heute journal vom 06.01.2021 - Trump-Anhänger belagern Kapitol
Die aufgehetzten Anhänger eines abgewählten Präsidenten
stürmen den Sitz der amerikanischen Demokratie.
Ein Tiefpunkt in der politischen Geschichte der USA
und eine hochgefährliche Situation.
Guten Abend.
Eine Amtsübergabe, eigentlich ein normaler Vorgang in einer Demokratie,
wird von Chaos und Gewalt begleitet.
Das Kapitol, Sitz des amerikanischen Kongresses,
belagert von gewalttätigen Anhängern Donald Trumps,
darunter rechtextremistische Milizen.
Im Gebäude versammelt sind Abgeordnete, Senatoren
und die Wahlmänner und -frauen der Bundesstaaten,
die heute nach Washington kamen, um verfassungsgemäß die Wahl Joe Bidens
zum US-Präsidenten zu bestätigen.
Seit seiner Niederlage tobte Donald Trump im Weißen Haus,
nun toben seine Anhänger vor den Toren des Kapitols.
Elmar Theveßen ist in Washington.
Wie ist die derzeitige Lage?
Das Kapitol soll gestürmt worden sein und es sollen Schüsse gefallen sein.
Das ist ganz offenbar der Fall.
Es sind nicht mehr ganz so viele Demonstranten hier zu sehen.
Wie vor 2 Stunden, als Zehntausende hierher marschiert sind.
Aufgewiegelt wurden sie vom Präsidenten höchstpersönlich.
Er sagte, man werde eine Niederlage niemals akzeptieren.
Die Demonstranten haben das Kapitol umzingelt.
Die Sicherheitskräfte waren restlos überfordert.
Wir erlebten Szenen, dass unterhalb der Stufen
die Polizei nicht mehr die Linie halten konnte.
Die Demonstranten sind heraufgestürmt.
An einigen Stellen sind Demonstranten
durch die Türen durchgebrochen.
Es gab im Gebäude Szenen, wo Sicherheitskräfte
mit Waffen im Anschlag die Kongresshallen geschützt haben.
Wir hören, dass Schüsse gefallen sind.
Mindestens eine Frau wurde dabei verletzt.
Die Polizei hat Tränengas eingesetzt,
um die Demonstranten zu vertreiben.
Diese Szenen hat Washington
schon seit über 120 Jahren nicht mehr erlebt.
Wie hat Trump darauf reagiert?
Der Präsident hat die Geister gerufen.
Er wird sie aber auch nicht loswerden wollen.
Das sind seine Anhänger.
Er forderte die Demonstranten auf, friedlich zu bleiben.
Diese Bilder werden das Vermächtnis von Donald Trump sein.
Das ganze ist noch nicht vorbei.
Es sieht aus wie bei einem Staatsstreich.
Was spielt sich im Kongress im Moment ab?
Wurde das Gebäude evakuiert?
Wir wissen es noch nicht genau,
ob alle Abgeordneten das Gebäude verlassen haben.
Der Vizepräsident wurde in Sicherheit gebracht.
Das Kapitol hat unterirdische Gänge,
die es mit anderen Gebäuden verbindet.
Es gibt auch eine unterirdische Bahn.
Die Gebäude um uns herum sind ebenfalls evakuiert worden.
Jetzt ist eine Situation,
in der zumindest der harte Kern der Demonstranten hier ist.
Darunter sicherlich auch Anhänger von bewaffneten Milizen.
Es ist nicht auszuschließen, dass einige zu gewaltbereit sein.
Die Frage ist, wie sich die Situation jetzt lösen wird.
Diese Bilder brennen sich in das Gedächtnis der Nation ein.
Der Vizepräsident hatte eine spezielle Rolle.
Er hat die Versammlung zur Bestätigung des Wahlsiegs geleitet.
Auf ihn hatte der Präsident Hoffnungen gesetzt.
Als Pence hier ankam,
haben die Anhänger des Präsidenten ihn gefeiert.
