heute journal vom 20.09.2021 - Auf Verteidigungskurs - Scholz vor dem Finanzausschuss; Auf Partnersuche - Die Linke
Diese Untertitel sind live produziert.
Und jetzt das "heute journal" mit Gundula Gause und Claus Kleber.
Guten Abend,
das Thema ist brisant, der Zeitpunkt mindestens unglücklich,
vielleicht sogar teuflisch.
Olaf Scholz, derzeit Spitzenreiter im Rennen ums Kanzleramt
und immer noch als Kabinettsmitglied verantwortlich für alles,
was im Finanzministerium gerade schief läuft,
musste sich heute, sechs Tage vor der Wahl,
einer hochnotpeinlichen Befragung
im Finanzausschuss des Bundestages stellen.
Es geht um Verdachtsmomente,
dass eine nachgeordnete Behörde seines Hauses
Ermittlungen in einem internationalen Fall von Geldwäsche
verschleppt oder vereitelt habe.
Ein Verdacht, den die Staatsanwaltschaft in Osnabrück
so dringend fand, dass sie die Polizei schickte,
um nach Beweisen zu suchen.
Das riecht nicht gut, aber es gibt auch entgegengesetzten Geruch,
weil der Chef der forsch ermittelnden Staatsanwaltschaft
ein gut vernetzter Mann der CDU ist.
Genug buchstäblich Fragwürdiges in beide Richtungen heute im Ausschuss,
berichtet Frank Buchwald.
Er kam dann doch, Olaf Scholz, heute früh im Finanzausschuss.
Viele Abgeordnete hatten damit nicht gerechnet.
Dass der Minister sich nur digital zuschaltet, nehmen wir zur Kenntnis.
Wir hätten uns gewünscht, er wäre persönlich hier.
War er dann auch, Überraschung gelungen.
Dann aber muss Scholz sich grillen lassen, fast drei Stunden lang.
Im Raum steht ein höchst unangenehmer Verdacht.
Haben Vorgaben aus Berlin
zu riesigen Lücken bei der Geldwäschebekämpfung geführt?
Ist Deutschland ein Land, in dem es rechtsfreie Räume gibt,
gerade bei der Bekämpfung schwerster Kriminalität?
Im Fadenkreuz: die Financial Intelligence Unit, kurz, FIU.
Eine Ermittlungsbehörde im Zollkriminalamt,
sie untersteht dem SPD-geführten Finanzministerium.
Ihr Job: Geldwäsche aufdecken,
kriminelle Finanzströme trockenlegen.
Sie gilt jedoch als ineffektiv und unterbesetzt.
Auch wenn Scholz die Behörde
personell zuletzt deutlich verstärkt hat.
Beamte der FIU, so der Vorwurf, sollen Geldwäsche-Verdachtsmeldungen
nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet haben.
Ermittler der Staatsanwaltschaft hatten deshalb
Büros im Finanzministerium durchsucht und Akten mitgenommen.
Der Minister jedoch nimmt seine Behörde in Schutz,
auch heute vor dem Ausschuss.
Ich habe die Gelegenheit genutzt, nochmal zu erläutern,
dass wahrscheinlich die letzten drei Jahre die besten Jahre waren
für die Aufstellung unserer Behörden in Hinblick auf die Bekämpfung
von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Wir haben mehr hingekriegt in den letzten drei Jahren
als in den letzten 30 Jahren.
Die Opposition: nicht überzeugt.
Viele Fragen seien offen geblieben, beklagen AfD und Grüne.
Herr Scholz ist nicht gerne gekommen und die SPD war nicht begeistert.
Aber es steht im Raum, dass die Behörde falsch gearbeitet hat.
Klar ist, dass Olaf Scholz seine Behörden nicht im Griff hat.
Das ist nicht die einzige Behörde.
Anscheinend scheint unsere Verwaltung
den vielfältigen Aufgaben, und damit auch die Politik,
nicht mehr gewachsen zu sein.
Dafür ist der Minister an erster Stelle verantwortlich.
Armin Laschet, Scholz' Rivale im Kampf ums Kanzleramt,
am Abend im "heute journal up:date".
