heute journal vom 13.08.2021 - Kandidaten im Sinkflug - Laschet und Baerbock verlieren; Sturm auf Kabul - NATO berät üb
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend,
dass dieser Wahlkampf ein besonderer werden würde, war klar.
Zum einen hat keiner bzw. keine der zur Wahl Stehenden
einen persönlichen Kanzleramtsbonus.
Und keine Partei kann davon ausgehen, locker zumindest über 30 % zu kommen.
Das macht das Ganze zu einem engen Rennen mit offenem Ausgang.
Und jetzt kommt zusehends Bewegung in das Feld.
Einer, der am Anfang eher chancenlos schien, schiebt sich inzwischen
mächtig nach vorn.
Auf die Frage, "Wen hätten Sie am liebsten als Bundeskanzler*in? ",
sprechen sich 44 % für Olaf Scholz aus.
Das ist ein Zuwachs von 10 Prozentpunkten
gegenüber dem letzten Politbarometer.
Die beiden anderen liegen weit dahinter.
Armin Laschet mit 21 %, er verlor 8 Punkte.
Und auch Annalena Baerbock hat nochmal Federn lassen müssen,
sie liegt jetzt bei nur 16 %, minus 4 Punkte.
Gewählt werden aber ja nicht Personen, sondern Parteien.
Die SPD hat aber auch zulegen können und liegt nun
gleichauf mit den Grünen.
Bei der Sonntagsfrage kommt die Union
auf 26 %, die SPD auf 19,
AFD und FDP beide 11,
die Linke 7 und die Grünen 19 %.
Bei dieser Konstellation würde eine Koalition aus zwei Parteien
nicht gelingen, es bräuchte auf jeden Fall ein Dreierbündnis.
Das sind natürlich immer nur Momentaufnahmen.
Die jedoch die beiden anderen Kandidaten schwer unter Druck setzen.
V.a. Armin Laschet bekommt das gerade zu spüren,
wie David Gebhard berichtet.
Der eine inszeniert sich als Mastermind der E-Mobilität
und will Menschen auf dem Mars ansiedeln,
der andere hat die Mission Bundeskanzler zu werden
und stürzt dabei gerade ab, in Umfragen,
bei seinen Beliebtheitswerten.
Und so wird Elon Musk heute in einer Reporterfrage
quasi die Rolle als Laschets Motivationscoach angetragen.
Sie sind ein Experte für Energiefragen.
Laschets Wahlkampf geht gerade der Stoff aus, hätten Sie einen Tipp?
Bei uns geht es nur um Energie wie in dieser Fabrik.
Die miesen Umfragen verfolgen Armin Laschet in diesen Tagen überall hin.
Das vermeintliche Zugpferd, zieht die CDU gerade eher nach unten.
Doch der Kanzlerkandidat wiegelt ab:
Ich kommentiere Umfragen nicht, wenn sie gut sind
und ich kommentiere sie nicht, wenn sie schlecht sind.
Ich will sie ändern.
Ich will drauf aufmerksam machen, was auf dem Spiel steht.
Je nachdem, wer in Deutschland die Mehrheit hat.
Hinter Laschet liegen Wochen der verunglückten Inszenierungen.
Als er als Anpacker im Hochwasser rüberkommen will:
Hände in den Hosentaschen, un- glückliche Bilder vor Schrottbergen
und das Feixen
während der Bundespräsident über die Katastrophe spricht.
Die Zahlen für die Union sind nicht gut,
da muss man nicht um den heißen Brei reden.
Umso so wichtiger ist,
dass wir jetzt Schwung in diesen Wahlkampf bringen.
Und deswegen müssen wir uns alle miteinander
und an der Spitze Armin Laschet besonders anstrengen.
Auch Ratschläge können Schläge sein.
Selbst in Laschets CDU wächst seit Tagen die Kritik
an der schlechten Performance der Union.
Und ein Ministerpräsident sieht, mit diesen Umfragen,
die Partei an ihren eigenen Ansprüchen scheitern.
Die Stimmung wenige Wochen vor der Wahl am Tiefpunkt:
Ich will gar nicht um den heißen Brei herumreden,
die Zeit ist knapp und wir müssen jetzt in die Offensive kommen
und zwar mit voller Wucht.
