heute journal vom 28.09.2021 - Machtpoker bei der Union - Laschet spielt auf Zeit; Mögliche Ampel - Grüne und FDP tasten
Diese Untertitel sind live produziert.
Und jetzt das heute journal mit Heinz Wolf und Marietta Slomka.
Guten Abend.
"Die besten Chancen, Kanzler zu werden, hat Olaf Scholz",
sagte heute Markus Söder und man kann sich vorstellen,
wie sie in der CDU zusammenzuckten.
Und das auch noch kurz vor der Fraktionssitzung der Union,
die für Armin Laschet
eh schon eine höchst unangenehme Veranstaltung war.
Für ihn geht es ums politische Überleben.
Die Rettung wäre das Kanzleramt.
Geht die Union hingegen in die Opposition,
gibt es im Bundestag nur noch einen wirklich dicken Posten,
den des Fraktionschefs.
Dafür scharren so einige mit den Füßen.
Das Problem: Keiner weiß im Moment, wie die Sache ausgeht.
Also muss die CDU alle Bälle, einschließlich Laschet,
so lange in der Luft halten, bis klar ist,
wie die künftige Bundesregierung aussieht.
Beim letzten Mal hat das ein halbes Jahr gedauert.
Heute wurde der Fraktionschef gewählt, für ein halbes Jahr.
Winnie Heescher berichtet aus Berlin.
Armin Laschet im politischen Überlebensstrudel.
In der Unionsfraktion entschuldigt er sich
für den vermasselten Wahlkampf.
Einige Stühle neben ihm einer, der in den vergangenen 48 Stunden
an Armin Laschets Seite schien, aber nicht ist.
Aus diesem Wahlergebnis lässt sich
kein Regierungsauftrag moralisch legitimieren.
Wir wissen, dass dies die Woche der Entscheidungen ist.
Sowohl was den politischen Kurs anbelangt,
als auch, was das Personal anbelangt.
Die besten Chancen Kanzler zu werden, hat derzeit Olaf Scholz.
Der Posten des Fraktionschefs ist der letzte Machtposten.
Armin Laschet kann sich der Unterstützung nicht sicher sein.
Kurz vor Beginn der Sitzung ein Kompromiss.
Bisher liegt mir eine Bewerbung vor.
Von Ralph Brinkhaus.
Ob weitere Bewerbungen im Laufe der Sitzung kommen,
kann man nicht vorhersagen.
Ich bin daran interessiert, dass wir eine harmonische Sitzung haben.
Wir wollen zeigen,
dass wir mit dieser schwierigen Situation gut klarkommen.
Ralph Brinkhaus wird mit 85 % gewählt,
erst mal nur bis April 2022.
In dieser Frage schafft man die Geschlossenheit.
Ich kann Ihnen versichern, dass beide Parteivorsitzenden auch ohne
Fotobeweis Ralph Brinkhaus persönlich gratuliert haben.
Söder verlässt die Sitzung wortlos.
Auch in der Fraktion gab es Kritik am Kanzlerkandidaten.
Das offene Wort habe ich immer geschätzt.
Die Sitzung war heute eine,
die vom Willen, gemeinsam für unsere Positionen einzustehen, geprägt war.
Armin Laschet hat auch heute wieder ordentlich eingesteckt.
Aber noch steht er.
Zugeschaltet ist mir nun Ralph Brinkhaus, der Unions-Fraktionschef.
Guten Abend.
Sind Sie erleichtert, dass das heute so ausgegangen ist?
Es ist gut, dass wir Geschlossenheit gezeigt haben.
Jeder muss sich ein Stück zurücknehmen.
Wir gehen stabil in die nächsten Monate.
Die Fraktion wird ein Hort der Stabilität sein.
Sie mussten sich dem Kanzlerkandidaten gegenübersetzen
und sagen, nein, Armin, ich weiche nicht.
Wir schätzen einander.
Man kann mit Armin Laschet gut sprechen.
Ist es eine gute Lösung,
dass sie nur für sechs Monate Fraktionschef werden?
Momentan sind wir in einer Übergangszeit.
Dieses halbe Jahr begründet sich darin, dass man sie offenbar nicht
als Oppositionsführer sieht?
Schauen wir, was nach dem halben Jahr ist.
Jetzt geht es darum, die Fraktion zu stabilisieren.
