckt,
stark reduziert wird.
Das ist die eine Möglichkeit.
Die andere Möglichkeit ist,
dass wir im Angestelltenbereich natürlich auch
mit Home-Office gegensteuern können.
Und die Leute, die nicht geimpft sind,
vermehrt ins Home-Office schicken.
Auskunftspflicht beim Impfstatus -
europäische und deutsche Gesetze verbieten das bisher.
Ob man einen solchen Tabubruch befristen kann,
und sagen, wir machen jetzt mal sechs Monate versuchsweise
in dem Bereich einen Vorstoß, habe ich meine Zweifel.
Ich glaube, Tabus sind sinnvoll - man sollte sie nicht brechen.
Eine politische Entscheidung ist gefragt,
die rechtlich haltbar sein muss.
Solange setzt man bei den meisten Unternehmen
weiterhin auf Testen - was bleibt ihnen sonst übrig?
Christian Deker von der Redaktion Recht und Justiz.
Wie wird das unter Juristen diskutiert?
Das wird sehr unterschiedlich beurteilt.
Man kann sagen, es stehen sich zwei verschiedene Interessen gegenüber.
Auf der einen Seite das Interesse der Arbeitgeber,
die in ihrem Betrieb bestmöglich
Corona-Infektionen verhindern müssen.
Im Großraumbüro oder in der Produktion, am Fließband,
wo keine Abstände eingehalten werden,
da ist der im Status eine relevante Information.
Die Arbeitgeber haben auch eine Fürsorgepflicht.
Auf der anderen Seite steht das Interesse
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Gesundheitsdaten wieder im Status sind sensible und private Daten,
die den Arbeitgeber nichts angehen. Daraus kann man Schlüsse ziehen.
Wenn ich einmal geimpft wurde,
weil ich Corona schon hatte und Genesenen,
könnte der Arbeitgeber daraus schließen,
dass ich ein höheres Risiko für eine long Covid Erkrankung habe.
Das sind für Arbeitgeber interessante Informationen.
Diese beiden Interessen müssen in Ausgleich gebracht werden.
Das nennt man die Verhältnismäßigkeit.
Ein Argument der Befürworter ist: Einerseits muss ich im Restaurant
einen Impfnachweis oder Test zeigen, aber im Büro,
wo man den ganzen Tag sitzt, darf man nicht mal gefragt werden,
ob man geimpft ist - widersprüchlich.
Wenn man genau hinschaut, ist das kein großer Widerspruch.
Wenn ich ins Restaurant gehe, zeige ich einmal meinen Impfpass vor.
Ich gehe vielleicht nur einmal im Leben in dieses Restaurant.
Zum Arbeitgeber habe ich ein längeres Verhältnis.
Deshalb ist es relevant, welche Informationen da gespeichert werden.
Wie wahrscheinlich ist es, dass es da zu einer Gesetzesänderung kommt?
In erster Linie ist es eine Frage des politischen Willens.
Eine Gesetzesänderung
müsste den rechtlichen Rahmenbedingungen genügen.
Wenn man sich den Ausgleich der beiden Interessen anguckt,
wird es so sein, dass eine pauschale Abfrage nicht möglich ist.
Den Status von allen zu erfragen.
Der Gesetzgeber wird hier eingrenzen müssen.
Auf sensible Bereiche beschränken und Regeln vorgeben,
welche Daten wie lange und wo gespeichert werden.
Danke für die Einschätzung.
Zu dem Thema gibt es nachher im "heute journal: update"
noch ein Gespräch mit einem Mitglied des Deutschen Ethikrats.
"Vergesst uns nicht".
Das hören auch unsere Reporter- und Kamerateams immer wieder,
wenn sie in den Orten der Flutkatastrophe unterwegs sind.
Sie sind nicht mehr täglich in den Nachrichten,
doch die Betroffenen sind weiterhin jeden Tag damit befasst.
Mit der Trauer um die Toten, mit der Erinnerung an eigene Todesangst,
mit dem Schock über die unfassbare Zerstörung,
die das Hochwasser angerichtet hat.
Man muss sich nur die Bilder noch mal vor Augen führen,
wie es beispielsweise in Schuld im Ahrtal aussah, am Tag nach der Flut.
Viele der Bewohner stehen seitdem praktisch vor dem Nichts.
Es ist buchstäblich nichts mehr da, was ihr Zuhause oder ihr Betrieb war.
Das Land Rheinland-Pfalz gedachte heute mit einem Staatsakt
am Nürburgring der Toten und der Flutgeschädigten.
Davon berichtet Susanne Gelhard.
Ursula Ingrid J.
Ulrike, Therese, Richard und Mark J.
Es ist die lange Namensliste der Toten,
die das Ausmaß der Katastrophe zeigt.