Vorwürfe aus der SPD, die Staatsanwaltschaft
habe den Minister aus politischen Gründen im Visier,
weist der CDU-Chef zurück.
Scholz müsse Geldwäsche deutlich entschiedener angehen.
Da sind viele Nebelkerzen geworfen worden.
Wir haben ein Problem mit der Aufsicht bei Olaf Scholz.
Das ist nicht das erste Mal, dass er die Dinge nicht im Griff hat.
Deshalb wird die Arbeit des Ausschusses weitergehen.
Der Noch-Vizekanzler lässt solche Kritik abperlen.
Überraschung im Ausschuss gelungen.
Ein paar Termine im Wahlkampf hat Scholz deshalb absagen müssen,
das war es ihm wert.
Sechs Tage noch, dann ist das Rennen gelaufen.
Der Abgeordnete Fabio De Masi,
stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken,
ist ein, über Parteigrenzen hinweg, respektierter Fachmann
für die Finanzwelt und bei der Verfolgung dunkler Umtriebe dort.
Guten Abend, Herr De Masi.
Guten Abend, Herr Kleber.
Ihnen, der FDP und den Grünen war es ja sehr wichtig,
dass diese Befragung heute stattfand.
Was hat das denn gebracht?
Ja, wir haben erneut festgestellt, wie die letzten vier Jahre auch,
das wir ein großes Problem mit Geldwäsche und Finanzkriminalität
in Deutschland haben, dass unsere Behörde dafür,
die Financial Intelligence Unit, kurz FIU,
nicht gut aufgestellt ist.
Ich fühle mich bestätigt, dass wir eine echte Finanzpolizei
in Deutschland brauchen.
Aber wir konnten auch etwas aufklären,
warum es diese doch außergewöhnliche Durchsuchung auch gab,
bzw. den Besuch der Polizei im Finanzministerium.
Na, was war das denn?
Denn offensichtlich geht Herr Scholz heute
stolz erhobenen Hauptes und unbeschädigt
aus dieser Vernehmung des Ausschusses im Haus.
Es ist so, dass er doch eingeräumt hat,
dass es ein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft gab,
wo man sich darüber verständigt habe,
dass einige Schriftstücke dort gesichert werden sollen,
das war wohl vorher doch nicht ganz klar
und es gab auch ein Protestschreiben
des SPD-geführten Justizministeriums.
Und da ging es um den "risikobasierten Ansatz"
also, dass man dieser Fülle von Verdachtsmeldungen,
die die FIU bekommt, Risikoschwerpunkte setzt.
Das ist erstmal völlig normal und auch in Ordnung.
Aber, dass es dabei wohl häufiger dazu kommt, dass bestimmte Hinweise
auf Straftaten gar nicht mehr weitergeleitet werden.
Denken wir an den Wirecard-Skandal,
wenn es da um Bilanzmanipulation ging, hat die FIU gesagt,
wir leiten das gar nicht mehr weiter.
Ja allerdings.
Aber wenn die Staatsanwaltschaft in einem Ministerium geht
und nach Dokumenten sucht,
die man sich offensichtlich nicht einfach so mal
über Telefon oder E-Mail von einer anderen Behörde besorgen kann,
dann stehen doch ganz andere Vorwürfe im Raum,
dass etwa das Ministerium grob fahrlässig
oder vielleicht sogar vorsätzlich die eine oder andere Untersuchungen
zu Geldwäsche hintertreibt.
Das stand im Raum und steht da jetzt nicht mehr.
Nein, es gab eine Beschwerde.
Das ist eben von einem Kollegen des SWR
auch noch einmal veröffentlicht wurden.
Es gab eine sehr scharfe Beschwerde des Justizministeriums,
wonach das Justizministerium, SPD geführt,
übrigens von einer Ministerin,
die früher parlamentarische Staats- sekretärin von Olaf Scholz war,
die haben die Sorge gehabt, dass durch diesen neuen Ansatz
des Finanzministeriums, Straftaten in Deutschland
nicht mehr weitergeleitet werden.
