heute journal vom 25.01.2021 - Knapper Impfstoff - EU kritisiert AstraZeneca
Guten Abend.
Zu Beginn einer Woche, in der wir hierzulande
auf ein Jahr im Kampf gegen das Coronavirus schauen.
Vor einem Jahr, Ende Januar,
wurden die ersten Covid-Patienten in eine Münchner Klinik eingeliefert.
Wir gehen gleich dorthin und fragen, was zu lernen war bis heute.
Zunächst aber geht es um die aktuellen Probleme
und dazu gehört ohne Zweifel der Mangel an Impfstoff.
Die EU-Kommission steht in der Kritik,
zu schlecht, zu kleinkrämerisch verhandelt zu haben.
Heute nun wollte sie selbst auf den Tisch hauen,
weil der Anbieter AstraZeneca seine Lieferungen vorerst kürzen will.
Aus Brüssel: Anne Gellinek und Stefan Leifert.
Es brennt noch immer Licht in der Kommission.
Den ganzen Tag Krisentelefonate.
Wir wollen die bestellten Impfdosen
so schnell wie möglich geliefert bekommen.
AstraZeneca kündigt massive Lieferprobleme an.
60 % weniger Impfstoffdosen als vereinbart,
das wären nur 31 Mio. Impfdosen bis März.
Die EU will wissen,
an wen die Impfdosen geliefert wurden.
Andere Länder wie Großbritannien werden von AstraZeneca beliefert.
Es geht um einen Skandal.
Die Firma hat einen Vertrag unterschrieben mit der EU.
Und will ihn jetzt nicht einhalten,
obwohl an andere Länder geliefert wird.
Der AstraZeneca-Chef sprach heute
beim virtuellen Davoser Weltwirtschaftsforum.
Wir sollten nicht vergessen,
dass wir das in der Weltgeschichte noch nie gemacht haben.
Innerhalb eines Jahres mehrere Impfstoffe zu entwickeln
und die Produktionen auf Millionen Impfdosen hochzufahren.
Es war wohl insgesamt so, dass man mit nur wenig Geld verhandelt hat.
Und spät die Verträge geschlossen hat.
Die Firmen haben die Kapazitäten spät aufgebaut.
Fast 3 Mrd. Euro stellt die EU
für den Aufbau von Produktionsstätten zur Verfügung.
Es war richtig, dass wir gemeinsam mit vielen Herstellern
Verträge geschlossen haben.
Was falsch war, ist, dass die EU
mit nur 2,7 Mrd. in die Vorverhandlungen gegangen ist.
Soviel steht fest:
Das Vertrauen in die Politik in Brüssel oder Berlin leidet,
je länger das Impfen nicht Fahrt aufnimmt.
Wohlweislich verspricht auch die Bundeskanzlerin
inzwischen nicht mehr,
dass bis zum Sommer jede und jeder ein Impfangebot bekommt,
sondern bis Ende des Sommers -
dann ist der September auch schon fast rum.
Und so schwant uns, dass dieses Jahr 2021
ein weiteres hartes Corona-Jahr werden könnte,
so wie es das erste schon war.
Sibylle Bassler blickt zurück auf die Tage,
als Corona nach Deutschland kam.
27. Januar 2020, Deutschlands Covid-Patient Nr. 1 wird in der Infektiologie der München Klinik Schwabing
stationär aufgenommen.
Es war 21.17 Uhr, um genau zu sein, kam er.
Und dann ging es los, die Geschichte,
von der wir gar nicht so genau wussten, was es ist
und wohin die Reise geht.
In Zimmer 21 endet sie erst mal für den Patienten.
Einen 33-jährigen Familienvater,
der unter grippeähnlichen Symptomen leidet.
Der war sehr verunsichert, ängstlich, was jetzt passiert,
eine Riesenaufregung war das.
Er kommt in Quarantäne.
Denn ein Test hatte ergeben: Er hat Covid-19.
Angesteckt hat er sich bei seinem Arbeitgeber, der Firma Webasto.
Am Morgen dieses Tages erhält der Chef eine E-Mail aus China.
Dass eine chinesische Mitarbeiterin auf dem Rückflug von hier nach China
positiv getestet worden ist, da wussten wir,
das Virus ist von Wuhan rübergekommen nach Deutschland.
