heute journal vom 26.10.2021 - Zeitenwende in Berlin - Ende der Merkel-Ära; Aufbruch im Bundestag - Fragen an Bärbel Bas
Diese Untertitel sind live produziert.
Das "heute journal" mit Bettina Schausten und Gundula Gause.
Guten Abend. 16 Jahre im Amt.
Heute war für Angela Merkel formell Schluss.
In Schloss Bellevue wurden sie und ihr Kabinett
von Bundespräsident Steinmeier aus dem Amt verabschiedet.
Ein förmlicher Akt, den Steinmeier aber feierlich nutzte,
für Dank und Anerkennung.
Frau Bundeskanzlerin, wir haben Ihnen für 16 Jahre zu danken,
in denen Sie unser Land durch eine Zeit geführt haben,
die nicht eben arm an Krisen und Verwerfungen war.
Entlassungsurkunde und dann schnell weg – zu schnell für die Fotografen.
Aber Angela Merkel bleibt noch geschäftsführend im Amt
und wollte offenbar schnell wieder an die Arbeit.
Die Amtszeit der Bundeskanzlerin
endet gemäß Grundgesetz mit der Konstituierung des neuen Bundestages,
es ist der zwanzigste.
Wenn die Abgeordneten erstmals zusammenkommen, liegt alle vier Jahre
ein gewisser Zauber in der Luft.
Immer eine große Stunde des Parlamentarismus,
Selbstvergewisserung der repräsentativen Demokratie.
So war es auch heute, wo zudem noch die Spitze,
das Präsidium neu gewählt wurde.
Mit der neuen Bundestagspräsidentin
werden wir später in dieser Sendung noch sprechen.
Beginnen aber mit Andreas Kynast und einem besonderen Tag in Berlin.
Es ist ja doch ein bisschen beruhigend,
dass es anderen auch mal so geht.
Mist, Maske vergessen!
Das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland
müsste noch eine im Auto haben, aber das ist jetzt weg.
Die Bundestagsverwaltung hat für die konstituierende Sitzung
besonders strenge Corona-Regeln erlassen –
und für Schussel ein paar Masken auf Lager.
Oh, das ist nett. Vielen Dank.
Weil der zwanzigste Bundestag der größte ist aller Zeiten,
beengt und gedrängt, hat der bisherige Parlamentspräsident...
Bitte nehmen Sie Platz!
...nur Abgeordnete in den Saal gelassen,
die genesen, geimpft oder getestet sind.
erkennbar am schwarz-rot-goldenen Handgelenksband.
Wer keinen Nachweis bringen kann oder will,
muss auf die Tribüne.
Alle 23 sind von der AfD.
Dass Deutschland inzwischen nach China das zweitgrößte Parlament
der Welt hat, ist allen Fraktionen irgendwie peinlich.
Eine Wahlrechtsreform, die diesen Namen verdient,
ist allerdings keinen Deut leichter geworden.
Und trotzdem: Sie duldet ersichtlich keinen Aufschub.
Es gibt am Tag eins dieser Wahlperiode
neue Plätze zu sehen und neue Platzprobleme.
Ganz hinten, wo zum ersten Mal seit 70 Jahren
der Südschleswigsche Wählerverband einen Sitz hat und ganz vorn,
wo, wie jedes malm, neben der AfD niemand sitzen will.
Nur, dass diesmal die FDP auf die Ampelmehrheit zusteuert
und CDU/CSU zum Tauschen zwingen kann.
Gleich nach der Wahl eine traditionelle Sitzordnung
im Plenum mit der Brechstange ändern zu wollen, finde ich,
ist nicht guter Stil und ich spüre einen Hauch von Arroganz der Macht.
Er tut den bisher Mächtigen schon weh, der Macht-Wechsel,
der heute vollzogen wird.
Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt die Kollegin Bärbel Bas vor.
Auf Bärbel Bas, die dritte Bundestagspräsidentin,
die erste seit Rita Süßmuth, werden 79,6 Prozent entfallen.