Sie trauern gemeinsam, Angehörige der Toten und Verletzten,
Hilfskräfte, Bürgermeister*innen von über 250 betroffenen Orten.
Die Ahr, früher unsere launige Weggefährtin,
ist mit all ihren Zuläufen zu einem Monster geworden,
zu einem brutalen Ungeheuer.
134 Tote forderte die Flut allein in Rheinland-Pfalz.
Hunderte Verletzte, Traumatisierte,
Angehörige, die verzweifelt zurückbleiben, wie Wilfried Laufer,
der von seinem Vater durch das Wasser getrennt wurde
und ihm nicht helfen konnte, als er ertrank.
Ich kann Ihnen nicht sagen, was ich eigentlich gefühlt habe.
War es Trauer? War es Wut?
War es die unendliche Hilflosigkeit,
nicht bei meinem Vater gewesen zu sein,
ihm nicht habe helfen zu können?
Ich weiß es nicht.
Drei Tage später wurde mein Vater 25 Kilometer Ahr abwärts gefunden.
Gedenken und Blick in die Zukunft.
Beim Staatsakt ging es auch um den Wiederaufbau
einer schwer getroffenen Region.
Meine Landesregierung wird alles dafür tun,
dass die alte Heimat auch die neue Heimat sein kann.
Wir wollen zusammen mit den Kommunalverantwortlichen
und allen Menschen vor Ort ein Ahrtal mit Zukunft aufbauen.
Tausende Helfer sind über Wochen
vom Nürburgring aus zu den Menschen ins Hotel gefahren.
Nun sei es Aufgabe der Politik, daran anzuschließen,
meinte ein Vertreter.
Wir erwarten Anstrengungen von unserem Land,
uns die besten Ingenieure, die besten Fachleute,
die besten Kapazitäten, die dieses Land zur Verfügung hat,
zu uns zu schicken und uns zu helfen.
Schnelle finanzielle Hilfe sei jetzt nötig,
sagte der Bundespräsident und Solidarität.
Das Unheil, das über Sie herein- gebrochen ist, geht uns alle an.
Wir alle müssen uns die Frage stellen:
Was können wir tun, um auf solche Katastrophen,
auf solche Extremwetterlagen besser vorbereitet zu sein?
Menschlichkeit, Zusammenhalt, Weitblick,
es war eine starke Botschaft, die von diesem Staatsakt ausging.
Hochwasserkatastrophe, Corona-Pandemie
und zuletzt noch das Afghanistan-Desaster.
Das letzte Amtsjahr von Angela Merkel hat es auch noch mal in sich.
Als sie vor ein paar Wochen gefragt wurde,
wie sie sich fühlen werde, wenn sie nicht mehr Kanzlerin ist,
sagte sie, ihr würden wahrscheinlich aus Gewohnheit
immer noch viele Gedanken kommen, was sie jetzt so alles machen müsste.
Aber dann werde ihr schnell einfallen,
dass das ja jetzt andere machen müssen.
Und das werde ihr wohl auch sehr gut gefallen.
Auf jeden Fall wird sie die erste Kanzlerin sein,
die das Amt freiwillig verlässt.
Wer immer Merkel nachfolgt, übernimmt ein 16-jähriges Erbe.
Für Armin Laschet, der für die Union das Kanzleramt verteidigen soll,
macht das den Wahlkampf nicht immer leichter.
Wie er damit umgeht, ließ sich heute Abend beobachten,
als er bei der Vorstellung einer neuen Merkel-Biografie auftrat.
Mathis Feldhoff berichtet.
Ist er ihr legitimer, vielleicht sogar geborener Nachfolger?
Oder sind Armin Laschet und Angela Merkel nur zufällig
in der gleichen Partei?
Der Kandidat kämpft, ja, muss kämpfen.
Eine Zeitlang hatte nicht nur er den Eindruck,
das auch gegen Angela Merkel tun zu müssen.
Am Ende jeder Amtszeit bleiben immer Dinge übrig.
Und die packen Sie dann an, wenn Sie Kanzler würden?
Sonst bräuchte man ja gar nicht antreten, wenn alles erledigt wäre.
Aber Armin Laschet muss sich eingestehen,
dass das nicht gegen die beliebteste Politikerin
der Republik geht.
Es gibt nicht eine Anti-Stimmung, "jetzt muss die Kanzlerin weg".
Sondern eher ein Bedauern, was kommt jetzt?
Laschets Wahlkampf, er stottert in diesen Tagen.
Die Umfragen sind im Keller.
Der Plan, vom Glanz Merkels zu profitieren,
scheitert zunächst.
Noch vor zehn Tagen verweigert sie ihre Hilfe kategorisch.
Amtsvorgänger, die ihre politische Arbeit beenden,
sollten sich zurücknehmen.