Holger Engelmann schlägt Alarm, zu spät.
Weitere Mitarbeiter und deren Familienangehörige erkranken.
Fast alle werden in die München Klinik gebracht.
Der Zustand der Patienten ist nicht alarmierend.
Was den Medizinern allerdings große Sorgen bereitet,
sind die Bilder aus China
und die spärlichen Informationen über das gefährliche Virus.
Wir hatten ja nicht ein vollständiges Bild
aus China übermittelt bekommen.
Es war ein Puzzle, was wir dann auch im Laufe der nächsten Wochen
selbst erarbeitet haben.
Immer mehr Menschen erkranken.
Zunehmend Ältere werden in die Klinik eingeliefert,
viele auf die Intensivstation.
Es war eine Lawine, die auf uns zukam,
nachdem wir vorher relativ mild erkrankte junge Patienten
gehabt haben, wurde uns bewusst,
dass da etwas ganz Gewaltiges auf uns zukommt.
Rund 160 Intensivpatienten wurden hier bisher versorgt.
Das Team - ständig am Limit.
Das zehrt an den Kräften.
Erschöpft, wir sind alle erschöpft.
Wir machen das jetzt seit einem Jahr, fast, und es ist anstrengend.
Auch zu sehen, wie Menschen sich quälen, wie sie sterben.
Der Tod als ständiger Begleiter,
für das medizinische Team hier eine extreme Situation.
Wir haben viele dramatische Fälle gesehen,
wo der Ehemann und die Ehefrau
innerhalb von ein paar Wochen nebeneinander verstorben sind.
Und das ist belastend.
Die Langzeitfolgen dieser Pandemie für Körper und Seele,
sie sind nicht absehbar.
Es wird uns weiter beschäftigen.
Zurück, so, wie es früher war, wird es nicht geben.
Das Virus wird endemisch bleiben, und wir werden damit umgehen müssen.
Ein Jahr Corona – ein Ende ist vorerst nicht in Sicht.
Wir werden weiter mit dem Virus leben müssen.
Hoffentlich bekommen wir es bald in den Griff.
Ein Ende nicht in Sicht, mit dem Chef der Infektiologie,
der in der München Klinik Schwabing die ersten Covid-Patienten betreute,
wollen wir das noch vertiefen.
Prof. Clemens Wendtner, schönen guten Abend.
Wie stellt sich die Lage heute für Sie nach einem Jahr dar?
Stehen die Zeichen auf Entspannung
oder steht uns das Schlimmste noch bevor?
Wir haben im letzten Jahr über 2.000 Patienten stationär
hier in der München Klinik behandelt.
450 auf der Intensivstation,
leider sind auch über 300 Patienten verstorben.
Tagesaktuell sinken die Zahlen ein wenig,
wir haben noch 100 Patienten in stationärer Betreuung.
Aber man darf sich nicht täuschen lassen, wir stehen noch nicht dort,
wo wir stehen wollen.
Wir haben noch ein sehr aktives Infektionsgeschehen.
Und daher nochmal von meiner Seite der Aufruf, nicht zu früh zu lockern
Die therapeutischen Möglichkeiten, die wir in den Kliniken haben,
sind noch eingeschränkt.
Sie sehen also noch keinen Anlass zur Entwarnung.
Was ist die größte, die wichtigste Lehre, so eine Art Erkenntnis,
die Sie und Ihr Team aus diesem ersten Jahr ziehen?
Ja, wir hatten heute vor knapp einem Jahr, am 27. Januar,
den ersten Patienten behandelt.
Es waren wenige Patienten am Anfang.
Ich glaube, eine wichtige Lehre ist,
die Dinge fangen sehr, sehr klein an.
Für uns ist es kaum vorstellbar, wie schnell ein Infektionsgeschehen
auch explosionsartig an Größe zunimmt.
Und es gilt auch ein bisschen hier: Wehret den Anfängen.
Das heißt, man darf die Lage nicht unterschätzen.
Das Virus darf man nicht unterschätzen,
muss man sehr ernst nehmen.
Hat man es unterschätzt letztes Jahr?
Am Anfang waren wir alle noch recht naiv,
wir Ärzte, die Politiker.
Und man hat sich vorangetastet und gelernt.
Die erste Welle ist, glaube ich, ganz gut gelaufen insgesamt.