Es kommt auf alle an, nicht nur auf Armin Laschet,
wir dürfen unsere Partei nicht auf einzelne Personen beschränken.
Die Union schwächelt, andere wittern Morgenluft.
Die Grüne Kanzlerkandidatin Baerbock hofft,
dass ihre eigene Pannenserie nun in den Hintergrund rückt,
doch zumindest ihre persönlichen Umfragewerte bleiben schlecht.
Jetzt geht der Wahlkampf erst richtig los.
Jetzt geht es eigentlich darum deutlich zu machen,
was gibt es für Unterschiede zwischen den Parteien
und diese Unterschiede sind sehr groß.
Die einen wollen weitermachen wie bisher.
Ich trete an für eine Erneuerung.
Olaf Scholz dagegen legt bei den persönlichen Werten stark zu.
Zieht die SPD zumindest langsam mit
und lässt manchen gar von einem "Scholz-Zug" träumen.
Die SPD befindet sich auf dem Gleis, der Zug ist am rollen,
wird immer schneller und deswegen
werden wir noch an Zustimmung dazugewinnen, da bin ich sicher.
Doch die momentane Stärke des einen fußt auf der Schwäche der anderen.
Laschet und Baerbock mussten sich durch ihre Pannenserie,
durch dieses Pannen-Ping Pong, durch ein Tal der Tränen gehen,
im Augenblick ist Scholz der lachende Dritte
auf Grund der Pannen von Laschet und Baerbock,
aber das kann sich schnell wieder ändern, sei es durch Altlasten
oder eben durch Richtungsstreit in der SPD, der wieder aufbricht.
Das Rennen offen: Sechs Wochen vor der Wahl ist für alle drei
das Ziel Kanzleramt erreichbar.
Erreichbarer jedenfalls wohl als für andere das Ziel – Mars.
Das neue ZDF-Politbarometer kommt dann ganz ausführlich
noch am Ende der Sendung.
Und natürlich können Sie es auch auf ZDFheute.de jederzeit online abrufen.
Die Bundesregierung ruft alle Deutschen dazu auf,
Afghanistan zu verlassen und hat eine Rückholaktion gestartet.
Dabei soll nicht nur Botschaftspersonal,
sondern auch afghanische Ortskräfte ausgeflogen werden,
wie viele ist nicht bekannt.
Viel Zeit dürfte nicht mehr bleiben, um Menschen herauszuholen.
Der Vormarsch der Taliban ist noch schneller als befürchtet wurde.
Mehr als die Hälfte der Provinzhauptstädte
sollen schon in der Hand der "Gotteskrieger" sein.
Heute wurde gemeldet, dass sie die
auch wirtschaftlich bedeutende Großstadt Kandahar im Süden
und die Hauptstadt der Provinz Helmand, Lashkar Gah,
erobert haben.
Es steht zu befürchten, dass es nicht mehr lange dauert,
bis zum Sturm auf Kabul.
Katrin Eigendorf berichtet.
Sie sind vor den Taliban geflohen,
einige von ihnen sind um ihr Leben gerannt.
Die Frauen, die an diesem Morgen mitten in Kabul
in einem Park kampieren, haben alles zurückgelassen.
Wir hatten solche Angst.
Wir haben uns nicht einmal zur Toilette herausgetraut, aus Furcht,
dass die Taliban uns mitnehmen könnten.
Bibi Gul hatte nicht einmal Zeit, ihren Mann zu begraben,
der getötet wurde, als die Kämpfer ihre Heimatstadt Kundus überfielen.
Mit vier Kindern hat sie sich alleine durchgeschlagen.
Wie die Verrückten sind wir gelaufen.
Und nun sind wir hier und haben nicht einmal etwas zu essen.
5.000 Familien alleine in diesem Park.
Auch in Moscheen suchen die Geflüchteten Schutz,
und jeden Tag erreichen mehr die Hauptstadt.
Provisorisch werden sie von Freiwilligen versorgt,
von der Regierung erhalten sie keine Hilfe.
Doch neben der Hitze und dem Hunger ist da auch die Angst,
dass die Taliban bald auch Kabul einnehmen könnten.
Auch in den Botschafts- und Regierungsvierteln
rechnen sie damit,
dass die Hauptstadt nicht mehr lange sicher ist.
Auch Deutschland bereitet sich auf den Ernstfall vor.
