heute journal vom 14.04.2021 - Biden will Truppenabzug - Wie geht es weiter in Afghanistan?
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend,
Licht und Schatten ist zu vermelden von der Impf-Front.
Beginnen wir mit der erfreulichen Meldung,
dass die EU und damit Deutschland noch in diesem zweiten Quartal
mit deutlich mehr Impfstoff von BioNTech rechnen kann.
Das löst die akuten Probleme, die aus Arztpraxen und Impfzentren
gemeldet werden, aber nicht.
Brandenburg etwa sah sich heute gezwungen,
überhaupt keine neuen Impftermine mehr mit BioNTech und Moderna
zu vergeben, da man damit Astra- Zeneca-Patienten zweitimpfen müsse.
Die Kassenärzte schlugen erneut Alarm, weil die BioNTech-Lieferungen
gekürzt würden.
Viel Stoff für Nachfragen gleich beim Bundesgesundheitsminister.
Zunächst Bernd Mosebach
mit Eindrücken aus dem deutschen Impfalltag.
Renate Müller will's wissen: Wird sie nun geimpft oder nicht?
Sie begleitet ihren Mann - der hat einen Termin.
Sie hat keinen bekommen, sie sei halt noch nicht dran.
Und nun hat man ihr geraten, direkt ins Impfzentrum zu gehen.
Hier gäbe es eine Impfung ohne Termin, allerdings mit AstraZeneca.
Sie ist skeptisch.
Das Gerede, im Internet steht viel - keine Ahnung.
Und dann wird man etwas unsicher.
Eine Sonderaktion des Impfzentrums in Waren an der Müritz.
Deutschlands flächenmäßig größter Landkreis hat noch Impfdosen übrig.
Es war tatsächlich so, dass wir durch die Probleme,
die wir mit AstraZeneca als Impfstoff hatten,
dass sie zweimal kurzfristig nicht einsetzbar waren,
wir einen Lagerbestand hatten, den wir jetzt konzentriert
bei diesen spontanen Impfaktionen eingesetzt haben
für Impfwillige Ü60.
Das hat sehr gut funktioniert.
Renate Müller ist bereit für AstraZeneca trotz ihrer Bedenken,
bekommt am Ende dann doch den BioNTech-Impfstoff.
Egal, sagt sie, sie hat es hinter sich.
Alles gut?
Alles gut.
Der Kühlschrank mit den Rationen für heute ist fast leer.
Es fehlt an Impfstoff - hier wie überall.
Silvia Schiffer ist Hausärztin im brandenburgischen Henningsdorf.
Zuerst sollte sie in ihrer Praxis nur BioNTec impfen,
dann wurde stattdessen AstraZeneca geliefert,
die Abstände zwischen den Impfungen geändert,
dann die Altersbeschränkungen.
Die Folge: Termine zusagen, absagen, umbuchen.
Am Nachmittag erreicht Silvia Schiffer diese Nachricht.
Hier steht: Brandenburg vergibt keine Erstimpfungstermine mehr.
Hier könnte also bald nur noch AstraZeneca geimpft werden.
Für das Praxisteam keine gute Nachricht.
Manchmal zweifelt man ein bisschen.
Eigentlich ist man dafür da, zu helfen.
Das mache ich eigentlich auch ganz gerne,
aber im Moment werden wir schon erheblich daran gehindert.
Es ist schon frustrierend im Moment.
Nur langsam steigt die Impfquote - schleppend:
Von 50.000 Impfungen täglich auf 500.000,
aktueller Stand nach viereinhalb Monaten.
Das Impfzentrum an der Müritz
könnte seine Kapazität in kürzester Zeit vervielfachen.
Begrenzender Faktor ist immer noch der Impfstoff an sich,
aber uns sind ja große Lieferungen angekündigt
und darauf sind wir vorbereitet.
Die EU hat heute vermeldet,
bis Ende Juni 50 Mio. zusätzliche BioNTech-Dosen zu beschaffen.
Man hat den Eindruck, überall in Deutschland,
in Impfzentren und Arztpraxen versuchen alle,
alles möglich zu machen, was nur geht.
