heute journal vom 18.08.2021 - In Sicherheit - Ankunft aus Kabul in Deutschland; Fluthilfe - 30 Milliarden Euro für Wied
Diese Untertitel sind live produziert.
Das heute journal mit Marietta Slomka und Heinz Wolf.
Guten Abend.
Vorhin ist eine weitere Bundeswehrmaschine aus Kabul
in Taschkent gelandet mit rund 220 Menschen an Bord.
Der inzwischen fünfte Evakuierungsflug.
Nach Angaben der Bundeswehr sind damit seit gestern
mehr als 670 Menschen gerettet worden.
Überhaupt zum Flughafen und in den Flughafen hinein zu gelangen,
ist weiterhin extrem gefährlich.
Den Geretteten, die heute früh in Frankfurt ankamen,
waren die Strapazen anzusehen und die unendliche Erleichterung.
Dara Hassanzadeh.
Gott sei Dank, du bist es noch.
Endlich wieder da.
Die Gesichter Geretteter.
Die ganzen Schüsse sind noch im Ohr, die man vom Flughafen gehört hat.
Um das zu verarbeiten, braucht man wirklich ein paar Tage.
Wegen eines Trauerfalls war Familie Khuja in Afghanistan.
Sie saßen fest, bis eine Email sie an den Flughafen befehligte.
Wir haben schnell irgendwas mitgenommen,
haben am Flughafen auch Gepäck verloren, haben gesagt,
das ist egal, nur weg hier.
Ich dachte nur, wenn es den Kindern gut geht, ist es egal,
was da bleibt oder nicht.
Trotz deutscher Pässe zunächst kein Durchkommen zum Rollfeld in Kabul.
Die deutschen Pässe helfen dort nicht.
Das ist egal, ob man die hat oder nicht.
Vorne stehen die Amis und sagen, das ist uns egal.
Der eine Amerikaner hatte Mitleid
und aus Mitleid hat er uns reingelassen,
weil er gemerkt hat, beide Kinder waren verängstigt,
sie hatten Angst und haben geweint, weil es Warnschüsse gab.
Sie wussten nicht, was sie machen sollten, es war nicht schön.
Ich habe nicht geglaubt, dass wir rauskommen, dass ich im Flugzeug saß
Eine Hochzeit war Vanessa Faizis Reisegrund.
Tagelang hoffte sie auf Nachricht, ausgeflogen zu werden.
Eine Stunde habe ich gewartet auf eine Mail, damit wir rauskommen -
es kam nichts.
Wir hatten Panik.
Um 5 Uhr morgens sind wir aufgestanden und haben gedacht,
wir müssen irgendwo hin.
Wir haben Menschenmassen gesehen, die sich zertrampelt haben,
wir dachten, da kommen wir niemals durch.
Sie haben es geschafft - und mussten Familie zurücklassen.
Man kann nichts tun und man fühlt sich einfach egoistisch.
Das ist schlimm, das zu sagen, man möchte auch nicht egoistisch sein,
aber wir mussten es leider tun.
Innerlich weint man, trauert man.
Man weiß nicht, wie die Stunden oder Tage dort vergehen werden.
Das ist es halt.
Bundeswehrsanitäter verarzten eine junge Frau,
die am Ende ihrer Kräfte ist.
Wer es im völligen Chaos hierher in den militärischen Sperrbereich
des Flughafens geschafft hat, kann aufatmen.
Ein paar Meter weiter hinter Stacheldraht warten Tausende
auf das Ticket, das ihr Überleben sichert.
Vor ihnen US-Soldaten und afghanische Polizisten,
die sie mit Warnschüssen energisch zurückdrängen.
Hinter ihnen bewaffnete Islamisten,
die demnächst über Leben und Tod in Afghanistan entscheiden werden.
In sozialen Medien sieht man verzweifelte Frauen,
die um Einlass zum Flughafen flehen.
Eine niederländische Maschine musste ohne Passagiere abfliegen,
die Familien wurden am Tor abgewiesen.