Wir werden die Belegschaft der deutschen Botschaft in Kabul
in den nächsten Tagen auf das operativ notwendige,
absolute Minimum reduzieren.
Wir werden ein Krisenunterstützungsteam
sofort nach Kabul schicken, das uns dabei hilft,
die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen
und die Maßnahmen, die wir beschlossen haben auch umzusetzen.
Der Außenminister ruft die Deutschen Staatsbürger auf,
Afghanistan zu verlassen.
Eine Chance, auch für sie?
Das fragen sich die Familien, die in einem "Safe House",
einem geschützten Gebäude, ausharren,
das deutsche Soldaten für Ortskräfte der Bundeswehr
und anderer deutscher Organisationen in Kabul eingerichtet haben.
Den Ortskräften sichert der Bundesaußenminister
jetzt zügige Lösungen zu.
Die Botschaft wird arbeitsfähig bleiben in Afghanistan, in Kabul.
Und deshalb haben wir uns auch dazu entschlossen, für diejenigen,
die noch kein Visa haben,
die Visa zukünftig erst in Deutschland zu erteilen,
15 Familien, fast alle sind aus dem Norden geflohen.
Sie alle hoffen,
so schnell wie möglich ihr Land verlassen zu können.
Die 29-jährige Hadia hat als Journalistin
für einen von Deutschland finanzierten Radiosender gearbeitet.
Seit vier Wochen ist sie mit ihrem Mann und zwei Kindern hier,
zwei Kinder mussten sie zurücklassen.
Wenn die Taliban die Information bekommen,
dass es ein Safe House voll mit Familien wie uns gibt,
das würde ein inakzeptables Risiko bedeuten.
Ich möchte nur Sicherheit und hoffe,
dass sie schnell eine Entscheidung treffen werden.
Dass sie hier bei einer Machtübernahme durch die Taliban
nicht mehr sicher sein werden, das wissen und fürchten sie alle.
Die Zeit drängt.
Die Taliban rücken mit jedem Tag weiter auf Kabul vor.
Angesichts der Entwicklung in Afghanistan
haben sich die Botschafter der NATO-Länder
heute zu Sonderberatungen getroffen.
Anne Gellinek,
die NATO schaut da im Grunde den Folgen ihres eigenen Handelns zu?
Die NATO ist von den USA zum Abzug aus Afghanistan gezwungen worden.
Sie ist zum Zuschauen verdammt,
weil sie ohne die USA nicht über die notwendigen militärischen
Fähigkeiten wie zum Beispiel Kampfhubschrauber verfügt, um ein
Land wie Afghanistan zu sichern. Gleichzeitig gibt es auch Kritik von
der NATO am amerikanischen Partner.
Der britische Außenminister hat heute gesagt, was viele europäische
Partner nur hinter vorgehaltener Hand verlauten ließen,
dass der Zeitpunkt des Abzugs der amerikanischen Armee falsch sei.
Er eröffne die Möglichkeit für Al Kaida,
sich in Afghanistan festzusetzen.
Man sieht schon jetzt, wie viele Menschen versuchen zu fliehen.
Das muss zumindest für die europäischen NATO-Mitglieder
und v.a. für die EU doch auch ein Thema sein?
Die EU beschäftigt sich mit dem Thema. Aber mein Eindruck ist, etwas
halbherzig.
Die zweitgrößte Gruppe aller Flüchtlinge momentan in Europa sind
Afghanen.
Man hat uns vorgerechnet, wie gut die Rückführung von Afghanen
funktioniere. Man arbeite sehr gut mit der afghanischen Regierung
zusammen.
Klar ist, dass diese afghanische Regierung möglicherweise nicht mehr
lange im Amt ist.
Es gab noch die Zahlen, dass sich demnächst eine halbe Million
Afghanen auf den Weg machen könnte.
Zurück nach Deutschland:
Noch gut sechs Wochen sind es ja bis zur Bundestagswahl,
bei der dann auch das umstrittene neue Wahlrecht zum Tragen kommt.
Die Wahlrechtsreform von Union und SPD bleibt zur Bundestagswahl
am 26. September in Kraft.
Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag abgewiesen,
mit dem FDP, Grüne und Linke die Änderungen mit sofortiger Wirkung
kippen wollten.