Aber die zweite Welle hätte vielleicht mit mehr Vorsicht
auch flacher ausfallen können.
Wir erholen uns gerade davon.
Aber ich warne davor:
Wenn wir nicht aufpassen, zu früh lockern,
werden wir auch in eine dritte Welle gehen.
Und das möchte jeder vermeiden.
Das Virus verändert sich jetzt,
und auch die Sorge vor Mutation ist jetzt sehr groß.
Sie kennen ja den Fall der Humboldt-Klinik in Berlin,
die komplett unter Quarantäne steht.
Hatten Sie Fälle einer Virus-Mutante in Ihrem Krankenhaus
oder Ihren Häusern, die zu Ihnen gehören?
Worauf stellen Sie sich da jetzt ein, was die Mutationen angeht?
Also, die neuen Virus-Mutanten muss man auch ernst nehmen.
Die britische Mutante, die brasilianische Mutante,
die südafrikanische Mutante.
Wir hatten einen Fall einer Patientin Ende letzten Jahres,
die zu Weihnachten zu uns kam und leider einen sehr tragischen Verlauf
hatte, schon nach wenigen Tagen verstarb.
Ich möchte nicht sagen, dass alle Varianten so tödlich sind.
Aber sie sind zumindest infektiöser und das Infektionsgeschehen
kann sich sehr, sehr schnell ausbreiten.
Das heißt, wir müssen ganz klar
diese Mutanten besser in Deutschland auch erfassen.
So, wie das die britischen Kollegen seit vielen Jahren machen,
insgesamt in der Virologie und müssen dann eben auch versuchen,
ein Containment, gerade was die Mutanten angeht, wiederherzustellen.
Das gelingt natürlich nur bei sehr niedrigen Neuinfektionszahlen.
Das heißt, die Inzidenz muss insgesamt runter.
Muss runter gehen.
Und das geht nur, wenn man sozusagen in einen Wettlauf mit der Zeit geht.
Also, es muss im Grunde schneller geimpft werden,
als das Virus sich verbreiten kann.
Jetzt geht es ja aber eher schleppend voran.
Wie gewinnt man diesen Wettlauf?
Ja, zurzeit ist es leider so, dass die Impfkampagne
noch nicht so richtig in Deutschland durchgestartet hat.
Wir haben ungefähr 2 % geimpft.
Das ist noch viel zu wenig, wenn wir auf Israel schauen,
sehr viel höhere Raten.
Das heißt, wir müssen schauen,
dass die Impfzentren eben nicht nur Mitarbeiter impfen,
sondern eben auch die Patientenstämme impfen dürfen.
Wir müssen schauen,
dass wir niedergelassene Kollegen mit einbinden,
die uns bei der Grippe-Impfung jedes Jahr hervorragend helfen.
Das sind noch ungenutzte Kräfte.
Und zum Schluss muss man vielleicht auch bei schleppender Produktion
des Impfstoffes noch einmal scharf drüber nachdenken,
ob wir nicht auch in Deutschland einen Pharmastandort,
noch andere Standorte eröffnen,
um schnell auch Impfstoff produzieren zu können.
Da höre ich raus, Sie sind auch alles andere als zufrieden
offenkundig jetzt mit der gegenwärtigen Impfstrategie.
Und Sie sagen, so, wie es jetzt aufgestellt ist mit den Impfzentren,
das reicht eigentlich nicht.
Man muss noch sehr viel mehr impfen, wenn wir genug Impfstoff haben,
muss die Impfkampagne noch sehr viel schlagkräftiger werden.
Wir müssen Tag und Nacht wirklich auch impfen.
Bis zum Sommer sollten wir 30, 40 % der Bevölkerung geimpft haben,
denn nach dem Sommer kommt der Herbst.
Und wir sollten vor diesem Herbst 2021
doch einen Gutteil der Ernte eingefahren haben.
Das heißt, auch viele Menschen in Deutschland geimpft haben,
um nicht dann wieder in einen nächsten großen Lockdown
am Ende des Jahres zu geraten.
Sagt der, der sich damit auskennt.
Prof. Clemens Wendtner, schönen Dank nach München.
Sehr gerne, vielen Dank, Frau Schausten.
Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
Und es gab heute viele weitere Nachrichten
zum Hauptthema dieser Tage, die Anna-Maria Schuck geordnet hat,
im Corona-Ticker.
Eindhoven gestern Abend, ein Protest läuft aus dem Ruder.
So wie hier setzen hunderte Gegner der Corona-Maßnahmen
in mehreren niederländischen Städten Autos in Brand,
plündern Geschäfte, randalieren.
Die Polizei nimmt mehr als 250 Teilnehmer fest,
darunter auch Hooligans und Neonazis.
Premier Rutte verurteilt die Gewalt heute scharf.
Die Proteste haben sich
an der nächtlichen Ausgangssperre entzündet,
die am Samstag in Kraft getreten war.
Schnell, selbst und zuverlässig
zu Hause einen Corona-Schnelltest machen,
aktuell geht das noch nicht.
Doch das Gesundheitsministerium will den Kauf von Antigen-Schnelltests
für den Privatgebrauch ermöglichen.
Bis es soweit ist, wird es aber wohl noch dauern.
Denn die Tests müssen erst zertifiziert
und von Laien durchgeführt werden können,
um falsche Ergebnisse zu verhindern.
Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz,
Britta Ernst, hält Schulöffnungen ab Anfang Februar für möglich.
Allerdings könne das zu Beginn nur für Abschlussklassen
und die ersten Klassenstufen, und im Wechselunterricht gelten.
Außerdem sollten Schulen in den Sommerferien Lernangebote machen.
So könnten versäumter Lernstoff nachgeholt
und Eltern entlastet werden.
Mehr zur Impfsituation in Europa
heute in unserem heute journal update.
Wulf Schmiese im Gespräch mit dem Europaabgeordneten Peter Liese,
der zuversichtlich ist, dass die Ansagen aus Brüssel
gegenüber dem Hersteller AstraZeneca wirken werden.
Na dann.
Jetzt wichtige Nachrichten des Tages, jenseits von Corona.
Mit Gundula Gause.
Die EU-Außenminister haben die unverzügliche Freilassung
des russischen Oppositionsführers Nawalny gefordert.
Außenminister Maas setzte sich auch
für die Freilassung der 3.500 Demonstranten ein,
die am Wochenende in Russland bei Protesten für Nawalny
und gegen die Regierung von Präsident Putin festgenommen worden waren.
Thema der digitalen Beratungen
waren auch neue Sanktionen gegen Russland, über die die EU aber erst
nach dem nächsten Gerichtsverfahren gegen Nawalny entscheiden will.
Der russische Präsident
hat Kritik am Vorgehen der Sicherheitskräfte zurückgewiesen.
Die Demonstrationen seien illegal und gefährlich gewesen.
In einer Online-Diskussion mit Studenten
reagierte Putin erstmals auch auf das Video, in dem Nawalny
ihm einen milliardenteuren Palast am Schwarzen Meer zuschreibt.
Was dort als sein Eigentum gezeigt werde,
gehöre weder ihm, Putin, noch seinen engsten Verwandten.
Das Video wurde bislang 87 Mio. Mal aufgerufen.
Italiens Ministerpräsident Conte
hat für morgen seinen Rücktritt angekündigt,
in der Hoffnung, eine neue Koalition bilden zu können.
Der parteilose Politiker hat zwar jüngst
zwei Vertrauensabstimmungen knapp gewonnen,
trotzdem aber nach dem Rückzug eines kleinen Regierungspartners
keine Mehrheit mehr im Parlament.
Thüringens Ministerpräsident Ramelow steht wegen Äußerungen
auf einer Talk-Plattform weiter in der Kritik.
Am Wochenende hatte er die Bundes- kanzlerin als "Merkelchen" bezeichnet
und berichtet, während des jüngsten Corona-Gipfels
der Ministerpräsidenten auf dem Mobiltelefon gespielt zu haben.
Für dieses Verhalten kritisierten ihn Koalitionspartner und Opposition.
Kanzlerin Merkel hat er um Entschuldigung gebeten.
"Corona-Soforthilfen für die Armen - jetzt!",
so lautet der Aufruf eines breiten Bündnisses
von Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden in Deutschland.
Sie fordern eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze
auf mindestens 600 Euro pro Monat und weitere Zuschläge für Bedürftige.
Die Corona-Krise dürfe nicht zu einer Sozialstaatskrise werden.