Das ist meine Haltung, eine feste Überzeugung:
alles hat seine Zeit.
Es sind diese Augenblicke, die Laschets Wahlkampf prägen.
Es sind diese Augenblicke, die Laschets Wahlkampf prägen.
Und die ihn von Merkel so unterscheiden.
Das Vertrauen in seine Führungsfähigkeit
quasi weggespült.
Sie dagegen wirkt wie eine Stütze
Für die Ministerpräsidentin und für alle.
Er hat plötzlich Konkurrenz.
Auch für die Rolle des Nachfolgers.
In Prieels versucht er, die Lücke zu füllen.
In der Pandemie habe sich gezeigt,
dass der Vize-Kanzler mit Merkel den Takt angibt.
Auf meinen Vorschlag und den der Bundeskanzlerin
haben wir eine Bundesnotbremse gemacht.
Für Laschet eine politische Erb Schleicherei.
Er wirkt wie befreit,
dass die Kanzlerin sich jetzt doch noch einsetzt.
Ist es nur die Inszenierung des Olaf Scholz als legitimer Nachfolger,
die sie dazu treibt?
Oder die Sorge, dass eine Regierung entstehen könnte,
die ihre Überzeugung widerspricht?
Beim Besuch des österreichischen Bundeskanzlers machte sie klar,
wer nicht ihr Favorit ist.
Wenn man sich auf mich beruft, gibt es einen Unterschied.
Mit mir als Bundeskanzlerin
würde es nie eine Koalition mit der Linken geben.
Plötzlich tritt das ein,
was die größten Merkel Kritiker kaum für möglich gehalten haben.
Nicht nur die Kanzlerin sieht sehr deutlich,
was eine Niederlage für die Union bedeuten würde.
Die Rolle in der Opposition.
Der Vorteil der schlechten Umfragen für uns ist,
dass wir jetzt sehen, was die Alternativen sein könnten.
Armin Laschet versucht die Quadratur des Kreises.
Neuanfang und weiter so in einer Person zu sein.
In der öffentlichen Wahrnehmung und auf Werbepostern
sind die letzten 16 Jahre positiv besetzt.
Weiter geht's mit den Nachrichten, Heinz.
Die neue Streikrunde der Gewerkschaft der Lokomotivführer GdL hat begonnen.
Sie soll zunächst den Güterverkehr betreffen.
Ab 2 Uhr in dieser Nacht soll auch der Personenverkehr bestreikt werden.
Die Bahn hat derweil ein neues Angebot vorgelegt.
Sie bietet eine Corona-Prämie bis zu 600 Euro
und eine Laufzeit des Tarifvertrags von 36 Monaten.
Eine Reaktion der GDL liegt noch nicht vor.
Die angekündigte Streikrunde begann um 17 Uhr im Güterverkehr.
Die Entwicklungen in Afghanistan beschäftigen weiter die EU.
Zur Einschätzung der Corona-Lage
will die Bundesregierung künftig einen neuen Wert heranziehen:
die sogenannte Hospitalisierungs-Inzidenz.
Sie gibt an, wie viele neue Corona-Patienten
in der letzten Woche stationär im Krankenhaus behandelt wurden -
bezogen auf 100.000 Einwohner.
Heute liegt sie bei rund 1,8 - das ist allerdings nur eine Tendenz.
Die genaue Zahl steht erst mit mehreren Tagen Verzögerung fest.
Der bislang höchste Wert war an Weihnachten mit über 15.
Außerdem meldet das Robert Koch-Institut
13.531 neue Corona-Fälle innerhalb von 24 Stunden.
Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt jetzt bei 75,7.
Während es in einigen Bundesländern bereits die Möglichkeit
für eine dritte Corona-Impfung besonders gefährdeter Menschen gibt,
wird weiter darüber beraten,
nach welchen genauen Kriterien sie angeboten werden soll.
Die kassenärztliche Bundesvereinigung
setzt auf eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission dazu.
Und die STIKO plant offenbar auch,
zeitnah eine solche Empfehlung abzugeben.
Die Weltgesundheitsorganisation will sich mit einem Frühwarnsystem
besser gegen neue Ausbrüche von Infektionskrankheiten rüsten.
Bundeskanzlerin Merkel und WHO-Generaldirektor Tedros
haben das Internationale Zentrum für Pandemieaufklärung
in Berlin eingeweiht.
Dort sollen Daten etwa über Tiergesundheit
oder ungewöhnliche Krankheiten bei Menschen analysiert werden.
Das Ziel: Risiken frühzeitig erkennen,
um künftig schon vor dem Beginn einer Pandemie Alarm zu schlagen.