Die Reform soll nun im Hauptverfahren genau geprüft werden,
um die Problematik der Überhangmandate anzugehen.
Ziel der seit langem diskutierten Wahlrechtsreform
ist eine Verkleinerung des Bundestages.
Die Bundesregierung hofft auf höheres Corona-Impftempo,
nach der Ferienzeit.
In Baden-Württemberg, Hamburg und Sachsen sind die Impfzahlen
in dieser Woche bereits leicht gestiegen.
Mittlerweile sind laut Gesundheits- ministerium 47 Mio. Menschen
in Deutschland vollständig geimpft.
Das sind 56,6 % der Bevölkerung.
Seit Jahresbeginn ist das Alter der coronapositiven Menschen
deutlich gesunken, von durch- schnittlich 49 auf 28 Jahre.
Zudem steigen die Infektionszahlen gerade bei Jugendlichen
und jungen Erwachsen stark:
bei den 15- bis 24-Jährigen liegt die Inzidenz derzeit bei knapp 60.
Das Robert Koch-Institut meldet 5.578 Neuinfektionen.
2.130 mehr als vor einer Woche.
19 Menschen starben im Zusammenhang mit Covid-19.
Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt nun bei 30,1.
Wegen steigender Infektionszahlen stuft die Bundesregierung die Türkei
als Hochrisikogebiet ein.
Ab Dienstag müssen einreisende Nichtgeimpfte und Nichtgenesene
für bis zu zehn Tage in Quarantäne.
Schon ab Sonntag werden die USA, Israel und Montenegro
ebenfalls auf die Liste gesetzt.
In der Türkei ist die Zahl der Todesopfer
durch die massiven Überschwemmungen auf 31 gestiegen.
Heftige Regenfälle haben mehrere Orte im Norden der Türkei
unter Wasser gesetzt.
Erdrutsche und Fluten zerstörten auch Brücken.
Viele Menschen werden vermisst,
mehr als 1700 mussten ihre Häuser verlassen.
Mittlerweile sind 5000 Einsatzkräfte an den Rettungsarbeiten beteiligt.
Während sich in vielen Waldbrandregionen im Mittelmeerraum
die Lage leicht entspannt, sind auf Euböa erneut Feuer ausgebrochen.
Diesmal im Süden der griechischen Insel.
Auch Algerien und Italien kämpfen weiter gegen zahlreiche Brände.
Nach der Rekordhitze von knapp 50 Grad in Süditalien,
entzündeten sich östlich von Rom erneut Brandherde.
Zahlreiche Orte wurden evakuiert.
In ganz Italien und auf Sizilien kämpfen die Feuerwehren
gegen rund 500 Brände.
Der 13. August gehört zu den düsteren Daten im Geschichtsbuch
der Deutschen.
Der Tag, an dem vor 60 Jahren der Mauerbau begann.
Ein perfides Bauwerk, das Menschen einsperrte, an dem Menschen
ihr Leben verloren und das auf bizarre Weise das Gesicht
einer ganzen Stadt prägte, bis diese Mauer endlich wieder fiel.
In Berlin wurde heute daran erinnert, wie 1961 die Sperren errichtet
und Stacheldraht ausgerollt wurde.
Bundespräsident Steinmeier nannte die Mauer
"ein Zeugnis hoffnungslosen Scheiterns".
Er sprach an der Gedenkstätte Bernauer Straße,
einer der wenigen Berliner Orte, wo noch Mauerteile zu sehen sind.
V.a. sind es aber die Erinnerungen und Geschichten einzelner Menschen,
die einem die Schrecken dieser Zeit immer wieder vor Augen führen.
Zwei solcher Zeitzeugen hat Katrin Lindner getroffen.
Gino Kuhn feilt an seinem Mahnmal in Cottbus,
für die Toten der Flucht.
Mit 20 Jahren kommt der gebürtige Baden-Württemberger nach West-Berlin
und schließt sich Fluchthelfern an.
Erst übernimmt er Botendienste nach Ost-Berlin.
Dann will er selbst DDR-Bürger über die innerdeutsche Grenze schmuggeln.
Die Flucht über die Mauer Mitte der 70er - lebensgefährlich.
Wir haben eine große Anzahl von Menschen,
die an der Berliner Mauer versucht haben zu fliehen.