Damit bekommt sie offensichtlich Stimmen von allen Seiten.
Und Blumen auch.
Ich habe nicht selbst den Finger gehoben, das stimmt.
Aber ich habe im richtigen Moment Ja gesagt.
Neu unter den fünf Vizepräsidenten:
Yvonne Magwas, CDU, aus Sachsen und Aydan Özoguz, SPD, aus Hamburg.
Das neue Bundestagspräsidium: Gruppenbild mit Mann.
Die AfD scheitert auch in dieser Legislaturperiode
mit ihrem Vorschlag:
Der Thüringer Michael Kaufmann wird, wie erwartet, nicht gewählt.
Hier wird nicht nur eine Fraktion im Deutschen Bundestag ausgegrenzt.
Hier werden Millionen von Wählern ausgegrenzt, die uns gewählt haben.
Ob aus Streit oder aus Versöhnung:
Dreißig Tage nach der Bundestagswahl beginnt etwas Neues.
Für die Bundesregierung, für den Bundestag,
für das deutsche Vaterland.
Jünger, etwas weiblicher, bunter ist also der neue Bundestag.
Fast 40 Prozent der Abgeordneten erstmals dabei.
Und sie, gerade sie, bekamen heute eine Lehrstunde
in Demokratie vom bisherigen Bundestagspräsidenten.
Länger als er, fast 50 Jahre, ist keiner im Parlament
und so eröffnete Wolfgang Schäuble als Alterspräsident die Sitzung.
Seine vielleicht letzte große Rede war auch ein Stück Vermächtnis.
Nun zieht sich der 79-Jährige auf die Hinterbänke zurück.
Dürfte aber auch dort eine Größe bleiben.
Mathis Feldhoff.
Es ist ein kurzer Moment der Rührung.
Das gesamte Haus spendet dem scheidenden Bundestagspräsidenten
einen letzten Applaus und Wolfgang Schäuble reagiert so,
wie Wolfgang Schäuble so reagiert.
Bringen Sie mich bitte nicht zur sehr in Rührung.
Wolfgang Schäuble ist irgendwie schon immer da.
Er war Minister unter Helmut Kohl und unter Angela Merkel.
Er war Fraktionschef und zuletzt Bundestagspräsident.
Immer dabei, immer mittendrin.
Ach Gott, das war mein erstes Wahlplakat.
Da sieht man, dass man doch auch älter wird.
Das war einer der größten Augenblicke
in meiner politischen Laufbahn,
als ich den Vertrag zur deutschen Einheit
mit Lothar de Maiziere und Günther Krause unterzeichnet habe.
Erinnerungen an damals und heute.
Schäuble kann nicht loslassen.
Er will gebraucht werden.
Ich denke, dass in diesen Zeiten ganz großer Veränderungen
es wichtig ist, auch ein wenig Erfahrung von Älteren einzubringen.
Mit dem Platzwechsel wird Wolfgang Schäuble
jetzt noch mehr zum Gewissen der Republik.
Einer, der mahnt, aber auch ermahnt.
Wie nach dem Attentat von Hanau,
als er Sprache und Umgang in der Gesellschaft
für die grauenhafte Tat mitverantwortlich macht.
Solche Wahnsinnstaten geschehen nicht im luftleeren Raum.
Sie wachsen in einem vergifteten gesellschaftlichen Klima,
in dem das Ressentiment gegenüber dem Fremden
und abwegigste Verschwörungstheorien geschürt werden.
Oder als das verkorkste Ende des Afghanistan-Einsatzes
einen Scherbenhaufen hinterlässt
und Verantwortung hin und her geschoben wird.
Die Verzweiflung der Menschen am Flughafen in Kabul
zerreißt einem das Herz.
Und ihr Schicksal erschüttert das Selbstverständnis des Westens,
unser Selbstverständnis.
In wenigen Tagen ist zusammengebrochen,
was wir im Bündnis über zwei Jahrzehnte mit aufgebaut haben.
Auch heute in seiner letzten Rede vom Platz des Präsidenten mahnt er,
diesmal die Abgeordneten.
