heute journal vom 26.01.2021 - Forderungen nach Öffnungsperspektiven
Guten Abend.
Beginnen wir diese Sendung mit einer guten Nachricht: Der Shutdown wirkt.
Das Maskentragen, die Kontaktbeschränkungen,
das Zuhausebleiben, es ist eine Gemeinschaftsleistung
und die zahlt sich aus:
Die Infektionszahlen gehen runter.
Was folgt daraus?
Jedenfalls keine Entwarnung seitens der Politik.
Die Corona-Lage bleibt labil und widersprüchlich:
Während die einen eine Lockerungsdebatte vorantreiben,
warnen andere eindringlich vor der Gefahr durch Mutationen und davor,
bloß keinen Jo-Jo-Effekt zu erzeugen.
Statt Lockerungen stehen sogar Verschärfungen im Raum,
bei Grenzkontrollen und beim Flugverkehr.
Kai-Felix Jochens ordnet die Diskussion dieses Tages.
Wie sind diese Balken zu bewerten?
Die Corona-Fallzahlen in Deutschland, sie schwanken
und sinken in der Tendenz.
Das RKI meldet heute 6.408 Neuinfektionen.
Spielraum für Schlussfolgerungen:
Wenn sich das so fortsetzt, wenn das eben auch gelingt,
es in eine Größenordnung zu bringen bei den täglichen Infektionen,
wo die Gesundheitsämter gut Kontakte nachverfolgen können,
dann wird man natürlich auch unter diesen neuen Aspekten
entscheiden können, ob und wie es mit den Maßnahmen weitergeht.
Ich kann aber alle nur davor warnen,
jetzt bereits wieder mit voreiligen Lockerungsdebatten zu beginnen.
Denn die Wirtschaft, die Schulen brauchen keine voreiligen
Lockerungsdebatten, sondern eine verlässliche Perspektive.
Wir brauchen eine Wenn-Dann-Regel,
unter welchen Bedingungen regional das öffentliche Leben
wieder geöffnet werden kann
oder notfalls auch geschlossen werden muss.
Eine eben solche Wenn-Dann-Strategie
haben sie in Schleswig-Holstein heute präsentiert.
Pressetermin der Jamaika-Koalition in Kiel.
Mit dabei: ein Vier-Stufen-Plan, gekoppelt an die Inzidenz,
also den Wert der Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner pro Woche.
Der Plan soll Grundlage sein soll
für neue Beratungen zwischen Bund und Ländern.
In der Stufe IV liegt die Inzidenz über 100:
Die derzeitigen Maßnahmen gelten weiter.
Stufe III greift bei einer Inzidenz,
die stabil unter 100 liegt, heißt: mindestens sieben Tage lang.
Kitas gehen in den eingeschränkten Regelbetrieb,
Schulen beginnen mit Wechselunterricht,
Treffen von maximal fünf Personen aus zwei Hausständen sind erlaubt.
Bei Stufe II ist die Inzidenz stabil unter 50:
Kitas wechseln in den Regelbetrieb,
Schulen vermehrt in den Präsenzunterricht,
die Gastronomie öffnet unter Auflagen.
Stufe I gilt bei einer Inzidenz stabil unter 35:
Bis zu zehn Personen aus mehreren Haushalten dürfen sich treffen,
Kontaktsport ist wieder erlaubt,
Theater und Kinos öffnen für die Allgemeinheit.
Es geht ausdrücklich darum, dass das ein Vorschlag
für einen bundesweiten Plan ist, und ich bin mir sicher,
dass es im Interesse aller Bundes- länder und auch des Bundes ist,
dass dieser Perspektivplan jetzt auch kommt.
Während dieser Plan Lockerungen in Aussicht stellt,
stehen andere auf der Bremse –
etwa beim grenzübergreifenden Verkehr.
Aufgrund der Virusmutationen
erwägt der Bundesinnenminister drastische Maßnahmen.
Deutschland auf der Suche nach Orientierung
zwischen Lockerungen und Shutdown - Ausgang derzeit offen.
Vorerst bleibt es dabei:
Das Impfen ist der einzige Weg heraus aus der Corona-Krise.
Wohl dem, der genügend Impfstoff hat.
Die EU gehört derzeit bekanntlich nicht dazu.
