heute journal vom 03.09.2021 - Laschet und sein Zukunftsteam - Neuer Schwung für die Union?
Diese Untertitel sind live produziert.
Und jetzt das heute journal mit Heinz Wolf und Marietta Slomka.
Guten Abend.
Schlimmer geht immer:
So muss sich im Moment das Team um Armin Laschet fühlen.
Denn auch die Forschungsgruppe Wahlen
bietet für die Union neue Hiobsbotschaften.
Erstmals seit 19 Jahren liegt im Politbarometer die SPD vor CDU/CSU.
Wenn jetzt am Sonntag Bundestagswahl wäre,
bliebe die Union bei mageren 22 %.
Die SPD kann sich hingegen um drei Punkte steigern auf 25 %
und wäre damit stärkste Kraft.
Das gab es zuletzt 2002.
Die AfD bliebe unverändert bei 11 %,
die FDP käme mit einem Prozentpunkt Zuwachs ebenfalls auf 11 %.
Die Linke kann auch um einen Punkt zulegen auf 7 %.
Die Grünen würden sich um drei Punkte deutlich verschlechtern auf 17 %.
Damit ist für Team Laschet auch die Hoffnung zerstoben,
dass sein Auftritt beim ersten Kandidatentriell
für Aufwind gesorgt hat.
Stattdessen ist der Popularitätsabstand zu Scholz
noch etwas größer geworden.
Auf die Frage, wen sie am liebsten als Kanzler oder Kanzlerin hätten,
stimmen 53 % für Olaf Scholz.
Nur 18 % wünschen sich Armin Laschet
und gerade mal 14 % Annalena Baerbock.
Der Rest weiß es nicht bzw. will keinen der drei.
Das sind auch für die Grünen bittere Zahlen,
aber am härtesten trifft es Laschet, der das Kanzleramt verteidigen muss.
Was tun? Er versucht es jetzt mit Gruppenbild.
Aus Berlin: Klaus Brodbeck.
Eilig der Umbau mitten im Wahlkampf: Armin Laschet holt sich Verstärkung,
reagiert so auf die in Umfragen enteilende Konkurrenz.
Ich freue mich auf diesen Endspurt und v.a. darauf,
in den nächsten Tagen zu sehen,
welche weiteren Persönlichkeiten denn die SPD aufzubieten hat.
Frauenanteil: 50 %.
Der Anteil bekannter Gesichter: deutlich geringer.
Laschets Zukunftsteam: Sicher gesetzt war nur einer.
Für Zukunft steht er – wie man's nimmt.
Ich finde das Team spannend, nicht nur, weil es paritätisch ist.
Ich finde es spannend, weil wir, wenn ich mich nicht verzählt habe,
19 Kinder haben, die alle in diesem Team sind.
Allein daran merkt man, dass wir für die Zukunft arbeiten,
es gibt sogar schon Enkelkinder.
Lange hatte sich Laschet gesträubt,
mit einer Mannschaft in den Wahlkampf zu ziehen.
Während seine Werte fielen, stieg der Druck aus der Partei enorm.
Für mich war immer wichtig, dass die CDU als Team sichtbar wird.
Team ist für mich der christlich-soziale, der liberale
und der konservative Flügel der Partei.
Das Team war richtig und notwendig und kommt zum richtigen Zeitpunkt.
Später hätte es aber auch nicht sein sollen.
Laschets Zukunftsteam soll kein Schattenkabinett sein.
Welche Rolle es bis zur Wahl spielen wird, bleibt offen – danach sowieso.
Hinzu kommt: Die Union hat manch schlechte Erfahrung
noch gut in Erinnerung.
2005, gleiche Stelle: Aus dem vermeintlichen Star
in Merkels damaligem Schattenkabinett
wurde im Wahlkampf eine Belastung.
Was dieser Professor da vorschlägt, meine Damen und Herren,
das kann er vielleicht wollen, wir können es uns nicht leisten,
solche Experimente zu machen.
Laschet lässt zudem offen, ob aktuelle Kabinettsmitglieder
auch einer von ihm geführten Regierung
wieder angehören sollten und welche.
Wahlkampf in Apolda, heute Nachmittag.
Sein Zukunftsteam hilft ihm hier nicht.