Weil sie erwartet haben,
dass er Einspruch gegen die Wahl einlegen würde.
Genau das ist aber nicht passiert.
Er hat begründet, warum er keine Macht hat,
die Wahlstimmen aus einzelnen Bundesstaaten
für ungültig zu erklären.
Das hat er im Parlament vertreten.
Denn es war nur eine zeremonielle Rolle.
Als das bekannt wurde,
haben die Anhänger von Trump Pence als Verräter bezeichnet.
Ähnlich wird der Präsident das empfunden haben.
Interessant ist auch, dass der Mehrheitsführer im Senat
eine flammende Rede gehalten und gesagt hat,
was hier auf dem Spiel steht,
dass Amerika in Sektierismus verfallen würde,
wenn man das Wahlergebnis nicht anerkennen würde.
Wir sehen eine tiefe Spaltung auch der republikanischen Partei.
Es gab zwischendurch Gerüchte, dass sich das Verteidigungsministerium
weigert, in Washington zu helfen.
Ich lese gerade, dass die Nationalgarde eingesetzt wurde.
Kannst du dazu etwas sagen?
Wir wissen nur, dass die Nationalgarde seit gestern hier ist.
Auf Bitte der Bürgermeisterin von Washington.
Wir haben auch gehört, dass man die Nationalgarde zu Hilfe rufen wollte,
um das Kapitol zu schützen.
Weil die Polizeikräfte überfordert waren.
Das unterliegt nicht
der Jurisdiktion der Stadtpolizei von Washington.
Das wurde wohl verweigert,
die Nationalgarde hier am Kapitol einzusetzen.
Wir schalten nachher noch einmal zu dir.
Derweil haben Donald Trump und seine Partei
bei den wichtigen Senatorenwahlen im Bundesstaat Georgia
eine weitere herbe Niederlage erlitten.
Die wiederum dem künftigen Präsidenten Joe Biden
das Regieren in Washington sehr viel leichter machen dürfte.
Und das gelingt den Demokraten ausgerechnet in Georgia,
einem der Südstaaten,
die traditionell republikanisch- konservative Hochburgen sind.
Und auch noch mit zwei Kandidaten, für die es eher schwerer war,
konservative Südstaatler auf ihre Seite zu ziehen:
ein blutjunger Neu-Politiker, gerade mal 33,
mit osteuropäisch-jüdischer Abstammung, der sich im Wahlkampf
auch gegen antisemitische Anwürfe zur Wehr setzen musste.
Und ein schwarzer Pastor, der erste Afro-Amerikaner,
den Georgia als Senator nach Washington schickt.
Ines Trams berichtet.
Es sind Bilder, die erschrecken.
Das Kapitol wird von Anhänger des Präsidenten belagert.
Ein Tag der Zeremonie gerät zum Chaos.
Drinnen werden die Stimmzettel würdevoll eingetragen.
Beide Kammern wollen das Ergebnis der Präsidentschaftswahl
offiziell ratifizieren.
Doch einige Republikaner blockieren die Ratifizierung einzelner Staaten.
Lassen Sie uns zusammen agieren
und den Mut aufbringen für ein glaubwürdiges Tribunal.
Die Wähler, die Gerichte und die Staaten haben gesprochen.
Wenn wir sie überstimmen, dann beschädigen wir unsere Republik.
Abrupt wird die Sitzung angesichts der Proteste draußen geschlossen.
Die Kongressmitglieder werden aufgefordert,
sich in den Büros zu verschanzen.
Friedlich hatten die Proteste am Morgen in Washington begonnen.
Ich bin hier, denn es zerreißt mir das Herz.
Meine Stimme wird nicht respektiert,
unser Land geht in die falsche Richtung.
Wenn Amerika an die Demokraten fällt,
werden wir Kommunismus und Sozialismus erleben.
Wir werden ein Drittweltland werden.
Er feuerte sie an, erneut sprach er von Wahlbetrug,
ohne Belege zu liefern.
Wir wollen nicht,
dass unser Wahlsieg von radikalen Linken gestohlen wird.