Aber der Motor ruckelt eben.
Trotzdem fragen wir nach beim Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
Schönen guten Abend nach Berlin.
Der Schwung, der durch die Hausärzte in die Impfkampagne kam,
droht schon wieder zu verpuffen.
Haben Sie denn noch irgendein Ass im Ärmel?
Oder nur die Botschaft für alle: weiter abwarten.
Der Schwung ist da und er bleibt ja auch da.
Wir haben im ersten Quartal diesen Jahres
zehn Prozent der Deutschen impfen können.
Jetzt werden wir schon in einem Monat
die nächsten zehn Prozent impfen können.
Das heißt also, so wie angekündigt, es wird im zweiten Quartal
Woche um Woche mehr Impfstoff geben.
Es wird mehr verimpft werden können.
Und durch die Arztpraxen, die jetzt mitmachen,
wissen wir auch sicher:
Was am Montag ausgeliefert wird, ist am Freitag verimpft.
Und wir haben jetzt mehrere Rekorde die letzten Tage
an täglichen Impfungen.
Gestern allein wieder über 500.000.
Und da haben die Arztpraxen ein wichtigen Anteil.
Da wird sich auch in den nächsten Wochen
nicht nur nichts ändern, es wird es sogar noch mehr werden.
Sie sagen, daran wird sich nichts ändern,
und haben auch schon darauf hingewiesen,
dass die Kassenärzte nicht Recht haben mit ihrer Klage,
nicht weniger Impfstoff insgesamt bekämen
Wenn ich Sie richtig verstehe:
weniger BioNTech, dafür aber mehr AstraZeneca.
Jedenfalls jetzt mit dem nächsten Schwung.
Aber genau das ist doch das Problem, oder?
AstraZeneca ist nur bedingt einzusetzen.
Und das bleibt nicht ohne Auswirkungen,
die Hausärzte damit auch unter ihren Möglichkeiten.
In der letzten Woche haben 35.000 Arztpraxen geimpft,
diese Woche 45.000.
Für nächste haben sich jetzt 50.000 gemeldet.
Und es wurde übrigens mehr AstraZeneca bestellt als BioNTech,
von diesen 50.000 Arztpraxen.
AstraZeneca ist hochwirksam
und empfohlen für die über 60-Jährigen.
Ein Drittel der Deutschen ist über 60.
D.h., auch viele Patient*innen in den Arztpraxen
sind Über-60-Jährige.
Und damit gibt es auch dort viele,
die mit diesem sehr guten, sehr wirksamen Impfstoff
geimpft werden können.
Also sagen Sie im Grunde, diese Klage führt ins Leere.
Nun sagen die Kassenärzte aber auch, es wäre doch viel besser,
BioNTech-Impfstoff, der an die Impfzentren geht,
gleich in die Praxen zu schicken.
Denn dort und das ist meine Frage, ob das eigentlich stimmt,
dort in den Impfzentren würden zu viele Dosen gehortet.
Für Zweitimpfungen würde jetzt BioNTech noch zusätzlich vorgehalten.
Von 3,5 bis 4 Mio. Dosen ist da die Rede.
Ist solche Vorratshaltung wirklich sinnvoll?
Gerade bei BioNTech gibt es so gut wie keine Vorratshaltung.
Am Ende der letzten Woche
waren über 90 % der Impfdosen von BioNTech verimpft.
Von den Ländern, dass nicht 100 % verimpft sind,
hat auch etwas damit zu tun,
dass immer auch ein paar Tage Transport entstehen,
vom Bund übers Land bis zur Kommune vor Ort.
Gerade der BioNTech-Impfstoff wird gut und schnell verimpft.
Bei AstraZeneca hatten wir die letzten Wochen
ja leider immer wieder Rückschläge.
Das hat es ruckelig gemacht
und leider den Schwung noch nicht möglich gemacht.
Den sehen wir jetzt aber auch zunehmend.
Und insofern würde ich jetzt gar nicht alles schönreden.
Es gibt immer noch Dinge, die noch besser laufen können.