Von dieser Dame, ich nenne sie mal Dame, die die Digitalisierung
nach vorne bringen soll, habe ich bis heute noch nichts gehört.
Die Digitalisierung ist auch sehr stiefmütterlich behandelt worden.
Ich hätte Söder besser gefunden als Kandidat der CDU,
hätte mir mehr gefallen.
Die schlechten eigenen Zahlen machen die gesamte Union nervös
und erfreuen die ebenfalls gebeutelten Grünen.
Es geht um viel, vielleicht sogar um alles für die Union.
Natürlich sind die Demoskopiewerte alarmierend,
sowohl vom Trend als auch von der absoluten Höhe.
Die Union hat ihren Führungsanspruch im Land verloren.
Bei dem Team habe ich den Eindruck,
da ist wenig Zukunft und wenig Team dabei.
Noch 23 Tage für das Team und dem, dem es nun helfen soll.
Viel Zeit bleibt Armin Laschet nicht.
Die Union fährt nun eine Art Doppelstrategie:
Positive und Negative Campaigning.
Einerseits zeigen, was man hat
und welche Leute für die Union und ihre Themen stehen.
Andererseits davor warnen,
dass die SPD eine Koalition mit der Linken eingehen würde.
Die Warnungen der Union vorm Linksruck
erinnern alte Wahlkampfhasen an die Rote-Socken-Kampagne der 90er Jahre,
die seitdem immer wieder mal zur Aufführung kam.
Darüber sprechen wir gleich noch mit einem Wahlkampfprofi.
Aber zunächst berichtet Andreas Weise aus Sachsen-Anhalt,
wie die Unionskampagne im Osten der Republik ankommt.
Ohne Bratwurst geht wenig in Thüringen.
Wahlkämpfer Armin Laschet in Apolda.
Rot-Rot-Grün, hier im Bundesland zwar ohne Mehrheit,
aber immer noch an der Regierung.
Eine Farbkombination, die nun als Schreckgespenst
Stammwähler für die Bundestagswahl aufrütteln soll.
Wer die NATO verlassen will, wer den Verfassungsschutz abschaffen will.
Wer verstaatlichen will, der gefährdet Deutschlands Zukunft.
Und deshalb, lieber Olaf Scholz, so schwer ist das nicht,
machen Sie es wie die CDU: nicht mit der Linken, nicht mit der AfD.
Dann können Demokraten zusammen reden,
aber nicht eine Hintertür offenhalten,
um am Ende diese Leute in die Regierung in Deutschland zu bringen.
Genau den Gefallen tut Olaf Scholz ihm aber nicht.
Auftritt am Abend mit der Berliner Spitzenkandidatin Franziska Giffey
in der Hauptstadt.
Per Parteitagsbeschluss wurde schon 2013 die “Ausschließeritis“
Richtung Linke gestoppt.
Über den Umweg Außen- und Sicherheitspolitik
wird heute zumindest Distanz gewahrt.
Eine künftige Regierung in Deutschland
muss mit den USA zusammenarbeiten,
da muss transatlantische Partner- schaft eine Rolle spielen.
Sie muss klar sein in der Frage der Zusammenarbeit mit der NATO,
dass wir eine starke souveräne Europäische Union wollen.
Dass wir gut mit dem Geld umgehen, dass wir wollen,
dass die Wirtschaft wächst und wir Sicherheit im Innern wollen.
Das sind die Dinge, auf die sich jeder verlassen kann.
Ich halte jeder Koalitionsaussage vor dem Ende der Wahl für falsch.
Warum sollte man schon Dinge vorher ausschließen,
erst mal feststellen, ob die überhaupt in die Regierung kommen.
Dementsprechend finde ich das in Ordnung.
Es gibt natürlich auch Contra, aber jeder hat seine Meinung.
Sicher - in den Ländern fällt auch den Grünen eine Zusammenarbeit
mit der Linken leichter als vielleicht im Bund.
Wahlforum mit Robert Habeck auf dem Magdeburger Domplatz.
Für den Co-Parteichef ist die Linke gerade im Osten aber
alles andere als radikal.
Gerade in Ostdeutschland ist die Linkspartei sehr pragmatisch,
sie sind im Grunde linke Sozialdemokraten geworden.
Und in vielen Regierung immer mit dabei gewesen.
