heute journal vom 20.08.2021 - Afghanistan; Debatte über Corona-Richtwerte; Merkel in Moskau
Diese Untertitel sind live produziert.
Und jetzt das "heute journal" mit Gundula Gause und Bettina Schausten.
Guten Abend.
Die Verzweiflung wächst am Flughafen von Kabul.
Auch heute versuchten tausende Menschen,
die rettenden Flugzeuge zu erreichen.
Das Chaos hält an, die interna- tionalen Truppen schaffen es nicht,
Ordnung in die Situation vor dem Flughafengelände zu bringen.
Der Innenbereich des Flughafens
wird durch die US-Streitkräfte kontrolliert.
V.a. die Eingangstore zum militärischen Teil im Norden,
sind kaum erreichbar und schwer passierbar,
so etwas wie ein Prüf- oder Abfertigungssystem gibt es nicht.
Die Taliban blockieren die Zugänge,
teils mit Stockschlägen und Warnschüssen.
Zudem sind die Hauptzufahrtsstraßen zum Flughafen verstopft
wegen des Andrangs der vielen Fluchtwilligen.
Luc Walpot fasst den Tag in Kabul zusammen.
Kein Durchkommen, schon auf dem Weg zum Flughafen.
Menschen aus Kabul, aber auch viele Familien aus der Provinz,
die vor den Taliban geflohen waren,
sie alle hoffen darauf, in den rettenden Flieger zu kommen.
Die wenigstens haben Pässe oder wissen etwas von Evakuierungslisten.
Ich sage den Leuten, sie sollen zuhause bleiben.
Hierherkommen ist zwecklos, eine verrückte Situation.
Am Nordtor, dem Eingang zum militärischen Teil des Airports,
sind es Tausende.
Chaos und Verzweiflung.
Überforderte afghanische und amerikanische Soldaten
versuchen immer wieder, mit Gewehr- salven die Menge zurückzudrängen.
Auch Frauen und Kinder.
Ein deutscher Zivilist wurde auf dem Weg zum Flughafen angeschossen.
Er soll demnächst ausgeflogen werden.
Bislang konnten schon 18.000 Menschen aus Kabul evakuiert werden.
1.640 an Bord von Bundeswehrmaschinen.
Aber hunderte Deutsche warten noch auf eine Ausreise.
Zwei Transporthubschrauber sollen ab morgen verstärken.
Es ist nur eine Unterstützung im Stadtgebiet Kabul.
Und zwar für den Fall, dass wir dort eine solche Situation haben,
dass wir einzelne zu Evakuierende abholen müssen.
Abseits des Flughafens
scheint sich wieder ein Alltag in Kabul einzustellen.
Auch wenn die Taliban überall im Straßenbild sichtbar sind.
Die wenigen Afghanen, die sich vor der Kamera äußern,
bleiben vorsichtig.
Bislang ist es ruhig hier, sie belästigen niemanden.
Ich hoffe mal, das bleibt auch so.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen
warnt vor einer Versorgungskrise.
Ein Drittel der 39 Mio. Afghanen sei von Hunger bedroht,
2 Mio. Kinder unterernährt.
Unterdessen kursieren in den Sozialen Medien
erste Propagandavideos der Taliban aus der afghanischen Provinz.
Nach einem internen UN-Bericht
suchen die Radikalislamisten inzwischen,
ungeachtet der angekündigten Amnestie,
systematisch nach Gegnern im Land.
Einige ehemalige Regierungsbeamte
sollen bereits in Gefangenschaft sein.
Der amerikanische Präsident Joe Biden wandte sich am Abend
an die Öffentlichkeit mit einem Versprechen:
Um es klar zu sagen: Wir bringen euch heim.
Elmar Theveßen hat die Rede in Washington verfolgt:
Voraussetzung dafür wäre, dass das Chaos am Flughafen endet.
Wie soll das geschehen? Was will der Präsident ändern?
Das Wichtigste ist, dass man den Stau am Flughafen abbaut.
Da ist 7 Stunden lang kein Flieger abgeflogen.