Das haben die so gesehen.
Und diese Sorge hat die Staatsanwaltschaft offenbar geteilt.
Das ist nicht ausgeräumt, denn Olaf Scholz hat gesagt,
sie hätten auf diese Beschwerde des Justizministeriums geantwortet.
Er wollte uns aber die Antwort heute noch nicht zur Verfügung stellen.
Er müsse das prüfen, ob er das kann.
Olaf Scholz, hat aber auch und das ist unbestritten,
dass in seiner Amtszeit die Belegschaft dieser Finanzpolizei,
wenn man das so nennen will, verdreifacht worden ist
und damit auch die Kapazitäten.
Also wie passt das zu Ihrem Vorwurf von Vernachlässigung dieser Aufgabe?
Das ist absolut richtig, dass mehr Stellen geschaffen wurden.
Das ist aber auch völlig normal,
weil jedes Jahr immer mehr Geldwäscheverdachtsmeldungen
abgeliefert werden einfach durch die Gesetzgebung,
da ist auch normal, dass man bei den Stellen nachlegt.
Was aber nicht richtig ist,
ist, dass wir eine Art Finanzpolizei haben.
Wir haben eben keine, das ist ja das Problem.
Herr Schäuble hat damals die Anti-Geldwäsche-Behörde
von Bundeskriminalamt zum Zoll verlegt,
und wir haben gerade nicht, wie z.B. in Italien,
eine echte Finanzpolizei mit kriminalistischer Expertise.
D.h,, es bringt nichts, einfach immer nur mehr Stellen zu schaffen,
wir brauchen auch die richtigen Leute.
Es reicht nicht, nur auf künstliche Intelligenz zu setzen.
Wir brauchen auch natürliche Intelligenz,
also kriminalistische Spürnasen.
Und die haben wir nicht.
Deswegen muss nach meiner Überzeugung
die Geldwäschebekämpfung herausgelagert werden aus dem Zoll.
Und wir brauchen eine übergreifende Finanzpolizei,
wo Experten vom Zoll dabei sind,
aber eben auch aus den Landeskriminalämtern.
Und dafür musste jetzt heute, sechs Tage vor der Wahl,
diese Berliner Bühne zur Verfügung stehen für eine Vernehmung
des Finanzministers und Kanzlerkandidaten,
übrigens des einzigen Kanzlerkandidaten,
der Ihrer Partei wenigstens einen Schatten von Hoffnung gibt,
vielleicht an der nächsten Regierung beteiligt zu sein.
Na ja, ich kann ja jetzt nicht aufhören,
die richtigen Fragen zu stellen.
Also ich werde seit vier Jahren mit diesem Thema
immer wieder in Verbindung gebracht.
Also auch wenn kein Wahlkampf ist,
auch wenn ich nicht eingeladen werde in Nachrichtensendungen,
habe ich mich immer wieder damit beschäftigt.
Das heißt, ich bin da ganz entspannt.
Mir kann keiner vorwerfen,
ich würde hier irgendeinen Wahlkampf betreiben.
Ich trete ja auch gar nicht mehr zur Wahl an,
sondern ich sorge mich darum, dass wir in Deutschland ein Paradies
für Geldwäsche und Finanzkriminalität sind.
Das ist nicht nur meine Meinung.
Das ist die Meinung, z.B. des Anti-Mafia-Staatsanwalts
von Palermo, Roberto Scarpinato, der sagt, wäre er Mafioso,
würde er in Deutschland investieren.
Und dieses Problem mag Herr Scholz geerbt haben von Herrn Schäuble,
aber er war eben ein Kanzlerkandidat im Wartestand.
Und er wollte sich nicht wirklich damit beschäftigen,
außer dass er eben ein paar Stellen mehr geschaffen hat.
Und das fällt ihm jetzt auf die Füße.
Das habe ich mir nicht ausgesucht,
und es hat auch niemand etwas davon in Deutschland,
wenn ich Herrn Scholz jetzt schone an dieser Stelle,
das macht übrigens auch die Linke nicht stärker
und damit auch nicht die Wahrscheinlichkeit
einer rot-rot-grünen Koalition.