Immer wenn Politiker davon sprechen, wie stabil es sei,
weiß man, es ist gar nicht stabil.
Seien wir ehrlich, nach dem Wahlergebnis zu sagen,
wir seien gut drauf, wäre vermessen.
Dementsprechend war es auch die Fraktionssitzung so.
Das kritisch hinterfragt wurde, was da passiert ist, ist klar.
Es muss eine neue Geschlossenheit geschaffen werden.
Würden Sie sich die Oppositionsführung zutrauen?
Natürlich.
Der Fraktionsvorsitzende der Regierungsfraktionen
muss auch Opposition können.
Wir mussten den Deutschen Bundestag durch Covid bringen.
Das war auch schon wie Oppositionsarbeit.
Wie war heute die Stimmung?
Viele Kolleginnen und Kollegen,
die nicht mehr gewählt wurden, waren traurig.
Aber es gab auch Leute, die gelächelt haben.
Aber es gab auch Rücktrittsforderungen
an Armin Laschet?
Viele Kollegen waren enttäuscht,
wenn jemand den Wahlkreis verloren hat.
Da wird gefragt, woran es gelegen hat.
Überwiegend wurde aber gesagt, wir wollen nach vorne schauen.
Wir haben eine politische Verantwortung,
die wir wahrnehmen wollen.
Wir sind bereit zu sprechen.
Mit den Liberalen und auch mit den Grünen.
Mich würde es freuen, wenn Gespräche stattfinden würden.
Ich glaube, Jamaika wäre eine Brücke für eine Gesellschaft,
die sehr gespalten ist.
Söder Hat Olaf Scholz zu seinem Wahlergebnis gratuliert.
Warum er das aus der Union noch keiner gemacht?
Das ist eine Geschmackssache, wie man wem gratuliert.
Wenn der Parteivorsitzende der CSU das macht, ist das in Ordnung.
Aber noch ist alles offen.
Wir haben keinen klaren Sieger der Wahl.
Da widersprechen Sie also Söder?
Er sagte, es gebe einen klaren Wahlsieger.
Das sei Olaf Scholz.
Ein Wahlgewinner, weil er zugelegt hat.
Dann blicken wir noch auf die CSU-Perspektive.
Stefan Leifert ist unser Korrespondent in München:
Dass sich Söder heute hinstellt und als Erster aus der Union
Olaf Scholz zum Wahlergebnis gratuliert
und ihn damit indirekt zum Wahlsieger ausruft,
ist ja schon ein ziemlicher Hammer, oder?
Ja, was er praktiziert, ist das maximale Abrücken von Armin Laschet.
Unterhalb einer Rücktrittsforderung.
Eine solche Forderung muss er auch gar nicht formulieren,
das übernehmen in der Union genug andere.
Denen liefert er neue Nahrung.
Mit dem, was er heute auf seiner Pressekonferenz gesagt hat,
lässt er Armin Laschet dastehen als stillosen Verlierer.
Was bezweckt Söder damit?
Ein Teil dessen, was wir heute erlebt haben, ist immer noch
die nicht enden wollende Verarbeitung des Verlierens
der Kanzlerkandidatur der CSU.
Söder will als künftiger starker Mann in der Union dastehen.
Das zweite Motiv zielt auf Bayern.
In zwei Jahren sind hier Landtagswahlen.
Ein solches Ergebnis wie jetzt
für die CSU kann man sich da nicht leisten.
Da geht es um die Macht für die CSU in Bayern, um alles oder nichts.
Je mehr Konflikte in der Union aufbrechen,
desto weniger attraktiv ist sie als potentieller Koalitionspartner
für FDP und Grüne,
die ja derzeit mit diskreten Vorsondierungen beginnen,
wie Christian Lindner das nannte.
Angeblich ist das erste Treffen im kleinsten Kreise schon morgen.
Die interessante Frage wird sein,
wie viel bzw. wie wenig man davon erfährt.
Robert Habeck hatte hier im heute journal
gestern noch mal betont,
dass diesmal nicht ständig irgendwas durchgestochen werden soll.
Ihre jeweiligen Parteien sind aber natürlich sehr gespannt,
wie das Ganze laufen wird.
Ralf Paniczek hat sich quer durch die Republik an der Basis umgehört,
bei einigen Ortsverbänden von Grünen und FDP.
Sie sind in erster Linie ein junger Haufen.