Ich erinnere daran, dass z.B. in Thüringen die Union am Ende
indirekt gezwungen war, auch mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten.
Das ist albern, da jetzt so einen Popanz daraus zu machen.
Und selbst für Steffi Lemke, Bürgerrechtlerin,
die sich in der DDR gegen die SED-Diktatur engagierte,
taugt die Linke nicht mehr als Schreckgespenst.
Es gibt sicherlich ehemalige SED-Mitglieder,
mit denen ich persönlich auf keinen Fall zusammenarbeiten würde.
Aber politisch geht es in dieser Bundestagswahl
um die Zukunftsaufgaben: Energiewende, soziale Gerechtigkeit,
europäische Außenpolitik.
Und darüber möchte ich reden
und nicht über rote Socken aus dem letzten Jahrhundert.
Rote Socken: Gemeint waren alte SED-Kader.
1994 eine Kampagne, mit der die CDU im Bundestagswahlkampf
vor der Vorgängerpartei der Linken, der PDS, warnte.
Ob diese Strategie auch 27 Jahre später aufgeht?
Die Wähler werden darüber entscheiden.
Über diesen Wahlkampf
wollen wir mit einem echten Wahlkampfprofi sprechen.
Frank Stauss macht seit 20 Jahren Wahlkämpfe,
hat eine dieser Agenturen, an die sich Politiker wenden,
wenn sie strategische Beratung und Wahlkampagnen brauchen
und hat auch ein Buch darüber geschrieben, Höllenritt Wahlkampf,
das als Standardwerk gilt.
Er hat mehrfach die SPD beraten, u.a. auch Olaf Scholz.
Guten Abend, Herr Stauss.
In diesem Bundestagswahlkampf sind Sie nicht aktiv im Geschirr,
sondern beobachten das von der Seitenlinie.
Wenn wir uns die Strategie der Union ansehen:
Furcht vor einem Bündnis mit der Linkspartei im Bund zu wecken
und damit Wähler zu mobilisieren -
kann das für die SPD, für Team Scholz ein strategisches Problem werden?
Ich hätte vor einigen Jahren und in den Kampagnen der letzten Jahre
das klar bejaht, weil es in der Vergangenheit
eine der wenigen Machtoptionen war, z.T. auch die einzige,
die die SPD überhaupt hatte.
Jetzt ist es anders.
Da sie jetzt in allen Umfragen die Nummer eins ist,
hat sie viel mehr Machtoptionen.
Also neben dieser Linkskoalition auch noch die Ampel.
Dann natürlich auch eine Große Koalition
unter der Führung der SPD,
eine Koalition mit der Union und den Grünen.
Und dadurch hat das nicht den Stellenwert,
den er sonst in Kampagnen gehabt hätte.
Es ist auch eine Zahl aus dem Politbarometer,
dass Zweidrittel der Befragten sagen, sie gehen davon aus,
dass, wenn die Mehrheitsverhältnisse entsprechend sind,
dann macht das Herr Scholz mit den Linken,
trotz aller Vorbehalte, die es da gibt.
Und 60 % finden das überhaupt nicht gut.
Kann das nicht auch ehemalige Merkel-Wähler abschrecken?
Wie sollte die SPD damit umgehen?
Als Wahlkampfberater, was würden Sie da sagen?
Die Kampagne der Union zielt ja genau darauf.
Auf der anderen Seite
hat eben dieses Politbarometer auch erhoben,
dass es den meisten Menschen egal ist,
ob die SPD im Vorfeld eine solche Koalition ausschließt.
Es ist für mich ein ganz wichtiger Indikator,
denn es bedeutet, dass sie es zwar grundsätzlich nicht wollen,
dass sie aber gleichzeitig dieser Frage
keine so große Bedeutung zumessen.
Es ist ein Nullsummenspiel, weil es so viele Optionen gibt.
Am Ende werden sich die Menschen gerade weil es so viel Verwirrung
und Orientierungslosigkeit gibt, an den Personen orientieren.
Und das ist das große Problem von Armin Laschet,
dass die Menschen Olaf Scholz nicht zutrauen,
dass er eine instabile Koalition anführen würde.
Armin Laschet, Stichwort "Team Laschet",
drei Wochen vor der Wahl und dann immer noch so im Abwind -
was kann man da als Wahlkampfmanager überhaupt noch machen oder empfehlen?