Während sich am Himmel über Kabul das unrühmliche Ende
einer gescheiterten Mission zeigt, hat Mullah Barada,
politischer Führer der Taliban, die Zukunft im Blick.
Vor drei Jahren holte Ex-US-Präsident Trump
den Terroristen aus pakistanischer Haft
zu Friedensverhandlungen nach Doha.
Heute landete Barada in der alten afghanischen Königsstadt Kandahar.
Seine Kampfgenossen sprachen in Kabul mit Ex-Präsident Kazai
und Ex-Regierungschef Abdullah über eine Regierung.
Doch es gibt auch Widerstand: Fünf Demonstrantinnen zogen durch Kabul,
um für Frauenrecht einzutreten.
"Es gibt afghanische Frauen", steht auf ihren Plakaten.
Wir lassen uns nicht klein machen, sagen sie, nicht wegsperren,
auch nicht unterdrücken - so ihre mutigen Aussagen.
Sie forderten das Recht auf Bildung, auf Arbeit und Sicherheit für Frauen
Bewaffnete Taliban stoppten die Frauen,
waren aber offenbar unschlüssig,
wie sie mit dem unerwarteten Protest umgehen sollten.
Brutaler endeten Straßenproteste im ostafghanischen Dschalalabad,
wo Taliban-Gegner mit afghanischen Flaggen demonstrierten,
am Vorabend des nationalen Unabhängigkeitstags.
"Wir werden diese Flagge nie im Stich lassen."
Die Taliban haben die Flagge verboten
und durch ihre weiße Emiratsfahne ersetzt.
Sie feuerten Schüsse in die Menge, um die Proteste zu beenden.
Augenzeugen berichten von drei Toten und zahlreichen Verletzten.
Stefan Recker ist uns nun zugeschaltet,
Leiter des Afghanistan-Büros von Caritas international.
Guten Abend, Herr Recker.
Sie gehören auch zu den Neuankömmlingen,
die aus Afghanistan ausgeflogen wurden letzte Nacht.
Haben Sie das geschafft?
Wie war Ihre Ausreise?
Das war ein bisschen hektisch, ein kleines bisschen spannend
und auch sehr aufregend eigentlich.
Ich wurde um 11.30 Uhr Ortszeit angerufen
von einem anderen Deutschen, der sagte, alle Deutschen,
die raus wollen, müssen an ein bestimmtes Tor vom Flughafen.
Es war sehr hektisch, da hinzukommen.
Wir sind erst zum falschen Tor gefahren,
dann kamen wir nicht weiter, weil da geschossen wurde.
Das waren Warnschüsse der Soldaten, die das Tor bewacht hatten.
Dann kamen wir nicht weiter, weil da so viele Menschen und Autos waren.
Dann mussten wir 600 m laufen, was ich in Afghanistan normalerweise
aus Sicherheitsgründen überhaupt nicht mache.
Das war sehr hektisch.
Dann kam ich noch an einer Taliban-Patrouille vorbei,
die mich merkwürdig beäugt hatte.
Dann kam ich an dieses Tor, da waren wahnsinnig viele Menschen,
die wie eine Woge auf diese Soldaten zuströmten,
die das Tor beschützt hatten.
Da waren auch ein paar amerikanische Soldaten dabei.
Ich habe meinen Pass dann so geschwenkt
und ein amerikanischer Soldat hat mich dann
aus dieser Menge rausgezogen und hinter diese Wand
von afghanischen und amerikanischen Soldaten gezogen.
Dann habe ich erst einmal so eine halbe Stunde
vor diesem Tor verbracht und durchsucht.
Dann kamen noch andere Leute dazu,
meistens Deutsch-Afghanen oder Americano-Afghanen.
Dann wurden wir durchsucht und es wurden Taschen abgetastet.
Dann kam man irgendwann hinter dieses Tor,
dann ist da erstmal ein großer Stein vom Herzen gefallen.
Dann ging das immer so weiter,
es hat dann insgesamt vier Stunden gedauert,
bis wir im Flieger waren.