Und das ist ja bei 99 % schiefgegangen,
weil das ist so ein brutales Bollwerk.
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.
Eine Lüge.
Am 13. August geschieht das, was viele schon befürchtet haben:
Die DDR zieht die Mauer hoch – um Westberlin.
Ein ganzes Volk wird eingesperrt.
Wer kann, versucht in den ersten Tagen noch die Flucht.
Doch es wird immer schwieriger.
Schon 1952 beginnt die DDR, die innerdeutsche Grenze
massiv zu sichern.
Auch die anderen sozialistischen Länder
schließen den Eisernen Vorhang.
1961 - ein weiterer Schritt der Abschottung.
Im Jahr 1961 bis zum August sind es ja noch 200.000,
die in den Westen fliehen.
Und das ist am Ende nur noch über Westberlin möglich.
Und dieses letzte Schlupfloch wird am 13. August 1961 gestopft.
Gino Kuhn trifft Jürgen Hannemann.
Der Cottbuser hat an der Mauer seinen Bruder verloren,
Axel Hannemann.
Er ist froh, dass an ihn erinnert wird.
1962 will der 17-Jährige über die Spree nach Westberlin fliehen
und wird von einem Grenzsoldaten erschossen.
Warum er flieht, schreibt er im Abschiedsbrief,
will er sagen, wenn er drüben ist.
Nach dem Führungszeugnis hätte er 'ne eins gekriegt.
Trotzdem ist es passiert, leider, leider, leider.
Nun auch Geschichte, 59 Jahre ist das her.
Aber es tut immer noch weh.
Das ist ein Problem für mich.
Bei seiner ersten Fluchthilfe ist Gino Kuhn
bereits im Visier der Stasi, als sie ihn mit drei Flüchtlingen
im Kofferraum an der innerdeutschen Grenze fasst.
Es folgt Stasi-Untersuchungshaft in Cottbus.
Isolationszelle – ein halbes Jahr.
Dann das Urteil: sechs Jahre Gefängnis.
Der schlimmste Moment war, als ich mit den DDR-Bürgern
an den Grenzübergang Wartha/Herleshausen gekommen bin
und ich habe gemerkt, die Flucht gelingt nicht.
Und als ich dann verhaftet wurde mit Handschellen und die Bürger
aus dem Kofferraum gebracht wurden, da wurde mir klar,
jetzt hast du so viel Einsatz, und die anderen Menschen natürlich auch,
alles gewagt und es hat nicht geklappt.
Sein Mahnmal steht im Hof des ehemaligen Cottbuser Gefängnisses,
in dem viele DDR-Flüchtlinge saßen.
Gino Kuhn wurde nach zweieinhalb Jahren freigekauft.
Was aus seinen drei Flüchtlingen geworden ist,
weiß er bis heute nicht.
Ein gewichtiger Zeitzeuge, der die deutsche Geschichte
selbst mitgeprägt hat, ist gestorben: Kurt Biedenkopf.
Er wurde 91 Jahre, hat Krieg und Flucht erlebt,
die deutsche Teilung und schließlich den Mauerfall.
Als erster Ministerpräsident von Sachsen nach der Wiedervereinigung,
war er einer der führenden Köpfe in dieser Zeit gewaltiger Umbrüche.
Doch nicht nur in Sachsen wird um Kurt Biedenkopf getrauert.
Stefan Kelch blickt zurück auf das Leben dieses herausragenden
und auch streitbaren deutschen Politikers.
Der Wiederaufbau der Frauenkirche war auch sein Werk.
Würdiger Ort für den 90. Geburtstag eines Politikers,
den viele Sachsen respektvoll König Kurt nannten.
Sachsen und Biedenkopf schienen füreinander bestimmt.
Es war eine Zeit der Begegnung zwischen, für mich,
zwischen zwei Welten.
Und dass es gelungen ist, die so zusammenzuführen,
dass Vertrauen sich gebildet hat, das Land sich entwickeln konnte,
die Menschen mitgemacht haben.
Anfang der 90er Jahre sehnen sich die Sachsen nach einer Figur,
die das Land aus immenser Arbeitslosigkeit führen,
Auswege aus den chaotischen DDR- Hinterlassenschaften weisen kann
und Kontakte zu Investoren hat.
Biedenkopf scheint so einer zu sein.