Meine Empfehlung ist da immer, die Finger von einem Team zu lassen.
Für mich gilt die Formel: Kommt das Team, folgt der Untergang.
Das hat noch nie funktioniert.
Ich erinnere mich an die Kampagne von Frank-Walter Steinmeier,
der ein Team in der Größenordnung einer Fußballmannschaft
inklusive Ersatzkader präsentiert hat.
Das hat alles nicht gefruchtet.
Heute muss der Mann sein Leben als Bundespräsident verbringen.
Ich erinnere mich an Rudolf Scharping,
der von Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine
gestützt werden sollte, aber eher gestürzt wurde.
Der Teamgedanke funktioniert nicht und das hat eine einfache Erklärung:
Es gibt kein Team im Bundeskanzleramt.
Es gibt exakt einen Stuhl, auf dem sitzt dann der Bundeskanzler
oder die Bundeskanzlerin und kein Team.
Und deswegen orientieren sich die Menschen tatsächlich
an den Kandidaten selbst.
Aber versucht man nicht doch,
verschiedene Flügel damit abzudecken,
z.B. indem man sagt, Herr Merz soll eine Rolle spielen,
um CDU-Stammwähler, die das gut finden, zu erfreuen?
Ja, das ist im Prinzip der Gedanke, aber meine Erfahrung ist,
er funktioniert nicht, weil die Menschen sagen,
man kann eine Kanzlerkandidatur nicht delegieren.
Man kann auch eine Kanzlerschaft nicht delegieren.
Was Herr Laschet gerade präsentiert hat,
sind die verschiedenen Flügel seiner Partei,
die interessieren aber die Wähler*innen nicht so richtig.
Herr Merz ist ein Angebot für den wirtschaftsliberalen Flügel,
ist auch ein bisschen ein Angriff an die FDP,
von der die Union gerne ein, zwei Prozentpunkte zurückhaben würde.
Meine Erfahrung ist, dass diese Teams eher Verwirrung stiften.
Herr Laschet hat vor ein paar Tagen erst ein Klimateam präsentiert,
jetzt ein Kernteam - das hört gar nicht mehr auf.
Glauben Sie, dass in den nächsten drei Wochen noch viel passieren kann?
Es ist ja ein verrückter Wahlkampf, man hat ja vieles
nicht für möglich gehalten vor ein paar Wochen.
Es ist ein komplett verrückter Wahlkampf,
aber auch mit Werten, die ich in meinem Leben noch nie erlebt hatte,
dass eben auch ein Kanzlerkandidat der Union so unbeliebt ist.
So war keiner zuvor.
Eindeutig, die Stimmung dreht sich in Richtung der SPD und Olaf Scholz.
Und deswegen muss die Union was tun.
Allerdings, die Zeit läuft ihr davon.
Sagt ein Wahlkampfprofi, Herr Stauss, vielen Dank für das Gespräch.
Das ganze Politbarometer mit allen Zahlen und Fragen
präsentieren wir dann noch am Ende der Sendung.
Natürlich können Sie es auch jetzt schon online abrufen, auf ZDFheute.
Angesichts des Afghanistan-Debakels versuchen die Europäer,
sich neu zu sortieren.
Damit geht es jetzt bei Heinz Wolf weiter.
Die EU-Außenminister haben über die Lage in Afghanistan beraten
und sich auf Bedingungen für eine beschränkte Zusammenarbeit
mit den Taliban verständigt.
Die EU-Außenminister
fordern die Achtung der Menschen- und insbesondere Frauenrechte
und die Bildung einer Regierung,
die möglichst viele Bevölkerungsteile abbildet.
Der EU-Außenbeauftragte Borrell erklärte,
es gehe dabei nicht um eine politische Anerkennung der Taliban.
Die Deutsche Bahn hat auch beim Hessischen Landesarbeitsgericht
keinen Stopp des GDL-Streiks erreicht.
Das Gericht lehnte in zweiter Instanz
eine entsprechende einstweilige Verfügung ab.
Damit kann der Arbeitskampf weitergehen,
angekündigt ist er bis Dienstag, 2 Uhr.
Heute, am zweiten Streiktag im Personenverkehr,
kam es zu massiven Ausfällen.