Aber die Impfkampagne hat gerade richtig Schwung aufgenommen.
Auch in den Impfzentren wird gerade täglich so viel verimpft
wie im ersten Quartal nicht.
Also werden Sie das so schnell auch nicht aufgeben
und die Impfzentren schließen,
um dann allein die Ärzte impfen zu lassen.
Wann ist der Moment gekommen?
Beides hat seine Berechtigung.
Z.B. 10.000 Polizist*innen in einem Bundesland
impfen Sie schneller im Impfzentrum als in den Arztpraxen.
Die Arztpraxen sind besser darin,
Patienten mit Vorerkrankungen zu impfen,
Patienten, die sie kennen.
Und dann im Laufe des Sommers,
wenn wir auch die allermeisten Deutschen geimpft haben werden,
dann wird man die Impfzentren irgendwann einstellen.
Und es wird ausschließlich nur noch in den Hausarztpraxen geimpft.
Und wir wollen auch die Betriebsärzte noch einbeziehen
in die Impfkampagne.
Wir bauen jetzt erst einmal alle Kanäle auf:
Impfzentren, Hausärzte, Betriebsärzte.
Und dann fangen wir bei den Impfzentren an,
sie zurückzubauen, und setzen auf Haus- und Betriebsärzte.
Johnson & Johnson, die Probleme, das ist im Moment ausgesetzt. Was bedeutet das für die deutsche Impfkampagne?
Hat das Auswirkungen?
Bis hierhin noch nicht.
Wir haben jetzt gut 200.000 Dosen Johnson & Johnson, die jetzt erst einmal warten
auf die Entscheidung der Europäischen Arzneimittelagentur,
auch in Absprache mit der amerikanischen Behörde.
Und insofern hat das akut keine Auswirkungen.
Aber Johnson & Johnson hat einen Vorteil: Sie brauchen nur eine Spritze und nicht zwei
in einem Abstand von mehreren Wochen.
Und deswegen setzen wir auch darauf, Johnson & Johnson in unserer Impfkampagne nutzen zu können.
Das wird viel leichter machen.
Möglicherweise dann auch erst ab 60.
Das müssen wir abwarten.
Ich kann Sie als stellvertretenden CDU-Vorsitzenden
dem heutigen Tag nicht gehen lassen,
ohne doch nach Ihrer Einschätzung zu fragen hat:
Hat Armin Laschet, CDU-Vorsitzender, aus Ihrer Sicht noch eine Chance,
Kanzlerkandidat der Union zu werden?
Armin Laschet hat meine Unterstützung gehabt
als Parteivorsitzender, als er angetreten ist.
Er hat am Montag meine Unterstützung gehabt im Präsidium der CDU,
weil er auch unser Heimatland Nordrhein-Westfalen zusammenführt,
aber auch die Partei, die CDU, zusammengeführt hat.
Umfragen sind wichtig, das ist ja ein Teil der Debatte:
Wie sind die Umfragen?
Aber Geschlossenheit ist auch wichtig.
Beides bedingt auf Dauer einander.
Wenn CDU und CSU sich streiten, dann spaltet das meistens die CDU.
Das haben wir 2018 gesehen, das droht auch jetzt.
Und jetzt, mitten in der Pandemie, und in diesem Wahljahr
ist das nicht gut.
Das wissen Armin Laschet und Markus Söder beide sehr gut.
Und deswegen bin ich zuversichtlich,
dass sie uns ein gemeinsames Angebot machen werden,
dass sie sich einigen werden, wer Kanzlerkandidat werden soll.
Aber einer muss zurückziehen und Sie erwarten,
dass Markus Söder das sein wird und muss.
Ich setze darauf,
dass die beiden uns einen gemeinsamen Vorschlag machen.
Das ist in der Lage, in der wir sind,
auch nach den letzten Tagen, sehr wichtig.
Geschlossenheit ist entscheidend.
Die Person ist wichtig, der Inhalt ist wichtig,
Umfragen sind wichtig.
Aber all das kriegen wir nur vermittelt,
wenn wir zusammenstehen, CDU und CSU.