Zu den leider vielen berüchtigten Gefängnissen auf dieser Welt
gehört auch das Evin-Gefängnis im Norden Teherans.
Dort sitzen v.a. politische Häftlinge.
Frauen und Männer, die es wagen, das Mullah-Regime zu kritisieren
oder gegen dessen Regeln zu verstoßen.
Immer wieder gibt es Berichte über die furchtbaren Zustände dort.
Nun gibt es auch Bilder.
Eine bislang unbekannte politische Gruppe hat erklärt,
die Video-Anlage des Evin- Gefängnisses gehackt zu haben.
Das Filmmaterial aus den Überwachungskameras
spielte sie über ein Online-Konto der Nachrichtenagentur AP zu.
Der Chef der iranischen Gefängnisverwaltung
hat die Echtheit der Videos inzwischen indirekt bestätigt.
Kamran Safiarian berichtet.
Ein Mann bricht vor dem Gefängnis zusammen,
wird in das Innere der Haftanstalt gezerrt.
Ein anderer wird von mehreren Wärtern zusammengeschlagen.
Schockierende Bilder aus den Überwachungskameras
des berüchtigten Evin-Gefängnisses in Teheran.
Es sind Bilder, die die Öffentlichkeit so nicht sehen soll.
Bilder, die bei Monireh Baradaran schreckliche Erinnerungen wecken.
Sie saß jahrelang im Evin-Gefängnis, wurde gefoltert.
Dort gab es systematische Folter, schreckliche Folter.
Das habe ich selbst erlebt: Peitschenhiebe auf die Füße,
aufgehängt mit verbundenen Händen.
Das sehen wir in diesen Aufnahmen nicht,
denn sie zeigen keine Verhörzimmer.
Dass die Welt die Bilder zu sehen bekommt,
ist einem Hackerangriff zu verdanken.
Hier der Moment der Attacke.
Eine Gruppe mit dem Namen "Edaalate Ali", "Gerechtigkeit Alis"
hat sich zu dem Cyber-Angriff bekannt
und das Material einer Nachrichtenagentur übergeben.
Der Leiter der iranischen Gefängnisbehörde
hat inzwischen die Verantwortung übernommen und sich entschuldigt.
Der stellvertretende Justizchef versprach Aufklärung.
Seit gestern werden sechs Aufseher beschuldigt.
Sie sollen vor Gericht.
Menschenrechtsorganisationen haben die Videos geprüft und warnen:
Die sind im Grunde genommen auch nur die Spitze des Eisberges.
Denn es gibt sehr viele Fälle,
von denen, so, wie sie da gezeigt worden sind.
Und es gibt sehr viele Fälle, von denen wir gar nichts wissen,
in anderen Gefängnissen,
die z.B. vom iranischen Geheimdienst kontrolliert werden,
wo keine Informationen rauskommen.
Das Evin-Gefängnis entstanden 1972 unter dem Schah.
Seitdem werden hier vor allem politische Gefangene festgehalten.
Auch die Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi, hier Archivbilder,
wurde dort gefoltert, im Oktober 2020 freigekommen,
drohte jetzt erneut die Haft.
Wir erreichen sie in Teheran.
Das Zeigen dieser Bilder ist wichtig für die Menschen in Iran,
aber auch weltweit.
Wir brauchen dringend internationale Hilfe,
damit diese schrecklichen Folterungen endlich aufhören.
Die Hackergruppe sendet auch eine Botschaft
an den neuen iranischen Präsidenten Raisi
und wirft ihm Menschenrechtsverletzungen vor.
Der iranische Präsident selbst als Person
ist für eklatante Menschenrechts- verletzungen verantwortlich.
Wir müssen das Thema Menschenrechte
in Zusammenhang mit dem Iran ganz klar ansprechen.
Nur über das Atomabkommen zu reden ist zu wenig.
Und wir müssen uns darüber im Klaren sein,
mit was für einem Regime man hier spricht.
Ein Regime, das weiterhin jeden Tag Dutzende Menschen misshandelt,
ungestraft.
Und jetzt gibt es noch mal weitere Meldungen von Heinz Wolf.
Da geht der Blick zunächst auf die Finanzmärkte.
Da ging es heute u.a. ums Öl und um den Ölpreis.
Es stand eine Entscheidung zur Fördermenge an.
Und das wird auch mit Blick auf die Inflationsentwicklung
aufmerksam beobachtet.
Frank Bethmann, in welche Richtung geht es beim Öl?
Am frühen Abend haben sich die OPEC plus Staaten
darauf verständigt,
was sie bereits vorher festgelegt hatten.
Eine Ausweitung der täglichen Fördermenge von 400.000 Barrel.
Die USA intervenierten im Vorfeld.
Pumpt mehr Öl aus dem Boden,
damit die Preise für Sprit
wieder fallen und die Inflation ein gebremst wird.