Zum Wochenende hat die Bahn
zusätzliche Kapazitäten im Fernverkehr angekündigt.
Zur Diskussion, ob Arbeitgeber
von Beschäftigen Auskunft über den Impfstatus erhalten sollen.
In besonders sensiblen Bereichen wie Kitas, Schulen und Pflegeheimen
soll das ermöglicht werden.
Auf diesen Kompromiss haben sich Union und SPD geeinigt.
Der Bundestag muss noch zustimmen.
Zu den aktuellen Corona-Zahlen in Deutschland:
Das Robert Koch-Institut meldet 14.251 Neuinfektionen
binnen 24 Stunden.
Das sind 2.222 mehr als vor einer Woche.
Die 7-Tage-Inzidenz steigt auf 80,2.
Innerhalb eines Tages
kamen 554 Corona-Infizierte neu ins Krankenhaus,
die 7-Tage-Inzidenz hier: 1,83.
Mit einem Trauerstaatsakt in der Dresdner Frauenkirche
nahmen Politiker, Freunde und Weggefährten Abschied
vom früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf.
Bundespräsident Steinmeier würdigte ihn als reflektierten Denker.
Zudem hob er die Verdienste Biedenkopfs um Sachsen hervor.
Der CDU-Politiker war erster Regierungschef Sachsens
nach der Wiedervereinigung und von 1990 bis 2002 im Amt.
Am 12. August starb Kurt Biedenkopf im Alter von 91 Jahren.
So sah es im rheinland-pfälzischen Altenburg
in den Tagen nach der Flut aus.
Die ganze Wucht der Zerstörung schreit einen aus diesen Bildern an.
Was Wasser anrichten kann, was Extremwetter anrichten kann.
Wohl niemand dort wird je wieder das Wort "Starkregen" hören können,
ohne angespannt zu werden.
Und mit den materiellen Folgen
haben die Menschen eh noch lange zu kämpfen.
Dass sie vom Rest der Republik und v.a. von der Politik
vergessen werden, gehört zu den Sorgen,
die viele Flutgeschädigte umtreibt.
Heute kam die Bundeskanzlerin zum zweiten Mal ins Hochwassergebiet.
Marion Geiger und Angela Ebhardt berichten aus Altenburg.
Die Bilder der Flut hat Maik Raths immer im Kopf.
Fast zehn Meter hoch stieg das Wasser der Ahr
und flutete Altenburg Stockwerk um Stockwerk.
Familie Raths hat überlebt, auf dem Speicher.
Ihr Haus jedoch ist schwer beschädigt,
wie 95 % der Gebäude im Dorf.
Ja, unser Ort ist nicht mehr der, der er war.
Er wird es auch so nicht mehr werden.
Es wird sich sehr viel verändern, viele werden wegziehen.
Jeder versucht irgendwie, von Tag zu Tag kommen.
Jeder entscheidet für sich:
Baue ich wieder auf oder baue ich nicht auf?
Gibt es Hilfen und wenn ja, wie?
Es ist eine Zeit der Ungewissheit in Altenburg.
Schon jetzt klaffen Lücken, wo vor der Flut Häuser standen.
Manche Plätze werden nicht mehr bebaut werden dürfen.
Der Campingplatz am Ufer der Ahr wird abgerissen.
Für Arthur und Jolanta Schulz war er ihr Lebenswerk.
Sie kommen jeden Tag und schauen den Baggern zu.
Ich kann das im Moment noch nicht richtig begreifen.
Mein Kopf nimmt das noch nicht an.
Aber wir sind stark, wir müssen das schaffen.
Über 20 Jahre hatten sie den Platz gepachtet,
nun gehen sie früher in den Ruhestand.
Ob sie entschädigt werden, wissen sie noch nicht.
In so einer Situation erwarten wir schon oder hoffen,
dass man uns auch finanziell hilft.
Als die Bundeskanzlerin am Mittag
gemeinsam mit der rheinland- pfälzischen Ministerpräsidentin
ihren Rundgang durch Altenburg macht,
sieht sie zu großen Teilen einen Geisterort.
Viele Häuser entkernt und unbewohnbar,
die Menschen in alle Richtungen evakuiert.