Und dann endlich im Flieger:
Sie haben 15 Jahre Ihres Lebens mit Unterbrechungen
in Afghanistan verbracht.
Da wird bei dieser wahnsinnigen Erleichterungen,
die dann in dem Moment bei Ihnen im Herzen war,
aber auch Schmerz dabei gewesen sein und Sorge um Ihre Mitarbeiter
und v.a. Mitarbeiterinnen, die Sie ja zurücklassen?
Haargenau.
Eigentlich wollte ich gar nicht weg.
Ich wurde gebeten von meiner Geschäftsstelle, wegzufahren,
aus Versicherungsgründen, Haftungsgründen und so weiter,
aber auch aus Sicherheitsgründen, weil ich als Ausländer
natürlich auch ein Sicherheitsrisiko darstelle
für das Büro von Caritas international in Afghanistan
und für meine nationalen Kolleg*innen.
Dann bin ich halt ausgereist mit dem Wissen,
dass wir diese Kollegen jetzt erstmal zurücklassen.
Jetzt werde ich im Büro in Freiburg von Caritas international arbeiten
und alles daran setzen, dass es den Kollegen gut geht,
dass sie sicher sind.
Wir müssen verschiedene Optionen durchgehen.
Da müssen wahrscheinlich auch Einzellösungen geschaffen werden
für bestimmte Kollegen,
andere Lösungen für andere Kolleginnen und Kollegen.
Wir werden zusehen, dass die alle sicher sind und bleiben.
Eine noch darüber hinausgehende Frage ist,
wie es überhaupt jetzt mit den Hilfsorganisationen
und mit Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan weitergehen wird.
Es ist ja auch noch gar nicht klar, ob weiterhin Geld fließen wird.
Im Moment ist das ja erstmal gestoppt.
Von Ihren Erfahrungen her, glauben Sie,
man kann die Taliban mit Geld beeinflussen?
Ich habe ja selber schon unter den Taliban gearbeitet,
in den 90er-, Anfang 2000er-Jahren.
Klar sind die Taliban auch an Hilfsprogrammen interessiert,
an Entwicklungsprogrammen, an Programmen der humanitären Hilfe.
Und da kann man sicherlich auch etwas drehen.
Ich will nicht sagen, dass man die unter Druck setzen kann und soll.
Das ist der falsche Ansatz.
Da muss man viel diskutieren, viel reden und dann geht auch was.
Ich halte es für den falschen An- satz, da Drohungen auszusprechen.
Ich denke, da kann man mit ein bisschen Subtilität
und Diplomatie sehr viel erreichen,
auch gerade, was den Bereich Frauenarbeit angeht.
Also Frauen, die mit uns im Büro arbeiten, in den Hilfsorganisationen
aber auch, was Frauen als Hilfsempfängerinnen betrifft.
Da kann man viel drehen, wenn man mit diesen Leuten vernünftig redet
und ein bisschen Geduld und Diplomatie hat.
Herr Recker, Sie haben eine lange und aufregende Reise hinter sich
und sind auch müde, wie ich weiß.
Ich danke Ihnen für das Gespräch.
Bei nächster Gelegenheit reden wir gerne noch mal ausführlicher,
auch wie das jetzt mit Entwicklungsarbeit
in Afghanistan weitergehen kann.
Und während die Evakuierungen noch im vollen Gange sind,
mit allen Unwägbarkeiten, müssen sich die zuständigen Minister
in Berlin unangenehmen Fragen stellen.
Denn auch die Parlamentarier, v.a. die der Opposition wollen wissen,
warum die Rettung so spät anlief.
Warum nicht schon vor Wochen,
die noch im Land befindlichen afghanischen Ortskräfte
rausgeholt wurden.
Warum gab es nicht viel früher beherzten Pragmatismus
statt bürokratische Hürden?
Gab es ein Abstimmungs-Hickhack zwischen Außenminister, Innenminister
und Verteidigungsministerin?