Für zusätzliche Aufregung hatte deshalb gestern die Ankündigung
des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca gesorgt,
seine versprochenen Liefermengen zu kürzen.
Nach heftigem Protest bot AstraZeneca Medienberichten zufolge heute an,
zumindest eine Woche früher mit den ersten Lieferungen zu beginnen.
Für Verwirrung sorgten Meldungen
über eine begrenzte Wirksamkeit des Impfstoffs,
der Ende der Woche auch die Zulassung für Europa bekommen soll.
Stefan Leifert.
Es ist der vierte Tag, an dem sich alles um einen Impfstoff dreht:
den von AstraZeneca.
Erst die Lieferprobleme, heute Medienberichte,
dass er bei Älteren so gut wie gar nicht wirke.
Ein Missverständnis, wie die Chefin der EU-Gesundheitsagentur
bei einer Anhörung im Europaparlament klarstellt.
Die Studien, die gemacht wurden und die uns in dem Fall vorliegen,
beinhalten nur einen sehr kleine Zahl von älterer Bevölkerung.
Und das ist mit dem gemeint,
was in den Medienberichten gerade diskutiert wird.
Dennoch: Es läuft nicht mit der EU-Impfkampagne.
Freitag wohl wird AstraZeneca eine Zulassung für die EU erhalten.
Liefern will der Hersteller
aber vorerst nur einen Bruchteil des Vereinbarten.
In der Bergwelt von Davos wollte die Weltelite
heute die Probleme der Welt beraten.
Geblieben ist ein virtuelles Weltwirtschaftsforum
und v.a. ein Problem: Europas stockender Impfstart.
Europa hat Milliarden in Entwicklung des Corona-Impfstoffs investiert
und damit ein im wahrsten Sinne globales Gemeingut geschaffen.
Und jetzt müssen die Unternehmen liefern.
Sie müssen ihren Verpflichtungen nachkommen.
Eine Mahnung an AstraZeneca.
Der britische Impfstoff-Hersteller produziert in der EU,
wie hier in Dessau, will nun aber der EU kaum liefern.
Großbritannien hingegen bekommt, was es bestellt hat.
Die EU droht nun mit Exportbeschränkungen.
Hier geht es nicht um EU first, sondern um den fairen Anteil.
Deswegen macht es Sinn, dass wir eine Exportbeschränkung haben.
Heißt: Dass Impfstoffe, die die EU verlassen, eine Genehmigung brauchen
damit wir zumindest mal wissen, was in Europa hergestellt wird.
Ich finde es ganz wichtig,
dass wir Impfnationalismus und Protektionismus jetzt ablehnen.
Wann immer das versucht wurde,
hat es am Ende nicht nur dem Land geschadet, das es anwendet,
sondern auch allen anderen Ländern.
Der Ton der Debatte wird hörbar schärfer.
Doch eins bleibt immer gleich: Der EU fehlen die Impfdosen.
Die EU zeigt Zähne, Großbritannien keilt zurück.
Da lohnt das Nachfragen bei unseren Korrespondentinnen.
Diana Zimmermann in London,
der britische Gesundheitsminister wettert gegen Impfnationalismus.
Wen meint er?
Und ist das wirklich die Sorge,
Großbritannien steht ja beim Impfen sehr gut da?
Er meint natürlich die EU, die androhte,
den Export von Impfstoffen zu blockieren.
Das Ganze zeigt vor allem, wie blank die Nerven liegen und wie groß
der Druck auf den Regierungen ist, an diesen flüssigen Lebensretter
Impfstoff zu gelangen.
In Großbritannien wurden bereits 10 % der Briten mit der ersten Impfung
versorgt, in der EU sind es erst 2 % der Bevölkerung.
In Großbritannien wurde nun
die Marke von 200.000 Todesopfern überschritten.
Der Premier muss sich fragen lassen,
warum Großbritannien die höchste Rate an Toten hat.
Er hofft, dass seine Versäumnisse von den Impfungen überdeckt werden.
Es zeigt natürlich auch, dass die Stimmung hier seit dem Brexit
zwischen London und der EU sehr angespannt ist.
Anne Gellinek, der deutsche Gesundheitsminister
nahm heute das Wort “Exportstopp“ in den Mund,
die Kommissionschefin setzt auf strenge Appelle.
Welche Mittel ist Brüssel wirklich bereit, einzusetzen,
im Kampf um den Impfstoff?