Nach dem schweren Grubenunglück in China haben Einsatzkräfte
neun Bergleute tot geborgen, ein Arbeiter wird noch vermisst.
Gestern war es gelungen, elf Bergleute aus der Goldmine
in der ostchinesischen Provinz Shandong zu retten.
Sie waren nach einer Explosion mehr als zwei Wochen lang
in rund 600 Metern Tiefe eingeschlossen.
Die Ursache für das Minenunglück ist weiter unklar.
Die Zeit war reif und der Mut groß:
Vor zehn Jahren gingen in Ägypten jeden Abend mutige Frauen und Männer
auf die Straße, um gegen Korruption und Unterdrückung unter dem Regime
von Langzeitpräsident Husni Mubarak zu demonstrieren.
Die Bilder vom Tahrir-Platz in Kairo wurden zu einem Sinnbild
für diesen Freiheitskampf, der nicht nur Ägypten erfasst hatte,
sondern auch andere arabische Länder.
Am 25. Januar 2011 ging es los, danach wurden es in Kairo
jeden Abend mehr Demonstranten, die Leib und Leben riskierten.
Unter dem Druck der Proteste
trat Mubarak schließlich Mitte Februar zurück.
Vom Arabischen Frühling, den in der ersten Phase nach dem Umsturz
viele spürten, ist in Ägypten zehn Jahre danach wenig geblieben.
General Al-Sisi, seit sechs Jahren an der Spitze des Landes,
will mit den Auswüchsen der Revolution, wie er sagt, aufräumen.
Von Demokratie spricht keiner mehr, jedenfalls nicht laut.
Uli Gack.
Es sind solche Superlative, denen alles andere untergeordnet ist.
Beispielsweise das größte Fischzuchtprojekt der Welt.
Oder gigantische Wüstenflächen,
die durch künstliche Bewässerung Nahrungsprobleme lösen sollen.
Ägyptens Regierung will so das Land in die Zukunft katapultieren.
Auch mit einem Siemens-Hochgeschwindigkeitszug.
Wirtschaft, Militär und innere Sicherheit
sind Präsident Al-Sisis Prioritäten.
Der Rest kommt irgendwann später.
Viele Ägypter fühlen sich abgehängt,
sagt Ali El-Feel, Rechtsanwalt und Revolutionär.
So ähnlich hat er das hier schon mal erlebt, am Tahrir-Platz in Kairo,
auf den Tag genau vor zehn Jahren.
Ich habe damals nicht die Mehrheit repräsentiert,
aber gewiss 50 bis 60 Mio. Ägypter.
Vielleicht haben wir nicht unterhalb der Armutsgrenze gelebt.
Aber es war unsicher,
ob wir unsere Lebensbedürfnisse befriedigen können.
Keine Jobs, eine hohe Arbeitslosigkeit, keine Wohnungen.
"Freiheit und soziale Gerechtigkeit".
Das ist es, was er 2011 in die Menge ruft.
Der damalige Präsident Mubarak, samt korrupter Entourage,
wird hinweggefegt,
später eine gewählte islamistische Regierung weggeputscht,
am Ende siegt Ex-Militär Al-Sisi.
Es ist nicht das,
was sich Ali El-Feel und seine Revolutionäre vorgestellt hatten.
Rechtsanwalt Ali El-Feel hat uns eingeladen
in den ärmlichen Stadtteil Bulaq bei Gizeh, Kairo,
dorthin, wo seine Klienten leben.
Er nimmt uns mit zu Sheikh Saalah El-Baraka, tiefgläubiger Muslim,
der an Allah glaubt und nicht an Präsident Al-Sisi.
Ein streng Religiöser,
der deshalb dem Regime schon immer verdächtig war.
Der Erfahrung hat mit Verhaftung und, wie er sagt,
mit willkürlicher Gewalt.
Überall Probleme, es gibt keine Freiheit.
Der Polizist kommt und verhaftet mich, obwohl er weiß, wer ich bin.
Man kann ermitteln und die Sicherheit des Landes garantieren,
aber auf eine andere, eine menschlichere Art.
Aber nicht, indem man mich von der Straße weg in ein Polizeiauto steckt
und mir die Augen verbindet.
Die Ägypter sind erschöpft, sagen sie.