Die USA beklagen eine Preissteigerung von 5,4 %.
In Deutschland eine Teuerung von 3,9 %.
Geht es nach Bundesbankpräsident Jens Weidmann,
kommen hier amerikanische Verhältnisse.
Weidmann ergänzte zwar heute auch, dass für diese Preisentwicklung
vorübergehende Faktoren verantwortlich seien.
Doch was, wenn die Inflation doch hartnäckiger ist?
Inzwischen gibt es ganz andere Töne.
Aus seiner Sicht käme die Inflation
aus vielen unterschiedlichen Bereichen.
Das decke sich nicht mit seiner Lebenswirklichkeit.
Frank Bethmann, vielen Dank.
Das sanierte Marineschulschiff "Gorch Fock" ist erstmals
nach sechs Jahren wieder in See gestochen.
Ziel der zweitägigen Probefahrt ist Wilhelmshaven.
Dort wird die weitere Ausrüstung des Dreimasters erfolgen.
Ende September soll die "Gorch Fock"
wieder offiziell der Bundeswehr übergeben werden.
Bei der Sanierung war es zu zahlreichen Pannen
und Baustopps gekommen.
Auch die Kosten explodierten,
von geplanten 10 Millionen auf 135 Millionen Euro.
Und jetzt die Zahlen vom Lotto am Mittwoch:
In Venedig haben heute die 78. Filmfestspielen begonnen.
In den nächsten Tagen gehen 21 Filme ins Rennen um den Goldenen Löwen.
Den Auftakt machen Schauspielerin Penelope Cruz
und Regisseur Pedro Almodovar mit ihrem Film "Madres Paralelas".
Darin spielt Cruz eine von zwei Frauen,
die ungeplant schwanger werden.
Schon einen goldenen Löwen sicher hat Roberto Benigni.
Der Regisseur und Schauspieler wird für seine Karriere ausgezeichnet.
Das hat die internationale Jury um Regisseur Bong Joon-Ho entschieden.
Nächste Woche kommt bei uns ein Film in die Kinos,
der auf tragische Weise gerade gut in die Zeit passt.
Dass die NATO-Mächte vom schnellen Vormarsch der Taliban
so überrascht wurden,
warf auch die Frage nach den westlichen Geheimdiensten auf.
Waren sie blind oder wurden ihre Warnungen überhört?
Eine eindeutige Antwort steht da noch aus.
Bei einem anderen Krieg hingegen weiß man heute ziemlich genau,
welcher Geheimdienst wie versagte.
Und auch, was die Politik daraus machte.
Als im Februar 2003 der damalige US-Außenminister Colin Powell
im UN-Sicherheitsrat vor irakischen Massenvernichtungswaffen warnte,
verwies er auf angebliche Belege, die der deutsche BND geliefert hatte.
Sie waren jedoch das, was man heute Fakes nennt.
Eine wahnwitzige Geschichte, die als Spielfilm genau das ist: wahnwitzig.
Nadja Nasser hat sich den Film angesehen.
Dr. Wolff, Sie Wüstenfuchs!
1999, Pullach bei München.
Beim Bundesnachrichtendienst wittert man eine heiße Spur.
Im Moment hat kein Geheimdienst Informanden im Irak.
Aber uns ist da jetzt jemand vor die Flinte gelaufen.
Ein irakischer Asylsuchender Ingenieur, Rafid Allhuan, behauptet,
in Bagdad an der Produktion von Biowaffen,
vor allem Anthrax, beteiligt gewesen zu sein.
Für den deutschen Agenten Dr. Wolff,
der selbst im Irak vergeblich nach Biowaffen gesucht hat,
der ersehnte Beweis.
Für die Aussicht auf einen deutschen Pass
erzählt ihm Allhuan, Saddam Hussein lasse tatsächlich
Milzbranderreger herstellen, und zwar mobil auf Lastwagen.
damit die Inspekteure sie nicht finden.
Endlich ein großer Coup für den BND.
Weil der Nachrichtendienst nicht den besten Ruf hat.
Und das wissen die ganz genau.
Und das führt eben dann auch
zu einem gewissen Minderwertigkeitskomplex.
Und deshalb ist die Sehnsucht danach,
als großer wichtiger Player im Geheimdienst-Spiel
wahrgenommen zu werden, dort eben tatsächlich sehr, sehr groß.
Ein absoluter Knaller!
Das muss raus!
Sollen wir nicht auf eine Validierung warten?
Ich höre immer nur warten und krieg gleich schlechte Laune.
Die heißen Informationen werden gleich ans Kanzleramt
und die großen Nachrichtendienste geschickt.
Der irakische Informant bekommt den Decknamen "Curveball"
und die deutsche Staatsbürgerschaft.