Die EU-Kommission ist stinkwütend auf AstraZeneca.
Sie hat ein paar Folterwerkzeuge herausgeholt.
Die EU will Einsicht in die Firmendaten haben.
Sie will wissen, wie viel Impfstoff produziert wird
und ob er aus der EU exportiert wird.
Die EU will die Genehmigungen erteilen
für die Ausfuhr von Impfstoffen.
Die Macht hätte die EU dazu.
Aber es passt schlecht zur EU, die für die ganze Welt für einen Handel
ohne Beschränkungen und Nachteile kämpft.
AstraZeneca hat dementiert,
dass sein Impfstoff nur bedingt wirksam sei.
Heißt das: Am kommenden Freitag kommt dann auch die unbegrenzte Zulassung
für die EU?
Die Chefin des Gesundheitsausschusses
des Europaparlaments hat sich nicht in die Karten gucken lassen.
Sie bestätigte zwar, dass die Lage bei AstraZeneca sehr dünn ist,
aber sie wollte nicht so weit gehen, dass es eine begrenzte Zulassung
für eine bestimmte Altersgruppe geben wird.
Wir bleiben noch beim Thema
und begeben uns in die Niederungen der bundesdeutschen Impfmisere.
Die spielt in Impfzentren, Altenheimen, und in Hotlines,
in denen die warten, die gern einen Termin hätten, aber nicht bekommen.
In Nordrhein-Westfalen
startete gestern die Terminvergabe online und per Telefon
und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sah sich heute gezwungen,
die vielen “Frustrationserlebnisse“ zu bedauern,
es ruckele halt am Anfang.
Unser Blick geht jetzt nach Niedersachsen,
wo Peter Kunz Frustrationserlebnisse anderer Art beobachtet hat.
Es ruckelt auch in Göttingen.
Heute früh in Göttingen: Es ist mal wieder Impfstoff da.
Reserviert für die zweite Impfung in einem Pflegeheim.
Sie sind also die Ersten in der Stadt,
die den Vollschutz genießen dürfen.
Die Verteilung organisiert die Göttinger Feuerwehr,
die Alten und Schwachen in den Heimen zuerst.
Das ist die Politik in Niedersachsen.
Andere, die an der Corona-Front arbeiten, haben das Nachsehen.
Wie am Uniklinikum Göttingen: Ärzte und Pfleger von Covid-19-Patienten
stehen zwar auch auf Platz eins der Impfliste der Bundesregierung,
müssen in diesem Bundesland aber noch warten, bis sie dran sind.
Und mit jeder neuen Verzögerung bei den Impfstoffen
wird die Mangelverteilung zu einem Verteilungskampf
um die schützenden Spritzen.
Wenn man mit anderen Bundesländern telefoniert und zu hören bekommt,
dass die Ärzte- und Pflegekräfte schon durchgeimpft sind,
dann ist das für die eigenen Mit- arbeiter schon schwer zu vermitteln.
Es wäre wünschenswert, wenn in Deutschland einheitliche Regeln
für die Impfung in den Krankenhäusern gelten.
Immerhin: Eine Einmallieferung von 1.000 Impfdosen kam
nach politischem Druck.
Die kamen direkt aus Brüssel, wurden von der Polizei eskortiert.
Das Impfgeschenk reichte gerade mal für die Hälfte der Klinikmitarbeiter
die gefährdet sind oder gefährden könnten.
Eine Impfstraße, die die Uniklinik aufgebaut hat,
steht die meiste Zeit leer, nicht nur, weil Impfstoff fehlt,
auch weil Niedersachsen seit Wochen nur verspricht, aber nicht umsetzt,
die Großklinik zu einem Impfzentrum zu erklären.
Wir können bis zu 300 Personen hier impfen.
Theoretisch könnten wir hier auch am Wochenende durchimpfen.
Praktisch gedacht - vielleicht deshalb schwierig.
Die Impfhoheit in Niedersachsen ist Sache der Städte und Landkreise,
und die Bürokratie liebt auch Wochenenden.
Dieses offizielle Göttinger Impfzentrum wird selbst dann nicht
sieben Tage geöffnet sein, wenn mehr Impfstoff kommt.
Dafür kann sich der Leiter die Uniklinik
als Partner auf Augenhöhe vorstellen.