Weil in Doha zu viele Menschen sind.
Die Kapazitäten dort sind erschöpft.
Die Amerikaner haben beschlossen, dass sie die Ausgeflogenen auf
andere Militärbasen bringen. Zum Beispiel auch nach Ramstein in
Deutschland.
Der Präsident hat es signalisiert, seine Zusage gilt nicht nur für
Amerikaner, sondern auch für alle Afghanen, die den Amerikanern
geholfen haben. Wenn sie sich melden, würde man alles dafür tun,
damit sie aus Afghanistan herauskommen. Er plant aber keine
Mission, um die Menschen aus der Stadt herauszuholen. Auch der
Umkreis um den Flughafen soll nicht vergrößert werden.
Man hat Angst vor Terroranschlägen und davor, dass der Deal mit den
Taliban platzt.
Die Kritik am zu schnellen Abzug der Amerikaner ist groß.
Aber Fehler räumte er nicht ein oder gar eine Strategieänderung?
Fehler hat er nicht eingeräumt. Er sagte, egal, wann man beschlossen
hätte abzuziehen, es wäre immer zu dieser Situation gekommen.
Er hat aber auch gesagt, welche Interessen die USA an Afghanistan
haben, nachdem Al Kaida besiegt ist.
Afghanistan gilt den Amerikanern nicht anders als der Jemen.
Also kein Partner, den man um jeden Preis unterstützen will.
Insgesamt haben die Amerikaner, so sagte es der US-Präsident,
seit dem 14. August 13.000 Menschen aus Kabul ausgeflogen.
Über die Luftbrücke der Bundeswehr
waren es bis heute Abend mehr als 1.700.
Die Verteilung der Geretteten auf die Bundesländer
ist inzwischen angelaufen.
In Niedersachsen etwa kamen heute 158 Ortskräfte
und ihre Familien an.
Sie, wie auch viele Deutsche mit afghanischen Wurzeln,
die schon länger hier leben, sind jetzt in Sorge um die,
die es noch nicht aus Afghanistan herausgeschafft haben.
Dominik Müller-Russel berichtet.
Jeden Tag fahren sie zum North Gate,
jeden Tag versuchen sie es – ohne Erfolg.
Diese Videos schickt Tasala vom Flughafen Kabul täglich
ihrer besten Freundin Zumina Ashgar in Essen,
wo auch Tasala mit ihrer Familie eigentlich lebt.
Doch sie kommen nicht durch.
Hello Sir, I am from Germany.
Doch es bewegt sich nichts, trotz deutscher Pässe,
berichtet Tasala ihrer besten Freundin per Sprachnachricht
in die ferne, unerreichbare Heimat Essen.
"Die sind nur auf uns am Schießen, wir kommen nicht rein,
unsere Pässe haben hier keinen Wert.
Jetzt warten wir auf unsere Eltern,
weil wir haben uns alle verloren gehabt.
Jetzt haben wir uns an der Tankstelle versammelt.
Und wie's aussieht, kommen wir hier wahrscheinlich nicht raus,
hier fallen die ganze Zeit Schüsse."
Ich sag ihr immer, dass sie nicht alleine ist,
dass sie nicht die Hoffnung aufgeben soll, dass sie stark bleiben soll.
Ich werde alles dafür tun, um sie da rauszuholen.
Weil das ist einfach kein Zustand in Afghanistan, da wird geschossen.
Von Köln aus versucht Schappur seine Eltern,
die ebenfalls deutsche Staatsbürger sind,
irgendwie nach Hause zu lotsen.
Die waren bislang einmal am North Gate,
von dort hat Schappurs Vater seinem Sohn dieses Video geschickt.
Und genau da hin, schreibt ihm das Auswärtige Amt heute,
sollen seine Eltern wieder kommen.
Dahin, wo Chaos herrscht und nichts voran geht.
Es ist wie im Krieg dort, in diesem Flughafenbereich.
Und das geht einfach nicht, dass man ein Foto rüberschickt und sagt,
ja kommt hier zum Gate.
Das funktioniert nicht.