Die Einschätzung eines Fachmanns, der dieses Fach nun aufgibt
und sich von der Politik erst einmal verabschiedet.
Dankeschön, Herr De Masi, einen schönen Abend.
Ich danke Ihnen.
Das Gespräch hatten wir vor einer Stunde.
Am Ende des Tages hat Wulf Schmiese im "heute journal up:date"
noch mehr Fragen an Armin Laschet.
Auftakt einer Reihe in den "up:dates" dieser Woche vor der Wahl,
immer am Ende des Tages,
letzte Fragen an die sechs Spitzenkandidaten.
Für die Linkspartei, deren stellver- tretender Fraktionsvorsitzender
Herr Fabio De Masi noch ist, wird der nächste Sonntag noch spannender
als für alle anderen im Bundestag.
Weil die Spannweite der Möglichkeiten noch größer ist.
Es ist nicht ausgeschlossen,
dass sie an der 5-%-Klausel scheitern und rausfliegen.
Es könnte aber auch sein, dass ein Olaf Scholz
sie doch noch als Koalitionspartner braucht,
weil ihm Lindners FDP die roten Flügel zu sehr stutzen will.
Andrea Maurer beobachtet links außen
eine Partei zwischen Chancen und Gefahr.
Bitterfeld, Sachsen-Anhalt.
Die Verluste, die Strukturwandel mit sich bringt, sind hier sichtbar.
Deindustrialisierung nach der Wende, Abwanderung.
Es ist der Wahlkreis von Jan Korte.
Kein leichter mehr für die Linke.
Viele Wähler sind gestorben – viele Arbeiter wählen jetzt AfD.
Korte kämpft.
Wenn du etwas bewegen willst, gerade hier in der Region,
musst du auch den Kopf und den Bauch der Leute erreichen.
Und das bedeutet zuspitzen, noch einmal deutlich zu sagen,
was man will.
Und zum anderen, glaube ich, ist wichtig,
natürlich noch mal zu sagen,
was ist eigentlich die Perspektive für die Linke, wofür ist sie da.
Wofür ist die Linke da?
Es geht auch um die Existenz der Partei.
Die Spitze ist heute nach Bitterfeld gekommen mit ihren Versprechen:
Mindestlohn von 13 Euro, Kindergrundsicherung,
Anpassung der Ostrenten – Politikwechsel.
Ortswechsel: Bankenstadt Frankfurt am Main.
Hier im Westen hat sich die Linke verjüngt,
in akademische Milieus ausgedehnt.
Und bleibt doch der 5-%-Hürde gefährlich nah.
Die Partei macht jetzt Wahlkampf mit dem Linksrutsch,
vor dem Union und FDP warnen.
Wenn SPD und Grüne es ernst meinen mit mehr sozialer Gerechtigkeit
und mit Klimaschutz, dann dürfen sie doch nicht mit FDP und Union
regieren und die Linke stattdessen angreifen.
80 % der Mitglieder wollen, dass die Linke regiert.
Die Parteispitze will es auch.
Seit Monaten bereitet Parteichefin Hennig-Wellsow
Sondierungsgespräche vor.
Dazu gehört: innerparteilichen Streit schlichten.
Aufritt mit dem linken Promi-Paar Lafontaine und Wagenknecht
in Weimar.
Vor Monaten undenkbar.
Dazu gehören auch: rot-rote Signale.
Auftritt Janine Wissler und Saskia Esken zum Thema Kinderarmut.
Im Wahlkampf ist das Botschaft.
Esken macht klar, dass ihr Programm auch das von Scholz ist.
Dieses Zukunftsprogramm ist gemeinsam erarbeitet worden
und ist auch Grundlage dessen,
wie wir dann in Koalitionsverhandlungen gehen.
Eine widersprüchliche Botschaft zum SPD-Kanzlerkandidaten,
der die Linken maximal auf Distanz hält.
Denn es gibt auch dieses Signal, das selbst Esken das falsche nennt:
43 linke Abgeordnete enthalten sich beim Evakuierungsmandat
für Afghanistan, sieben stimmen mit Nein.