Und v.a.: wie konnte es zu dieser fatalen Fehleinschätzung
der Lage kommen, die nun als Erklärung für alles genannt wird?
Aus Berlin: Frank Buchwald.
Antreten, im Verteidigungsausschuss.
Es geht um die Katastrophe von Kabul.
Von der Ministerin ein kurzes State- ment, nur abgelesen, formelhaft.
Es ist ganz klar: Die Bundeswehr wird so lange wie möglich,
so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich dort rausholen.
Kritische Fragen dann hinter verschlossenen Türen.
Die Sitzung, geheim. Die Opposition, nicht überzeugt.
Wir werden das danach politisch aufarbeiten.
Ich schließe nicht aus,
dass dann auch für den einen oder anderen Minister oder Ministerin
das Ende eingeläutet wird.
Inzwischen hat die Bundeswehr eine Luftbrücke eingerichtet, immerhin.
Mit Transportmaschinen fliegt sie Menschen aus Kabul heraus,
die in Afghanistan um ihr Leben fürchten müssen.
Es ist allerdings bisher nicht so, dass auf den Kontrollpunkten,
die es rund um den Flughafen gibt, eine Anweisung vorliegt,
dass Ortskräfte von uns oder anderen Staaten
an den Flughafen durchgelassen werden.
Viele befürchten deshalb, dass die Taliban
verzweifelte Menschen nun als Faustpfand missbrauchen.
Es ist zz. nichts mehr ausgeschlossen,
weil die Untätigkeit der letzten Wochen und Monate
die Bundesrepublik in eine Situation gebracht hat,
in der wir massiv erpressbar sind
und auch erpresst werden von den Taliban.
Das ist einfach nur furchtbar.
Es geht dabei nicht nur um Geld, auch der politische Preis,
den die Taliban für die Rettung der Menschen verlangen,
bisher kaum absehbar.
Kanzlerin Merkel ging zuletzt davon aus, dass Deutschland versuchen wird,
rund 10.000 Personen aus Kabul rauszuholen.
Wobei sie bei dieser Zahl nicht nur von Ortskräften sprach,
sondern auch von Menschenrechtsaktivisten
und besonders gefährdeten Frauen, die zu deutschen Stellen Kontakt haben.
Selbst wenn man es tatsächlich schaffen sollte,
sie alle noch auszufliegen
und es am Ende nicht zehn-, sondern zwanzigtausend Menschen wären,
das wäre innenpolitisch wohl kein Problem.
Noch nicht mal die AfD ist gegen die aktuelle Evakuierungsaktion.
Wovor die Bundesregierung wie auch die anderen EU-Länder Angst haben,
ist, dass das afghanische Desaster
demnächst zu massiven Flüchtlingsbewegungen führt,
wie seinerzeit in Folge des Syrien-Kriegs.
Aus Brüssel: Anne Gellinek.
Sie sind aus der afghanischen Armee weggelaufen,
als die Taliban vorrückten und nun zu Fuß unterwegs,
seit zweieinhalb Monaten.
Von Afghanistan durch Iran
haben sie es ins türkische Grenzgebiet geschafft.
Die türkische Polizei jagt uns.
Wenn sie uns kriegen, schlagen sie uns,
nehmen uns unser Geld und unsere Handys ab.
Ein kleines Grüppchen afghanischer Flüchtlinge auf dem Weg nach Westen,
Vorboten einer vielleicht neuen Flüchtlingsbewegung aus Afghanistan.
Es sind Bilder, die die EU-Innenminister fürchten,
weil sie Europa erneut spalten.
In ihrer Videokonferenz fordert Luxemburg
Quoten für Flüchtlinge aus Afghanistan.
Österreich dagegen will keinen einzigen Afghanen mehr aufnehmen.
Die EU-Innenkommissarin formuliert Europas Minimalkonsens:
Wir müssen vermeiden, dass Menschen sich auf gefährliche Reisen begeben
und als illegale Migranten an unseren Grenzen auftauchen.
Wir sollten nicht warten, bis sie an unseren Grenzen stehen,
wir müssen ihnen vorher helfen.
