heute journal vom 05.04.2021 - Sorge um Schule - Prüfungen in Pandemiezeiten
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend.
Heute vor zwei Wochen war der Montag kein Feiertag.
Sondern ein mit Spannung erwarteter Entscheidungstag in Sachen Pandemie.
Die Hütte brannte.
Es musste verhandelt und vor allem: gehandelt werden.
Es wurde aber nur verhandelt bis tief in die Nacht,
und tief in allgemeine Erschöpfung.
Das am Ende mit letzter Kraft Beschlossene,
fünf Tage Osterlockdown, ist krachend gescheitert.
Unterm Strich bekam die Pandemie
volle zwei Wochen für ihren dritten exponentiellen Vormarsch.
Die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen
ist in den zwei Wochen um ein Drittel gestiegen
und gut unterwegs zurück zum Allzeithoch.
Da wird heute wieder geredet, dass gehandelt werden soll.
Irgendwann bald.
Bälder als bisher geplant: erst nächste Woche.
Winnie Heescher berichtet.
Hier geht ein Ministerpräsident stolz durch ein Impfzentrum,
weil am Wochenende in seinem Bundesland
hunderttausende Impftermine vergeben werden konnten.
Hier geht aber auch einer, der wegen seines Corona-Kurses
von Angela Merkel und anderen auf die Mütze bekommen hat.
Armin Laschet fordert plötzlich
eine neue Minister- präsidentenkonferenz-Runde
noch in dieser Woche und er findet ein neues Synonym für Maßnahmen.
Wir brauchen einen Brücken-Lockdown.
Wir müssen die Brücke hin zu dem Zeitpunkt,
wo viele Menschen geimpft sind, noch einmal bauen.
Ich weiß, dass viele Menschen müde von der Pandemie sind.
Aber dass auch viele bereit sind,
jetzt noch einmal einen Schritt zu gehen.
Konkret zählt er auf: mehr Homeoffice, auch Ausgangssperren,
bei Schulen und Kitas nur das Notwendigste.
Und: Er sei sich mit der Kanzlerin und vielen Ministerpräsidenten einig
Mit dem Chef der Ministerpräsidentenkonferenz ist er es nicht.
Es ist noch sehr viel unklar, was Herr Laschet damit meint,
ein Brücken-Lockdown für eine Übergangszeit.
Mit welchen Maßnahmen, und das soll solange gelten,
bis viele Menschen geimpft sind, was heißt das alles?
Da sind viele Überlegungen bei Herrn Laschet noch nicht abgeschlossen.
Insofern macht es keinen Sinn, jetzt vorfristig
zu einer Ministerpräsidenten- konferenz zusammenzukommen.
Ich freue mich ja, wenn Armin Laschet
jetzt aufgewacht ist und jetzt Maßnahmen fordert.
Das Problem ist die Zeit, die wir verloren haben.
Seit über einem Monat wissen wir, dass die Zahlen nach oben gehen.
Es ist klar, dass wir jetzt entschiedene Maßnahmen brauchen.
Der Mann neben Armin Laschet
ist Chef der deutschen Intensivmediziner - und er warnt:
Die nächsten 12 bis 14 Tage gehen wir fest davon aus,
dass die Steigungsraten der letzten Wochen sich fortsetzen.
Das heißt, dass wir 5.000 oder mehr Patienten mit Covid-19
zu versorgen haben.
Die Lage ist wirklich sehr dramatisch.
Und diese Lage ist durch Testen und Impfen
im Augenblick nicht aufzuhalten.
Impfen allerdings verhindert nicht die dritte Welle.
Die dritte Welle wächst und Länder wie Chile,
das Vereinigte Königreich, die USA zeigen uns:
Selbst dann, wenn es eine höhere Impfquote gibt als die,
die wir haben, sind trotzdem Beschränkungsmaßnahmen notwendig.
Auch Angela Merkel hatte vor acht Tagen gesagt,
sie wolle nachdenken, notfalls den Bund eingreifen lassen.
Armin Laschet hat sie damit in Bewegung gebracht.