Am Verhalten jedes Einzelnen von uns,
auch das mussten wir zuletzt wieder erfahren,
hängt die Würde dieses Hauses.
Wir haben es in der Hand,
ob die Bürgerinnen und Bürger dieser Volksvertretung das schenken,
worauf die parlamentarische Demokratie aufbaut,
nämlich ihr Vertrauen - Ich danke Ihnen.
Wolfgang Schäuble übergibt das Zepter an seine Nachfolgerin
und kehrt zurück in die Reihen der Abgeordneten.
Dorthin, wo er mal vor 49 Jahren begonnen hat.
Und dann: die Nachfolgerin.
Die dritte Frau, erst die dritte Frau an der Spitze des Bundestags.
Nach Annemarie Renger und nach Rita Süssmuth,
die die Wahl heute miterlebte und so kommentierte:
Ich bin froh, ich freue mich darauf, dass es eine Frau ist.
Wir Frauen haben bisher immer gezeigt dass wir es auch können,
genauso gut wie die Männer, und auch anders.
Sie ist Ökonomin für Personalmanagement.
Seit 2009 im Bundestag.
Und nun ist sie uns zugeschaltet.
Guten Abend Frau Präsidentin, hallo Frau Bas.
Seit 1949 sind Sie die dritte Frau in diesem hohen Amt.
Sie haben Ihre Wahl selbst als Zeitenwende bezeichnet.
Eine Wende wohin?
Eine Wende, wie ich das auch im Parlament gespürt habe,
in den vielen Gesichtern in den unterschiedlichen Fraktionen,
hin in Richtung Modernisierung des Staates,
aber auch der Verwaltung und auch des Parlaments.
Das ist für mich deshalb etwas Wichtiges, die dritte Frau zu sein.
Das ist nach so langer Zeit auch eine kleine Zeitenwende.
Nun ist der Bundestag wieder etwas weiblicher geworden,
aber mit einem Anteil von unter 35 Prozent
immer noch von Parität weit entfernt.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Was ist Ihre Erklärung?
Wollen die Frauen nicht oder werden sie von Männern ausgebremst?
Also viele Frauen wollen schon.
Aber es ist auch immer wieder ein Thema,
Politik und Familie zu vereinbaren.
Es ist ja immer noch so, dass viele Frauen eben nach wie vor
auch die Familie um sich herum haben möchten.
Und deshalb zögern vielleicht auch die ein oder anderen.
Auf der anderen Seite ist es auch so, das liegt an unserem Wahlrecht.
Das wird ja noch eine Reform.
In dieser Legislatur bin ich voller Hoffnung, dass das passiert,
dass wir vielleicht auch zu dem Bereich der Parität
noch was tun können im Wahlrecht.
Aber es liegt auch daran,
dass natürlich viele in den Wahlkreisen direkt einziehen.
Jetzt habe ich in Duisburg das Glück
dass man mich auch direkt aufgestellt hat,
und ich konnte in den Bundestag einziehen.
Und da müssen sich natürlich viele Frauen auch
in den Wahlkreisen durchsetzen.
Und ich hoffe, dass ich ein gutes Beispiel dafür geben kann.
Haben Sie sich eigentlich geärgert, dass Ihre Partei, die SPD,
nicht gleich auf Sie gekommen ist?
Auch da brauchte es ja zunächst mal intern und extern Druck,
zumal von Frauen, damit die Männer es nicht unter sich ausmachen.
Es sind immer noch die gleichen Probleme.
Haben Sie sich geärgert?
Ich habe mich letztendlich nicht geärgert, weil ich weiß,
ich kenne jetzt Rolf Mützenich auch schon lange.
Und er hat die Positionen, die er besetzen konnte.
Das waren in seinerzeit als Fraktionsvorsitzende
sechs Positionen.
Die hat er alle mit Frauen besetzt.
Also ihm kann man jetzt wirklich nicht vorwerfen,
dass er das nicht im Blick gehabt hätte.