Seine Eltern trauen sich nicht mehr zum Flughafen,
auch er hat ihnen davon abgeraten.
Unterdessen sind heute die ersten Militärmaschinen
mit afghanischen Ortskräften in Deutschland gelandet,
unter anderem hier in Hannover.
Kaum jemand hat Gepäck.
Das veranschaulicht schon sehr eindrucksvoll,
aus welchen Verhältnissen, aus was für einer Situation
sehr ad hoc, sehr plötzlich,
diese Menschen dann in diese Maschine gekommen sind.
Nur das Nötigste, wenn überhaupt, am Leib.
Von daher ist das, man kann es kaum beschreiben.
Ihren örtlichen Bundestags- abgeordneten zu Hause in Essen
haben Tasala und ihre Familie von Kabul aus kontaktiert,
vielleicht hat der ja einen kurzen Draht.
Doch bis zum North Gate, wo Tasala und ihre Familie ausharren,
reicht der leider nicht.
Ich habe z.B. bei der Krisenhotline
des Auswärtigen Amtes dazu angerufen,
habe die Nachricht bekommen,
die seien ohnehin schon privilegiert und man könne ihnen nicht helfen,
dann ist das einfach zu wenig, was das Auswärtige Amt da macht.
Ich hab den Fall jetzt auch
dem Verteidigungsministerium zur Kenntnis gegeben,
die haben zumindest gesagt, dass sie alles versuchen
und das ist auch das, was ich da erwarte.
Tasala und ihre Familie sind im Moment bei Verwandten untergekommen.
Zum Flughafen trauen auch sie sich erstmal nicht mehr.
Die Bundesregierung bekräftigt,
möglichst viele Ortskräfte aufnehmen zu wollen,
Innenminister Seehofer sprach gestern sogar von "allen",
die nach Deutschland kommen könnten.
Theo Koll, aber das scheint angesichts der Situation in Kabul
ein sehr weitgehendes Versprechen zu sein.
Sieht man in Berlin inzwischen klarer, warum die Ortskräfte
nicht schon im Juni/Juli in Sicherheit gebracht wurden?
Ich glaube, wir haben es mit einem multiplen Organversagen zu tun.
Die verschiedenen beteiligten Ministerien haben monatelang
um den richtigen Umgang mit den afghanischen Ortskräften gestritten.
Im Innenministerium hat man auf einer langen Sicherheitsprüfung
bestanden. Das streitet man ab.
Im Protokoll des Krisenstabs heißt es, vom Innenministerium, wenn
Visa erst bei Ankunft nötig sind, machen wir das.
Aber dort steht auch, solange es möglich ist, sollten die regulären
Verfahren umgesetzt werden. Das war vor einer Woche.
Auch das Außenministerium wollte lange die Evakuierung vermeiden.
Heiko Maas hat im Juni gesagt, es gebe ein schwieriges Bild, wenn
Afghanen flugzeugweise das Land verließen.
Der Außenminister Heiko Maas hat Vorwürfe gegen den BND erhoben,
falsch informiert zu haben, dessen früherer Chef Hanning wiederum
gibt die Vorwürfe zurück.
Ein erster CDU-Abgeordneter fordert jetzt Maas' Rücktritt.
Auch Seehofer steht in der Kritik.
Aber wird da in Sachen Verantwortungsübernahme
jetzt noch etwas geschehen in Berlin so kurz vor der Wahl?
Ich halte das für unwahrscheinlich. Es sei denn, einer der beteiligten
Minister würde zu einer wahl- entscheidenden Belastung für seine
jeweilige Partei werden. In fünf Wochen wird gewählt.
Oberflächlich ist die Restlaufzeit der Entscheidungsträger
überschaubar.
Ein Zurücktreten der Minister würde seine Partei mit der Gesamtschuld
dieses Debakels belasten. Momentan wird die Schuld hin und her
geschoben.
Kunden der Deutschen Bahn müssen sich
auf einen neuen Streik einstellen.
Die Gewerkschaft der Lokführer GDL hat ihre Mitglieder
zum zweiten Mal aufgerufen, die Arbeit niederzulegen.