Als dann aber herauskommt, dass der alles frei erfunden hat,
will der BND sein Versagen lieber nicht öffentlich zugeben.
Wir können doch nicht in die Welt posaunen,
dass wir zwei Jahre auf eine Quelle gesetzt haben,
die nur Bockmist verzapft hat.
Das Erschreckende: alles daran ist wahr.
Den Informanten "Curveball" alias Rafid Allhuan
gibt es tatsächlich.
Und die vom BND nicht entwertete Lüge
von den mobilen Waffenfabriken auch.
Sie wird von den USA als Kriegsgrund gegen den Irak benutzt.
Die Quelle war ein Augenzeuge, ein irakischer Chemieingenieur,
der diese Fabriken beaufsichtigt hat.
Warum wurde diese Quelle nicht entwertet,
nachdem die Bundesregierung wusste,
dass die Amerikaner sie als Kronzeuge
für diesen Krieg verwenden will?
Und wie passt das zusammen mit den öffentlichen Erklärungen,
dass man gegen diesen Krieg ist und dass man auch alles tut,
um ihn verhindern?
Ein großartiger Film über Fake-News und die unrühmliche Rolle des BND
vor dem Irak-Krieg - und dabei eine wahre Geschichte.
Leider.
Das war's von uns beiden.
Gleich geht's hier im Studio weiter mit den Paralympics.
Danach folgt das "auslandsjournal",
unter anderem mit Berichten über die Machtübernahme der Taliban.
Um 0.40 Uhr meldet sich dann Christopher Wehrmann
mit unserem "heute journal: update".
Und wir reichen den Stab weiter an die Kollegen vom Sport.
Norbert Lehmann hat alle Berichte aus Tokio.
Gestern war ein Knallertag für die deutschen Athleten.
Wie lief es heute?
Im wahrsten Sinne des Wortes ein goldiger Tag!
Das war wirklich der erwartete Super-Mittwoch für das deutsche Team:
Vier Mal Gold,
allein zwei Mal im Schwimmbecken über 100 Meter Brust
bei den Frauen und Männern.
Taliso Engel schlug als Erster an:
der 19-jährige Leverkusener siegte in 1:02,97 -
und das ist neuer Weltrekord.
Ja, und sechs Minuten später:
Gold für Elena Krawzow.
Sie brauchte 1:13,46 Minuten.
Beide beenden nach 17 Jahren
den Titelfluch des deutschen Schwimmteams.
Damit ging für Elena Krawzow ein langer Traum in Erfüllung.
Sie war schon Weltrekorde geschwommen, hatte WM-Titel gewonnen
und war Europameisterin geworden.
Ein Paralympics-Sieg hatte der 27-Jährigen noch gefehlt.
Krawzow ist wohl die populärste deutsche Para-Athletin.
Sie hat eine Riesen-Fanggemeinde in den sozialen Medien,
wo sie seit Jahren als die Botschafterin
des para-athletischen Sports aktiv ist.
Heute also Gold für sie und Taliso Engel
und mit dem beginnen wir auch unseren Bericht.
Dieser Taliso Engel ist unschlagbar.
Der erst 19-Jährige über die 100-Meter Brust -
zurzeit das Maß aller Dinge.
Engel gewinnt überlegen Gold, schwimmt Weltrekord
und bietet eine wahre Taliso-Show.
Mehr geht nicht.
Für ihn eine große Erleichterung.
Da war eine Menge Druck da.
Und dann musste ich irgendwie versuchen, gegenzuhalten.
Aber es hat scheinbar echt gut geklappt.
Der sehbehinderte Welt- und Europameister
macht das Paralympische Finale zu seinem Rennen.
Er schwimmt von Beginn an vorn in seinem Rhythmus
und macht trotzdem richtig Dampf.
Es gibt so Tage, da passt einfach alles.
Schon im Vorlauf knackt Engel den acht Jahre alten Weltrekord
und unterbietet diesen im Finale noch einmal um 56 Hundertstel.
(Kommentator) Hier im Becken von Tokio,
es sind die letzten Meter!
Das wird Paralympisches Gold und das wird eine neuer Weltrekord!
Ja, ich war dann heute Morgen sehr überrascht von der Zeit,
aber es hat sich einfach sehr, sehr gut angefühlt.
Engel verweist den US-Amerikaner Abrahams
mit knapp anderthalb Sekunden Vorsprung auf Platz zwei.
Dritter wird der Kasache Nurdaulet Zhumagali.
Und dann kommt sie:
nur kurze Zeit später gewinnt auch Elena Krawzow
ihr 100-Meter-Rennen.
Und damit nach Silber 2012 Gold.
Neun Jahre hat es gedauert,
bis ich endlich meinen Traum verwirklichen konnte.