Und das ist ein Verdienst der letzten zwei Jahre,
dass CDU und CSU wieder zusammengefunden haben.
Und das müssen sie jetzt auch in dieser Entscheidung.
Sagt der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jens Spahn
und Bundesgesundheitsminister, vielen Dank nach Berlin.
Das Gespräch mussten wir aus Termingründen
vor der Sendung aufzeichnen.
Der Machtkampf bei Union also ist auch an Tag vier nicht entschieden.
Er läuft im Hintergrund weiter, nach vorne wird die Einheit
der Schwesterparteien beschworen, sei es aus ernsthafter Sorge,
sei es aus Kalkül.
"Wir sind ja nicht Kohl und Strauß", wiederholte Markus Söder
in den letzten Tagen vielfach, wohl auch,
um seine Taktik der Brutal-Überwältigung
gesitteter erscheinen zu lassen.
Wir haben unseren Korrespondenten in Bayern gebeten,
nochmal nachzuschauen, wie war das denn damals mit Strauß und Kohl
und der Union, und gibt es Parallelen zu heute?
Jürgen Bollmann.
So einig war sich selbst die CSU selten.
Rückendeckung für Markus Söder.
Die Fraktion feuert ihren CSU-Chef geradezu an, weiter zu kämpfen.
Auf den Gängen kolportieren die Abgeordneten Strategien,
wie es Söder doch noch zum Kanzlerkandidaten schaffen soll.
Das zentrale Argument bleibt: Söders gute Umfragewerte.
Und wer der Stärkste ist, das wird in der Bevölkerung
seit Wochen, seit Monaten diskutiert und eingeschätzt.
Und deswegen sollte die CDU dieses Angebot annehmen.
Der Stärkere - Erinnerungen an alte Zeiten.
Macht, Machtkampf, wenn nötig mit aller Härte.
Genauso prägte Franz Josef Strauß das Bild der Partei aus Bayern.
Helmut Kohl wird nie Kanzler werden, der ist total unfähig.
Strauß gewinnt tatsächlich gegen Kohl im Kampf um die Kandidatur,
verliert aber in der Bundestagswahl gegen Helmut Schmidt.
2002: Auch Edmund Stoiber setzt sich in der Union durch gegen Merkel.
Und feiert zu früh.
Wir haben die Wahl gewonnen.
Damals dabei: der Landtags- korrespondent, Uli Bachmeier.
Den Edmund Stoiber hatten damals
mehrere CDU-Ministerpräsidenten offensiv unterstützt.
Die wollten ihn haben.
Jetzt erklärt das ganze CDU-Präsidium und der CDU-Vorstand,
sie wollen Markus Söder nicht haben.
Wie er darauf kommt, er könne dann eine Wahl gewinnen,
das ist wirklich sein Geheimnis.
Am Ende wird Gerhard Schröder Kanzler.
In Vergessenheit geraten ist, dass es die SPD war und nicht die CSU,
die einen schonungslosen Wahlkampf führte, erinnert sich Uli Bachmeier.
Wenn einer der Brutalere war, dann glaube ich eher
der Gerhard Schröder als der Edmund Stoiber.
Markus Söder, damals schon nah am Kanzlerkandidaten Stoiber,
erlebte dessen Niederlage und Verletzungen hautnah.
Den Schock vor zwei Jahrzehnten hat er nicht vergessen.
Vielleicht deshalb beschönigt er den Streit mit Laschet.
Armin Laschet und ich haben am Wochenende
ein sehr gutes Gespräch geführt, offen, ehrlich und freundschaftlich.
Obwohl viele Beobachter von einem erbitterten Duell sprechen.
Wer auch immer sich durchsetzt,
er wird auf den anderen angewiesen sein, im Kampf ums Kanzleramt.
Streit hat den Konservativen immer geschadet.
Die Unions-Parteien stehen wieder einmal am Scheideweg.
Nun zunächst einmal Nachrichten mit Heinz Wolf.
Die Corona-Pandemie hat auch auf dem Ausbildungsmarkt
deutliche Spuren hinterlassen.
