heute journal vom 02.01.2021 - Heute mit den Themen: Rekordwert an Corona
Guten Abend an diesem Samstag.
Drei Tage noch,
bis 16 Ministerpräsident*innen und die Kanzlerin entscheiden,
ob der Shutdown weitergeht.
Sie werden bis dahin nicht viel schlauer sein als heute.
Die Kennzahlen der Pandemie stehen wegen der Unregelmäßigkeiten
der Feiertage im Test- und Meldesystem auf schwankendem Boden.
Aber es spricht nichts dafür,
dass Deutschland in den letzten Wochen dem Ziel des Shutdowns,
in sieben Tagen wieder weniger als 50 Neuinfektionen auf 100.000,
wirklich nähergekommen ist.
Dazu kommt mittlerweile die Furcht vor einer ansteckenderen,
evtl. viel gefährlicheren Virusmutation aus England.
Das kann zwar immer noch eine Fehleinschätzung sein.
Aber eins haben die Verantwortlichen gelernt:
In einer solchen Seuche entscheidet man sich besser für Vorsicht.
Sonst regiert man den nächsten noch härteren Lockdown herbei.
Und politische Verantwortung für viele Tote.
Deshalb steht die Verlängerung des Shutdowns in Deutschland
wohl so gut wie fest.
Andreas Stamm über den Brennpunkt der schlimmsten Befürchtungen:
Großbritannien.
Dort wurden heute wieder fast 58.000 Neuinfektionen gemeldet.
Sie tun, was sie können – und mehr.
66 Intensivbetten hat das St. George's in London
in normalen Zeiten, aktuell sind es 115.
Verfügbare Räume wurden umgerüstet.
Doch die Methode findet ihr natürliches Ende:
Es gibt nicht mehr Personal und Technik.
Wir haben so versucht, zu verhindern,
dass wir irgendwann keine Intensivbetten mehr haben.
Wir reizen alles komplett aus, aber wir haben die Sorge,
dass wir so langsam am Ende der Fahnenstange angekommen sind.
In London, im gesamten Südwesten Englands, das gleiche Bild:
Die Intensivstationen erreichen ihre Belastungsgrenze
oder liegen darüber.
Aus Lebensrettern werden Entscheider über Leben und Tod.
Wie in einem Wettbewerb zu bestimmen,
wer ein Beatmungsgerät erhält und wer nicht,
dafür hat niemand diesen Beruf gewählt.
Das emotionale Trauma für die, die das tun müssen, ist schrecklich.
Niemand sollte das machen, aber wir sind an diesem Punkt.
Großen Anteil an den stark steigenden Infektionszahlen
habe die neue Virusmutation, die zuerst in Südengland auftauchte.
Diese erste Analyse scheint eine Studie
des renommierten Imperial College nun zu bestätigen:
Die Mutation sei deutlich ansteckender.
Der Anstieg des R-Werts um bis zu 0,7
hat im November-Lockdown plötzlich dazu geführt,
dass die Fallzahlen nicht wie erwartet um 30 % gesunken sind,
sondern sich verdreifacht haben.
Das ist die gravierendste Mutation
seit Beginn der Epidemie.
Allerdings: Kritiker unter den Virologen
sehen in den bislang veröffentlichten Studien
zur Mutation methodische Mängel.
Dass eine Veränderung des Virus die Übertragungsrate
so in die Höhe treiben kann, sei nicht ausreichend belegt.
Und unklar bleibt: Warum kommt es in Ländern,
in denen die Mutation schon vor Wochen entdeckt wurde,
nicht auch zu einem ähnlich starken Anstieg?
Am Abend kommt dann große Hoffnung in kleinen Dosen.
Der zweite im Land per Notfall- zulassung freigegeben Impfstoff,
der von AstraZeneca, wird ausgeliefert.
Gleichzeitig ändert Großbritannien die Strategie.
Die bei beiden Vakzinen notwendige zweite Impfdosis
soll statt nach drei nun erst nach zwölf Wochen verabreicht werden.
Auch wenn der Schutz erstmal geringer ist.
Die Leute werden enttäuscht sein,
weil sie auf die zweite Spritze warten müssen.
Aber das ist nur ein kleines Ärgernis
im Vergleich zu den vielen Leben, die gerettet werden können,
wenn so viele Menschen so schnell wie möglich
die erste Dosis bekommen.
Doch weder Hersteller noch Zulassungsbehörde
haben den geänderten Impfplan je getestet.
Pfizer etwa erklärt,
ob und wie lange so ein Schutz bestehe, sei unklar.
Tausenden Patienten, die schon geimpft wurden,
müssen wir jetzt erklären: Der zweite Termin ist abgesagt.
Und keiner weiß genau, was weiter passiert.
Und das beeinträchtig das Vertrauen in uns als Mediziner.
Impfstoffmangel bei noch nie gesehenen Infektionszahlen.