Wir werden nie aufgeben.
In einem anderen Showdown gab es ein weiteres Ergebnis.
Die Wähler in Georgia senden eine klare Botschaft an Washington.
Das ist die Demokratie des Volkes.
Noch werden Stimmen gezählt.
Verloren haben die Republikaner.
Verantwortlich dafür auch
die Rhetorik des Präsidenten vom Wahlbetrug.
So untergräbt man das Vertrauen in die Wahl.
Zurück in Washington schafft es auf den Sessel des Senatsvorsitzenden.
Die Ratifizierung des Wahlsieges von Biden,
es ist ein trauriger Tag für die amerikanische Demokratie.
Und dann schauen wir auch noch nach Deutschland und auf die Corona-Lage.
Nach dem Corona-Gipfel gestern wurde
noch Einigkeit zwischen Bundesländern und Kanzleramt simuliert,
doch heute lassen sich schon diverse Absetzbewegungen beobachten.
Etwa bei dem wohl nur scheinbar eindeutigen Beschluss,
die Schulen bis Ende Januar geschlossen zu halten.
Die Berliner Bildungssenatorin z.B. will die gymnasiale Oberstufe
schon nächste Woche wieder zum Unterricht antreten lassen.
Baden-Württemberg plant das eine Woche später ebenfalls,
allerdings für die Grundschulen.
Das deutsche Virus bleibt also ein föderales.
Es bleibt die Hoffnung auf raschen Fortschritt bei den Impfungen.
Die EU hat heute einen weiteren Impfstoff zugelassen
und die Bundeskanzlerin hielt in Berlin einen Impfgipfel ab.
Andreas Kynast berichtet.
Es gehört zu den Widersprüchen dieser Krise,
dass der Bundesgesundheitsminister einerseits seit ein paar Wochen
mit gepanzertem Dienstwagen
und einer Handvoll Personenschützer unterwegs sein muss,
während er anderseits seit ein paar Wochen
der beliebteste Politiker Deutschlands ist.
Und es gehört zu den Widersprüchen,
dass die wichtigste Aufgabe des Gesundheitsministers,
das Beschaffen von Impfstoff, seit heute einerseits Chefinsache ist,
während ihm andererseits die Chefin bescheinigt, einen ganz wunderbaren,
prima Job zu machen.
Mit anderen Worten: Jens Spahn steht unter Stress.
Ich hab mal in einer meiner ersten Reden gesagt, dass ist eine Zeit,
ich glaube das war im März, wo wir uns unter Stress vertrauen müssen.
Und das gilt auch für dieses Verhältnis.
Wir vertrauen uns, nicht nur unter Stress, aber auch unter Stress.
Wie kann sehr schnell sehr viel mehr Impfstoff beschafft werden?
Diese Aufgabe vertraut Merkel nun neben Spahn
auch noch dem Wirtschaftsminister an,
dem Kanzleramtschef und dem Finanzminister.
Dessen Partei Spahn mit einem ganzen Katalog
kritischer Fragen gestresst hatte.
Ich bin froh über die Bereitschaft, alle Fragen präzise zu beantworten.
Und ich bin natürlich noch mehr froh darüber,
dass es jetzt gelungen ist, ein Kabinettsausschuss zu bilden,
indem es darum geht, wie wir die Impfstoffproduktion in Deutschland
so gut wie möglich beschleunigen können.
Der Fehlstart beim Impfen kostet Akzeptanz.
An keine Woche kann sich Oberarzt Bota erinnern,
die sich so verheerend ausgewirkt habe auf Motivation
und Hingabe auf seiner Corona-Station.
Dass Hamburg von 29.000 Impfdosen weniger als 5.000 verabreicht hat,
ändere die Wahrnehmung.
Dass es jetzt eine Rolle spielt,
ob man Covid-Patienten behandelt oder nicht,
was vor dem Impfstoff eine Selbstverständlichkeit war
und jetzt immer mitschwingt.
Es gäbe da einen Schutz und wir kriegen ihn nicht.