Und mächtig stolz auf das Erreichte: der FDP-Ortsverband Dresdner Westen.
Über 12 % der Stimmen haben sie hier erhalten,
obwohl Sachsen das Gegenteil einer FDP-Hochburg ist.
Man ist selbstbewusst.
Ich finde es sehr, sehr gut, dass nicht die Partei
mit den meisten Stimmen zu Sondierungen einladen kann,
sondern FDP und Grüne unterhalten können,
was sie sich vorstellen können.
Weil in Dresden besonders viele Junge die FDP gewählt haben,
erkennen sie hier Gemeinsamkeiten, Chancen mit den Grünen,
hoffen auf die Verhandlungsführer.
Das sind immer diejenigen, die sich zusammen hinter der Tür
auf eine Ebene einigen.
Und da denke ich, da sind Habeck und Lindner in der richtigen Spur.
Königstein im Taunus –
eher ein traditionelleres Pflaster der Liberalen.
Auch hier trifft sich am Abend der FDP-Ortsverband,
auch sie diskutieren über Vor- und Nachteile
einer Regierungsbeteiligung, vor allem mit den Grünen.
Skepsis ist herauszuhören, aber auch Hoffnung.
Die Schnittmengen der Wahlprogramme sind mit der CDU besser
bzw. größer.
Aber ich glaube, alle warten auf einen Wechsel der Politik.
Die Idee, die Herr Habeck jetzt geäußert hat,
dass es ein gemeinsames Projekt geben muss, dass man sich
zusammenrauft, dass nicht jeder irgendwie ein Detail macht,
sondern, dass man versucht, ein gemeinsames Projekt
für dieses Land zu formulieren und zu entwickeln,
da setze ich große Hoffnung drauf.
An der grünen Basis fragt man vor allem
nach den grünen Kernzielen.
So auch in Böblingen, vor den Toren Stuttgarts,
wo man sich in einem Bündnis mit der CDU
mit politischem Spagat eigentlich auskennt.
Hier hat man vor allem die Chancen mit der FDP im Blick:
Sie will gestalten und wir wollen gestalten, und die SPD will es auch.
Das ist eine gute Voraussetzung, um eine Koalition zu bilden.
Wir sind Große-Kleine, oder Kleine-Große, wie auch immer.
Und wir haben die Situation, dass wir als kleine Partei,
als sog. "Kellner, mit den anderen Kellnern, was die FDP ist,
den Koch aussuchen können.
Und das ist hier eine andere Situation
als in den vergangen Jahren.
Der Wille ist da, auch bei den Hamburger Grünen,
die am Abend zusammenkamen.
Für sie hier sind die Klimaziele der Partei nicht verhandelbar
und immer wieder fragen sie nach der Verlässlichkeit der FDP.
Vorweg war man Feindbild für manche, das muss jetzt abgelegt werden.
Die Chemie muss irgendwo stimmen und dann muss es
für vier Jahre ausreichen in einer Partnerschaft.
Und das ist das Thema.
Über die Themen kann man sich sicherlich irgendwo einigen,
da weiß jeder, wo ungefähr die roten Linien liegen.
Die werden dann verhandelt und wahrscheinlich teilweise verschoben.
Aber es geht darum, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten
und Themen abzuklären.
Identität und Ziele behalten, trotzdem Kompromisse eingehen,
eine Herausforderung.
Und jetzt erst mal die Nachrichten, von Heinz Wolf.
Zunächst zur Corona-Lage in Deutschland:
Die Infektionszahlen sind im Vergleich zur vergangenen Woche
auch heute weiter rückläufig.
Das Robert Koch-Institut
meldet 4.171 neue Corona-Fälle innerhalb von 24 Stunden.
Das sind 493 weniger als vor einer Woche.
Es kamen binnen eines Tages 101 Todesfälle hinzu.
Die 7-Tage-Inzidenz sinkt auf 60,3.
Bei den Corona-Impfungen in Deutschland
haben nach Angaben von Gesundheitsminister Spahn
knapp 75 % der Erwachsenen
und ein Drittel der Zwölf- bis 17-jährigen
den vollen Impfschutz.
Laut Gesundheitsministerium
sind in Deutschland noch zu wenige Menschen geimpft.
Noch sei die Corona-Pandemie nicht überstanden.