Jetzt erben Sie von Wolfgang Schäuble eine unerledigte Wahlrechtsreform,
die Ihnen gelingen muss.
Sie wollen das anpacken.
Sie haben sich das auf die Fahnen geschrieben.
Was macht Sie denn zuversichtlich, Frau Bas, dass Sie irgendetwas
an der Stelle erreichen?
Zum einen haben wir, wie im Wahlrecht auch beschrieben,
dass wir eine Reformkommission einsetzen wollen.
Das ist das eine.
Ich bin aber auch sehr zuversichtlich,
weil ich auch gehört habe, dass die Parteien,
die jetzt in die Koalitionsverhandlungen gehen,
dieses Thema auch in während der Koalitionsverhandlungen
besprechen wollen.
Das werde ich auch sicherlich noch abwarten.
Ansonsten, das habe ich heute in meiner Ansprache auch schon gesagt,
werde ich die Fraktion auffordern,
dieses Thema zu Beginn der Legislatur auf die Tagesordnung
zu setzen, die Kommission dann einzurichten,
sodass wir hoffentlich dann auch wirklich zu Ergebnissen kommen.
Ich finde es höchste Zeit.
Die AfD ist im Deutschen Bundestag
nicht mehr die größte Oppositionspartei,
wird aber kaum ihre ständigen Provokationen aufgeben.
Das war auch heute ja schon zu beobachten.
Und Sie haben ein bisschen Strenge durchklingen lassen, fand ich,
war mein Eindruck.
Mit welcher Strategie werden sie der AfD begegnen?
Also ich werde es mir anschauen.
Es ist immer situativ.
Natürlich hat auch die FDP-Fraktion alle Möglichkeiten,
die die Geschäftsordnung hergibt.
Aber ich werde darauf achten, dass habe ich heute auch gesagt:
Mir ist schon wichtig, dass wir die Würde des Hauses
auch bei den Debatten, die strittig sind und auch anstrengend werden,
auch in Zukunft noch, dass die Würde des Hauses gewahrt bleibt,
und ich auch nicht zulassen werde, dass Beschimpfungen
oder dass wir uns als Abgeordnete gegenseitig schlecht machen.
Das hat für mich einen hohen Anspruch.
Und da werde ich auch einschreiten.
Ob das dann streng wirkt, das muss vielleicht auch manchmal so sein.
Aber es geht mir eigentlich um die Würde des Hauses.
Deshalb werde ich da schon ein Auge darauf haben,
dass das aber auch alle Fraktionen einhalten.
Frau Bas, seit 2017 ist kein AfD Vertreter
zum Vizepräsidenten gewählt worden.
Auch heute gab es keine Mehrheit für den Kandidaten der AfD.
Sollte das so bleiben oder sollte es ein AfD-Vizepräsidenten geben?
Letztlich steht ja jede Fraktion
ein Vizepräsident oder eine Vizepräsidentin zu.
Aber letztendlich habe ich das nicht zu werten.
Es ist eine geheime Wahl,
und alle Abgeordneten entscheiden in ihrer Wahlkabine
bei der geheimen Wahl, ob sie eine Person wählen möchten,
in dieses Amt oder nicht.
Frau Bas, Frau Bundestagspräsidentin,
herzlichen Dank für den Besuch im "heute journal".
Das Gespräch haben wir am Abend aufgezeichnet.
Wenn Sie noch mehr über den Bundestag erfahren wollen,
etwa zum Frauenanteil, welches Alter,
welche Berufe die Abgeordneten haben:
online haben wir das und mehr aufgelistet.
In unserer ZDFheute-App.
Und nun gehts weiter mit anderen wichtigen Nachrichten des Tages.
Gundula Gause.
Die Zahl der Corona-Infektionen steigt in vielen europäischen Ländern
und auch in Deutschland weiter an.
Deswegen drängen Gesundheitsexperten auf rasche Auffrischungsimpfungen,
v.a. für über 70-Jährige
und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem,
sowie für Pflegepersonal.
Auch zunächst mit Johnson & Johnson-Geimpfte, sollten eine Booster-Impfung erhalten.