Und er trifft im Wahlkampf offenbar den Ton,
den die Sachsen hören wollen und verstehen können.
Die Menschen sind es, die das Land wieder aufbauen werden,
nicht die Bürokraten am Grünen Tisch.
Biedenkopfs Karriere, ein Spiegel seiner Charaktereigenschaften.
Er ist eitel, klug, visionär, elitär.
Dies beschert ihm nach jedem Aufstieg
auch immer wieder politische Abstiege.
Legendäres Beispiel: Der damalige Generalsekretär wagt den Aufstand
gegen die Machtfülle Helmut Kohls und verliert.
Erst in Sachsen betritt er wieder die politische Bühne,
holt für die CDU zehn Jahre lang absolute Mehrheiten.
Wenn man nicht aus Sachsen kam, war man manchmal bedrückt,
weil man nicht ganz so stolz sein konnte.
Aber die Sachsen und die Mecklenburger,
das ist ein langes Kapitel.
Auch in der Zeit der friedlichen Revolution stand auf den Zügen:
"Schlaft ruhig weiter!"
Sein forsches Vorgehen birgt aber auch Fallen.
In den Medien kursieren Anfang der 2000er Jahre Mutmaßungen
über eine Vetternwirtschaft von Biedenkopfs Gnaden.
Das Fingerspitzengefühl
für die Brisanz der Situation fehlt ihm völlig.
2002 ist Biedenkopfs Zeit als Spitzenpolitiker vorbei.
Er ist 72.
Aber in Sachsen beginnen viele Landschaften tatsächlich zu blühen.
Er war Visionär und Macher.
Er träumte vom Wiederaufbau der Frauenkirche und vom Silicon Saxony.
Sachsen als Herzstück moderner Technologien.
Mit dem Beginn seiner Amtszeit verbinde ich, wie alle Sachsen,
Hoffnung, dass der richtige Mann an der Spitze ist.
Und das war er.
Was Besseres hätte hier gar nicht passieren können.
Das war der Mann, auch von seiner Ausstrahlung her.
Das war das Beste, was Sachsen passieren konnte.
Ich würde Biedenkopf ein Denkmal hier in Sachsen errichten.
Zuspruch freute ihn stets.
Doch Zufriedenheit war für Kurt Biedenkopf keine Option.
Ich interpretiere den Begriff "zufrieden" etwas zurückhaltend.
Denn man anfängt, zufrieden zu sein, fällt einem auch nichts mehr ein.
Kurt Biedenkopfs Lebensleistung, ein historischer Glücksfall für Sachsen.
Aus Anlass seines Todes sendet das ZDF nachher, um 0 Uhr,
noch eine ausführlichere Doku über das Lebenswerk von Kurt Biedenkopf.
Und jetzt nochmal Gundula,
zunächst mit dem Blick auf die deutsche Wirtschaft.
An der Frankfurter Börse gab es zu diesem Wochenschluss
zwei größere Ereignisse:
Der DAX ist zum ersten Mal über die Marke von 16.000 gesprungen
und der Finanzsektor war heute Ziel einer "Fridays for Future"-Demo
in Frankfurt mit der Forderung: "Planet vor Profit."
Sina Mainitz, der Klimawandel ist ja bereits Thema der Finanzmärkte.
Wie kamen die Proteste an der Börse an?
Hier am Parkett hat man die Kurse beobachtet
und vor der Börse die Turbulenzen.
Im Frankfurter Bankenviertel haben nach Polizeiangaben
rund 4.500 Aktivisten von "Fridays for future" demonstriert.
"Wäre die Erde eine Bank, würde sie gerettet", hieß es da.
Mit milliardenschweren Investitionen in klimaschädliche Energieträger
wie Öl oder Kohle treibe der Finanzsektor
die Erderwärmung weiter voran.
Das Volumen nachhaltiger Geldanlagen
ist von 2019 auf 2020 um mehr als ein Drittel gestiegen.
Vergangenes Jahr machten sie aber immer noch nur 6,4 %
des gesamten deutschen Fondsmarktes aus.
Nach wie vor handelt es sich um eine Nische.
Langfristig gesehen werden sich grüne Geldanlagen durchsetzen.
In klimafreundliche Produkte wird investiert.
Nur nachhaltige Firmen sind zukunfts- und wettbewerbsfähig
und können Arbeitsplätze sichern.