Es würde uns entlasten, wir haben auch die Nachbereitung der Impfung,
die ganzen Dokumente müssen auch bei uns archiviert werden.
Und zehn Jahre aufheben.
Es gingen noch viel besser mit der Arbeitsteilung.
Die Uniklinik hat die für den Impfstoff idealen Kühlschränke
bis minus 70 Grad, aber sie ist kein Impfzentrum.
So darf sie die Portionen für Göttingen hier nicht aufbewahren.
Das passiert im städtischen Impfzentrum aufwändig mit Trockeneis
Nach acht Tagen muss alles verimpft sein.
Höchstens, wenn was zu verderben droht, geht es als Geschenk
an die Uniklinik - an die vorderste Front gegen Corona.
In den Niederlanden
halten die gewalttätigen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen an.
Damit beginnen die Nachrichten mit Gundula Gause.
Noch scheint es heute Abend ruhig zu sein in den Niederlanden,
aber Amsterdam, Rotterdam und andere Städte haben sich
auf eine weitere Krawallnacht vorbereitet.
Polizei und Sicherheitskräfte sind im Großeinsatz.
Die Proteste richten sich v.a. gegen die nächtliche Ausgangssperre
zur Eindämmung der Pandemie.
Nach den erneuten Ausschreitungen in der vergangenen Nacht
wurden landesweit 184 Menschen festgenommen.
Die Regierung in Den Haag übt deutliche Kritik an den Randalierern.
Die Schäden gehen in die Millionen.
Die AfD in Sachsen-Anhalt wird seit kurzem vom Verfassungsschutz
mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet.
Der Landesvorstand berät zur Stunde in Magdeburg
über juristische Schritte
gegen mögliche Einstufungen des Verfassungsschutzes.
Im Landtag von Sachsen-Anhalt ist die AfD die größte Oppositionspartei.
Auf Bundesebene hat die AfD
vor Gericht einen Rückschlag hinnehmen müssen:
Das Verwaltungsgericht Köln lehnte es ab,
dem Bundesverfassungsschutz zu verbieten,
die Mitgliederzahl des aufgelösten,
als extremistisch eingestuften sog. Flügels der AfD mit 7.000 anzugeben.
Laut AfD ist die Zahl frei erfunden und schade der AfD,
weil dem "Flügel" damit eine Bedeutung zugeschrieben würde,
die er nicht habe.
Die Polizei hat im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen
von Bergisch Gladbach bundesweit Razzien durchgeführt.
Insgesamt waren 1.000 Beamte im Einsatz.
Wie hier in Herdecke durchsuchten sie Wohnungen
und stellten u.a. Datenträger sicher.
Ermittelt wird gegen 63 Männer und zwei Frauen,
die kinderpornografisches Material besessen oder verbreitet haben sollen
Die Polizei war beim Auswerten von Chats
auf die Verdächtigen aufmerksam geworden.
Russland und die USA haben sich offenbar darauf geeinigt,
den atomaren Abrüstungsvertrag New Start zu verlängern.
Es seien entsprechende diplomatische Noten ausgetauscht worden,
teilte der Kreml nach einem Telefonat zwischen Russlands Präsident Putin
und US-Präsident Biden mit.
Beide Seiten hatten bereits zuvor erklärt,
den Vertrag um fünf Jahre verlängern zu wollen.
Zwei Wochen nach dem Bruch der Regierungskoalition in Italien
hat Ministerpräsident Conte seinen Rücktritt eingereicht.
Er fuhr zu Staatspräsident Mattarella, der ihn bat,
die Geschäfte vorerst weiterzuführen.
Conte hofft, mit der Bildung
einer neuen Regierungskoalition beauftragt zu werden.
Möglich sind auch Neuwahlen.
Oder der Präsident könnte eine technokratische Regierung einsetzen,
um Italien durch die Corona-Krise zu führen.
Der Finanzminister nennt sie “Bazooka", die Corona-Hilfen,
die die Belastungen von Firmen und Selbstständigen
durch die Pandemie abfedern sollen.
Auch wenn manches längst nicht rund läuft,
die Mittel sind da - und das ist nach Meinung vieler
ein Ergebnis nicht zuletzt der Schuldenbremse,
die sich Deutschland 2009 ins Grundgesetz geschrieben hat.
Auf Betreiben übrigens von CDU und CSU.