Obwohl Zehntausende eingesperrt sind,
werde es keine neue Revolution geben.
Dennoch: Die Staatsgewalt hat vorgesorgt.
Polizei und Geheimdienste haben den Tahrir heute so gut im Griff,
dass Oppositionelle an eine Demonstration nicht mal denken.
Weitere Nachrichten mit Gundula Gause.
Die Finanzmärkte sind mit Kursverlusten
in die neue Woche gestartet.
Die Pandemie mit all ihren wirtschaftlichen und finanziellen
Folgen belastet die Stimmung, auch der deutschen Unternehmen.
Valerie Haller,
wie sind die Erwartungen für dieses noch junge Jahr?
In den Chefetagen ziemlich pessimistisch.
War die Stimmung im Dezember noch ganz gut, hat sie sich
über praktisch alle Branchen hinweg im Januar verschlechtert.
Das zeigt Deutschlands wichtigster Konjunkturindikator: der Ifo-Index,
der jeden Monat eine Umfrage unter 9.000 Firmenchefs durchführt.
Die trübe Stimmung hat v.a. zwei Gründe:
der verlängerte Lockdown und die langsamen Fortschritte beim Impfen.
Regelrecht eingebrochen
sind die Erwartungen beim hart getroffenen Handel.
Auch der Dienstleistungssektor
beurteilt die Lage deutlich schlechter.
Mit Blick auf die Zukunft ist das Baugewerbe nun pessimistischer.
Und selbst die Industrie, lange eine Stütze der Wirtschaft,
blickt nun mit Sorgen auf die kommenden Monate.
Ein ähnliches Bild zeigt die Umfrage
des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.
Demnach sehen sich zehntausende Betriebe
möglicherweise in eine Insolvenz abrutschen.
Überdurchschnittlich schlechte Werte gibt es im Einzelhandel,
bei Messe- und Konzertveranstaltern sowie der Gastronomie.
Nach der schwachen Ifo-Umfrage ist auch der DAX in die Knie gegangen
und schließt mehr als 1,5 % im Minus.
Die zweite Corona-Welle belastet die Stimmung in der Wirtschaft stark.
Volkswirte hingegen sind recht optimistisch.
Sie erwarten, dass sich die Konjunktur
schon im Frühjahr wieder kräftig erholen könnte.
Wobei sie einschränken:
Das hängt stark davon ab, wie sich die Pandemie weiter entwickelt.
Bei der Handball-WM in Ägypten hat sich die DHB-Auswahl am Abend
mit einem Unentschieden gegen Polen verabschiedet.
Das 23:23 besiegelt nach dem enttäuschenden Scheitern
in der Hauptrunde nun auch das schlechteste Abschneiden
einer deutschen Handball- Nationalmannschaft bei einer WM.
Sie gilt als eines der bedeutendsten Bucharchive weltweit,
blickt auf eine bewegte Geschichte zurück
und auf 16 Jahre Renovierungsarbeiten.
Jetzt wurde die Berliner Staatsbibliothek Unter den Linden
feierlich wiedereröffnet –
pandemie-bedingt allerdings nur im kleinen Rahmen.
Die Sammlung umfasst u.a. den größten Atlas der Welt aus dem Jahr 1664.
Ein weiteres Highlight: die Original- Partitur von Mozarts "Zauberflöte".
Besucht werden kann die Staatsbibliothek
wegen Corona erst einmal nur virtuell.
Dass die Corona-Lage Besserung erst an Ostern verspricht: möglich.
Spätestens, hoffentlich.
Viele wünschen in diesen harten Winterwochen den Frühling herbei,
frei nach Goethes Osterspaziergang:
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche,
durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungsglück."
Hoffnung aus der Natur zu ziehen,
war jeher der Antrieb für das Lustwandeln unter freiem Himmel,
und das hat gerade Konjunktur.
Was will man auch machen,
wenn Kinos, Cafes und Fitnessstudios geschlossen sind,
und einem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt.
Deshalb aus gegebenem Anlass: das Lob des Spaziergangs.
Von Barbara Lueg.
"Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten,
dem Wege, den ich kaum begann, voran."
"Ode an den Spaziergang".
Dichter, Denker und Literaten wie Rilke
fanden im Gehen stets die schönen Worte.