Das Robert Koch-Institut meldet 10.473 Neuinfektionen
innerhalb eines Tages.
3.702 mehr als vor einer Woche.
128 Todesfälle kamen hinzu.
Die Sieben-Tage-Inzidenz ist auf 113 gestiegen.
Im Prozess um einen rassistischen Angriff in einer Erfurter Straßenbahn
ist der Täter zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden.
Wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Sachbeschädigung.
Ende April hatte der 41-jährige Deutsche einen jungen Syrer
rassistisch beleidigt und brutal angegriffen.
Der Mann hatte die Tat gestanden
und auf Alkohol- und Kokainkonsum zurückgeführt.
Sein Verteidiger kündigte Revision an.
Nach dem Militärputsch im Sudan hat Deutschland die Entwicklungshilfe
für das nordostafrikanische Land vorerst eingestellt -
ebenso wie die USA.
In New York berät der UN-Sicherheitsrat zur Stunde
in einer Dringlichkeitssitzung über die Lage dort.
Mehrere Mitglieder der entmachteten Regierung,
darunter Ministerpräsident Hamdok, wurden unter Hausarrest gestellt.
General al-Burhan kündigte an, das Militär werde sich zurückziehen,
sobald eine neue zivile Regierung ernannt sei.
Die Zahl der Todesopfer bei Protesten gegen den Putsch
ist auf sieben gestiegen.
Vor der griechischen Insel Chios
ist ein Schlauchboot mit 27 Flüchtlingen untergegangen.
Eine Frau und drei Kinder ertranken.
22 Menschen konnten von der griechischen Küstenwache
gerettet werden.
Die Migranten waren von der türkischen Küste aus aufgebrochen,
wie bislang mehr als 2.500 Menschen in diesem Jahr.
Griechenland erhob schwere Vorwürfe gegen die Türkei.
Schleuser müssten daran gehindert werden, das Leben von Flüchtlingen
auf dem Meer aufs Spiel zu setzen.
Wenige Tage vor Beginn des Weltklimagipfels in Glasgow
wird die Größe der Aufgabe immer deutlicher,
den menschengemachten Klimawandel einzudämmen.
Heute kamen aus der UN Warnungen, die nationalen Aktionspläne reichten
bei weitem nicht aus,
um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Der neue Plan hierzulande muss in Koalitionsverhandlungen
erst noch ausgearbeitet werden, aber die Aufgaben sind gewaltig.
Der Energiebedarf für den Umbau der Industrie ist immens,
ebenso für die weitere Digitalisierung,
die man sich auf die Fahnen geschrieben hat.
Alles hängt mit allem zusammen,
das zeigt auch das Beispiel von Elisabeth Schmitt.
Es ist ein typischer Abend in dieser Studentenwohnung in Hannover.
Lars, 20 Jahre, produziert Musik für seinen YouTube-Kanal
und schaut dann mit seiner Freundin Vanessa eine Sendung per Videostream
Die beiden sind ein Großteil ihres Tages online.
Es ist eine Kombination aus Netflix, Arbeit an den Audio-Sachen,
aus YouTube-Kanal pflegen, Surfen, Instagram.
Alles mögliche - Sechs bis acht Stunden am Tag mit Sicherheit.
Dafür nötig: Energie.
Je nach Szenario verbraucht die IT- und Kommunikationstechnik
weltweit inzwischen 15 bis 20 Prozent des gesamten Strombedarf.
Und produziert damit halb so viel CO2 wie der Flugverkehr.
Bei jeder Whats-App Nachricht, bei jeder E-Mail,
werden Daten in Rechenzentren verarbeitet.
In den letzten zehn Jahren ist der Energiebedarf der Rechenzentren
in Deutschland um 60 Prozent gestiegen.
Tendenz - weiter steigend.
Besonders seit der Corona-Pandemie.
Viele Zentren arbeiten weder effizient noch nachhaltig.
Alles was an Strom in ein Rechenzentrum reingeht,
geht als Wärme wieder raus.