Schon in wenigen Tagen kann die EU einen weiteren Schutz anbieten.
Die Europäische Arzneimittelmittelbehörde
hat den US-amerikanischen Impfstoff von Moderna zugelassen,
twittert Kommissionschefin von der Leyen.
160 Millionen Impfdosen sollen bis September geliefert werden.
Nach den Zulassungen in den USA, Kanada und Israel
bekommt die EU Moderna als Nummer vier.
Der Moderna-Impfstoff wird wie der BioNTech-Impfstoff
am Anfang, in den ersten Wochen knapp sein.
Und dann ab dem zweiten Quartal wird es Zug um Zug besser.
Dass es Zug um Zug besser wird,
verspricht der Gesundheitsminister unter Stress.
Und Pflegekräfte, Ärzte,
ein ganzes Gesundheitssystem unter Stress hofft, dass er recht hat.
Dass es jetzt mit dem Impfen weltweit losgeht, sei, so sagte die Kanzlerin,
auch ein "Wettlauf gegen die Zeit".
Damit spielte sie auf die neuen Virusmutationen an,
die in Großbritannien und Südafrika entdeckt wurden.
Das schlimmste Szenario wäre:
Während wir mit dem Impfen noch nicht weit genug vorangeschritten sind,
entwickelt das Virus erfolgreiche Gegenstrategien,
um seine Ausrottung zu verhindern.
Das ist natürlich sehr vereinfacht ausgedrückt,
die Zusammenhänge sind komplexer
und auch die neuen Impfstoffe sind intelligenter
und nicht so leicht zu überlisten.
Beunruhigend ist jedoch, dass sich viele Fachleute beunruhigt zeigen.
Dazu gleich noch ein Gespräch mit der Virologin Isabella Eckerle,
die in ihrem Forschungsbereich auf diese Thematik spezialisiert ist.
Zuvor berichtet unser Korrespondent Andreas Stamm,
was inzwischen über die in Südengland entdeckte Mutation bekannt ist.
Eine gefährliche Mutation des Coronavirus.
Der Name: B.1.1.7.
Eine, die es in sich hat: Mehrere Erbgut-Veränderungen
des Stachelproteins bereiten den Virologen Sorge.
Das mutierte Virus könnte dadurch besser
in menschliche Zellen eindringen.
Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das veränderte Virus
einfacher in die Zellen der oberen Atemwege eindringt.
Das erhöht die Virenlast, und umso leichter steckt man sich an.
Das britische Forschungsnetzwerk COG-UK
sucht nach den Mutationen des Coronavirus.
In Proben vom September, Ursprungsort Südengland,
entdecken die Forscher Anfang Dezember B.1.1.7.
Erste Studien, die allerdings noch nicht
von unabhängiger Stelle begutachtet wurden, untermauern die Gefahr.
Die Mutation ist in Großbritannien
flächendeckend für mehr als die Hälfte
aller Erkrankungen verantwortlich.
Andere Faktoren, etwa der laxere Umgang
mit Hygiene- und Abstandregeln, könnte laut den Studien
diese Ausbreitung nicht ausreichend erklären.
Die Mutation ist 50 bis 70 % ansteckender,
davon muss man ausgehen.
Sie unter Kontrolle zu halten ist schwierig,
etwa nur mit den Einschränkungen des jüngsten Teil-Lockdowns.
Dazu kommen sicher mehr Treffen inhäusig, wegen des Winters.
Weihnachts- und Silvesterfeiern.
Das trifft auf ein Gesundheitssystem,
ohnehin am Anschlag, was das Land in eine schwierige Lage bringt.
Zwar soll die Mutation nicht tödlicher sein.
Doch auf viel mehr Fälle folgen viel mehr Tote.
Seit Tagen steigen die Zahlen in Großbritannien stark.
Die Intensivbetten in immer mehr Kliniken alle belegt.
Das Personal an der Belastungsgrenze.
Erstmals seit April sind es wieder mehr als 1.000 Tote täglich.