Es geht um die Verlässlichkeit der Partei.
Die Linke im Verteidigungsmodus.
Das ist funktional für den Wahlkampf.
Ich finde es unverantwortlich, dass man uns dieses vorwirft.
Die Linke ist verlässlich.
Wir haben gegen das Afghanistan- Mandat von Anfang an gestimmt.
Wir sehen, in welchem Desaster das geendet ist.
In Bitterfeld frage kein Arbeiter, der morgens zur Schicht fährt,
ob Deutschland noch in der NATO sei, sagt Jan Korte.
Es ist die Erzählung, auf die sich die Parteispitze geeinigt hat:
Wenn die Linke mitregieren und die soziale Lage der Menschen
verbessern könnte, darf sie sich zumindest in der Frage
“NATO, Ja oder Nein“ nicht verkämpfen.
Und jetzt Nachrichten mit Gundula Gause.
In Russland hat sich die Partei von Präsident Putin nach 18 Jahren
an der Macht erneut zum Sieger ausrufen lassen,
trotz Manipulationsvorwürfen.
Die russische Opposition erklärte, die Wahl sei massiv gefälscht worden.
Unabhängige Wahlbeobachter hatten mehr als 4.000 Verstöße registriert.
In Sankt Petersburg kam es bei einer Wahlkontrolle zu Rangeleien.
Im Vergleich zur letzten Wahl hat die Partei "Geeintes Russland"
ein Minus von knapp 4,5 % zu verzeichnen.
Dennoch hat die Kremlpartei nach Behördenangaben
erneut die absolute Mehrheit erreicht:
mehr als 300 der 450 Sitze.
Die Staatsanwaltschaft Konstanz hat das Ermittlungsverfahren
gegen AfD-Spitzenkandidatin Weidel in der Parteispendenaffäre eingestellt.
Strafbar sei eine Aufstückelung von Spenden zur Verschleierung
für die Empfängerin nur, wenn diese daran mitgewirkt habe.
Dafür habe sich in Weidels Fall kein ausreichender Verdacht ergeben.
Es ging um Spenden aus der Schweiz von 132.000 Euro
an Weidels Kreisverband.
Das Geld wurde 2018 zurückgezahlt.
Vollständig gegen Corona geimpfte Ausländer können ab Anfang November
wieder in die USA einreisen.
Außerdem müssen sie
einen maximal drei Tage alten negativen Corona-Test vorlegen.
Den Einreisestopp hatte zu Beginn der Pandemie im März 2020
der damalige Präsident Trump angeordnet.
Die Pharmaunternehmen Biontech und Pfizer wollen schnellstmöglich
die Zulassung ihres Corona-Impfstoffs
für fünf- bis elfjährige Kinder beantragen.
Ersten Studienergebnissen zufolge sei der Impfstoff
in dieser Altersgruppe gut verträglich und wirksam.
Deutschlandweit ist die 7-Tage-Inzidenz
wieder leicht angestiegen, auf 71.
Leicht gesunken ist dagegen die Hospitalisierungsrate,
die Zahl der Corona-bedingten Krankenhauseinweisungen
der letzten sieben Tage, auf 1,65 pro 100.000 Einwohner.
In Thüringen ist heute Feiertag, arbeitsfrei.
Thüringen ist das einzige deutsche Bundesland,
das den Weltkindertag so begeht.
Man muss ja nicht unbedingt feiern, man kann auch was für die Sache tun.
Deutschland braucht das.
Weil hier noch immer stärker als in anderen hochentwickelten Ländern
die Zukunftschancen der Kinder abhängen vom Einkommen der Eltern.
Das ist nicht nur zutiefst ungerecht,
es ist - eiskalt gerechnet - auch eine Vergeudung von Ressourcen.
Solche Dinge nicht in abgehobenen politischen Debatten,
sondern in der Wirklichkeit zu zeigen,
ist der Zweck von ZDFin.
Langzeiteinsätze von ZDF-Reporterinnen und Reportern
in einer Stadt.
Zur Zeit, nicht in Thüringen, in Frankfurt/Oder.