Die Nachbarländer von Afghanistan sollen Flüchtlinge aufnehmen,
so der Plan der EU,
damit diese sich nicht auf den Weg nach Europa machen.
Die EU wird dafür zahlen.
Klingt gut, aber ist das realistisch?
Pakistan hat bereits 1,4 Mio. Afghanen aufgenommen
und jede Woche kommen 30.000 neue hinzu.
Iran beherbergt auch schon jetzt 2 Mio. Afghanen.
In der Türkei haben 3,5 Mio. Syrer
plus 500.000 Afghanen Zuflucht gefunden.
Die türkische Regierung hat bereits abgelehnt,
weitere Flüchtlinge aufzunehmen und baut an einer Mauer zum Iran.
Trotzdem träumen einige Europäer weiter von fernen Lagern,
in die sie unerwünschte Flüchtlinge sogar abschieben könnten.
Österreich schiebt weiter Afghanen
nach europarechtlichen Möglichkeiten ab.
Dort muss klar sein, dass es Alternativen gibt,
dass wir Abschiebezentren schaffen in den Nachbarländern Afghanistans.
Noch haben wenige afghanische Flüchtlinge
Europas Außengrenzen erreicht.
Die EU scheint wild entschlossen,
dass das auch bei einer neuen Flüchtlingswelle so bleibt.
In Haiti ist die Zahl der Todesopfer vier Tage nach dem Erdbeben
weiter gestiegen, auf fast 2.000.
Etwa 10.000 Menschen seien verletzt, teilten die lokalen Behörden mit.
Viele Überlebende warten immer noch
auf dringend notwendige Unterstützung.
In den vergangenen Tagen erschwerte der Tropensturm "Grace"
mit heftigem Regen und Überschwemmungen
die Such- und Rettungsarbeiten.
Nach UNICEF-Angaben sind 1,2 Mio. Menschen,
darunter fast die Hälfte Kinder, von der Katastrophe betroffen.
Wenn Sie den Menschen helfen wollen,
Sie können beim Aktionsbündnis Katastrophenhilfe spenden:
In Potsdam ist das neue Europäische Zentrum für Jüdische Theologie
an der Universität eröffnet worden.
Es ist in der Stadt das erste jüdische Gotteshaus
nach dem Holocaust.
Beim Festakt würdigte Bundespräsident Steinmeier
das Religionszentrum als Ausbildungsstätte für Rabbiner*innen
als "Geschenk für unser ganzes Land"
Zugleich zeigte er sich über den anhaltenden Antisemitismus besorgt.
Dies sei unerträglich, so Steinmeier.
Der Zinssatz bei Steuer- nachforderungen und -erstattungen
muss neu geregelt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat den bisherigen Satz
von 6 % jährlich gekippt.
Er sei angesichts des Niedrigzins- niveaus nicht mehr zu rechtfertigen.
Der neue Zinssatz muss nun vom Gesetzgeber festgelegt werden
und kommt dann auch schon rückwirkend ab 2019 zur Anwendung.
Zur Corona-Lage in Deutschland: Das Robert Koch-Institut meldet
8.324 Neuinfektionen binnen 24 Stunden.
Das sind 3.328 mehr als vor einer Woche.
22 Todesfälle kamen hinzu.
Die 7-Tage-Inzidenz liegt jetzt bei 40,8.
Die Zahlen werden bald wohl noch viel mehr steigen,
mit allen Risiken, die das in erster Linie für Ungeimpfte beinhaltet.
Zumal man inzwischen weiß,
dass dieses Virus heftige Spätfolgen entwickeln kann,
auch bei Jüngeren und auch bei Infizierten,
die einen eher milden Verlauf hatten.
Long Covid ist ein noch ziemlich unberechenbares
und unerforschtes Phänomen, das die Ärztinnen und Ärzte,
die damit konfrontiert werden, vor entsprechende Probleme stellt.