Den USA droht am Ende des Monats, also schon in einigen Tagen,
ein Stillstand der Regierungs- geschäfte, ein "Shutdown".
Die Republikaner haben im Senat gegen einen Entwurf
zur weiteren Finanzierung der Regierung und ihrer Arbeit gestimmt.
Streitpunkt ist dabei v.a. die Anhebung der Schuldengrenze.
Teil des Paketes sind auch Aufbauhilfen nach Naturkatastrophen.
Ohne Einigung werden in der Nacht zum Freitag
einige US-Behörden die Arbeit zunächst einstellen.
Hunderte Geflüchtete sind in der Nacht
auf der italienischen Insel Lampedusa eingetroffen.
Das Fischerboot war mit den mehr als 680 Menschen völlig überladen
und wurde von der Küstenwache bis in den Hafen eskortiert.
Laut der italienischen Behörden ist es von Libyen aus gestartet.
Regelmäßig landen auf Lampedusa Boote mit Geflüchteten.
In letzter Zeit jedoch selten mit so vielen Menschen an Bord.
In Großbritannien geht ein Gespenst um.
Ein britischer Oppositionspolitiker nannte es zuletzt "Lord Voldemort",
der "Harry Potter"-Bösewicht,
dessen Namen man eigentlich noch nicht mal aussprechen darf.
Der Lord Voldemort der aktuellen britischen Politik
ist der Brexit und seine Folgen.
Die Regierung von Boris Johnson nennt zig Gründe dafür,
warum Supermarktregale leer sind
und sich an Tankstellen lange Schlangen bilden.
Nur eine Ursache wird nicht beim Namen genannt.
Dafür wird jetzt sogar die Armee zur Hilfe gerufen.
Andreas Stamm berichtet.
Was für eine Ironie, was für ein Schlamassel,
erklärt Trucker Terry Silvester.
Kaum noch Sprit, er steht im Stau vor der nächsten Tankstelle,
weil kaum noch jemand seinen Job machen will.
Die vergangenen Jahre ist es immer schlimmer geworden.
Nicht genug Fahrer, und die, die angefangen haben,
sind schnell wieder abgesprungen.
Sie haben den Stress nicht ausgehalten.
Der Job bringe miserable Arbeits- bedingungen und -zeiten mit sich,
so Terry.
Doch Pandemie und Brexit hätten das Fass zum Überlaufen gebracht.
Nun fährt ein Land dem Sprit hinterher.
Eine Reise, die seit fünf Tagen oft in langen Schlangen endet.
Hintenanstellen, höflich warten.
Britische Tugenden werden mittlerweile über Bord geworfen.
Die Schlange war links, und plötzlich, ich fahre um die Ecke,
geht es rechts weiter, das ist Irrsinn.
Nein, zurück in die Schlange, du wartest noch keine fünf Minuten.
Gerissene Geduldsfäden ändern wenig.
Mehr als die Hälfte der Tankstellen in Englands Ballungsräumen
sitzt komplett auf dem Trockenen.
Seit drei Tagen suche ich Benzin.
Ich habe vier kleine Kinder, die ich überall hinfahren muss.
Fahrermangel, verstärkt durch den Brexit.
Wären wir noch in der EU, hätten wir diese Schwierigkeiten nicht.
Folgen des Mangels spürt das Land seit Wochen,
etwa bei Lücken im Supermarkt-Sortiment.
In der Tank-Krise werden nun Forderungen laut:
bestimmte Berufsgruppen sollten zuerst an die Zapfsäule.
Vielen Ärzten und Pflegern geht der Sprit aus.
Aber wir können uns nicht drei Stunden anstellen,
während Patienten warten, die uns brauchen.
Die Reaktion der Regierung:
Bis zu 150 Armee-Fahrer könnten aushelfen.
Es soll 5.000 Dreimonats-Visa für EU-Trucker geben.
Wenig verlockend, so Wirtschaftsvertreter.
Fahrer aus Europa werden wohl kaum Schlange stehen.
Das ist ungenügend.
Wir brauchen mehr Visa und die Fahrer müssen länger bleiben dürfen.
Wir leiden an einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.
Einfach die Löhne erhöhen, dann wird das schon.
So stellt sich Premier Johnson die Lösung vor.
Und der Brexit sei kein Fehler, im Gegenteil.