Das zeigen laut Statistischem Bundesamt
die Daten für das Jahr 2020
und Verbände warnen vor einem sich zuspitzenden Mangel an Fachkräften.
Zwar seien die Ausbildungszahlen seit Jahren tendenziell rückläufig,
aber im vergangenen Jahr haben demnach nur rund 465.200 Menschen
einen neuen Ausbildungsvertrag abgeschlossen,
9,4 % weniger als 2019.
Ein in seiner Höhe bislang einzigartiger Einbruch,
so das Statistische Bundesamt.
Die Europäische Union ist der zweitgrößte Zerstörer von Wäldern,
übertroffen nur noch von China.
Das besagt ein Bericht der Umweltorganisation WWF.
Allein um die Importe nach Deutschland zu bedienen
werden demnach pro Jahr 43.700 Hektar Wald vernichtet,
etwa für Soja, Palmöl oder Rindfleisch.
Das entspricht einer Fläche halb so groß wie Berlin.
Besonders betroffen ist der Regenwald in Brasilien.
Der WWF fordert von der Bundesregierung und EU
verbindlichere Umweltstandards im Handel.
In Minneapolis ist im Fall des am Sonntag
bei einem Polizeieinsatz getöteten Schwarzen,
die Beamtin, die den tödlichen Schuss abgegeben haben soll,
festgenommen worden.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Ex-Polizistin Totschlag vor.
Ersten Erkenntnissen zufolge soll sie bei dem Einsatz
irrtümlich ihre Schusswaffe statt ihrer Elektroschockpistole
gezogen haben.
Trotz Ausgangssperre kam es die dritte Nacht in Folge
zu Protesten gegen Polizeigewalt und zu Ausschreitungen.
Die Polizei setzte Blendgranaten und Tränengas ein.
US-Präsident Biden hat am Abend in Washington
seine Pläne für einen Truppenabzug aus Afghanistan bekanntgegeben.
Biden kündigte an, dass die US-Truppen
bis zum 11. September aus Afghanistan abgezogen würden.
It is time for American troops to come home.
Mit Blick auf die Terroranschläge am 11. September 2001 sagte Biden:
Man sei nach Afghanistan gegangen wegen eines schrecklichen Angriffs,
der vor 20 Jahren geschah.
Das könne nicht erklären, warum man 2021 dort bleiben sollte.
Die Abzugsentscheidung des US-Präsidenten war heute Abend
Gegenstand einer Videokonferenz
der Außen- und Verteidigungsminister der NATO,
die sich nun kurzfristig verständigen mussten.
Anne Gellinek in Brüssel:
Gemeinsam mit den Amerikanern rein und gemeinsam raus.
Diesen Grundsatz hatte die deutsche Verteidigungsministerin
schon bekräftigt.
Und das ist jetzt auch der offizielle Beschluss vom heutigen Abend?
Die Außenminister haben heute Abend offiziell beschlossen,
dass sie koordiniert und geordnet aus Afghanistan abziehen möchten.
Diese Entscheidung der Amerikaner war insgesamt aber überraschend.
Dass sie entscheiden würden, dass sie ohne jede Vorbedingung für die
Taliban jetzt doch den Abzug beschlossen haben,
das ist das Gegenteil von dem,
was die NATO-Partner in den letzten Monaten für richtig gehalten haben.
Das ist eine Kehrtwende, die auch der alte Präsident so hätte
vollziehen können.
Man sagte heute Abend, das war keine leichte Entscheidung.
Für die deutsche Bundeswehr war es der bisher blutigste Auslandseinsatz,
zuletzt waren noch rund 1.100 Soldatinnen und Soldaten dort,
und auch bei den Deutschen endet der Einsatz jetzt ziemlich abrupt
und mit gemischten Gefühlen?
Bei den Deutschen und bei allen anderen Ländern, die Truppen in
Afghanistan stellen, ist das ein gemischtes Gefühl. Die
Verteidigungsministerin wird froh sein, dass sie ihre Soldaten nach
Hause holen kann
und dass sie nicht mehr an Gedenkfeiern für Gefallene
teilnehmen muss, jedenfalls nicht in Afghanistan.