Diese Wärme kann ich nutzen, um Gebäude zu heizen.
In Frankfurt z.B., der Rechenzentrum-Hotspot in Deutschland
würde die Abwärme aus dem Rechenzentrum reichen,
um die ganze Stadt Frankfurt mit Wärme zu versorgen.
Fakt ist, es gibt keine gesetzliche Pflicht für Rechenzentren
ihre Energiebilanz offen zu legen.
Es ist unklar, wie viel Energie und Emissionen eingespart werden können
Das Umweltbundesamt hat das am Beispiel Videostreaming untersucht.
Ergebnis: Das größte Einsparpotenzial gibt es
neben den Rechenzentren im Heim-Netzwerk.
Immer, wenn es möglich ist, über W-Lan sein Netzwerk herzustellen.
Zwischen WLAN und Mobilfunk liegt ein Faktor 25.
25 mal mehr Co2 emitiere ich,
wenn ich über den Mobilfunk ins Internet gehe.
Digitalisierung kann aber auch zum Klimaschutz beitragen.
EIne Stunde Videokonferenz produziert so viel Co2
wie 200 Kilometer Autofahren.
Klimaschutz heißt auch mobile Geräte möglichst lange nutzen.
Selbst Rechenzentren können nachhaltig - Beispiel TüV Nord.
Hier werden Server hauptsächlich per Freiluft
und nicht per Klimaanlage gekühlt.
Spart Strom, spart Geld.
Wir sparen mit der heutigen Technologie verglichen zu einem
konventionellem Rechenzentrum über 450.000 Euro pro Jahr ein.
Wir konnten das gesamte Jahr sehr energieeffizient das Rechenzentrum
kühlen und haben damit zwischen 400 und 500 Tonnen Co2 eingespart.
Auch für Student Lars ist Klimaschutz wichtig.
Beim Surfen oder Streamen will er aber keine Abstriche machen.
Er hofft, dass auch die digitale Welt nachhaltiger wird.
Tja, wie kann das klappen?
Soviel mehr Energie, aber nachhaltig gewonnen?
Die Frage aus der WG in Hannover wird derzeit auch beim Gipfel
der EU-Energieminister in Luxemburg erörtert.
Und dabei feiert nun tatsächlich eine Energieart wieder fröhliche Urständ,
die jedenfalls bei uns erledigt scheint:
die Atomkraft.
In Deutschland dürfte das so bleiben, aber auf EU-Ebene wird diskutiert,
ob Atomenergie den grünen Stempel bekommt –
und damit auch Investitionsgelder.
Florian Neuhann berichtet.
Elektrische Straßenbahnen, das ist Tradition in Luxemburg.
Die Frage, woher bezahlbarer Strom nicht nur dafür in Zukunft kommt,
wird hier auch an diesem Morgen gestellt.
Sondersitzung der EU-Energieminister.
Es dauert nur ein paar Minuten,
da fällt vor dem Ratsgebäude das Reizwort schlechthin: Kernkraft.
Leider werden erneuerbare Energien allein nicht ausreichen.
Wir brauchen insbesondere die Atomenergie.
Atomenergie, die Untote der Energiedebatte.
Verteufelt wegen des immer noch ungelösten Müllproblems,
gefürchtet wegen der Risiken.
Nach dem Unglück von Fukushima in Deutschland zum Abriss freigegeben.
Anderswo dagegen gefeiert als klimaschonende Form
der Energiegewinnung.
Soweit, so bekannt.
Was sich dieser Tage ändert,
dass Atomfans wie Frankreichs Präsident Macron
plötzlich auf einem EU-Gipfel Oberwasser haben -
zur eigenen Verwunderung.
Noch nie habe ich in den letzten vier Jahren auf einem EU-Gipfel
eine so große und so klare Unterstützung erlebt
für unseren Kurs, dass wir Atomenergie brauchen,
um unsere Klimaziele zu erreichen.
Tatsächlich stehen die mit Abstand meisten Atommeiler der EU
in Frankreich.