Im Güterverkehr soll der Streik schon morgen Nachmittag
um 17 Uhr beginnen.
Im Personenverkehr sollen die Züge ab Montag 2 Uhr morgens
bis Mittwoch, 2 Uhr, deutschlandweit stillstehen.
Wie schon bei dem Streik in der vergangenen Woche will die Bahn
den Betrieb aufrecht erhalten mit etwa einem Viertel aller Fernzüge
und etwa 40 % im Regionalverkehr.
Der Tarifkonflikt zwischen GDL und Deutscher Bahn
kostet Millionen Pendler und Reisende Kraft, Zeit und Nerven.
Und das, obwohl die Forderung der Gewerkschaft
und das Angebot des Konzerns gar nicht weit auseinander liegen.
Stephanie Barrett,
wie berechtigt sind denn die Streikmaßnahmen der Gewerkschaft?
Die GDL hat einfach volle Rückendeckung ihrer Mitglieder
und will sich mit einem besseren Tarifabschluss vor allem
gegenüber der größeren Konkurrenz- gewerkschaft EVG profilieren.
Dabei liegen Deutsche Bahn und GDL gar nicht weit auseinander:
3,2 % mehr Gehalt, davon 1,4 in diesem Jahr,
und 600 Euro Corona-Prämie fordert die GDL.
Die Bahn will 3,2 % bezahlen, aber erst nach einer Nullrunde
in diesem Jahr - und sie lehnt die Corona-Prämie ab.
Für uns Bahnkunden kommt dieser Streik zur Unzeit.
Überfüllte Züge und Busse passen gar nicht in eine vierte Corona-Welle,
doch genau das spielt der GDL in die Karten:
Der Bund als Eigentümer der Bahn
wird den Druck auf den Bahnvorstand erhöhen, den Tarifkonflikt
rasch zu lösen, koste es, was es wolle.
Teuer wird dieser Streik so oder so, für die Bahn,
die Kunden und für uns Steuerzahler.
Wenn ab morgen auch noch vier Tage lang der Güterverkehr der Bahn ruht,
stört das Lieferketten.
Wichtige Vorprodukte werden Werkstore nicht rechtzeitig erreichen.
Bei solchen Aussichten mehren sich auch bei Anlegern die Bedenken.
Hier in Frankfurt
musste man eine ohnehin schwache Börsenwoche verkraften.
Mit einem leichten Plus
geht der DAX heute immerhin versöhnlich ins Wochenende.
Fünf Wochen nach der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands
sind die betroffenen Regionen noch weit von Normalität entfernt.
In Nordrhein-Westfalen erhöhte sich die Zahl der Todesopfer auf 48.
Ein Mann erlag seinen bei der Flut erlittenen Verletzungen.
Behörden, Anwohner und Hilfsorganisa- tionen beseitigen weiterhin
Schlamm und Unrat aus zerstörten Orten.
Dabei stellt z.B. das Rote Kreuz an 30 Ausgabestellen an der Ahr
tausende warme Mahlzeiten zur Verfügung, finanziert aus Spenden.
Allein durch den Spendenaufruf im ZDF
für das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe
kamen bislang mehr als 84 Mio. Euro zusammen.
Damit die Hilfe weiter unterstützt werden kann,
bittet das Bündnis weiter um Spenden.
Die IBAN lautet: DE 65 100 400 600 100 400 600.
Stichwort: ZDF Hochwasser.
Informationen unter spenden.zdf.de und im ZDFtext auf Seite 890.
Sechs Tage nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti
ist ein Notfallteam aus Deutschland in dem Karibikstaat eingetroffen.
33 Ärzte, Pflegekräfte und Sanitäter
wollen bei der medizinischen Versorgung helfen.
Im Gepäck: Medikamente, Zelte und eine Wasseraufbereitungsanlage.
Die Zahl der Todesopfer ist auf 2.200 gestiegen.
Mehr als 12.000 Menschen wurden bei dem Erdbeben verletzt.
Hunderttausende Haitianer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen,
in einem Land, das ohnehin bitterarm ist.