In Rio lief das ja leider nicht ganz so gut für mich.
Und jetzt bin ich natürlich umso glücklicher,
dass es jetzt endlich geklappt hat.
Es ist eine furiose Aufholjagd von Elena Krawzow
in diesem Finale.
Auf halber Strecke noch 1,08 Sekunden
hinter ihrer Konkurrentin ist es ein Kopf an Kopf-Rennen.
Und die sehbehinderte Berlinerin kämpft sich
in einem ganz starken Finish zu Gold
Bei der Leichtathletik stand er heute im Fokus: Markus Rehm.
Der wollte nicht nur einfach wieder Gold im Weitsprung holen.
Er kündigte an, seinen eigenen Welt- rekord von 8,62 Metern anzugreifen
oder zumindest weiter zu springen als Olympiasieger Miltiadis Tentoglou
mit 8,41 Meter.
Beides klappte nicht - aber Gold war's trotzdem.
Auch in Tokio ist Markus Rehm eine Klasse für sich.
Aber für sich kann er seine Klasse nicht ganz zur Geltung bringen.
Die ersten seiner sechs Versuche
quittiert er gleich mit Kopfschütteln.
Auch sein bester, der fünfte,
auf 8,18 Meter lässt ihn spontan nicht jubeln.
Gold hat er längst so gut wie sicher.
Seit 2011 ist er unbesiegt bei großen Meisterschaften.
Dabei bleibt es.
Das Ziel war, den Titel zu verteidigen, das habe ich geschafft.
Deswegen hab ich ein Grinsen unter der Maske.
Aber klar, die Weite hätte ich gerne korrigiert.
Die Anlage ist super und schnell.
Heute hab ich es nicht geschafft, das umzusetzen.
Der letzte Sprung ist der weiteste, aber ungültig - übergetreten.
Rehm behält dennoch unangefochten seine Ausnahmestellung
und lässt den anderen keine Chance.
Der Franzose Pavade holt Silber mit 7,39 Meter.
Bronze geht an Merrill, USA, 7,08 Meter.
Kugelstoßer Matthias Schulze
ist mit seinem letzten Versuch weit genug für Bronze,
doch eine offene Lasche an seinem Schuh berührt die Ringbegrenzung.
Der Kampfrichter hebt die Fahne - ungültig.
Der Magdeburger hatte beim Schuhebinden nicht aufgepasst.
Dann kommt diese scheiß Lasche auf den Balken, weil ich zu blöd bin,
den abzukleben.
Man steckt so viel rein ...
Am Ende Platz fünf für Schulze mit 15,60 Meter,
persönliche Bestleistung.
Gold Nummer vier für Deutschland holte Sportschützin Natascha Hiltrop.
Sie machte es besonders spannend:
Die 29-Jährige gewann mit einem hauchdünnen Vorsprung
vor dem Südkoreaner Park Jin-Ho, ein echtes Herzschlag-Finale.
Fast hat es den Anschein,
als müsse Natascha Hiltrop die Medaille erst in Händen halten,
um zu glauben, welch goldene Zielscheibe sie mit dem Luftgewehr
getroffen hat.
Natascha Hiltrop, herzlichen Glückwunsch zur Goldmedaille!
Haben Sie schon verstanden, was da gerade passiert ist?
Das Herz pocht noch ganz stark, aber ich denke doch schon, ja.
Die inkomplett gelähmte Schützin führt im zehn Meter Wettbewerb
mit dem Luftgewehr vor,
wie eine hundertprozentige Ruhe und Präzision auszusehen hat.
Man kann einen guten Tag haben oder einen schlechten Tag.
Manchmal läuft es halt einfach, und manchmal nicht.
Im Finale gegen den Südkoreaner Parchin Ho
entscheiden am Ende wenige Millimeter.
(Kommentator) 10,6 Hiltrop - 10,7 Park.
Das heißt, sie ist mit dem minimalen Vorsprung
von 0,1 Paralympics-Siegerin 2020!
In der japanischen Kultur könnte man Hiltrops
ausstrahlende innere Ruhe geradezu buddhistisch nennen.
Ich bin halt glücklicherweise mental sehr stark
und kann alles ganz gut ausblenden und mich konzentrieren.
Natascha Hiltrop heißt die neue deutsche Vorzeige-Schützin.
Und es tut gut zu sehen, dass sie sich wirklich darüber freuen kann.
Vier Mal deutsches Gold haben wir Ihnen gezeigt.
Bleiben noch zwei andere Erfolge, die den Medaillensatz komplett machen:
ein Mal Silber und ein Mal Bronze.
Zweites Rennen, zweite Medaille für Hand-Bikerin Annika Zeyen.