Über die Nachhaltigkeit steigender Börsenkurse wird ja oft spekuliert.
Der DAX hat heute erstmals in seiner Geschichte
die 16.000-Punkte-Marke geknackt.
Am Ende dann ein Stand von 15.977.
Gute Quartalszahlen und Konjunkturspritzen der Notenbanken
sorgen für das Plus.
Nächste Woche könnte die Euphorie aber etwas ausgebremst werden.
Für die deutschen Beachvolleyballerinnen
gibt es bei den Europameisterschaften in Wien weiter Hoffnung
auf eine Medaille.
Von den gleich drei Teams im Viertelfinale kam eines durch:
Karla Borger und Julia Sude.
Borger hier mit dem Angriffsschlag zum ersten Satzgewinn
gegen das ebenfalls stark spielende russische Doppel Dabizha/Kholomina.
Und der Matchball zum 21:19.
Morgen ist Halbfinale
und eine Medaille für die beiden Düsseldorferinnen zum Greifen nahe.
Und damit kommen wir wieder zum politischen Wettbewerb:
Das neue ZDF-Politbarometer war ja am Anfang der Sendung schon Thema.
Alle Fragen der "Forschungsgruppe Wahlen"
und die Ergebnisse präsentiert Ihnen jetzt Matthias Fornoff.
Mit der Rekordsumme von 30 Mrd. Euro wollen Bund und Länder helfen,
die Katastrophengebiete in Rheinland- Pfalz und Nordrhein-Westfalen
wieder aufzubauen und den Menschen eine Perspektive zu geben.
Nach dem zerstörerischen Hochwasser vor vier Wochen
ist noch lange keine Normalität eingekehrt.
Gerade im Ahrtal ist die Infrastruktur massiv beschädigt,
vielerorts fehlt fließend Wasser, auch die Verschmutzung durch Öl
bereitet Sorgen.
Tausende Menschen helfen jeden Tag, die Politik handelt.
Die Kritik am Krisenmanagement aber bleibt.
Eine Mehrheit der Befragten in ganz Deutschland ist skeptisch.
Dass für die Opfer der Hochwasser- katastrophe genug getan wird,
finden 35 %.
40 % bezweifeln das.
25 % sind sich unsicher.
Die Fähigkeit, in Krisen schnell und kompetent zu handeln,
sollte wohl zum Repertoire eines künftigen Bundeskanzlers,
oder einer Kanzlerin zählen.
Und nicht allen Kandidaten scheinen die Deutschen das zuzutrauen.
Armin Laschet, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen
und Unions-Spitzenkandidat,
entziehen jedenfalls immer mehr Menschen das Vertrauen.
Der Trend des letzten Politbarometers setzt sich fort.
Nur noch 28 % halten Laschet für kanzlertauglich.
Olaf Scholz von der SPD traut dagegen eine Mehrheit von 59 %
das Amt zu.
Annalena Baerbock von den Grünen nur noch 23 %.
Vor zwei Wochen hielten Laschet noch 35 % für geeignet,
Scholz 54 % und Baerbock 25 %.
Scholz enteilt also der strauchelnden Konkurrenz.
Das zeigt sich auch beim Direktvergleich.
Zum allerersten Mal überhaupt sehen wir da einen klaren Vorsprung
für einen der drei Kandidaten.
21 % hätten am liebsten einen Kanzler Laschet.
Ein deutliches Minus von 8 Punkten im Vergleich zur letzten Umfrage.
44 % würden sich Scholz wünschen, plus 10.
Und nur 16 % Baerbock, minus 4.
19 % können sich da nicht entscheiden.
Schwere Zeiten für Armin Laschet und Annalena Baerbock.
Das belegt auch unsere "Top Ten".
Hier die beliebtesten Politikerinnen und Politiker,
sortiert nach Sympathie und Leistung,
auf der Skala von plus 5 bis minus 5.
Schlusslicht: Annalena Baerbock,
minus 0,4, leicht verbessert.
Davor Armin Laschet, minus 0,3,
etwas schlechter.
Platz 8 für Christian Lindner, 0,2,
davor Jens Spahn, 0,3,
etwas besser.
Dann Horst Seehofer, 0,3,
leicht verschlechtert.
Auf Platz 5 Heiko Maas, 0,7,
schlechter.