Die Patienten rufen um Hilfe, du weißt nicht mehr,
wem du zuerst helfen sollst.
Sie sterben uns unter den Händen weg.
Und es sind nicht mehr nur Ältere,
es sind junge Menschen, in meinem Alter.
All das passiere auch, weil die Regierung zu lange gewartet habe.
Bevor sie einen harten Lockdown beschloss.
Andere Länder müssen vorsichtig sein und nicht die gleichen,
gefährlichen Fehler machen wie England.
Momentan ist es ein Wettrennen.
Es geht darum, so viele wie möglich zu impfen
und mit harten Maßnahmen die Neuinfektionszahlen zu drücken.
Nur die Impfstoffe können das Land jetzt retten.
Denn, so die gute Nachricht,
die vorhandenen Impfstoffe wirken wohl bei B.1.1.7.
Die schlechte: die Mutation ist auch in Deutschland angekommen.
Darüber wollen wir wie angekündigt mit einer ausgewiesenen Expertin
sprechen, mit Professor Isabella Eckerle.
Sie ist Leiterin des Zentrums für neu auftretende Viruserkrankungen
an den Universitätskliniken Genf und gehört zu jenen Virologen,
die sich schon seit langem mit Corona-Viren beschäftigen.
Guten Abend.
Sie sind auch spezialisiert darauf, die Risiken, die von Viren ausgehen,
zu bewerten und auf die Entwicklung neuer Virenstämme.
Also genau das, was uns im Moment so besorgt.
Wie besorgt sind Sie denn angesichts dieser Mutanten?
Ich muss sagen, dass mich die Daten schon besorgen.
Man kann dazu sagen,
dass wir im Moment noch keine biologischen Daten haben.
Wir wissen eigentlich nicht genau, was dieses Virus so anders macht.
Aber die epidemiologischen Daten, also die Beobachtung
von Krankheitsfällen und wie dieses Virus zirkuliert,
die zeigen schon, dass mit diesem Virus etwas anders ist.
Und das zeigt, dass es sehr wahrscheinlich viel ansteckender ist
als die Varianten, die wir bisher haben.
Das ist wirklich eine Situation,
die uns, glaube ich, Sorgen machen sollte.
Epidemiologisch, das ist gewisser- maßen die virologische Statistik,
also das, was passiert.
Und Sie als Virologen untersuchen ein solches Virus dann gerne im Labor.
Haben Sie solche Sequenzen von diesem Virus schon?
Sind sie damit schon zu Gange?
Wir haben über die Weihnachtsfeiertage
hier in der Schweiz die ersten dieser Varianten entdeckt.
Wir haben die auch bei uns im Labor bereits angezüchtet.
Man muss aber dazu sagen, dass eben diese biologischen Untersuchungen
an dem Erreger einfach Zeit brauchen, weil es dauert
ein paar Tage, bis dieses Virus eben angezüchtet ist.
Dann muss man eben verschiedene Untersuchungen durchführen.
Und es braucht einfach Zeit.
Das ist aufwendig, dass das findet im Hochsicherheitslabor statt,
und man hat da einfach nicht innerhalb von kürzester Zeit
Antworten auf die Fragen, die man jetzt eben hat.
Also das heißt, man wird sicher jetzt noch einige Wochen brauchen.
Die Engländer sind da sicher schon weiter.
Aber bis man wirklich diese handfesten biologischen Daten
zur Verfügung hat, das dauert einfach.
Und die Frage ist eben, ob man darauf wartet oder ob man
anhand dieser epidemiologischen Daten bereits Alarm schlägt
und Maßnahmen ergreifen.
Was könnte denn schlimmstenfalls passieren?
Also bei den Impfstoffen heißt es im Moment,
da ist man noch recht optimistisch,
dass die auch bei diesem Virus noch funktionieren.
Aber es gibt ja auch die Frage, wie reagieren die auf Tests, genauso?
Oder was ist dieser R-Wert, also die Verdoppelung
oder die Ansteckungsgefahren, die davon ausgehen?