Da lässt dann aufhorchen,
wenn ausgerechnet der Kanzleramtsminister Helge Braun,
CDU, die Schuldenbremse nun in Frage stellt.
Aufgehorcht hat auch Florian Neuhann aus unserem Hauptstadtstudio,
der uns die Hintergründe erklärt.
Wenn ein Kanzleramtschef eine ganze Seite in der Zeitung vollschreibt,
was ist das dann: nur seine ganz private Ansicht?
Der nebenberufliche Zeitungskommentator ist immerhin
enger Vertrauter Angela Merkels.
Und was er da heute im “Handelsblatt“ veröffentlicht:
eine kleine Sensation.
Die Schuldenbremse, so Braun, könne man über Jahre nicht einhalten
und müsse daher das Grundgesetz ändern.
Für einen Moment wirkt es,
als habe Braun einen Eckpfeiler der Union eingerissen.
Doch der Moment ist kurz.
Es ist eine Sache, die uns auch irritiert hat.
Es ist nicht meine Position,
es ist nicht die Position unserer Haushalts- und Wirtschaftspolitiker.
Und auch nicht die des CSU-Chefs.
Eine falsche Idee, meint Markus Söder.
Wenig später begräbt Armin Laschet, der neue CDU-Chef,
den Vorstoß in der Fraktionssitzung endgültig.
Wo er nach Teilnehmerangaben auch seine erste Machtansage formuliert:
Dabei berührt der Vorstoß von Braun eine Frage,
die sich vielen bald stellen dürfte: Wer zahlt für die Krise?
Im Finanzplan der nächsten Jahre fehlen laut Finanzministerium
einige dutzend Milliarden Euro.
Natürlich kann man auf Besserung hoffen, ansonsten bleibt nicht viel:
Steuern erhöhen?
Ausgaben kürzen?
Mehr Schulden machen?
Ein Dilemma, auf das nicht nur linke Volkswirte
wie der Wirtschaftsweise Achim Truger hinweisen.
Wenn man jetzt die Schuldenbremse beibehalten würde
und sie schnell wieder greifen lassen würde,
dann müssten die Bürger*innen mit Steuererhöhungen
und vielleicht empfindlichen Ausgabenkürzungen rechnen.
Die Investitionsprojekte,
Zukunftsprojekte drohten dann zu scheitern.
Und so ist die kurze Debatte heute ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf.
Hier die Union mit ihrem ewigen Glaubensbekenntnis.
Die Schwarze Null ist das Markenzeichen der CDU
und das sollten wir auch im Bundestagswahlkampf
und in den nächsten Jahren immer wieder betonen.
Dort SPD, Linke oder Grüne, die heute, wie Robert Habeck,
ganz angetan sind vom neuen Schuldenbremsen-Bremser
aus dem Kanzleramt.
Nun haben wir die besondere Situation,
dass das Kanzleramt und die Grünen ungefähr ähnliches sagen.
Und die eigentlich das Kanzleramt tragende Partei,
die Union, ihnen komplett in den Rücken fällt.
Dabei ist unklar,
ob das Kanzleramt in dieser Frage mit einer Stimme spricht.
Angela Merkel zumindest lässt über ihren Sprecher wissen,
es handele sich bei dem Artikel um einen persönlichen Meinungsbeitrag
ihres Kanzleramtschefs.
Und Helge Braun erklärt am Nachmittag auf Twitter,
er liebe die Schuldenbremse.
Womit er nichts darüber aussagt, wann er sie wieder einhalten würde.
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos,
das diesmal virtuell stattfindet, hat Bundeskanzlerin Merkel
die Pandemie als "Jahrhundert- Katastrophe" bezeichnet
und in ihrer Rede auch Versäumnisse in Deutschland
beim Kampf gegen Corona eingeräumt.
Valerie Haller, was hat die Kanzlerin da hervorgehoben?
Sie hat eine recht kritische Corona- Bilanz gezogen, spricht von Fehlern,
Verwundbarkeit und nicht vorhandener Widerstandsfähigkeit.
Die Krise, meint Merkel,
habe unsere Schwachstellen in Wirtschaft und Gesellschaft gezeigt.
Eine dieser Schwächen ist der Mangel an Geschwindigkeit.
Prozesse dauerten lange.
Die Pandemie, meint Merkel,
hinterlasse tiefe Spuren in unserer Wirtschaft und Gesellschaft
in den nächsten Monaten und Jahren.