Bis genügend Menschen geimpft sind: Brücken-Lockdown.
Da ist einem ein tolles Stück Politikvermarktung eingefallen.
So ein schönes Wort: Brücke - sicherer Weg zum rettenden Ufer.
Es könnte allerdings eine ziemlich lange Brücke werden.
In Deutschland sind nur 12 % erstmals geimpft.
In Großbritannien sind es rund 60 %.
Und erst jetzt, heute Abend,
wagte der sonst oft waghalsige Boris Johnson
Öffnungen zu verkünden.
Diana Zimmermann in London, was ist ab nächsten Montag wieder möglich?
Die Geschäfte gehen wieder auf.
Man darf wieder zum Friseur.
Restaurants und Kneipen dürfen draußen servieren.
Es ist ein Weg zur Freiheit, sagte Boris Johnson.
Weil die Zahlen gut sind, kann der nächste Schritt kommen.
Ist das Leichtsinn oder maßvolle Vernunft?
Leichtsinn war 2020.
2021 hat die Regierung dazugelernt.
Der Lockdown war streng.
Jeder Brite soll ab jetzt jede Woche zwei Tests zugeschickt bekommen.
Dadurch sollen sich die Varianten nicht so ausbreiten.
Boris Johnson hat noch nicht gesagt,
wann die Briten wieder reisen können.
Ein Impfpass wird aber auch noch diskutiert.
Wie anders die Lage in Deutschland ist,
zeigt sich heute wieder einmal beim Thema Schulen.
In allem Ernst wird darüber diskutiert, ob es nicht klüger wäre,
die Abiturprüfungen ausfallen zu lassen
und schlicht die Leistungen der Abschlussjahre zu bewerten.
Das wäre eine schlechte Nachricht für den Typus "Spätzünder",
die ähnlich wie in der Vergangenheit
gelegentlich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft
erst in den Tagen des Turniers richtig wach werden.
Allen gemeinsam ist wohl die Befürchtung,
dass ihr Abitur eines Tages eine Art Corona-Schandmal trägt.
Und ihnen im Wettbewerb nicht einbringt,
was sie sich unter erschwerten Bedingungen verdient haben.
Sven Rieken über die Stimmung in Abschlussklassen.
Wenn Concetta und Emincan
ihre Gefühlslage in einen Chat packen würden, sähe das wohl so aus.
Die beiden schreiben demnächst ihre Prüfungen
für den mittleren Schulabschluss.
Du hast nicht die Vorbereitung, wie du sie in der Schule hast.
Ich habe schon das Gefühl, das wird als Sparabschluss abgestempelt.
Die Schule liegt in einem Hamburger Problemstadtteil.
Zz. bereiten sich die Zehntklässler
im wöchentlichen Wechsel in der Schule und zuhause
auf die früher mal "Mittlere Reife" genannte Prüfung vor.
Sie müssen drei statt sechs Arbeiten schreiben.
Wenn man dann noch Geschwister hat und die Luft stressig wird,
hat man schon einen größeren Nachteil als in der Schule.
Viele der Leute, die nicht sehen, was wir tagtäglich zuhause machen,
weil wir halt zuhause sind, werden wohl sagen:
"Ja, es ist ein Corona-Abschluss.
Ihr hättet alles aus dem Internet rausschreiben können.“
Das aber können die Lehrer inzwischen online prüfen.
Schulwechsel: ein Gymnasium in einer guten Hamburger Wohngegend.
Auch hier stehen mittlerer Schulabschluss und Abitur an.
Aber hier ist die Welt eine andere:
Die Zukunftssorgen drehen sich eher um das, was nach der Schule kommt.
Das Gefühl von Freiheit, das man, wenn man sein Abi macht,
eigentlich haben sollte, dass einem die Welt offen steht:
Ich glaube, dass nun viele ihre Pläne nach dem Abitur
geändert haben, weil es das jetzt nicht mehr gibt.
Ich würde jetzt auch nicht nur von negativem Einfluss sprechen.
Diese Situation ist etwas ganz Neues für uns alle.