Wo die Sorgen von Eltern und Kindern noch drängender sind als anderswo.
Antje Klingbeil ist dort.
Gleich wird Lara mit den anderen auf der Bühne stehen.
Vorbereitungen für einen langersehnten Auftritt.
Ich bin ein bisschen aufgeregt.
Rund 200 Kinder musizieren und tanzen bei der Fanfarengarde
im größten Musikverein in Frankfurt/Oder.
Man kann hier auch sehr viele Freunde finden,
das finde ich echt cool, dass die hier auch manchmal Feste machen.
So wie heute zum Weltkindertag.
Viele, die hier im Verein spielen,
kommen aus Familien, die armutsgefährdet sind.
Gemeinsam mit 30 ehrenamtlich Engagierten
leitet Hans-Jörg Laurisch das Orchester.
Über den Musikrahmen hinaus, versuchen wir mit Kindern
Erfolgserlebnisse zu schaffen, dass die Kinder Gemeinschaft spüren,
wie es ist, gemeinsam ein Ziel zu verfolgen.
Frankfurt/Oder, eine der einkommens- schwächsten Kommunen Deutschlands.
Seit der Wende ohne große Industrie, der Billiglohnsektor boomt.
Die Folge: Familien- und Kinderarmut,
jedes dritte Kind ist betroffen.
Was wir dringend brauchen, ist Chancengerechtigkeit, dass Kinder,
die ja völlig unverschuldet in diese Situation gekommen sind,
im Alltag das nicht zu spüren bekommen.
Sondern die gleichen Zugänge zu allen Angeboten erhalten,
damit sie ihr Leben so entwickeln können wie andere Kinder auch.
Bei der Fanfarengarde kostet der Monatsbeitrag 15 Euro.
Für Eltern, die sich das nicht leisten können,
gibt es das Bildungs- und Teilhabepaket.
Doch das zu beantragen, fällt vielen schwer.
Was wir fordern, dass gerade die Bürokratie
für die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen gesenkt wird.
Alle hier in Frankfurt, ob Päda- gogen, Sozialarbeiter oder Eltern
haben große Erwartungen an die Politik.
Die Kinderbetreuung kostenlos zu machen
und auch jedem bereit zu stellen.
Dann muss eben die Bildung eine höhere Priorität bekommen.
Viel mehr Institutionen schaffen, wo Kinder aufgefangen werden.
Grundsätzlich müssen Kinder wieder eine größere Rolle spielen.
So, wie beim heutigen Kinderfest, wo sie im Mittelpunkt stehen.
Es macht auch Spaß, wieder zusammen zu sein.
Bald gibt es sicher auch wieder Ferienlager und Konzertreisen.
Hier können sich alle Kinder ausprobieren und entwickeln,
unabhängig von ihrer Herkunft.
Es ist ja nicht verkehrt, wenn sich Deutschland
in einem Wahljahr größere Sorgen um zuhause macht,
um soziale Probleme, Bildung und Zukunft als um ferne Weltkonflikte.
Die machen dafür nur keine Pause.
Das westliche Bündnis ist gerade in einem gewaltigen Stresstest,
mit Epizentrum im Westen des Pazifischen Ozeans.
Wo die USA traditionell mitbestimmen, trotz riesiger Entfernungen.
Der Anspruch der alten Weltmacht kennt auf Erden keine Grenzen.
China will das nicht mehr akzeptieren.
Sieht sich selbst als die Vormacht dort.
Präsident Biden hat gegen Peking ein neues Bündnis geschmiedet.
Mit Australien auf der einen und der alten Seemacht Großbritannien
auf der fernen anderen.
Das erste Opfer dieses Manövers ist nicht Peking, sondern Frankreich.
Der erste Gewinner: Großbritannien.
Diana Zimmermann aus London.
So gefällt es Boris Johnson, große Bühne, wichtiger Auftritt.
Es ist des britischen Premiers erst zweite UN-Vollversammlung
in New York und die Gelegenheit,
Brexit-Britain international groß rauszubringen.
Doch wer neue Bündnisse schmiedet, tut alten Freunden weh.