Ob die Taliban die Chance ergreifen,
alles wieder zunichte zu machen,
wird sich zeigen.
Die Taliban haben ihre Teilnahme an den Friedensverhandlungen in
Istanbul heute schon abgesagt.
Ja, und so bleibt der Abzug eine bittere Entscheidung, denn klar ist:
Afghanistan ist längst nicht so gefestigt
wie es für eine gute Zukunft des Landes notwendig wäre,
und das zentrale Druckmittel in den Friedensverhandlungen mit den Taliban
fällt mit dem Abzug weg.
Die Nachricht kommt an einem Feiertag:
Es ist Ramadan
und in den Straßen von Kabul eilen die Männer zum Gebet.
Die letzten Einkäufe für das Fastenbrechen am Abend
müssen erledigt werden.
Dass die USA ihre Truppen bis September abziehen werden,
damit hatte in Afghanistan kaum jemand gerechnet.
Bidens Entscheidung war für mich,
und ich bin überzeugt für alle Afghanen, eine Überraschung,
denn es ist nicht der Zeitpunkt für einen Abzug der US-Militärs
und der anderen ausländischen Truppen, die im Land sind.
Für Amerika ist es eine historische Entscheidung:
Nach 20 Jahren
soll der längste Auslandseinsatz des US-Militärs enden
und damit auch der Einsatz aller Verbündeten.
Noch sind 10.000 Soldat*innen im Land, v.a. als Berater
und zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte.
Was hinterlassen sie, wenn sie abziehen?
Die Parlamentarierin und Frauenrechtlerin, Naheed Farid,
sieht ein düsteres Szenario.
Diese hastige Entscheidung der USA,
ihre Truppen in dieser Situation abzuziehen,
stürzt Afghanistan in eine tiefe Krise.
Das kann einen Bürgerkrieg auslösen.
Eine Einschätzung die auch internationale Experten teilen,
denn die Sicherheitslage hat sich dramatisch verschlechtert.
Eine Blutspur des Terrors zieht sich durch das Land.
Das Abkommen, das die USA auf Initiative von Präsident Trump
im Februar vergangenen Jahres mit den Taliban unterzeichneten,
hat Afghanistan keinen Frieden gebracht.
Ein Friedensprozess braucht Zeit, wir sind noch nicht so weit.
Und ohne die USA und ihre Verbündeten
ist es nicht möglich, diesen Prozess fortzuführen.
Selbstbewusst marschieren die Aufständischen auf,
20 Jahre nach ihrer Vertreibung durch die USA und ihre Verbündeten
kontrollieren sie inzwischen fast die Hälfte des Landes.
V.a. in den letzten Monaten hatten sie immer wieder mit Krieg gedroht,
sollten die internationalen Truppen nicht bis Ende April
Afghanistan verlassen.
Auf Twitter fordert Taliban-Sprecher Zabihulla heute mehrfach,
auch in Englisch, den sofortigen Abzug aller Ausländer
und kündigt an, die Taliban würden ab sofort
an keiner weiteren Friedenskonferenz mehr teilnehmen.
Doch gerade darauf müssten die USA drängen, meint Naheed Farid.
Der Abzug der US-Truppen
muss wohl durchdacht und vernünftig geplant sein.
Er darf nur erfolgen,
wenn es ein echtes Ergebnis in den Friedensverhandlungen gibt.
Die USA und ihre Verbündeten lassen nach 20 Jahren ein Land zurück,
das trotz internationaler Militärunterstützung
und Hilfsgeldern in Milliardenhöhe noch immer
zu den ärmsten und gefährlichsten Staaten der Welt zählt.
Und das ist das Dilemma:
Ohne die USA droht Afghanistan noch weiter zurückzufallen.
An der Börse gilt ein Augenmerk heute dem Bereich
der "Kryptowährungen", denn da wurde in den USA ein Börsendebüt erwartet.
Valerie Haller in Frankfurt,
was hat es mit dem Kryptogeld und dem Handel damit auf sich?