Robert Habeck, 1,1,
Platz 3 für Markus Söder 1,3,
etwas schlechter.
Auf Platz 2 Olaf Scholz, 1,4,
besser.
An der Spitze Angela Merkel, 2,5,
leicht verschlechtert.
Von den Köpfen zu den Parteien.
Und da gibt's einiges an Bewegung in der Projektion.
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre,
dann könnte die Union nur noch mit
26 % rechnen, minus zwei.
Die SPD bei 19 %, plus drei,
ihr bester Wert im Politbarometer seit fast drei Jahren.
Die AfD 11, unverändert,
auch die FDP 11, plus 1,
die Linke unverändert bei 7 %,
die Grünen bei 19 %, minus 2.
Damit hätte kein Zweierbündnis eine Mehrheit.
Bei Schwarz-Grün müsste die FDP mit ins Boot.
Jamaika-Versuch Nummer zwei stünde dann an.
Auch andere Dreierbündnisse gingen,
beispielsweise eine Ampel aus Grünen, SPD und FDP
oder auch die "Deutschland-Koalition"
aus Union, SPD und FDP.
Kommen wir zum Thema Corona.
Bund und Länder haben bei ihrem Treffen am Dienstag
einige Änderungen auf den Weg gebracht.
U.a. sollen Corona-Tests ab Mitte Oktober
kostenpflichtig werden für Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen.
Drei Viertel der Befragten finden das richtig, 22 % nicht.
Deutliche Zustimmung in allen politischen Lagern,
außer bei den Anhängern der AfD.
Rund zwei Drittel der Befragten sind dafür,
dass Geimpfte und Genesene in Zukunft
mit weniger Beschränkungen leben dürfen als Nicht-Geimpfte.
Weniger als ein Drittel ist dagegen.
Geht es um den Lieblingssport der Deutschen, den Fußball,
dann sagen die meisten:
Den sollten schon möglichst viele im Stadion erleben können.
Zum Start der Fußball-Bundesliga haben wir gefragt,
wer dort als Zuschauer zugelassen werden soll.
30 % sagen, das sollten nur Geimpfte und Genesene sein.
49 % finden, auch getestete Nicht-Geimpfte sollten rein dürfen.
Nur 15 % sind dafür, die Spiele vor leeren Rängen auszutragen.
Das war unser Bericht über die Stimmung im Land.
Die Grafiken und alle Informationen zu unseren Umfragen finden Sie
wie immer im ZDFtext ab Seite 165, in der ZDFheute-App
und auf ZDFheute.de.
Wie die repräsentativen Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen
zustande kommen, Informationen zur Methodik
und zu den Qualitätsstandards finden Sie unter politbarometer.zdf.de.
Vielen Dank für Ihr Interesse,
das nächste Politbarometer gibt's am 27. August.
Nach dem Wetter geht's hier heiter weiter mit "Queens of Comedy".
Ihnen noch einen entspannten Abend, auf Wiedersehen.
Am Wochenende hält das Hoch "Elfi" noch durch,
aber dann ziehen Tiefs heran und die nehmen eine relativ südliche Bahn.
Und deswegen wird es bei uns nächste Woche deutlich wechselhafter
und auch kühler.
Regenfälle gibt es allerdings auch schon in dieser Nacht,
hier an der Nordseeküste.
Über den Süden ziehen einige Schauer und Gewitter hinweg.
In der Mitte aber, da gibt es oft strahlenden Sternenhimmel
und deswegen wird es dort auch am kühlsten.
In diesem Dreieck Ulm, Passau, Regensburg bleibt es am mildesten.
Für die meisten von uns wird das morgen
ein sehr freundlicher Sommertag.
Nur in Norddeutschland sind die Wolken dichter
und bringen etwas Regen mit.
Und am Nachmittag drohen dann
einzelne Hitzegewitter in Süddeutschland.
An diesem Wettern ändert sich auch am Sonntag noch wenig.
In Norddeutschland allerdings wird es stärker bewölkt sein,
da fällt dann häufiger Regen.
Und die Gewittergefahr in Süddeutschland nimmt etwas zu.
Dazu wird das Wetter auch deutlich wechselhafter,
Regenschauer und Gewitter gibt es v.a. in Norddeutschland,
aber nicht nur dort.