Während Deutschland seine verbliebenen sechs
Ende des nächsten Jahres stilllegen wird,
werden anderswo neue gebaut:
in Frankreich, Finnland und der Slowakei.
Oder konkret geplant wie etwa in Ungarn, Rumänien, Tschechien.
Die große Streitfrage in Brüssel verbirgt sich nun – wie so oft -
hinter einem furchtbar technokratischen Titel.
Taxonomie: Das heißt, erstmals will die Kommission
verbindlich festlegen, welche Investitionen als grün gelten.
Etwa auch die in Atomkraft?
In den letzten Monaten hat es massiven politischen Druck gegeben,
die Atomkraft in die Liste
der nachhaltigen Investitionen aufzunehmen.
Frankreich war definitiv der Anführer dieser Koalition.
Und scheint sich durchzusetzen.
Schon spricht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
von Atomkraft als stabiler Energiequelle.
Und selbst Deutschland leistet offenbar nur halbherzig Widerstand.
Vermutlich nicht ohne Gegenleistung.
Das könnte in diese Richtung gehen, dass wir den Kompromiss haben,
dass Frankreich Kernenergie nutzt, um CO2 schnell zu reduzieren –
und Deutschland Gas als Brückentechnologie.
Das würde die Glaubwürdigkeit dieser Taxonomie extrem beschädigen.
Wenn sie Gas und Atomenergie als grün deklarieren,
das wäre das Ende einer grünen Definition von Nachhaltigkeit.
Es wäre ein klassisch Brüsseler Kompromiss: für jeden etwas –
nur das eigentliche Ziel geriete leicht aus dem Blick.
Jetzt nochmal Gundula mit Nachrichten aus der Wirtschaft.
Die Erhöhung von Kontogebühren und -entgelten ohne aktive Zustimmung
der Bankkunden hatte im Frühjahr den Bundesgerichtshof beschäftigt.
Heute nun hat die Finanzaufsicht Bafin die Banken aufgefordert,
das Urteil zu ungültigen Erhöhungen umzusetzen.
Frank Bethmann, was bedeutet das für die Geldhäuser
auf der einen und die Bankkunden auf der anderen Seite?
Für die Banken ist das ganz klar ein Mahngong.
Die Finanzaufsicht fordert unmissverständlich
von der Kreditbranche, dass sie das folgenschwere Urteil
der Karlsruher Richter umsetzt.
Denn bislang ist wenig passiert.
Die Kundenforderungen nach Rückerstattung
blieben weitestgehend ungehört.
Nun also verschärft sich der Ton: "Das Urteil des BGH hat Auswirkungen
auf fast jede Bankkundenbeziehung",
erklärte der Bafin-Präsident Mark Branson heute.
"Umso wichtiger ist eine schnelle, unbürokratische,
transparente Umsetzung."
Branson der neue BaFin-Chef zeigt erstmals Kante.
Das Gebührenurteil, dass in der Branche hohe Wellen geschlagen hat,
scheint dafür gut geeignet.
Die Banken, so die BaFin, müssten ihre Kunden klar und verständlich
über die Folgen des Urteils informieren.
Die Kunden nachträglich um Zustimmung
zu den aktuellen Gebühren bitten.
Und gegebenenfalls Entgelte,
die ohne explizite Einwilligung erhoben wurden, zurückzahlen.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband reagierte umgehend
und erklärte, dass die Kreditwirtschaft den Richterspruch
bereits umsetzte, was die aktive Einholung der Zustimmung
von Kunden anbelangt.
Für die einzelnen Sparkassen gesprochen
würden die Rückerstattungsansprüche geprüft.
Und die BaFin stellte klar, dass mit ihr nicht zu spaßen sei.
Auch eine härtere Gangart sei denkbar.
Vielen Dank, Frank Bethmann an der Börse.
Zum Fußball: Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen
hat auch ihr viertes Spiel der WM-Qualifikation gewonnen.
Mit dem klaren 7:0-Sieg gegen Israel festigt das deutsche Team
die Tabellenführung in der Gruppe H.