Der Grund für ein Experiment des staatlichen Gesundheitsdienstes.
Drastische Zeiten, drastische Maßnahmen.
Zurück nach Deutschland, wo ja auch ein großes Wahljahr beginnt.
Am Ende wird ein neuer Bundestag
über Angela Merkels Nachfolge als Kanzlerin entscheiden.
Obendrein sechs Landtagswahlen.
Die Pandemie wird die ganze Zeit ein beherrschendes Thema bleiben.
Was macht das mit dem Land, den Regierenden, dem Parlament,
den Bürgern?
"Berlin direkt", die wöchentliche Nahaufnahme des Hauptstadtbetriebs,
wird sich morgen ganz dieser noch nie dagewesenen Situation widmen.
In einer Dokumentation von Bernd Benthin und Lars Seefeldt.
Ein Ausblick jetzt.
Virtueller Finanzgipfel der G20, Mitte November.
Minister Olaf Scholz, zugleich Kanzlerkandidat der SPD,
sieht und hört hier die Lage in der Welt.
Es ist fast überall das Gleiche:
Corona zerrt an den Gesellschaften bis zum Zerreißen.
* Scholz spricht Englisch *
Meine Überzeugung ist, dass in den reichen Gesellschaften des Westens
die Gesellschaft mehr auseinanderläuft,
als das schon mal der Fall war.
Und das muss sich ändern.
Die Lockdown-Maßnahmen haben eine Nebenwirklung: Vereinzelung.
Alleinlebende haben andere Probleme, als Menschen mit Kindern.
Jüngere andere Ängste als die Älteren.
Die Orte, an denen sie sich begegnen können, sind geschlossen.
Was macht das langfristig mit der Gesellschaft?
Laut einer repräsentativen Umfrage des Sozialverbands Caritas,
glaubt gut jeder zweite Deutsche, dass der Zusammenhalt schwächer wird
Nur 17 % glauben, er werde stärker.
Etwa gleich viele erwarten keine Änderungen oder machen keine Angabe.
Ich glaub, dass auch nochmal deutlich wird,
dass es Menschen gibt, die durch die Corona-Pandemie
zusätzlich benachteiligt wurden.
Z.B. durch die Wohnungssituation, durch die Schulsituation.
Und das glaub ich hat Folgen dann
für die politischen Herausforderungen.
* technische Störung *
* technische Störung *
Ohne ein faires System der Besteuerung
kann unser Land gar nicht gut funktionieren.
Wer trägt die Lasten der Corona-Krise?
Dieses Thema wird den Wahlkampf prägen.
Die CDU war bisher immer gegen Steuererhöhungen.
Doch Corona zwingt manchen, hier neu nachzudenken.
Bei weiteren Ausgaben langsam zu machen,
aber zugleich die Wirtschaftskräfte stärken, das hat die Priorität.
Und wenn das dann dazu führt, dass man noch
an der Steuerbelastung verändert,
das glaube ich, davon geht die Welt auch nicht unter.
Noch ist die akute Gesundheitskrise nicht überwunden.
Danach wartet auf die Politik
eine mindestens ebenso große Herausforderung:
den Zerfall der Gesellschaft aufzuhalten.
Der ganze Film "Land im Fieber – die Folgen der Corona-Krise"
morgen Abend, 19.10 Uhr im ZDF.
Trotz Corona-Auflagen und Ausgangssperre nahmen in der Bretagne
rund 2.500 junge Leute an einer illegalen Silvesterparty teil.
Hunderte französische Polizisten konnten die Riesenparty erst
nach zwei Nächten beenden und wurden dabei auch gewaltsam angegriffen.
Die Techno-Fans feierten in einer stillgelegten Lagerhalle
und hielten keinerlei Sicherheitsmaßnahmen ein.
Gegen 1.200 von ihnen wurden Bußgelder verhängt,
fünf Personen wurden festgenommen.
Im westafrikanischen Niger haben Bewaffnete an der Grenze zu Mali
mindestens 56 Menschen getötet und mehr als 20 verletzt.
Die genauen Umstände der Attacke sind noch unklar.
In der Region sind etliche islamistische Terrorgruppen aktiv.
Die Regierung in Teheran hat angekündigt,
mehr Uran als bislang noch höher anreichern zu wollen.
Das teilte Iran offiziell der Inter- nationalen Atomenergiebehörde mit.
Seitdem US-Präsident Trump das Atomabkommen vor 2,5 Jahren
einseitig aufkündigte und neue Sank- tionen gegen Teheran in Kraft setzte,
hält sich auch Iran immer weniger an die internationalen Vereinbarungen.
Erstmals in der Amtszeit von Donald Trump hat der US-Kongress
ein Veto des US-Präsidenten überstimmt,
auch mit den Stimmen zahlreicher Republikaner.
Trump hatte sich gegen das Gesetzespaket
zum Verteidigungshaushalt gestellt.