Allerdings nicht ganz so tiefe, meint der Internationale Währungsfonds,
der heute seine recht optimistische Prognose für die Weltwirtschaft
und Deutschland bekannt gegeben hat.
Laut IWF erholt sich die Wirtschaft schneller als angenommen,
u.a. auch wegen der angelaufenen Impfkampagnen.
Demnach soll die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 5,5 % wachsen.
Für Deutschland etwas weniger: 3,5 %.
Ein tristes Bild aber zeichnet der Währungsfonds
für Schwellen- und Entwicklungsländer.
Besonders für diese Länder sei die Pandemie verheerend.
Die Armutsbekämpfung der vergangenen Jahre
könnte die Pandemie zunichte gemacht haben.
Jetzt ist es bestätigt: Thomas Tuchel wird neuer Trainer beim FC Chelsea.
Der frühere Coach von Mainz 05,
Borussia Dortmund und Paris Saint-Germain
wird Nachfolger von Vereinsikone Frank Lampard.
Derzeit steht Chelsea auf Platz 9 der englischen Premier League.
Tuchel soll den Klub wieder zum Erfolg führen.
Und leitet bereits das erste Training in London.
Von September bis April lassen sich in den hohen Breitengraden,
nahe des Polarkreises, in klaren Nächten die Nordlichter beobachten,
auch "Aurora Borealis" genannt.
Jetzt gerade war das kosmische Spektakel
gut vom nordfinnischen Enontekiö zu beobachten.
Auch im Süden von Alaska waren die Polarlichter zu sehen.
Der nationale Wetterdienst meldete dort:
"Lady Aurora tanzt über den Nachthimmel".
Am morgigen 27. Januar
wird in vielen Ländern der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
Der Deutsche Bundestag kommt zu einem Staatsakt zusammen,
auf den Tag 76 Jahre, nachdem sowjetische Truppen
das Vernichtungslager Auschwitz befreiten.
Mitten in Berlin erinnert das zentrale Mahnmal an die 6 Mio. Juden,
die im Holocaust ermordet wurden.
Ein Stelenfeld, das den, der es durchläuft, bedrückt und mahnt.
Lebendige Erinnerung aber transportieren die,
die von ihren eigenen Erlebnissen zur NS-Zeit erzählen können:
die Überlebenden, von denen aber fast acht Jahrzehnte nach dem Krieg
immer weniger noch berichten können.
Wie bewahrt man solche Erinnerungen?
Mit den Möglichkeiten moderner 3D-Technik,
hat man sich jedenfalls in Brandenburg gedacht,
wo an entsprechenden Erinnerungs- konzepten gearbeitet wird.
Dieses Gespräch des Zeitzeugen Ernst Grube mit einem Jugendlichen
wurde umfassend gefilmt und digitalisiert,
sodass es nun überall erlebbar gemacht werden kann.
Wenn etwa Ernst Grube von seiner Kindheit in München 1938 erzählt,
wo seine Familie den Repressalien der Nazis ausgesetzt war.
Dass also den Juden die Wohnung genommen wurde,
nicht nur wir jetzt, sondern auch später anderen Familien.
Persönliche Erlebnisse,
digitalisiert gegen das Vergessen und damit gesichert für die Zukunft.
Nicola Albrecht hat mehr dazu.
Wir sind in einem Speziallabor in den Babelsberger Filmstudios.
Unter der 4 m hohen Lichtrotunde und mit 32 Kameras gleichzeitig
wurde hier Ernst Grube aufgenommen und interviewt.
Eine virtuelle und doch lebensnahe Begegnung
mit der 3D-Kopie des Holocaust-Überlebenden
ist dadurch nun jederzeit möglich.
Und so können wir uns z.B. vorstellen, dass man so etwas macht
wie eine virtuelle Führung in einer KZ-Gedenkstätte und Zeitzeugen,
die hier aufgenommen werden,
dann quasi dort vor Ort eingeblendet werden
und Besucher eben auf ihren Smartphones
sich vor Ort eine solche hier aufgezeichnete Führung anhören.
Das 3D-Studio ist nur ein Partner
für eines der aktuell spannendsten Forschungsprojekte
moderner Geschichtsvermittlung.
Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen gehen der Frage nach:
Wie wollen wir in Zukunft
an die Zeit des Nationalsozialismus erinnern?