Im westafrikanischen Burkina Faso
sind bei einem islamistischen Terroranschlag
und anschließenden Kämpfen mehr als 120 Menschen getötet worden.
Der Regierung zufolge sind unter den Opfern 65 Zivilisten
und fast 60 Dschihadisten.
In den Sahel-Ländern Burkina Faso, Niger und Mali
werden die Angriffe von Extremisten laut UN immer häufiger und brutaler.
Die zunehmende Gewalt treibt immer mehr Menschen in die Flucht.
Allein in Burkina Faso haben deswegen mehr als 1,2 Mio. Bewohner
ihre Dörfer verlassen.
Sie sind auf der politischen Weltbühne ein so besonderes
wie ungleiches Paar: Angela Merkel und Wladimir Putin.
Sie kennen sich lange, sie sprechen die Sprache des anderen und doch:
Eine Freundschaft ist daraus nicht erwachsen, zu groß die Konflikte,
zu tief die Differenzen, zu gering das Vertrauen.
Gleichwohl: Putin zeigte Respekt vor Angela Merkel,
was die deutsche Kanzlerin für die westlichen Verbündeten
mitunter zur Mittlerin machte.
Erreicht hat sie wenig, doch die Gespräche nie abreißen lassen,
die sie immer auch nutzte, um Probleme deutlich zu benennen.
Auch heute bei ihrem letzten Besuch als Kanzlerin im Kreml.
Phoebe Gaa war dort.
Ob herzliche Geste oder der Versuch,
die Kanzlerin aus dem Konzept zu bringen.
Das war nach jedem Blumenstrauß eine heißdiskutierte Frage.
Auch heute gibt es einen – und so viel steht fest:
Sonderlich herzlich wird die Begegnung nicht.
In meiner Amtszeit haben sich sicherlich die politischen Systeme
von Deutschland und Russland weiter auseinanderentwickelt.
Das heißt, dass wir auch
viele kritische Fragen miteinander zu besprechen haben.
Aber ich bin sehr froh, dass es trotz großer Differenzen
auch immer gelungen ist, diesen Gesprächskanal offenzuhalten.
Angela Merkel und Wladimir Putin treffen sich schon,
da ist sie noch “einfache“ Parteivorsitzende.
Die Tests beginnen, als sie Kanzlerin wird.
Koni, den Labrador, lässt der russische Präsident 2007
mal schlafen, mal schnuppern – wohl wissend,
dass es von Merkel heißt, sie habe Angst vor Hunden.
Ihre DDR-Vergangenheit hilft ihr,
die Methoden des KGB-Mannes zu durchschauen.
Während des Ukraine-Krieges stehen die beiden im Dauerkontakt.
In Minsk ringen sie, gemeinsam mit Frankreich und der Ukraine,
um Frieden.
Obwohl Moskau die Separatisten im Donbass militärisch unterstützt,
akzeptiert Merkel, dass Russland als Vermittler auftritt,
statt als Akteur.
Auch heute.
Frau Merkel hat viel getan, um die interne Krise der Ukraine zu lösen.
Gemeinsam haben wir alle nach einer Möglichkeit gesucht,
den Frieden im Donbass wiederherzustellen.
Unglücklicherweise ist uns das bisher nicht gelungen.
Jahr für Jahr wird das Verhältnis der beiden schlechter.
Gründe gibt es viele:
die Ermordung eines Georgiers in Berlin,
der Hackerangriff auf den Bundestag.
In beiden Fällen führen die Spuren in den Kreml.
Öffentlich zur Sprache kommen sie heute nicht.
Dass Angela Merkel ausgerechnet zum Jahrestag
der Vergiftung von Alexej Nawalny anreist,
hat viel Empörung in Russlands Presse und Politik ausgelöst.
Die Verurteilung zum Aufenthalt in einer Strafkolonie
wegen eines früheren Urteils,
das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
für unverhältnismäßig erklärt wurde, ist nicht akzeptabel.
Und ich habe vom russischen Präsidenten
die Freilassung von Alexej Nawalny gefordert.