Sie wappnet uns auch so für das Leben später.
Maske tragen, Abstand halten.
Gemeinsames Lernen: nahezu unmöglich.
Beim Abschlussjahrgang 2021 bleibt vieles der modernen Lernkultur
auf der Strecke.
Distanzunterricht führt eben zu Distanz.
Die sozialpsychologischen Aspekte
von Lernen, gemeinsamem Lernen und Persönlichkeitsentwicklung
haben erheblich gelitten in dieser Zeit.
Ob das den Schulabgängern irgendwann auf die Füße fällt,
kann noch niemand sagen.
Inhaltlich liegen sie gar nicht so weit vom normalen Soll entfernt,
das Lernen ist halt ein anderes.
Mir macht diese Debatte Sorgen, da ich glaube,
da wird ein Problem herbeigeredet, das es nicht gibt.
Wenn, dann ist die Debatte das Problem und nicht,
dass wir alle auf einmal dumm geworden sind.
Wohl eher flexibel,
das mag am Ende vielleicht eine der neuen Eigenschaften sein,
die die Pandemie in den Schulen gelehrt hat.
Der Kurs von Ole Moszczynski zeigt das: Politikunterricht in der Mensa.
Auch in dieser Corona-Zeit haben in ganz Deutschland viele Menschen
an den traditionellen Ostermärschen teilgenommen.
Für Frieden, Abrüstung und Gerechtigkeit
gingen wie hier in Frankfurt am Main
in rund 100 Orten insgesamt mehrere tausend Menschen auf die Straßen.
Den Organisatoren vom Netzwerk Friedenskooperative zufolge,
hielten die Aktivisten Hygienekonzepte ein.
Sie hätten damit gezeigt,
wie verantwortungsvoller Protest aussehen könnte.
In der Ostukraine
wird die vereinbarte Waffenruhe immer wieder gebrochen.
Gegenseitig werfen sich die Ukraine und prorussische Rebellen
Angriffe vor.
Jetzt sicherte der EU- Außenbeauftragte Borrell
der Ukraine Unterstützung zu.
Mit großer Sorge verfolge man die russischen Militäraktivitäten
rund um das Land.
Türkische Sicherheitskräfte
haben in Diyarbakir im Südosten des Landes 22 Frauen festgenommen,
die sich für weibliche Opfer von Gewalt einsetzten.
Zudem wurden Räume des Frauenrechts- vereins dort durchsucht,
für den sich die festgenommenen Frauen engagiert hatten.
Vor gut zwei Wochen hatte Präsident Erdogan den Austritt
aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen verkündet.
Seit Tagen wüten schwere Unwetter
über den südostasiatischen Inselgruppen.
Besonders betroffen: Indonesien und Teile Osttimors.
Die Regenfälle lösten Sturzfluten, Schlammlawinen und Erdrutsche aus.
Mehr als 110 Menschen kamen ums Leben,
dutzende gelten noch als vermisst.
Ganze Ortschaften wurden überschwemmt, Straßen zerstört.
Auch in den kommenden Tagen soll es in der Region weiter regnen.
Die Nachrichten haben gottlob Platz für ein Stück Osterfreude.
Die Öffnung einer Kirche im fernen Kuba
signalisiert einen Durchbruch für Religionsfreiheit.
Strikte Ablehnung jeder Religion, speziell der katholischen Kirche,
war Eckpfeiler von Castros socialismo tropical.
Bis Papst Johannes Paul II. 1998 bei seinem historischen Besuch
den Atheisten davon überzeugte,
dass ein bisschen Freiheit an der Zeit war.
Er rang dem Maximo Leader ab,
dass drei neue Kirchen gebaut werden dürfen.
Die Geduld der Gemeinde bei Havanna
wurde danach fast schon ewig strapaziert,
aber heute gab es ein "soft opening" ohne Prunk.
Ines Trams berichtet.
Sie steht, die Barmherzigkeitskirche,
an der Stadtgrenze von Havanna.
Mit der Ostermesse nehmen sie sie in Betrieb.