Das Militärbudget von 740 Mrd. Dollar
kann nun am Präsidenten vorbei in Kraft treten.
Damit wird auch der geplante Truppen- abzug z.B. aus Afghanistan gebremst.
Und die Verlegung von US-Soldaten aus Deutschland
wird ebenfalls vorerst gestoppt.
Der Wintereinbruch hat nicht geholfen.
Weihnachten hat nicht geholfen, auch der Jahreswechsel nicht.
Das Schicksal von fast 1.000 Migranten und Flüchtlingen,
hauptsächlich aus Afghanistan oder Pakistan, versinkt bei Lipa
an der Grenze der Europäischen Union zwischen Kroatien
und Bosnien-Herzegowina immer noch tiefer im Elend.
Ihre Lage ist hoffnungslos, weil keiner der politischen Akteure
ein echtes Interesse hat, ihnen zu helfen.
Bosnien-Herzegowina möchte sie nur los sein, egal, wohin.
Nicht zu uns, tönt das EU-Land Kroatien,
verteidigt die Außengrenze der Union und prügelt jeden zurück,
der es über die Grenze schafft.
Das ist dokumentiert.
Wie die hartnäckige Weigerung Bosnien-Herzegowinas,
etwas für die Opfer zu tun.
Die sollen besser das Weite suchen.
Britta Hilpert berichtet.
Da rollt Hilfe heran ins Camp Lipa in Bosnien-Herzegowina.
Die Armee bringt Zelte und Decken für rund tausend Personen.
Doch diese Zelte macht die Flücht- linge kaum wärmer, kaum glücklicher.
Sie wollen hier gar nicht sein.
Und seit heute verweigern einige die eine Mahlzeit,
die sie hier noch bekommen.
Wir nehmen heute kein Essen,
denn die bosnische Regierung hilft uns nicht.
Es gibt hier zu viele Probleme, deswegen sind wir im Hungerstreik.
Die EU sollte etwas tun.
Für den Weg in die EU nehmen sie dieses Leben auf sich,
ohne Heizung, Strom, funktionierende Toiletten.
Hier in der Nähe wollen sie heimlich die Grenze überwinden,
aber in Kroatien werden sie zurückgeprügelt –
die EU will sie nicht.
Seit Jahren geht das so.
Neu ist, dass nun auch die Bosnier sie nicht wollen.
Immer wieder blockieren sie Flüchtlingsunterkünfte.
Der Staat kann sich nicht durchsetzen.
Das Flüchtlingsproblem
schwächt das zerrissene Bosnien-Herzegowina weiter.
Wenn ein Staat eine Entscheidung in einer Region über,
wo Migranten untergebracht werden sollen, nicht durchsetzen kann,
dann ist das natürlich eine Ermutigung für alle,
die seit jeher einen schwachen Staat wollen
oder den Staat sogar zerstören wollen, weiterzumachen.
Europa schickt Geld, um Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen.
Trotzdem nimmt der der Unmut zu gegen Migranten und gegen die EU.
Denn die Migranten kämen aus der EU, aus Griechenland,
und wollten in die EU, sie sind ein EU-Problem, meint man hier.
Bosnien-Herzegowina fühlt sich
als Europas Abstellgleis für Unerwünschte.
Innenpolitisch schwächt es den Staat,
es schwächt die Unterstützung für die EU, es schafft Unzufriedenheit
und auch Spannungen zu den Migranten vor Ort.
Und all das ist eine Situation, die sich eher verschlechtern wird
in den kommenden Wochen und Monaten.
Sie haben heute auch Holz ins Camp Lipa gebracht - lastwagenweise.
Der Winter steht noch am Anfang und den verbringen sie wohl hier.
Camp Lipa bleibt ein Problem,
so wie die ganze europäische Flüchtlingspolitik.
Ein paar Armee-Zelte, ein paar Millionen Euro ändern daran nichts.
Noch einmal Nachrichten und unser Service wie immer am Samstag.
Trotz Corona zieht es viele Ausflügler hier in Deutschland
und in den Alpen in den Schnee.
In den Mittelgebirgen führte der Ansturm zu chaotischen Zuständen,
wie hier im Harz waren Straßen und Wege überfüllt.
Auch im Taunus, im Schwarzwald oder in der Rhön wollten viele zum Wandern
und Rodeln in den Schnee.
Die Polizei rät davon ab - nicht nur wegen der Kontaktbeschränkungen,
sondern auch wegen der Staus, Straßensperrungen und Schneebruchs.
In den nächsten Tagen kann es immer wieder schneien oder regnen.
Das Wetter bleibt winterlich trübe.
Morgen liegt eine dicke Wolkendecke über Deutschland.
Vom Südwesten bis nach Sachsen schneit und regnet es,
v.a. im Osten muss mit Glatteis gerechnet werden.
Die Temperaturen halten sich.
Dazu immer wieder Schnee oder Regen, v.a. vom Norden bis in die Mitte.
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