Für Kryptowährungen ist heute fast schon ein historischer Tag.
Ihre größte Handelsplattform in den USA, Coinbase,
ist an die Börse gegangen.
Bei Coinbase können Kunden, auch in Deutschland,
Digitalwährungen wie Bitcoin kaufen, verkaufen und verwalten lassen.
Damit verdienen sie ihr Geld.
Lange wurden Digitalwährungen
als abenteuerliche Randerscheinung der Finanzwelt abgetan.
Der Börsengang heute ist ein Meilenstein
auf dem Weg in den Wall-Street-Mainstream.
Seit Wochen fiebern die Finanzmärkte auf den Tag hin.
Der Zeitpunkt könnte kaum besser sein.
Seit Monaten jagt der Bitcoin von einem Rekord zum nächsten.
Ein Börsengang mit beeindruckenden Zahlen.
Anleger rissen sich um die Aktien.
Coinbase mit seinen 1.700 Mitarbeitern
war heute zeitweise mehr als 80 Mrd. Euro wert.
Ungefähr soviel wie Daimler.
Angeheizt wurde die Nachfrage nach Bitcoin zuletzt auch
durch den Einstieg klassischer Unternehmen in die Kryptowelt.
Firmen wie Tesla wollen Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren.
Auch Paypal-Kunden sollen bald damit bezahlen können.
Hohe Bewertung, hohes Risiko.
Wohl und Wehe von Coinbase hängt vom Erfolg der Digitalwährungen ab.
Kommt es zum Crash, bricht auch das Geschäft von Coinbase ein.
Außerdem droht eine strengere Regulierung.
Da könnten Bitcoin & Co. schwer an Attraktivität einbüßen. Und jetzt die Zahlen vom Lotto am Mittwoch.
Sie lauten wie immer ohne Gewähr:
Der Fußball nimmt gern für sich in Anspruch, Bindeglied zu sein.
Kitt der Gesellschaft, durch sportliche Leistungen
Gemeinschaftserlebnisse zu schaffen, Zusammengehörigkeit.
Dieser Integrationsanspruch spiegelt sich auch
in Anti-Rassismus-Kampagnen wider, z.B. der Fußball-Nationalmannschaft.
Was zählt ist die Team-Leistung, nicht die Hautfarbe des Spielers
oder der Spielerin.
Ein schon jetzt hoch gelobter Dokumentarfilm
nimmt das näher unter die Lupe
und schildert die Sicht von schwarzen Frauen und Männern,
die in den letzten Jahrzehnten
das Trikot der deutschen Mannschaft trugen.
Das mit dem schwarzen Adler auf der Brust.
Der Titel des sehenswerten Filmessays passend:
"Schwarze Adler", und er zeigt die Kehrseite des hohen Anspruchs.
Claudio Armbruster.
Rassismus und der Umgang mit Rassismus
im Profifußball, Bundesliga, Nationalmannschaft
von den 60ern bis heute.
Darum geht es in diesem Dokumentarfilm: "Schwarze Adler".
Er war einer der ersten:
Guy Acolatse, 1963 beim FC St. Pauli.
Die Menschen waren neugierig, mich zu sehen: einen Schwarzen.
Guck mal, 'nen Schwatten ham die auch, wir woll'n keine Schwatten.
Ich habe mir echt überlegt:
Wie mache ich das jetzt? Wie werde ich weiß?
Mama, wenn ich mich ganz doll wasche,
werde ich dann auch so weiß wie du?
Und es geht um den Fußball als Rettung vor dem Rassismus.
Ich habe hier Stärke gewonnen, Mut gewonnen,
ich habe Selbstvertrauen gewonnen.
Wieso spielt denn der schwarze Hartwig
in der Mannschaft da drinnen?
Da hat der Kurt Schreiner gesagt: Natürlich, weil er gut ist,
weil er besser ist wie Ihr Sohn, deswegen spielt er.
Boah, da bist du auf einmal... da merkst du: da steht ja einer zu dir.