Angela Merkel sei jederzeit in Moskau willkommen,
lässt Wladimir Putin sie wissen.
Und fügt hinzu, als das Handy der Kanzlerin klingelt:
Natürlich bleiben wir auch telefonisch in Kontakt.
Die Kanzlerin hat den Kreml kaum verlassen, da erklärt Moskau
den letzten unabhängigen Fernsehsender des Landes, Doschd,
zum ausländischen Agenten.
Seinen repressiven Kurs setzt Russland unbeirrt fort.
Damit wird sich bald Deutschlands nächste Kanzlerin,
Deutschlands nächster Kanzler, auseinandersetzen müssen.
Die Ferienzeit endet und zum Alltag, der sich für die Deutschen
nach und nach wieder einstellt, gehört die Erkenntnis:
Corona ist nicht vorbei.
Es infizieren sich v.a. die Jüngeren, die Ungeimpften.
Die vierte Welle ist inzwischen angerollt,
so schätzt es das Robert Koch-Institut ein.
Es meldet 9.280 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden.
3.702 mehr als vor einer Woche.
Außerdem kamen binnen eines Tages 13 Todesfälle dazu.
Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt jetzt bei 48,8.
Damit beginnt die Welle deutlich früher als vergangenes Jahr,
als wir erst im Oktober an der Schwelle zur 50 standen.
Allerdings: Anders als noch letztes Jahr sind inzwischen viele,
v.a. die Älteren, geimpft, deshalb können die Inzidenzwerte allein
nicht mehr die gleiche Aussagekraft haben.
Um die Frage neuer Parameter haben sich Bund und Länder
zuletzt aber herumgedrückt.
Und so setzen Mediziner auf ihre Erfahrung
und eigene Berechnungen.
Die Politik fährt auf Sicht.
Sibylle Bassler.
Auf der Intensivstation der München Klinik Schwabing kämpfen zurzeit
drei Menschen um ihr Leben, drei von zehn Covid-Patienten insgesamt.
Wir haben im Moment eigentlich nur Delta-Varianten hier.
Bei einem Patienten steht es noch aus, die Bestätigung.
Es deutet aber alles daraufhin, dass der auch eine Delta-Variante hat.
Der Altersdurchschnitt der Covid-Erkrankten
liegt hier bei etwa 53 Jahren.
90 % sind unter 64, alle nicht geimpft.
Nüchterne Zahlen – bittere Fakten.
Die hohe Inzidenz – sie überrascht hier niemanden.
Die vierte Welle, sie sei zu spüren.
Seit zwei Wochen, ja, da ist sie greifbar, sie ist greifbar nah.
Und wenn man sich an letztes Jahr erinnert, an den August,
da hatten wir ja auch schon gesagt, oh, man spürt langsam,
dass wieder was kommt.
Und genau das gleiche Gefühl haben wir jetzt auch wieder.
Um das aktuelle Pandemiegeschehen künftig besser bewerten zu können,
reiche die 7-Tage-Inzidenz als alleiniger Richtwert
längst nicht mehr, mahnen die Ärzte.
Und das schon lange.
Es braucht auch noch das Thema Impfquote,
auch die Inzidenz aufgeteilt auf Altersgruppen,
und auch natürlich die Zahl der Krankenhauseinweisungen.
Nur so sei einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken.
Kritisch im klinischen Bereich
könnte es etwa bei einer Inzidenz von 200 werden.
Wenn Sie eine Krankenhausbelegung
von mehr als zwölf Patienten pro 100.000 Einwohner haben
und/oder eine Intensivquote von mehr als 12 %,
dann wäre sozusagen eine Rote Linie überschritten.
Und Einschränkungen, im äußersten Fall auch wieder Shutdowns,
zu verhängen.
Doch die Appelle, die Richtwerte gemeinsam zu justieren,
scheinen noch ins Leere zu laufen:
So wurde auf dem Bund-Länder-Gipfel zur Corona-Strategie
zwar einiges beschlossen.
Doch welche Werte die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung
zukünftig bestimmen – Fehlanzeige.