Wir wollen den Schwerpunkt darauf legen, ein Land mit hohen Löhnen,
hoher Produktivität und hochqualifizierten Jobs zu werden.
Was die Menschen dieses Landes nicht mehr wollen, ist unsere Probleme
mit unkontrollierter Einwanderung zu lösen,
was wir für zwanzig Jahre oder länger versucht haben.
Ob es so lange dauert, oder überhaupt möglich ist,
den Fahrermangel auf diese Art zu bekämpfen, da streiten die Experten.
Doch Einigkeit herrscht: der Mangel wird die kommenden Monate prägen.
Und der nächste Versorgungsengpass kommt bestimmt.
Heinz Wolf macht weiter mit dem Blick auf die Finanzmärkte.
Da wurde heute gleich auf eine Reihe von Themen geschaut:
wie es mit der Geldpolitik weitergeht,
wie sich die Inflation entwickelt, ob die Energiepreise steigen.
So machte heute der Ölpreis zeitweise Schlagzeilen.
Frank Bethmann in Frankfurt:
Ein Fass Nordseeöl der Sorte Brent
kostete erstmals seit drei Jahren wieder mehr als 80 Dollar.
Steigende Nachfrage stößt auf ein schwächelndes Angebot.
Förderausfälle in den USA.
Eine OPEC, die ebenfalls weniger liefert als sie sollte.
Und so führt die gutlaufende Konjunktur auch dazu,
dass unter anderem das Tanken wieder deutlich teurer wird, aber nicht nur.
Seit Jahresanfang ist auch der Gaspreis bereits um 16 % gestiegen.
Das Roh-Öl sogar um 56 %.
Deutlich teurer inzwischen auch Strom und viele Lebensmittel.
Und ein Streit um die Deutungshoheit.
Wie lang macht uns dieser Preisauftrieb zu schaffen?
Da ist Christine Lagarde, die Präsidentin der EZB, die heute erneut
"vor allem nur von einer Phase vorübergehender Inflation" sprach.
Und da ist der Präsident der amerika- nischen Notenbank, Jerome Powell,
der sich am Abend vorstellen konnte,
dass der Inflationsdruck durchaus länger anhalten könnte.
Ob nun von kurzer oder längerer Dauer, die Anleger werden nervöser.
Der DAX büßt heute über zwei Prozent ein.
Die Börsianer ahnen, was die Stunde geschlagen hat.
Zu stark steigende Preise legitimieren die Notenbank,
die Leitzinsen anzuheben.
Sparer sagen "endlich", sie hoffen seit Jahren darauf.
Für Unternehmen und Staaten aber würde es bedeuten,
dass das Kredite aufnehmen, das Schulden machen
künftig wieder teurer werden würde.
Kreta ist am Morgen
von einem heftigen Nachbeben erschüttert worden.
Die Stärke wurde von den griechischen Behörden vorläufig mit 5,3 angegeben.
Bei dem schweren Beben gestern war ein ein Mann ums Leben gekommen,
mehrere Menschen wurden verletzt.
Zahlreiche Häuser sind beschädigt.
Spaniens Regierung
hat die Vulkaninsel La Palma zum Katastrophengebiet erklärt.
Medienberichten zufolge
stellte Madrid zudem 10,5 Mio. Euro Soforthilfe bereit.
Rund 600 Gebäude
wurden von der fließenden Lavamasse bereits zerstört.
Die Gesamtschäden belaufen sich Schätzungen zufolge
auf mehrere hundert Millionen Euro.
Unterdessen wächst die Gefahr,
dass die Lavaströme den Atlantik erreichen.
Experten befürchten,
dass so giftige Gase freigesetzt werden könnten.
In der alten Bundesrepublik waren es v.a. zwei Institutionen,
die in der Bevölkerung besonders hohes Ansehen genossen,
geradezu verehrt wurden:
die Bundesbank, solange es die D-Mark noch gab.
Sie ist inzwischen etwas in den Hintergrund getreten.
Und das Bundesverfassungsgericht.
Die Verfassungsrichter in Karlsruhe
haben diesen herausragenden Rang nach wie vor.
Wenn sie auftreten, hat das immer auch etwas Feierliches,
ein Gremium mit besonderer Würde,
auch wenn ihre Entscheidungen nicht jedem gefallen.
Heute feiert Deutschlands höchstes Gericht
seinen 70. Geburtstag.