Die Deutsche Gesellschaft für Lungen- krankheiten und Beatmungsmedizin
hat heute erstmals medizinische Leitlinien vorgestellt
für den Umgang mit Long Covid und Post Covid.
Denn genauso schwierig ist die Therapie von Covid-Patienten,
die lange auf der Intensivstation lagen und danach in Reha müssen.
Auch da gibt es noch viel unbekanntes medizinisches Terrain,
berichtet Britta Spiekermann.
Station für Physikalische Medizin und Rehabilitation
in der Berliner Charite.
Erste Auffangstation
für Menschen nach langer intensivmedizinischer Behandlung.
Früher waren hier v.a. Patienten nach Unfällen oder Operationen,
jetzt ausschließlich auf der Station:
Nachsorge bei schwersten Covid-19-Verläufen,
nach künstlicher Beatmung.
Morgendliche Visite,
Frau Doktor Reißhauer mit ihrem Team.
Sie ist die zuständige Oberärztin, eine der Expertinnen in Deutschland
für die Behandlung von Covid-19-Spätfolgen.
Patienten, die ganz von vorne anfangen müssen,
ein mühsamer Weg zurück ins Leben.
Hallo.
Sie haben schlecht geschlafen, oder?
Wir hören Sie gleich noch mal ab.
Wie ist es mit der Luftnot?
Schaffen Sie es, sich an die Bettkante zu setzen,
ohne dass Sie Luftnot haben?
Das habe ich gestern schon über drei Stunden probiert ohne Sauerstoff.
Und das hat gut funktioniert?
Ja.
Man beobachtet bei den Patienten nach diesen langen Beatmungszeiten
schwerste Funktionsdefizite.
Die Patienten sehen sich selbst als vergreist an,
denen ist es nicht möglich, sich alleine im Bett aufzurichten,
sich aufzusetzen.
Es ist eine erhebliche Kraftlosigkeit eingetreten
durch Muskelabbau im Wesentlichen.
Gab es vor der Pandemie schon einen Mangel an Plätzen in der Reha,
ist es jetzt eine akute Not.
Besonders bei Post-Covid-Patienten ist das Krankheitsbild komplex,
zudem oft noch Neuland.
Ende 2020 fühlt sich Norbert Grobecker krank,
aus einem simplen Husten wird plötzlich Luftnot.
Intensivstation, ein Monat künstliches Koma.
Grobecker überlebt nur knapp.
Ein Therapeut dehnt seine Lunge von außen, körperlich und seelisch
muss der 60-Jährige wieder Vertrauen gewinnen.
Seinen damaligen Zustand kann er heute immer noch nicht fassen.
Ich konnte nicht mehr kommunizieren,
konnte mit meiner Familie keinen Kontakt aufnehmen,
das erfolgte alles nur über die Pfleger und die Ärzte.
Das war ein Top-Team, ich bin denen sehr dankbar.
Auch die Ärzte haben mich zum Durchhalten animiert.
Man ist gefangen in seinem eigenen Körper.
Auch weniger schwere Verläufe können zu erheblichen Spätfolgen führen.
Eine Herausforderung für Rehakliniken, Ambulanzen,
für das gesamte Gesundheitssystem.
Meines Erachtens wäre es sinnvoll,
einen gemeinsamen Anfangspunkt zu schaffen,
im Sinne von Post-Covid-Ambulanzen oder auch teilstationären Strukturen
von denen dann Patienten gezielt in die Bereiche überwiesen werden,
in denen sie dann endgültig behandelt werden können.
Die Symptomatik ist vielfältig:
Lungenfunktionsstörungen, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme.
Die WHO geht davon aus, dass in Deutschland rund 350.000 Menschen
an den Spätfolgen von Covid-19 leiden könnten.
Ein noch unterschätztes Problem
mit Potential zur nächsten großen Volkskrankheit.
Das Trauma, das die Flutopfer erlitten haben,
die Bilder, die sie nicht mehr aus dem Kopf bekommen,
das lässt sich mit Geld nicht heilen.
Aber zumindest wird es den Wiederaufbau erleichtern.