Nach Gold im Zeitfahren gewinnt sie keine 26 Stunden später
Silber im Straßenrennen der liegenden Leistungsklassen
H1 bis H4.
Besser hätte es nicht laufen können heute.
Wir haben natürlich das Rennen mit der H4 zusammen gehabt.
Und das sind Athletinnen, die von ihrer Behinderung her
deutlich weniger eingeschränkt sind.
Und dementsprechend:
die Silbermedaille ist für mich wie Gold.
Einzig die Niederländerin Jansen,
eingestuft in der weniger eingeschränkten Startklasse H4,
kommt sechs Sekunden vor Zeyen ins Ziel.
Die vierte deutsche Tischtennis-Medaille in Tokio
geht an Björn Schnake und Thomas Rau.
Nach der 0:2-Halbfinalniederlage gegen die Chinesen gibt's Bronze,
weil Platz drei nicht ausgespielt wird.
Und dann noch eine Premiere: Badminton bei den Paralympics.
Die deutsche Valeska Knoblauch zählt als Weltranglisten-Dritte
zum Kreis der Favoriten.
Im Auftaktmatch traf sie ausgerechnet
auf ihre Trainingspartnerin Elke Rongen,
gegen die sie mit 2:0 gewann.
Dann blicken wir auch heute Abend wieder auf den Medaillenspiegel.
Wo China sowas von unangefochten an der Spitze steht:
68 Mal Gold, 147 Medaillen insgesamt.
Das deutsche Team hat sich weiter nach oben gearbeitet.
Nach diesem goldenen Mittwoch steht es jetzt auf Platz 12.
Das selbst gesteckte Ziel lautet, unter die Top Ten zu kommen.
Das ist wohl noch machbar.
Mit Medaillen hat dieser Athlet wohl nichts zu tun.
Dabei zu sein in Tokio -
das ist für ihn das Allergrößte in seinem jungen Leben,
in dem er so viele Tiefschläge einstecken musste.
Er startet morgen als Kanute bei den Paralympics, im Refugee-Team.
Nils Kaben erzählt uns jetzt die Geschichte
des syrischen Flüchtlings Anas Al-Khalifa.
Das Schicksal hat es weiß Gott nicht gut gemeint
mit Anas Al Khalifa.
Erst ist der vor Krieg und Tod aus Syrien geflohen.
Dann in Magdeburg vom Dach gefallen.
Dass er morgen hier am Rande der Tokio-Bucht
um eine paralympische Medaille paddelt,
ist eine von so vielen Wendungen in seinem Leben,
auf die er gerne verzichtet hätte.
Ich sage ganz ehrlich, nach dem Unfall wusste nicht,
was ist Kanu?
Letztes Jahr probiert er zum ersten Mal,
sich in dem schmalen, wackeligen Ding über Wasser
zu halten, vorsichtshalber in einer Schwimmhalle.
Nach jahrelanger Flucht über die Türkei und Griechenland,
Anas wollte kein Soldat seinem Krieg
gegen die eigene Bevölkerung,
fand er in Deutschland endlich Arbeit und stürzte ab.
Beim Versuch, eine Solaranlage zu montieren.
Als er wieder aufwacht, kann er nicht mehr laufen.
Die ehemalige bulgarische Olympia Paddlerin Ogynana Duscheva
lernt Anas eher durch Zufall kennen.
Sie bringt ihn ins Kanu.
Dann kommt aus der Heimat die Nachricht,
dass der größere Bruder erschossen wurde.
Auch der wollte nicht in den Krieg ziehen.
Das war zu viel für den inzwischen 28-Jährigen.
Er wollte alles hinschmeißen, kein Zuhause, Rollstuhl, kein Geld,
das er seinen Eltern schicken kann.
Der Bruder tot.
Ich sage für mich, ich mach's, dass Junge bleiben in dem Sport.
Ich kann geben ein neues Leben für diesen Jungen.
So alles ist jetzt gut, denn wir sind jetzt in Tokio.
Das ist wie ein Geschenk aus Gott für mich.
Sportlich folgt sein Paralympics-Debüt
wohl eher der ursprünglichen Olympischen Idee,
nach der dabei sein alles sei.
Auch wenn Anas das etwas anders sieht.
Ich denke an den ersten Platz.
Ich kann nicht sagen, Zweite oder Dritte.
Ich mache, was ich konnte.
Und am Ende höre ich auf.
Dass 200 Meter-Wettpaddeln durchaus sinnstiftend sein können,
das versteht man vielleicht besser,
wenn man Anas Al Khalifa und seine Geschichte kennengelernt hat.
Das war's vom achten Wettkampftag der Paralympics in Tokio.
Morgen sind wir wieder für Sie da im "heute journal", wenn Sie mögen.
Ihnen noch einen schönen Abend, tschüss.