Es ist schon wieder erschütternd,
was das Wasser für eine Kraft hat und wie viele Häuser betroffen sind.
Aber gemessen an vor ein paar Wochen ist unglaublich viel geschehen.
Die Altenburger schildern,
was sie erlebt haben und wie viel verloren -
Merkel spricht ihnen Mut zu.
Wir vergessen die Menschen nicht.
Wir versuchen, so unbürokratisch wie möglich, Bund und Land gemeinsam,
die Dinge zu bearbeiten - das ist das, was wir tun können.
Am Geld soll es nicht scheitern, sagt die Kanzlerin,
selbst wenn 30 Mrd. aus dem Aufbauhilfefonds nicht reichen.
Die Erwartungen hoch.
Dass auf jeden Fall beim Hochwasserschutz was passiert.
Und am besten eine individuelle Lösung für jeden Ort,
denn überall sind die Gegebenheiten anders.
Die Leute wollen wissen: Wie geht's weiter?
Wo sollen wir hin? Können wir hier bleiben?
Lohnt sich das Aufbauen?
Ob die Menschen im Ahrtal bleiben, hängt auch davon ab,
ob sie mit der Angst vor einer neuen Flut leben können.
Man wacht nachts auf, wenn ein Gewitter kommt.
Das sind so Sachen, das muss jeder für sich persönlich entscheiden,
ob er das noch kann und möchte.
Der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete wird Jahre dauern.
Die Menschen, die hier ihre Zukunft sehen,
drängen auf einen schnellen Beginn.
Heinz Wolf macht weiter, zunächst mit dem Blick auf die Börse.
Da gilt gerade jetzt am späten Abend dem DAX große Aufmerksamkeit.
22 Uhr war Termin für die Bekanntgabe einer Reihe von Veränderungen.
Frank Bethmann, was ist neu?
Das wichtigste zuerst: Der DAX bekommt Zuwachs.
Wird künftig aus 40, statt wie bisher 30 Unternehmen bestehen.
Doch damit nicht genug.
Es ist die größte Reform des Spitzen-Index,
und die sieht auch eine gründliche Überarbeitung des Regelwerkes vor.
Dass Pleiteunternehmen wie Wirecard
noch monatelang im DAX herumdümpeln können, ist künftig ausgeschlossen.
Künftig droht neuen Mitgliedern der schnelle Rauswurf,
wenn sie ihre Geschäftsberichte nicht fristgerecht einreichen.
Neu auch - als Reaktion auf den erst kürzlich in den DAX aufgenommenen,
rote Zahlen schreibenden Essenslieferanten Delivery Hero:
Wer in den DAX will, muss zwei Jahre lang Gewinn gemacht haben.
Veränderungen als Antwort auf große Kritik.
Der DAX sei in die Jahre gekommen, hieß es, nicht mehr modern genug,
sprich: zu viel alte Industrie, zu wenig High-Tech.
Deshalb nun neu dabei:
Internetkonzerne wie der Online-Modehändler Zalando
und der Kochboxen-Versender Hello Fresh.
Wichtigster Neuling ganz sicher der Flugzeugbauer Airbus,
auf Anhieb fünfgrößter Wert im DAX.
Geschafft haben es auch Porsche und der Konsumgüterhersteller Beiersdorf.
Der neue DAX ist künftig also breiter aufgestellt,
doch noch immer sehr chemie- und autolastig.
Was nicht unbedingt der Reform anzulasten ist,
sondern der Tatsache,
dass man ein deutsches Google hierzulande vergeblich sucht.
Der alte DAX, noch hat er nicht ausgedient,
gab heute zum Wochenschluss knapp 60 Punkte nach.
Starttermin für den neuen mit dann 40 Konzernen ist der 20. September.
Im Nordosten der USA kamen durch heftige Regenfälle und Überflutungen
nach Sturmtief "Ida" mind. 46 Menschen ums Leben.
Zudem richteten Tornados schwere Schäden an, v.a. in New Jersey.
Währenddessen dauern die Aufräumarbeiten
im vom Sturmtief besonders betroffenen Louisiana an.
Hunderttausende haben weiterhin keinen Strom,
der Schaden geht in Milliardenhöhe.
US-Präsident Biden ist zur Stunde vor Ort,
um sich ein Bild vom Ausmaß der Schäden zu machen.