Was sind da Ihre Befürchtungen?
Genau. Also man hat beobachtet, dass das Virus,
zumindest was man bisher weiß,
anscheinend keine schweren Krankheitsverläufe macht.
Auch die die Testmethoden
scheinen weitestgehend zuverlässig zu sein.
Und aber auch die Impfstoffe sind eben so,
dass die ein sehr breites Repertoire an Antikörpern hervorrufen.
Sodass jetzt wenige Mutationen wahrscheinlich nicht ausreichend
sind, um den Impfstoff komplett unwirksam zu machen.
Was es aber tatsächlich hier zu besorgniserregend an dieser Variante
ist, ist, dass die einfach sehr viel ansteckender scheint zu sein.
Und das heißt auch einfach, dass es viel, viel schwieriger sein wird,
mit den bestehenden Maßnahmen das Infektionsgeschehen einzudämmen.
Und das heißt, dass wir jetzt in einer Situation sind,
wo wir einen wirksamen Impfstoff haben,
aber wenn wir diese Variante jetzt nicht mehr kontrolliert
kriegen, dann wird es dazu führen, dass wir noch mal wahrscheinlich
eine eine große dritte Welle haben.
Und wie sich das auswirkt, das sieht man eben im Moment in England,
dass trotz strenger Maßnahmen die Kliniken wirklich am Anschlag sind
und man sehr, sehr viele Infizierte hat.
Und dadurch natürlich dann in der Summe
auch sehr viele Todesfälle haben wird.
Also wenn ich das mit dieser Mutation richtig verstehe,
dann versucht das Virus, sich auch dagegen zu wehren.
Dass zum Beispiel bessere Antikörper entstehen
oder dass mehr Leute immun werden.
Was bedeutet das dann für das Impfen, dass wir nun vor uns haben?
Für das Impfen bedeutet das v.a.,
dass wir jetzt eben bereits Varianten haben,
die vielleicht schon so ein bisschen die Tür geöffnet haben,
unter diesem Impfstoff hin hindurch zu mutieren.
Und eigentliche ist das, was wir da jetzt sehen,
die Evolution bei der Arbeit.
Also wir wissen von diesen RNA-Viren,
dass die sich relativ schnell anpassen können.
Das heißt, wenn man auf die Druck ausübt, indem man z.B. Antikörper
hat, das nennt man Selektionsdruck.
Dann können sich Varianten durchsetzen,
die vielleicht ein bisschen weniger stark
von unserer Immunantwort angegriffen werden.
Für die Impfung heißt es, dass wir jetzt so schnell wie möglich
viele Menschen gut impfen müssen.
Aber gut impfen bedeutet, dass die gute Antikörpertiter haben sollen.
Und es heißt zum Beispiel diese Diskussion, die man jetzt hatte,
dass man vielleicht nur eine Impfstoff-Dosis gibt,
die halte ich persönlich für gefährlich.
Weil man dann eine große Population haben wird,
die nur eine schwache Immunität hat
und dadurch diesem Virus so ein bisschen die Tür öffnet,
weiterhin solche Mutationen zu entwickeln.
Davon raten Sie also ab, von dieser Strategie.
Danke für das Gespräch und die Expertise.
Das Gespräch haben wir aufgezeichnet.
Jede Menge Informationen rund um Virus
und Impfstoffe finden Sie bei uns
natürlich wie immer auch online, auf zdf.heute.de.
Schauen wir erneut nach Washington.
Wir haben unglaubliche Bilder gesehen.
Inzwischen ruft Joe Biden die Protestler dazu auf,
sich zurückzuziehen.
Ein Großteil der Demonstranten hat sich tatsächlich
in den letzten Stunden schon zurückgezogen.
Vor allem ältere Menschen und Familien mit Kindern.
Denen eventuell aufgeht, was hier noch passieren könnte.
Wir sahen vor wenigen Minuten, wie Tränengasschwaden hergezogen sind.
Wir sehen, dass mehr Polizei aufmarschiert.