Und auf nationaler Ebene
steht heute für Fußballer die zweite Runde des DFB-Pokals an.
Die Sieger der bereits beendeten Spiele stehen im Achtelfinale.
Preußen Münster verlor gegen Hertha BSC 1:3,
der SV Babelsberg 03 gegen RB Leipzig 0:1,
die TSG Hoffenheim besiegte Holstein Kiel 5:1,
1860 München besiegte Schalke 04 0:3
und Borussia Dortmund gewann gegen den FC Ingolstadt 5:2.
Dazu später im "update" ein Spielbericht.
Neuer Trainer des VfL Wolfsburg ist nun Florian Kohfeldt.
Der 39-jährige frühere Coach von Werder Bremen
folgt auf Mark van Bommel.
Interimstrainer Michael Frontzeck rückt nach nur einem Tag
wieder in die zweite Reihe.
Auf der Kanaren-Insel La Palma ist der seit fünf Wochen brodelnde Vulkan
noch einmal aktiver geworden.
Er sei in einer neuen Phase, die weitaus intensiver sei,
erklären Wissenschaftler.
Ein Vulkankrater ist teilweise zusammengebrochen.
Es bilden sich neue Lavaströme,
die bislang nicht betroffene Gebiete erreichen.
Mehr als 2000 Gebäude sind bereits zerstört.
Die Lava bedeckt mehr als 900 Hektar Land.
Hunderte unterschiedlich starke Erdbeben erschüttern dazu die Insel.
Die Menschen dort sehnen ein Ende des Vulkanausbruchs herbei.
Soviel von uns.
Bei "37 Grad" geht es heute um Palliativmedizin.
Ja, ein schweres Thema.
Aber nicht nur - Es ist auch ein Film darüber, wieviel Gutes, Schönes
und Tröstliches am Lebensende noch möglich ist.
Titel: "Die letzten guten Tage".
Jetzt hier im Anschluss und sehr empfehlenswert.
Und um Mitternacht ist hier wieder Zeit für unser "heute journal update"
mit Wulf Schmiese, tschüss.
Guten Abend.
Beginnen wir den Wetterbericht an der Ostküste Nordamerikas.
Denn hier, rund um New York, fallen enorme Regenmengen.
100 Liter pro qm - Klingt schon ziemlich viel.
Aber was in Sizilien schon runtergekommen ist,
das war deutlich mehr - das waren 300 Liter pro qm.
Dieses Tief über dem Zentralmittelmeer
wird uns weiterhin beschäftigen mit kräftigen Gewittern
und weiteren Regenfällen.
Über dem warmen Mittelmeerwasser kann es sich immer wieder regenerieren.
Bei uns hatten wir es heute mit einer Kaltfront zu tun von dem Tief Jascha.
Morgen kommt das Tief Kalli heran,
bringt aber nur in Norddeutschland dichtere Wolken.
Dann kommt das Hoch Rosamunde, davor wird es mild.
Mit Eifelföhn könnte es für 19 bis 20 Grad in der Kölner Bucht reichen.
Heute Nacht fällt Regen in Norddeutschland.
Bei einem starken Südwestwind.
Im Süden ist es klar, da bildet sich Nebel oder Dunst.
Die Temperaturen zeigen ein deutlich Nordwest-Südostgefälle.
Im Nordwesten sinken sie auf 12 bis 10, im Süden auf 3 bis 0 Grad.
Dort droht Bodenfrost.
Morgen liegen die Temperaturen in Bayern bei 11 bis 14 Grad.
Sonst wird es etwas milder - besonders in der Kölner Bucht
mit bis zu 19 und 20 Grad.
Nach Nebel und Dunst zeigt sich in Süddeutschland häufig die Sonne.
Am Vormittag ist es in Norddeutschland noch stärker bewölkt
und es gibt auch etwas Regen an der Küste.
In den nächsten Tagen geht es mit ruhigem Herbstwetter weiter.
Im Nebel bei 9, im Sonnenschein bei 19 Grad.