Johnson musste heute einmal mehr Frankreich beschwichtigen.
Es gibt nur ein einziges Land in der Welt, mit dem wir ein Programm
für Atomtestsimulationen haben und dieses Land ist Frankreich.
Frankreich und Großbritannien haben eine sehr, sehr wichtige Beziehung,
eine unzerstörbare Beziehung.
Anlass für diese Worte ist der vergangene Woche
geschlossene Sicherheitsdeal mit Australien und den USA.
Er dient dazu, Australien sicherer zu machen.
In erster Linie richtet er sich gegen die Chinesen,
die im Indo-Pazifik immer dreister auftreten
und auf das neue Bündnis entsprechend sauer reagierten.
China verfolgt wirtschaftliche Kooperation
und regionale Integration, während die USA, Großbritannien
und Australien Krieg und Zerstörung schüren.
Das war eingepreist.
Denn der neue Verteidigungspakt ist ein demonstrativer Schritt
hin zu einer deutlich aggressiveren Anti-China-Politik.
Amerika konzentriert sich auf den Indo-Pazifik,
Großbritannien geht mit - und auf Distanz zur EU.
Das heißt, die Europäer müssen viel mehr tun,
um ihren eigenen Hinterhof sicher zu halten.
Das gilt mit Blick auf Russland, das gilt auch mit Blick auf den Süden.
Hier brauchen wir Großbritannien, sei es in der NATO,
sei es vielleicht auch in Kooperation mit der EU.
Wobei die Johnson-Regierung sich da skeptisch zeigt.
Vor allem die Franzosen fühlen sich jetzt verraten.
Der neue Pakt bahnte sich schon beim G7-Gipfel in Cornwall an,
wo Johnson, Biden und Morrison diskret über U-Boote sprachen,
während Emmanuel Macron sich lauthals über den Brexit ärgerte.
Nun ärgert er sich noch viel mehr, denn Frankreich wurde ausgebootet.
Statt einen viele Milliarden Euro schweren Vertrag mit Paris
einzuhalten, wollen die Australier lieber U-Boote von den Amerikanern
und Briten, die nuklear betrieben werden
und noch heimlicher arbeiten können.
Der britische Verteidigungsminister wurde heute kurzerhand
von militärischen Konsultationen in Paris ausgeladen.
Es ist eine nie dagewesene Krise
zwischen den beiden europäischen Atommächten
mit ausnahmsweise Großbritannien am längeren Hebel.
Ich glaube, dass sich Großbritannien ganz geschickt positioniert hat,
weil im Bereich Sicherheit und Verteidigungspolitik
Großbritannien viele Fähigkeiten hat, auf die die EU auch schaut.
Der Drang, mit Großbritannien zusammenzuarbeiten,
ist weiterhin groß, trotz Brexit.
Je nach Lage will global Britain neue Bündnisse schließen
oder alte ausbauen.
Beim Handel funktioniert das Rosinenpicken bislang nicht.
Kein Grund, es in der Verteidigung nicht weiter zu versuchen.
Die Lufthansa hat Vorbereitungen für die Rückzahlung der Staatshilfen
in Höhe von 2,5 Mrd. Euro getroffen.
Dazu will der Luftfahrtkonzern
neue Aktien von gut 2,1 Mrd. Euro ausgeben.
Mit der geplanten Tilgung wäre die Lufthansa das erste Großunternehmen,
das die Corona-Hilfen des Bundes zurückzahlt.
Konzernchef Spor begründet das Vorhaben
auch mit der anziehenden Nachfrage.
Die Lufthansa-Aktie legte daraufhin ordentlich zu,
gegen den Trend heute.
Der DAX verlor deutlich und das an einem Premierentag.
Erstmals in seiner mehr als 30-jährigen Geschichte
umfasst der Deutsche Aktienindex 40 Unternehmen.
Frank Bethmann, die deutsche Wirtschaft soll damit
besser abgebildet werden - ist das gelungen?
Nur bedingt.
Die Gesundheitssparte ist gestärkt worden,
mit gleich drei Neuen: Siemens Healthineers, Qiagen und Sartorius.