Es ist möglich, dass man in der nächsten Stunde versucht,
das Kapitol wieder von den Demonstranten zu befreien.
Von denen auch ein Großteil friedlich war.
Aber ein harter Kern,
die sich auf den Sturm auf die Eingangstüren beteiligt haben.
Sodass am Ende auch im Innern Tränengas eingesetzt werden musste.
Bekommen Sie etwas mit vom Einsatz der Nationalgarde?
Hier ist die Nationalgarde noch nicht in Sicht.
Wir haben den ganzen Tag keinen Soldat gesehen.
Es hat sich auf die amerikanische Polizei begrenzt.
Es ist aber möglich, dass jetzt, um die Demonstranten zu entfernen,
die Nationalgarde eingesetzt wird.
Sie bringt die entsprechende Ausrüstung mit,
um gegen die Milizionäre etwas ausrichten zu können.
Weiß man, wie es momentan im Inneren aussieht?
Nach dem, was wir hören,
scheinen alle Abgeordneter in Sicherheit zu sein.
Es ist offen, ob heute Abend die Sitzung wieder aufgenommen wird.
Oder ob man das morgen machen wird.
Es sind noch zwei Wochen bis zur Amtseinführung.
Die offizielle Zertifizierung wird stattfinden.
Um das Signal zu setzen, dass das amerikanische Parlament
sich von den heutigen Ereignissen nicht einschüchtern lässt.
Aber die Abgeordneten sind jetzt nicht mehr im Abgeordnetenhaus.
Es wäre umso wichtiger zu zeigen,
dass man sich nicht Knie zwingen lässt.
Es ist ein wichtiges Signal.
Vielleicht geht vielen Menschen jetzt auf, anhand dieser Bilder,
die den Angriff auf die Demokratie zeigen,
dass es nicht das ist, wofür Amerika steht.
Amerika hat sich immer gerühmt,
dass es eine friedliche Übergabe der Macht gibt.
Angefangen bei George Washington.
Seitdem gilt eine lange Tradition.
Alle Präsidenten haben die Amtsübergabe friedlich ermöglicht.
Auch wenn einige das Amt nur unwillig geräumt haben.
Das, was heute passiert ist,
gab es in der amerikanischen Geschichte noch nie.
Das wird Nachwirkungen haben auf die nächsten vier Jahre.
Und jetzt erstmal Heinz mit den Nachrichten.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner
hat die gestern beschlossenen Corona- Maßnahmen teilweise kritisiert:
Die Freiheitseinschränkungen seien leider vielfach
nicht verhältnismäßig, aber auch nicht praxistauglich,
und in manchen Fällen führten sie sogar zu inhumanen Ergebnissen,
sagte Lindner bei der Dreikönigs- Kundgebung der Liberalen in Stuttgart
Sie fand in diesem Jahr im Opernhaus coronabedingt vor leeren Rängen
und per Livestream-Übertragung statt.
In seiner Rede bekräftigte Lindner das Ziel der Liberalen,
nach der Bundestagswahl im September mitregieren zu wollen.
Ebenfalls mit Blick auf die Bundestagswahl
sagte CSU-Chef Söder zu einem möglichen schwarz-grünen Bündnis,
dieses könne die Politik inspirieren und für viele interessant sein.
Derzeit seien die Grünen für die Union aber nicht koalitionsfähig.
Die Landesgruppe der CSU trifft sich dieses Jahr
zu ihrer Winterklausur in Berlin.
Was die Frage der Kanzlerkandidatur angeht,
sagten Landesgruppenchef Dobrindt und Söder, diese solle man unabhängig
von der Wahl des CDU-Partei- vorsitzenden kommende Woche
und nach den Landtagswahlen im März entscheiden.
Die Bundesregierung hat eine Frauen- quote für Unternehmensvorstände
auf den Weg gebracht.
Der vom Kabinett gebilligte Gesetzentwurf
schreibt börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen
mindestens eine Frau im Vorstand vor,
wenn dieser mehr als drei Mitglieder hat.