Immanuel Kant um 1800 ging jeden Tag vor die Tore von Königsberg.
Er ging spazieren, um zu denken.
Seit uns Corona überrollte und die Welt zum Stillstand zwang,
erlebt der Spaziergang eine verblüffende Renaissance,
mal in Gesellschaft, mal sinnfrei in der Landschaft.
Doch in Wahrheit steckt viel mehr dahinter.
Die Langsamkeit führt uns am dichtesten an das Leben heran,
sagen Wissenschaftler.
Die Ferne rückt näher, Details blitzen auf.
Eine rasende Mobilität hat den Blick für die eigene Umgebung
in der Vergangenheit vernichtet, sagt Promenadologe Martin Schmitz,
der sich seit Jahrzehnten
mit der Wissenschaft des Spaziergangs beschäftigt.
Immer, wenn man irgendwo ist, kann man sich die Frage stellen:
Ist es hier schön?
Also, dass man seine Vorstellungen, die man im Gepäck hat,
einfach mal vergisst und sich anguckt, was da ist.
Das lohnt sich schon aus rein medizinischer Sicht.
Der Spaziergang ist einfach, kostenlos und vor allem gesund.
Stresshormone werden abgebaut, der Adrenalinspiegel sinkt.
Der Blutdruck sinkt.
Ich habe die Möglichkeit, meine Gedanken neu zu sortieren,
das Gehirn wird besser durchblutet.
Das heißt: Ich habe einen Blumenstrauß an positiven Effekten
durch das Spazierengehen.
Hinter den schweren Wänden der Alten Pinakothek
flaniert der Generaldirektor weltvergessen durch die Landschaft
seines Lebens, die die Ursprünge des Spaziergangs abbildet
und für uns alle sorgsam konserviert.
Wenn man sich die Landschaftsmalerei des 16. Jahrhunderts anschaut,
dann sind viele Reisende zu sehen, aber sie sind Geschäftsreisende.
Sie gehen zum Markt, sie treiben ihr Vieh,
sie gehen in den Wald, um Holz zu schlagen.
Im 18. Jahrhundert dreht sich das.
Die Wohlhabenden, die nicht mehr nur für den Broterwerb
in die Natur gehen, gehen spazieren.
Und so spannt sich der Bogen von damals bis heute,
bedingt durch eine Pandemie, die uns nach draußen treibt,
weil sonst nichts übrig ist.
Aber vielleicht gehört der Spaziergang
am Ende ja zu den Entdeckungen,
die wir uns bewahren, wenn endlich alles vorbei ist.
Im Montagskino geht's spannend weiter
im Drogenkrieg an der US-mexikanischen Grenze.
Und direkt danach um kurz nach Mitternacht gibt es hier also
das heute journal update mit Wulf Schmiese.
Bis morgen.
Es ist viel los am Himmel über Europa.
Für uns interessant ist aber ein ganz kleines Tief,
das heute über die Nordsee herangezogen ist.
Das beschäftigt uns noch den ganzen kommenden Tag.
Dieses Tief zieht von Nordwest nach Südost über Deutschland hinweg.
Bis morgen Abend erreicht es Tschechien und Österreich.
Das bedeutet für uns erstmal Regen,
je mehr dieser Regen ins Binnenland hineinzieht,
wird daraus Schnee und Schneeregen.
Bis morgen früh können durchaus zehn bis 20 cm Neuschnee
im Mittelgebirge zusammenkommen.
Morgen erreicht das Schneetief auch Bayern,
dort bleibt es bei winterlichen Straßenverhältnissen.
Heute Nacht gibt es diese winterlichen Straßenverhältnisse
besonders im südlichen Niedersachsen, in Nordrhein-Westfalen,
am Alpenrand und in den Mittelgebirgen.
Wenn das kleine Schneetief morgen Bayern erreicht
lockern die Wolken im Nordwesten schon wieder auf.
Dazu aber starker Wind in Bayern, da kann es Schneeverwehungen
und Schneebruch geben.
Wenn der feuchte Schnee an den Bäumen festfriert,
dann können Äste abbrechen oder ganze Bäume umstürzen.
Am Mittwoch ändert sich noch nicht viel,
Donnerstag und Freitag wird es von Westen markant milder.
Dann drohen Tauwetter und Hochwasser.