Ein Ort, an dem sie forschen: die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen.
Junge Menschen hier auch mit neuester Technik erreichen,
ein zentrales Ziel.
Solche digitalen Formate ermöglichen Partizipation.
Menschen können sich beteiligen,
können durch Chat-Funktion sehr stark mit uns interagieren,
was Gedenken und Erinnern und die kritische Aufarbeitung angeht.
Das Forschungsprojekt versteht sich als Experimentierraum,
als Raum des offenen Diskurses.
Technisch ist fast alles möglich, doch wo liegen ethisch die Grenzen?
Eine Grenze, die wir ganz klar ziehen:
Eine Gaskammer wird nicht mehr auferstehen.
Wir werden uns nicht im Storytelling
an der Grenze zum sog. Dark Tourism bewegen.
Es geht um die Kunst des digitalen, des virtuellen Erzählens.
Es geht um Haltung und Perspektive.
Emotion steht gegen kritische Distanz.
Und es geht um die Würde der Opfer und der Überlebenden,
wenn sie uns nicht mehr selbst erzählen können.
Wenn man den Eindruck hat, ich bin jetzt in einem Konzentrationslager,
ist was schief gegangen.
Die Grenzen sind da, wo jemand denkt, ich bin jetzt ein Häftling
und ich fühle jetzt so, das wäre anmaßend.
Man sollte nicht glauben,
dass man das wirklich nachempfinden könnte.
Historische Tatorte mit virtuellem Erleben verbinden,
ist eine der großen Herausforderungen für die Forscher.
Ernst Grube jedenfalls ist zufrieden.
Ich bin da schon ganz schön beeindruckt.
Nun hofft er, dass, wenn sein virtuelles Pendant
irgendwann sein Erbe antritt,
es die junge Generation so erreicht wie das persönliche Gespräch.
Zum Schluss kehren wir noch einmal zum Thema Corona zurück,
dem sich direkt im Anschluss an dieses heute journal
auch Leschs Kosmos in einer Spezialausgabe widmet.
Und da werden wir was lernen können.
Harald Lesch in München,
Sie beschäftigen sich gleich u.a. mit der Frage,
wie groß die Gefahr durch Mutationen ist.
Und können uns schon eine Antwort geben?
Leider kann ich keine eindeutige Antwort geben.
Besonders Gedanken machen uns die Mutationen,
die sehr ansteckend sind.
Die belasten das Gesundheitssystem mehr
und führen zu schweren Verläufen.
Es kann aber auch sein,
dass die Wissenschaft noch andere Mutationen entdeckt.
Das ist die Aufgabe der Forschung, das herauszufinden.
Es könnten auch positive Mutationen dabei sein.
Davon werden wir berichten.
Um 0.05 Uhr meldet sich Wulf Schmiese mit unserem heute journal update.
Bis morgen.
Nach den kräftigen Schneefällen und Schneeverwehungen
beruhigt sich das Wetter erst mal mit dem Hoch "Elke".
Aber bald kommt schon das nächste Tief mit Regen,
Schneeregen und Schnee.
In Niederbayern schneit es heute Nacht noch
und schon wieder westlich des Rheins.
Im Emsland ist auch Schneeregen dabei.
Es bleibt glatt auf den Straßen.
In der Osthälfte ist es morgen meist trocken,
hier kann auch mal die Sonne scheinen.
Sonst fällt Schnee, Schneeregen und Regen bei Südwestwind.
Dann ändert sich die Wetterlage: Von Westen kommen immer mehr Tiefs heran,
die viel Regen mitbringen.
Bis zum Wochenende können 50 bis 100 Liter Regen pro Quadratmeter fallen.
Es ist viel Wind dabei.
In den Mittelgebirgen liegen aktuell 20 bis 50 cm Schnee.
Dieser Schnee wird jetzt immer mehr zusammen tauen,
damit droht dann v.a. an den Zuflüssen von Mosel,
Main, Neckar und Rhein Hochwasser.
Im Nordosten ist das Wetter ganz anders:
Da breitet sich die Schneedecke sogar noch aus,
denn da liegt noch die Frostluft.
An der Grenze zur Frostluft wird es in den nächsten Tagen
gefährlichen Glatteisregen geben.
Das gilt für den Donnerstag, Freitag und Samstag.