Die Bundesregierung hat heute einen Fluthilfefonds beschlossen,
für die Hochwassergebiete in Nordrhein-Westfalen
und Rheinland-Pfalz, insgesamt 30 Milliarden.
Damit sollen vor allem Schäden bezahlt werden,
die nicht von privaten Versicherungen abgedeckt sind.
Zu den vielen Gebäuden, die komplett zerstört sind
oder auf lange Zeit nicht nutzbar, gehören auch Schulen.
In Nordrhein-Westfalen war heute erster Schultag nach den Ferien.
Mehr als 170 Schulen sind dort vom Hochwasser betroffen.
Auch deshalb war das heute für viele Schüler*innen und ihre Lehrerschaft
ein schwieriger Start.
Endlich geht's wieder los, endlich wieder Mathe, Bio, Englisch.
Draußen, direkt vor dem Städtischen Gymnasium in Schleiden,
noch immer Autowracks und Schuttberge.
Doch drinnen soll Normalität herrschen, so viel wie möglich,
haben sie ganz bewusst entschieden.
Die Gefahr besteht immer, dass wenn man das als Tagesordnungspunkt
am ersten Schultag einbaut, wir besprechen die Katastrophe,
dass man dann auch Schüler in unangenehme Situationen bringt,
die möglicherweise nicht vor der Klasse
über ihre Belastung sprechen wollen,
die sicherlich im informellen Rahmen
mit den Lehrern sprechen, mit Mitschülern,
mit denen sie gut befreundet sind.
Natürlich tauschen sich die Schüler darüber aus.
Bei ihnen ist nur die Sporthalle zerstört, und die Heizungsanlage.
Manche ihrer Schülerinnen und Schüler aber haben alles verloren,
womöglich sogar Angehörige.
30 Menschen sind im Landkreis gestorben.
Schule kommt nun eine ganz neue Funktion zu, einfach nur da sein.
Ich finde, dieses Gefühl von Gemeinsamkeit,
das hilft einfach sehr viel.
Und ich glaube auch, dass das den betroffenen Schülern hilft,
dass nicht alles jetzt immer präsent ist.
Zu Hause ist das Thema genug präsent.
Und ich glaube, es hilft einfach, wenn man jetzt in der Schule ist,
dass man abschalten kann und weiß,
ich bin nicht alleine, aber ich hab was anderes.
Ein paar hundert Meter weiter, in der Förderschule
und in der katholischen Grundschule, ist man noch nicht so weit.
Hier kann der Schulbetrieb erst nächste Woche starten,
zu groß sind noch die Schäden.
Einen milliardenschweren Hilfsfonds
hat die Bundesregierung heute beschlossen,
30 Mrd. Euro für den Wiederaufbau von Wohnhäusern,
Unternehmen, von Straßen, Brücken und Schienen
und von öffentlichen Gebäuden, wie eben Schulen.
In Schleiden rechnen sie damit, dass der Schaden für die Stadt
unterm Strich bei 300 Mio. Euro liegen wird.
Die Zeit drängt, nun muss es schnell und einfach gehen.
Große Antragsverfahren für Fördermittel,
die wir ja in der Vergangenheit kennen,
so eine Art Wettbewerbsverfahren
unter den Kommunen, das können wir hier nicht brauchen.
Wir brauchen möglichst antragslos Fördermittel,
die uns zur Verfügung gestellt werden, wo wir auch Spielraum haben,
Entscheidungsspielraum, wo setzen wir's zuerst ein,
ob in der Schule, in der Kita, da wo's am dringendsten benötigt wird,
da möchten wir's auch einsetzen.
Und das möchten wir nicht vorgegeben bekommen.
Am Städtischen Gymnasium sind sie froh,
dass sie heute ins neue Schuljahr starten konnten.
Sensibel und so normal wie möglich.
Und nochmal Heinz, zunächst mit Wirtschaft.
Heute war ein weiteres Mal Autogipfel mit Bundeskanzlerin Merkel.