Ich konnte rennen, bis die Sonne unterging,
als ich das erste Mal den Adler auf der Brust hatte.
Regisseur Torsten Körner ist in die Fußballarchive gestiegen
und hat Fragen gestellt:
den schwarzen Top-Spieler*innen und sich selbst.
Was verbindet die eigentlich?
Was für Hürden hatten die zu überwinden?
Wenn wir heute so relativ offen in der Gesellschaft
Rassismus diskutieren,
wie muss das in den 50er, 60er, 70er Jahren gewesen sein?
Und das war eigentlich der Ansporn für den Film.
Rassismus innerhalb der Mannschaften,
die Anfeindungen der Fans
und der Umgang der Medien mit dem Rassismus -
auch das sind Themen des Films.
Sie sehen ein bisschen dunkler aus als andere Leute,
das liegt sicher nicht an unserem schönen Wetter hier -
wo sind Sie geboren?
Also mich persönlich hat es sehr bewegt,
auch die kritische Auseinandersetzung mit meiner Rolle
als Fragender, als Journalist und Autor.
Von daher hat mich der Rückblick in die Geschichte,
auch in unsere medialen Archive,
auch in die Archive von ARD und ZDF, erschreckt.
Ich denke, wir haben Fortschritte gemacht,
aber es ist noch lange nicht alles gut.
Sind Sie stolz, Deutscher zu sein?
Ich bin stolz, für Deutschland zu spielen.
Beim Sommermärchen 2006 wurde Gerald Asamoah bejubelt.
Kurz darauf, bei einem Pokalspiel gegen Rostock II, diese Szenen:
Bei jedem Ballkontakt gab es ja diese Affen: "Ausländer raus".
Es war halt schlimm.
Du fühlst dich einfach allein und leer in einem Stadion,
wo du das Gefühl hast: Alle sind gegen dich.
Ich komme nach Hause
und sehe meine Tochter mit ihrer Freundin Marlene spielen.
Und ich setze mich aufs Sofa und gucke die beiden an.
Und dann stelle ich mir die Frage:
Warum klappt das zwischen den beiden so sehr?
Und bei uns älteren Personen, warum klappt das bei uns nicht?
Das ist die Frage,
eine von so vielen Fragen, die in diesem Film gestellt werden.
Was soll das heißen: stolz, ein Deutscher zu sein?
Wovor haben wir eigentlich Angst?
Und wann hört dieser Rassismus endlich auf?
"Schwarze Adler" – empfehlenswert.
Der Film ist ab morgen im Netz bei "Amazon Prime" zu finden,
die TV-Premiere wird im ZDF sein, schon jetzt zu notieren, am 18. Juni.
Jetzt geht's hier weiter mit dem "auslandsjournal" und Antje Pieper.
Und um 0.30 Uhr meldet sich dann Hanna Zimmermann
mit dem "heute journal up:date".
Auf unserem Planeten wird es immer wärmer, aber sehr ungleichmäßig.
In der Arktis hat sich die Temperatur am stärksten erhöht.
Diese zusätzliche Wärme auf unserem Planeten wirkt auf die Luftströmungen
und auch auf die Meeresströmungen.
Das verändert unser Wetter.
Ein Beispiel dafür, dass die Meeresströmungen sich verändern,
ist der weiße Bereich südlich von Grönland.
Die Atlantikzirkulation, zu der auch der Golfstrom gehört,
schwächt sich ab - dementsprechend kühlt es dort ab.
Das haben Klimamodelle schon vor vielen Jahren vorhergesagt.
Schauen wir von den Klimamodellen auf die Wettermodelle.
Da gibt es in der Nacht im Süden etwas Schnee, sonst klart es auf.
Ganz im Westen bildet sich Nebel.
Morgen im Tagesverlauf wird es bewölkt.
Dazu gibt es Schauer und teilweise Gewitter im Südwesten.
Im Norden zeigt sich die Sonne.
Am Freitag ziehen dichte Wolken von Osten mit Regen und etwas Schnee ein.
Am Samstag ändert sich wenig und am Sonntag wird es zaghaft wärmer.