Der Bundesgesundheitsminister sieht darin offenbar kein Problem:
Es gab eine große Einigkeit,
wie wir sicher in Herbst und Winter gehen.
AHA-Regeln, auch in Bus und Bahnen, 3G, geimpft, genesen, getestet.
Und vor allem eine Impfkampagne, die wir nochmal beschleunigen wollen.
Das ist das Ziel, mit diesen drei Maßnahmen durch Herbst und Winter
zu kommen, ohne zusätzliche Maßnahmen.
Doch was soll als Richtwert für eventuelle Einschränkungen gelten?
Shutdowns wegen eines Wertes, der nicht mehr wichtig ist?
Noch halten viele Bundesländer an der Inzidenz fest.
Zurück auf die Münchner Intensivstation.
Hier fühlen sich manche im Team mit dem Pandemiegeschehen
zunehmend alleingelassen.
Seit Montag letzter Woche kommen täglich neue Patienten dazu,
aber was das für uns bedeutet, darüber wird nicht mehr gesprochen.
Es wird auch nicht gehandelt, also es ist sehr frustrierend.
Und mit zunehmender Corona-Fallzahl steigt hier die Resignation
und die Sorge vor der vierten Welle.
Und wir bleiben beim Thema Corona, nochmal Nachrichten.
Wegen steigender Infektionszahlen stuft die Bundesregierung
Kreta und weitere griechische Urlaubsinseln in der südlichen Ägäis
ab Dienstag als Hochrisikogebiete ein.
Dagegen werden die Kanarischen Inseln und Katalonien
von der Liste genommen.
Zugleich hat Spanien ab Montag Deutschland zum Risikogebiet erklärt:
Alle Einreisenden müssen entweder geimpft oder genesen sein,
oder einen Negativ-Test vorlegen.
In der Corona-Krise besonders engagierte Bürger
sind am Abend zu Gast in Schloss Bellevue.
Bundespräsident Steinmeier dankte ihnen,
den Mitarbeitern von Krisenstäben und Stadtreinigungen, den Erzieherinnen
und Pflegern, stellvertretend für alle,
die sich in dieser schwierigen Zeit besonders engagiert hätten.
Auch würdigte er die Solidarität v.a. der jungen Leute.
Der zweite Spieltag in der Fußball-Bundesliga hat begonnen:
Gerade eben ging das Freitagsspiel
zwischen RB Leipzig und dem VfB Stuttgart zu Ende.
Klar gewonnen hat Leipzig: 4:0.
Kinder in Afrika sind besonders
von den Folgen des Klimawandels betroffen,
so das UN-Kinderhilfswerk in seinem ersten Klima-Risiko-Index.
Fast die Hälfte aller Kinder weltweit
sei klimabedingten Gefahren ausgesetzt,
etwa Luftverschmutzung und Wasserknappheit.
Das sei eine Schande,
sagte die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg,
die an der UNICEF-Präsentation teilnahm und dann in Stockholm
mit Fridays-for-Future-Aktivistinnen
für eine engagiertere Klimapolitik demonstrierte,
genau drei Jahre nach ihrem ersten Klimastreik.
Auch in Berlin forderten Umweltschützer
mit Protestaktionen mehr Einsatz für den Klimaschutz.
Wir produzieren zu viel Müll, den wir dann oft auch noch
unachtsam wegschmeißen.
So gelangen große Mengen in die Ozeane.
Besonders Plastik bleibt dort auf lange Zeit – und findet sich.
Forscher widmen sich dem Thema in vielen Ländern,
so auch auf der kleinen Heideinsel an Norwegens Westküste.
Weltweit haben sich fünf riesige Müllkontinente gebildet.
Forscher widmen sich dem Thema in vielen Ländern.
Dort wurde vor einigen Jahren eher zufällig entdeckt,
wie über Jahrzehnte Plastik angeschwemmt wurde.
Was sich daraus lernen lässt:
Henner Hebestreit.
Es ist Plastikmüll aus den vergangenen 50 Jahren,
den sie hier auflesen.