Bei der Videokonferenz ging es auch ums Geld,
um einen milliardenschweren Zukunftsfonds.
Stephanie Barrett,
für welche Zukunftspläne ist dieser Fonds gedacht?
Heute lieferte der Autogipfel ein Zukunftsupgrade
für die deutsche Zulieferbranche, zugeschnitten auf die Regionen,
in denen die Branche die Antriebswende bewerkstelligen muss.
Dazu machte der Bund eine Finanzspritze
von einer Milliarde Euro für die nächsten vier Jahre startklar,
um regionale Strategien und Netzwerke für den Wissensaustausch zu fördern,
sowie die Digitalisierung voranzutreiben.
Hilfe beim Wandel zur E-Mobilität brauchen v.a.
die kleinen familiengeführten Zulieferbetriebe im ländlichen Raum.
Rund 70 Automobilcluster gibt es in Deutschland und 20 bis 30 davon
sind derzeit im Zuge der Transformation akut gefährdet,
wie etwa im Saarland oder in Südwestfalen.
Hier muss umgeschult, Produktion umgestellt werden.
Das kostet Geld, das sich die großen börsennotierten Firmen
wie Schäffler, Conti oder die jüngst verkaufte Perle Hella
günstig am Kapitalmarkt besorgen können, die kleinen aber eben nicht.
Deren Eigenkapitaldecke ist dünn
und im Corona-Jahr vielfach dahingeschmolzen.
Sie haben Schwierigkeiten, das Kapital aufzubringen,
das man für die hohen Investitionen braucht.
Hier an der Börse sahen Anleger heute v.a. die riesigen Herausforderungen,
vor denen die Branche noch steht.
Autotitel zählten gegen den Trend zu den Verlierern im DAX.
Eine Milliarde Euro, das klingt nach viel Geld.
Gemessen am 100-Milliarden Umsatz der deutschen Zulieferindustrie,
ist es dann doch eher ein Bruchteil.
Ob das Geld ausreicht, um die Zukunft zu finanzieren, fraglich.
Stephanie Barrett, vielen Dank.
Im Süden Frankreichs sind beim bisher schwersten Waldbrand
in diesem Jahr zwei Menschen gestorben
und mehr als 20 Personen leicht verletzt worden.
Das meldet der südfranzösische Verwaltungsbezirk Var.
Rund 1.200 Einsatzkräfte waren
im Hinterland von Saint-Tropez im Einsatz.
7.000 Hektar Land sind bereits verbrannt.
Rund 10.000 Menschen, Einwohner und Touristen,
mussten auf Notunterkünfte ausweichen.
Und jetzt die Zahlen vom Lotto am Mittwoch.
Das war's von uns.
Gleich folgt ein auslandsjournal spezial zur Lage in Afghanistan,
u.a. mit einem Bericht über mutige Frauen,
die jetzt um ihr Leben fürchten müssen.
Um 0.45 Uhr gibt es dann unser heute journal up:date mit Anna-Maria Schuck.
Und hier übernehmen morgen Bettina Schausten und Gundula Gause.
Auf Wiedersehen.
Sturmtief "Lugano" ist weiter nach Nordosten gezogen
und hat die schwüle Hitze verdrängt.
40 Grad gab es heute eigentlich nur noch hier, Richtung Ural.
Auf der gab es Iberischen Halbinsel 38 Grad.
Morgen ändert sich an diesen Temperaturen wenig.
Heute Nacht wird es erstmal kühl.
Es gibt viele Wolken
und ab und zu auch ein bisschen Regen im Norden und im Westen.
Und auch morgen ist für viele eher noch ein trüber Tag,
mit hier und da etwas Regen.
Freundlicher sieht's aus an der Nordsee
und am Nachmittag auch in Süddeutschland.
Am Freitag gibt's dann noch kräf- tigeren Regen im äußersten Norden.
Das lässt aber immer mehr nach.
Der Samstag wird ein schöner Augusttag,
aber am Sonntag kommen dann von Westen neue Gewitter heran.