Die eigentliche Einweihung wollen sie erst nach der Pandemie feiern,
wenn die Bänke wieder voll besetzt sein dürfen.
Jahrzehnte des Kampfes liegen hinter der Gemeinde.
Diese Kirche sollte es nie geben, es sollte hier
nie eine Kirche geben, erst recht keine katholische.
Sie nun zu haben, ist großartig.
Libertad Infante ist seit Jahren aktiv in der katholischen Gemeinde.
Sie zeigt uns den Hinterhof,
den sie jahrelang als Kirchen-Ersatz genutzt haben.
Hier stellten sie Bänke und Altar auf,
feierten sie Taufen und Kommunion.
Von dem kommunistischen Staat auf Kuba zurückgedrängt ins Verborgene.
In diesem Viertel gab es nichts.
Nicht mal eine Kapelle, wo die Leute den Gottesdienst feiern konnten.
Die, die ihren Glauben in einer Gemeinschaft ausüben wollten,
wussten nicht, wohin.
So haben wir uns hier versammelt und es kamen viele.
Der Besuch von Papst Johannes Paul II.
1998 entspannte die Beziehungen
zwischen dem kubanischen Staat und der katholischen Kirche.
Der Papst rang Fidel Castro die Zusage ab,
auf Kuba drei neue Kirchen zu bauen.
Ein Baugrundstück wird der Gemeinde von Bahia zugewiesen,
einem Außenbezirk von Havanna.
Doch der Mangel an Baumaterial verzögert den Bau immer wieder.
Die Gläubigen müssen erneut vorliebnehmen
mit Gottesdiensten unter einem Wellblechdach.
Es vergehen zwei Jahrzehnte nach dem Papstbesuch,
bis der Rohbau steht, bis die Kirche Form annimmt.
Erwartungsfroh: die Frauen des Chores.
♪ Chorgesang ♪
Sie wollen endlich ihren Glauben offen zeigen.
Das wird mehr Beteiligung bringen, mehr Einheit
und mehr Gemeinschaft in diesem Viertel.
Viele waren überrascht, es ist ja auch ein Wunder,
dass nach so vielen Jahren unter dem Regime,
unter dem wir leben, es zum ersten Mal erlaubt wurde,
eine neue Kirche von Grund auf zu bauen.
Das Provisorium unter Wellblech hat ausgedient.
Die neue Kirche ist fertig, kurz vor Ostern.
Und alle kommen sie: Putztag.
Schon der Kampf um ihre Kirche, so weiß der Bischof,
hat die Gemeinde zusammengebracht.
Die Menschen kommen und bilden eine Gemeinschaft.
Es geht ja nicht darum, eine große Kirche zu bauen und die zu füllen.
Es geht um das Formen einer Gemeinschaft.
Einen langen Weg hat die Gemeinde von Bahia zurückgelegt
für ihre Kirche, für ein Osterfest in aller Öffentlichkeit.
Der Kommunismus hat ihnen ihren Glauben nicht nehmen können.
Der Wetterumschwung in Teilen Deutschlands an diesem Ostermontag
hatte es in sich.
Statt Sonnenschein gab es vielerorts Schnee und Hagel.
Es kam zu mehreren Unfällen, wie hier in Hessen auf der A3 bei Idstein.
Rund 15 Fahrzeuge krachten ineinander,
mindestens drei Personen wurden verletzt.
Der Autobahnabschnitt war mehrere Stunden gesperrt.
Und mit Schnee- und Graupelschauern
muss auch in den nächsten Tagen gerechnet werden.
Auch Gewitter sind dabei.
Dazu gibt es starke Winde mit stürmischen Böen.
Am Mittwoch bleibt es abseits der Küsten
bei dem wechselhaften und kühlen Aprilwetter.
Ab Donnerstag wird es zumindest vorübergehend milder.
Aus Schnee wird Regen, die Schauer werden seltener.
Wir wünschen Ihnen morgen einen guten Beginn der verkürzten Arbeitswoche
und richten für Sie abends ein journal in voller Länge.
Bis dann.