Wie es hieß, werden davon rund 70 Unternehmen betroffen sein,
von denen rund 30 aktuell keine Frau im Vorstand hätten.
Nach den Beschlüssen zu weiteren Corona-Maßnahmen gestern
haben sich Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften dazu geäußert.
Es geht um wirtschaftliche Folgen und wie sie abgefedert werden können.
Valerie Haller, wie sieht die Wirtschaft die neue Lage?
Ganz unterschiedlich, je nachdem natürlich,
wie hart der Shutdown das Geschäft beeinträchtigt.
Es gibt viel Kritik an der Verlängerung
und die Forderung nach mehr Staats- hilfe und Tempo bei den Impfungen.
V.a. wünschen sich die betroffenen Branchen eine klare Perspektive.
Gähnende Leere in der Frankfurter Innenstadt.
Modeläden leiden besonders unter dem Shutdown.
Um 22 % ist der Umsatz seit Corona eingebrochen.
Händler fürchten, auf riesigen Modebergen sitzen zu bleiben,
eine halbe Milliarde Artikel, schätzen sie.
Zahlreiche Textilgeschäfte, Schuhläden, Kaufhäuser
werde das in den Ruin treiben, warnen Verbände.
Und stellen Forderungen.
Der Einzelhandelsverband will einen Fahrplan für die Wiedereröffnung
und höhere Staatshilfen.
Frisöre befürchten zahlreiche Insolvenzen
und wünschen sich schnelle und unbürokratische Hilfe.
Für die Gastronomie fordern Gewerkschaften
Mindest-Kurzarbeitergeld und Soforthilfe.
Ökonomen haben einen anderen Blick auf den verlängerten Shutdown.
Großes Gewicht in der konjunkturellen Entwicklung
hätte das verarbeitende Gewerbe,
das sei von dem Lockdown kaum beeinträchtigt.
Die Ökonomen trauen Deutschland einen robusten Aufschwung zu,
sobald die Beschränkungen gelockert würden.
Die Auswirkung des aktuellen Shutdowns
schätzen sie als eher kurzfristig ein.
Und jetzt die Zahlen vom Lotto am Mittwoch:
Weiter geht es mit der zweiteiligen Doku-Reihe
"Balkan-Style: Durch Europas wilden Südosten".
Im ersten Teil reist unsere Korrespondentin Britta Hilpert
durch den Westbalkan - mit Start in Slowenien,
durch Kroatien und Serbien bis in den Kosovo.
Direkt danach melden wir uns erneut mit einem heute journal spezial.
Vielleicht freuen Sie sich auch mal über Normalität.
Ganz normale Januartemperaturen haben wir derzeit in Mitteleuropa,
mit Werten um null Grad.
Kühler als üblich ist es in Spanien und Portugal,
mit Höchstwerten von fünf bis zehn Grad.
Wärmer als üblich ist es am östlichen Mittelmeer,
bei 15 bis 25 Grad.
Bei Temperaturen um null Grad fällt gerne besonders viel Schnee.
Und heute passierte das.
Zum einen im Süden und auch im Norden,
mit zwei unterschiedlichen Tiefs.
Das eine hat inzwischen Tschechien erreicht.
Dieses Ostseetief zieht bis morgen Abend weiter Richtung Südwesten.
Heute Nacht schneit es auch noch am Alpenrand
und das zum Teil kräftig.
In Norddeutschland gibt es weitere Schnee- und Schneeregenfälle
und glatt auf den Straßen kann es eigentlich überall sein.
Und es fällt weiter Schnee- und Schneeregen,
besonders in Norddeutschland.
Machen Sie sich also auf Straßenglätte,
v.a. im westlichen Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen gefasst.
In Sachsen ist es freundlicher
und südlich des Mains gibt es eine reelle Chance auf Sonne.
Am besten klappt das mit der Sonne am Alpenrand.
Am Freitag kann es an der Ostsee
und in den Mittelgebirgen Schnee- und Schneeregen geben.
Danach gibt es ein ruhiges, winterliches Wochenende.