Jahrzehntelang hat der Nordatlantik seine dreckige Fracht
auf dieser unbewohnten Insel abgeladen.
Im Laufe der Jahre ist im wahrsten Sinne des Wortes
Gras darüber gewachsen,
was den freiwilligen Müllsammlern die Arbeit schwermacht.
30 cm in dem Boden finden wir immer noch Plastik, Flaschen,
das Seil hier.
Auf alle Fälle schockierend.
Wie ein Trichter wirkt die Bucht,
die sich zur Strömung des Nordatlantiks öffnet.
Hier vor der norwegischen Küste in den Schären bei Bergen
wird an dem Eiland, das übersetzt Kleine Heideinsel heißt,
angeschwemmt, was weit entfernt den Weg ins Meer gefunden hat.
Umweltaktivist Rune Gaasø war vor drei Jahren so schockiert
vom Zustand der Insel, dass er beschloss, erforschen zu lassen,
was das Plastik mit der Natur hier anstellt.
Die Forschung ist sehr wichtig, um zu verstehen, welche Bedeutung
es hat, den Zustrom von Plastik in die Ozeane zu stoppen.
Wenn es wissenschaftliche Beweise gibt,
sehen die Behörden, dass sie handeln müssen.
Und so begleitet ihn, kurz vor der großen Aufräumaktion,
ein norwegisches Forscherteam auf die Insel.
Wir werden die Auswirkungen auf die Insekten untersuchen
und wie die Mikroorganismen im Boden auf Plastik reagieren.
Außerdem geht es um Mikroplastik und wie sich das ausbreitet.
Die Sorge ist groß, dass Tiere an Land oder im Wasser
zerfallenes Plastik fressen
und es dadurch Bestandteil der Nahrungskette wird.
Rund um die Insel sammeln sie Muscheln und Seeigel,
um sie später im Labor auf Plastik zu untersuchen.
Wir wollen herausfinden, ob sie Plastik im Körper haben.
Diese Tiere fressen andere Lebewesen, also denken wir,
dass es eine Anhäufung von Plastik in der Nahrungskette gibt.
In welchem Ausmaß das Plastik in den Ökohaushalt eingreift,
wird das Forscherteam nach rund zweijähriger Auswertungszeit
ihrer Proben wissen.
Es geht vor allem um das Plastik, das in mikroskopisch kleine Teile
zerfällt und für immer in der Natur bleibt.
Alles andere können sie mit vereinten Kräften wegräumen,
bis die nächste Flut neues Plastik bringt.
Soviel von uns.
Hier im Anschluss gleich die "Queens of Comedy".
Und um 23.40 Uhr
meldet sich Anna Maria Schuck mit unserem "heute journal up:date".
Tschüss, bis morgen.
So geht Sommer, das Hoch "Fridoline"
bringt uns nochmal einen schönen sommerlichen Samstag,
aber das nächste Tief steht schon in den Startlöchern.
Das ist das Tief "Manfred" und spätestens in der Nacht auf Sonntag
bringt es uns die ersten kräftigen Schauer und Gewitter von Westen.
In dieser Nacht ist es noch ruhig,
im Norden sind die Wolkenfelder etwas dichter
und es kann sich etwas Nebel oder Dunst bilden.
Nur im Norden sind die Wolkenfelder auch mal etwas dichter,
aber da wird die Sonne wohl auch den Durchbruch schaffen.
Sonst gibt es zum Teil strahlenden Sonnenschein, besonders im Südwesten.
Und dann kommt das Gewittertief "Manfred"
von Westen in der Nacht auf Sonntag bereits hier an.
Es wird sich dann im Laufe des Tages weiter nach Osten ausbreiten.
Machen Sie sich auf Unwetter gefasst,
auf Gewitter, die mit Hagel, Platz- regen und Sturmböen verbunden sind.
Eng begrenzt
können durchaus 30 - 60 Liter pro Quadratmeter zusammenkommen,
z.T. gibt es mehrstündigen Dauerregen.
Es wird danach auch deutlich kühler.
Aber von Norden setzt sich mehr und mehr die Sonne durch.