12,5 Jahre ist es her, dass das Historische Archiv
und das Rheinische Bildarchiv bei U-Bahn-Bauarbeiten in Köln
eingestürzt sind: Das Gebäude wurde dabei völlig zerstört.
Bei dem Unglück kamen zwei Menschen ums Leben,
es entstand ein Schaden in Milliardenhöhe.
Nun ist der Neubau des Stadtarchivs in Köln feierlich eingeweiht worden.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte bei dem Festakt,
das "Haus werde die Erinnerung
der nachweislich ältesten deutschen Metropole bewahren und pflegen."
Bei den US Open hat Peter Gojowczyk in New York
überraschend das Achtelfinale erreicht.
Der 32 Jahre alte Münchner setzte sich in vier Sätzen
gegen den Schweizer Henri Laaksonen in dem bislang besten Lauf
seiner Grand-Slam-Karriere mit 3:6, 6:3, 6:1, 6:4 durch.
Gojowczyk trifft nun entweder auf Stefanos Tsitsipas aus Griechenland
oder auf Carlos Alcaraz aus Spanien.
Ihnen noch einen schönen Abend.
Guten Abend, willkommen zum Politbarometer.
Der Wahlkampf biegt auf die Zielgerade ein,
der 26. September kommt in Sichtweite.
Baerbock, Laschet und Scholz
touren mit ihren Wahlprogrammen durch die Republik
und trafen im ersten von drei TV-Triellen aufeinander.
23 Tage vor der Bundestagswahl sind die Rollen neu verteilt.
Denn im Moment lässt Scholz seine Konkurrenten im Kampf ums Kanzleramt
deutlich hinter sich.
70 % der Befragten finden,
dass Olaf Scholz geeignet ist als Bundeskanzler.
Nur 25 % sagen das über Armin Laschet,
23 % über Annalena Baerbock.
Auch in der K-Frage kann der SPD-Spitzenkandidat den Vorsprung
vor seinen beiden Kontrahenten von Union und Grünen noch weiter ausbauen
18 % hätten am liebsten Armin Laschet als Bundeskanzler,
ein Prozentpunkt mehr als in der letzten Umfrage vor einer Woche.
Eine Mehrheit wünscht sich Olaf Scholz als Kanzler, 53 %,
ein Plus von vier Punkten.
Annalena Baerbock wünschen sich 14 %, zwei Punkte weniger.
Die guten Werte für Olaf Scholz spiegeln sich auch
in unserer Top Ten der wichtigsten Politikerinnen und Politiker.
Auf der Skala von plus 5 bis minus 5, bewertet nach Sympathie und Leistung,
bleibt Armin Laschet Schlusslicht: minus 0,8.
Davor Annalena Baerbock: minus 0,5, beide unverändert.
Auf Platz 8 Heiko Maas, minus 0,1, etwas besser.
Jens Spahn 0,0, verbessert.
Horst Seehofer auch 0,0, etwas besser.
Christian Lindner, 0,0.
Vor ihm Robert Habeck: mit 1,0, beide unverändert.
Rang 3 für Markus Söder: 1,3, etwas besser.
Auf dem 2. Platz: Olaf Scholz, verbessert, 1,7.
Ganz vorne bleibt Angela Merkel: 2,2, leichte Verluste.
Von der Beliebtheit ihres Kanzlerkandidaten
kann jetzt auch die SPD profitieren.
Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre,
blieben CDU/CSU bei 22 %, ihrem bisher niedrigsten Wert überhaupt.
Die SPD könnte deutlich zulegen und läge mit 25 % vor der Union,
das erste Mal seit 19 Jahren.
Die AfD erreichte unverändert 11 %.
Die FDP ebenfalls 11 %, plus 1.
Die Linke 7 %, plus 1.
Die Grünen rutschten auf 17 %, minus 3.
Damit hätte die GroKo als einziges Zweierbündnis
eine hauchdünne Mehrheit.
Reichen würde es auch für mehrere Dreierbündnisse
einschließlich Rot-Grün-Rot.
89 % der Befragten aber sind überzeugt,
dass die Wahl noch nicht entschieden ist.
Etwas mehr Befragte wünschen sich eine SPD-geführte
gegenüber einer Union-geführten Bundesregierung.