Mit Zalando und dem Kochboxenlieferanten Hello Fresh
wird der DAX etwas moderner, ja.
Aber der ganz große Wurf ist es nicht.
Wie auch?
Dafür sind unter den Neulingen, mit Ausnahme von Airbus,
doch eher nur Leichtgewichte.
Nach der, dennoch, bisher größten Reform seiner Geschichte
verliert der DAX heute über 350 Punkte
und fällt auf den niedrigsten Stand seit zwei Monaten.
Einen Strich durch die Rechnung
macht der chinesische Immobilienkonzern Evergrande.
Investoren verkauften Aktien,
weil sie die Zahlungsunfähigkeit des Giganten befürchten.
Schon wird darüber spekuliert,
ob der Krisenkonzern das chinesische Lehman Brothers sei.
Der Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank
löste 2008 die globale Finanzkrise aus.
So dick muss es nicht gleich kommen.
Doch die Angst vor einer ausgewachsenen Immobilienkrise
ist groß.
Insgesamt also heute schlechtes Timing für den neuen DAX,
der sich sicherlich einen besseren Start erhofft hatte.
Zum Auftakt der Herbst-Vollversammlung
der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz
hat deren Vorsitzender Bischof Bätzing
konkretes Handeln angekündigt.
Die Menschen sollen merken, dass sich Wesentliches verändere,
sagte er in Bezug auf den innerkirchlichen Reformprozess
"Synodaler Weg", über den die Bischöfe beraten.
Weiterer Schwerpunkt wird die Aufarbeitung
der Fälle von sexualisierter Gewalt sein.
Möglichst bald solle über die angekündigten Entschädigungen
für Missbrauchsopfer beraten werden.
Auf der Kanareninsel La Palma wälzen sich nach dem Vulkanausbruch
gigantische, glühende Lavaströme Richtung Meer.
Sie hinterlassen eine Spur der Zerstörung:
Rund 100 Häuser sind bereits von der Lava überrollt.
Durch umfangreiche Evakuierungen wurden Opfer verhindert:
Mehr als 5.000 Anwohner der dünn besiedelten Region und Touristen
hatten sich in Sicherheit gebracht.
Spaniens Ministerpräsident Sanchez sagte auf La Palma schnelle Hilfe zu.
Experten wollen sich nicht festlegen,
wie lange der Vulkanausbruch dauern wird,
möglicherweise seien es Monate.
Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Abend.
An dem sich gegen Mitternacht
Wulf Schmiese mit unserem "heute journal up:date" meldet.
Jetzt hat das Azorenhoch mal einen Namen bekommen, das Hoch "Kerstin".
Es wird für uns interessant,
denn es bildet eine Brücke zu dem Hoch "Jenny".
Das Tief "Roland" hat inzwischen Moskau erreicht
und das Tief "Tim", das zieht morgen hier weiter über Island.
Und dieses Tief hat noch Abstand zu uns, aber die nächsten Tiefs,
die nachfolgen, die könnten dann tatsächlich Mitteleuropa erreichen.
In der zweiten Wochenhälfte, nicht in dieser Nacht,
da bleibt es alles ruhig,
höchstens an der Ostsee kann es mal ein bisschen tröpfeln.
Wenn die Wolken aufreißen, dann bildet sich rasch Nebel
und dann wird es sehr kalt.
In den Muldenlagen der Mittelgebirge droht sogar Bodenfrost.
Und auch morgen bleibt es im Nordosten meist stark bewölkt
bis bedeckt, da tut sich die Sonne schwer.
Und allenfalls hier an der Ost- oder Nordsee
kann es für ein bisschen Regen reichen,
aber sehr viel wird das nicht.
Richtung Südwesten ist es deutlich freundlicher,
da macht sich das Hoch "Kerstin" schon bemerkbar.
Und an diesem Wetter ändert sich am Mittwoch noch wenig.
Da fällt am ehesten Richtung Sachsen und südliches Brandenburg
etwas Regen.
Aber am Donnerstag könnte es dann für den ersten Herbststurm
an der Nordseeküste reichen.