Das kann auch mit den Themen zu tun haben,
die die Parteien im Wahlkampf setzen.
Bei der Frage, welches Thema für die eigene Wahlentscheidung
eine Rolle spielt,
steht soziale Gerechtigkeit auf Platz eins.
Mit etwas Abstand folgt der Klimaschutz, dann Corona
und das Thema Flüchtlinge und Asyl.
Beim Thema soziale Gerechtigkeit wird der SPD mit Abstand
die größte Kompetenz aller Parteien zugeschrieben.
Die Union versucht, den Höhenflug der Sozialdemokraten zu stoppen
und warnt vor einem Linksrutsch.
Olaf Scholz hatte zuletzt eine Koalition mit der Linken
nicht endgültig ausgeschlossen - geht das rote Gespenst wieder um?
63 % glauben, die SPD werde nach der Bundestagswahl versuchen,
eine rot-grün-rote Regierung zu bilden, 30 % denken das nicht.
Käme es dazu, fände das 25 % der Deutschen gut,
57 % Prozent schlecht und 14 % wäre es egal.
Auch bei den SPD-Anhängern lehnt jeder Zweite Rot-Grün-Rot ab.
Dass die SPD so ein Bündnis vor der Wahl ausschließen soll,
findet eine Mehrheit aber nicht.
Wer sich in öffentlich zugänglichen Innenräumen trifft,
muss geimpft, genesen oder getestet sein, besagt die 3G-Regel.
Hamburg geht noch weiter und erlaubt das 2G-Modell.
Es befreit Betriebe von fast allen Corona-Beschränkungen,
wenn sie nur noch Geimpfte und Genesene einlassen.
56 % hätten diese Regelung gerne bundesweit,
41 % fänden das schlecht.
Mehrheitliche Zustimmung findet sich bei allen Parteianhänger-Gruppen,
außer bei denen der AfD.
Trotz steigender Inzidenzen zeigen die Befragten beim Thema Corona
inzwischen mehr Gelassenheit:
Fast zwei Drittel sehen die eigene Gesundheit nicht als gefährdet an.
Und eine klare Mehrheit findet die aktuell geltenden Corona-Maßnahmen
gerade richtig.
Das war unser Bericht über die Stimmung im Land.
Die Grafiken und alle Informationen zu unseren Umfragen finden Sie
wie immer im ZDFtext ab Seite 165, in der ZDFheute-App und auf ZDFheute.de.
Wie die repräsentativen Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen
zustande kommen, Informationen zur Methodik
und zu den Qualitätsstandards finden Sie unter politbarometer.zdf.de.
Vielen Dank für Ihr Interesse.
Das nächste Politbarometer gibt es in einer Woche am 10. September.
Nach dem Wetter folgt hier ein "heute-show spezial":
On the road to Kanzleramt.
Ihnen noch einen entspannten Abend.
Auf Wiedersehen.
Das Hoch heißt jetzt "Hermelinde", ansonsten ändert sich nichts.
Es weitet sich aus in Richtung Südosteuropa
und die Unwetter über Südwesteuropa lassen uns in Ruhe,
erreichen jetzt aber das zentrale Mittelmeer.
Heute Nacht ist es meist klar,
in Gewässernähe kann sich Nebel oder Dunst bilden.
In Norddeutschland gibt es eine Hochnebeldecke.
Morgen gibt es in Norddeutschland wieder eine Hochnebeldecke.
Es ist fraglich, ob die Sonne überall den Durchbruch schaffen wird.
In Süddeutschland dagegen zum Teil strahlender Sonnenschein
und erst nachmittags kleine Quellwolken,
eventuell Schauer oder Gewitter.
Am Sonntag gibt's ein ähnliches Bild bei ähnlichen Temperaturen.
Die neue Woche startet mit viel Sonnenschein
und schönem Spätsommerwetter.
Weil das Wetter bei uns so ruhig ist, schauen wir auf den Atlantik:
Da hat sich ein neuer Hurrikan gebildet, Hurrikan "Larry".
Die Frage ist, wie der weiterziehen wird.
Es sieht so aus, dass er zwar in Richtung Karibik zieht,
aber vorher Richtung Norden abdriftet
und die Küste Nordamerikas wohl nicht erreichen wird.
Das behalten wir weiter für Sie im Auge.