Ein Rückblick von Christoph Schneider.
Hier nimmt das Bundesverfassungs- gericht zunächst seine Arbeit auf,
im Prinz-Max-Palais in Karlsruhe.
Nach der furchtbaren NS-Herrschaft will die junge Bundesrepublik
mit Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht
ein Bollwerk des demokratischen Rechtsstaats schaffen.
Das Grundgesetz trägt die Handschrift des "Nie wieder!".
Nie wieder sollten Menschen so erniedrigt und entrechtet werden
können, wie es im Dritten Reich der Fall war.
Und deshalb wurde auch eine Instanz geschaffen,
das Bundesverfassungsgericht, die unabhängig in letzter Instanz
sicherstellen soll, dass staatliche Gewalt
die Grundrechte der Menschen nicht verletzen kann.
Stark und unabhängig, das ist das Bundesverfassungsgericht
als fünftes Verfassungsorgan bis heute.
Und immer wieder zeigt Karlsruhe der Politik Grenzen auf.
Grenzen, die für politischen Protest sorgen.
Als das höchste deutsche Gericht ein Gesetz verwirft,
das Kruzifixe in bayerischen Klassenzimmern vorschreibt,
schäumte der Ministerpräsident vor Wut.
Wir werden das Urteil des Bundes- verfassungsgerichts respektieren,
wir werden es aber innerlich inhaltlich nicht akzeptieren.
Nicht akzeptieren konnte der schwer kranke Helmut Feldmann
das umstrittene Gesetz zur Sterbehilfe.
Er klagte und bekam Recht.
Zur Menschenwürde gehöre auch ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben,
sagte das Verfassungsgericht im Februar vergangenen Jahres.
Wenn Menschen schwer krank sind und leiden,
und eine Heilung nicht mehr möglich ist, und die möchten sterben,
dass das auch menschenwürdig ist.
Und dann die bahnbrechende Zukunftsentscheidung
des Verfassungsgerichts Ende April, die die Pellwormer Familie Backsen
zum Klimaschutz erstritt.
Wieder einmal muss die Politik nachbessern.
Künftige Rechte junger Menschen müssen heute schon geschützt werden.
Letztendlich geht es um uns alle.
Und das wird uns alle auch noch viel mehr betreffen, v.a. eben,
wenn wir jetzt nicht ausreichend handeln.
Ein viel beachteter Beschluss mit viel Lob.
Aber es gibt auch Kritik.
Karlsruhe urteile nicht einfach nur,
sondern mache mit seinen Ent- scheidungen zunehmend mehr Politik.
In der Demokratie müssen wir davon ausgehen,
dass es nicht die eine einzige richtige Lösung gibt.
Wir müssen akzeptieren, dass Andere andere Vorstellungen haben,
und das sollten wir nicht dadurch irgendwie aus der Welt
zu schaffen versuchen, dass wir bestimmte Expertengremien
an die Schaltstellen der Macht setzen.
Bei aller Kritik:
Das Verfassungsgericht, mit seinen 16 Richterinnen und Richtern,
ist bei den Bürgerinnen und Bürgern geachtet und zählt weltweit
zu den mächtigsten Gerichten.
Auch nach 70 Jahren ist es in guter Verfassung.
Zu diesem Jubiläum gibt es nachher um 0.15 Uhr
noch eine ausführliche Doku, mit dem Titel:
"Auftrag Gerechtigkeit,
wie viel Macht hat das Bundesverfassungsgericht?"
Davor, um 0 Uhr,
meldet sich Christopher Wehrmann mit unserem heute journal up:date.
Bis morgen, auf Wiedersehen.
Morgen wird ein Sturmtief erwartet,
es wird hauptsächlich die Nordsee erreichen.
Im Vorfeld zieht in der Nacht aus dem Süden Schauer und Gewitter
weiter in den Norden, aber auch tagsüber gibt es Schauer.
Dann gibt es an der Nordsee kräftiger Wind,
also Sturmböen, schwere Sturmböen und dazu viel Regen.
Im Süden gibt es in der Nacht Schauer und Gewitter,
die aufziehen und sich nach Norden verlagern.
Im Westen bleibt es trocken.
Morgen Vormittag gibt es Schauer und Gewitter, die aus der Nacht
weiter in den Norden ziehen.
Ganz im Norden, Richtung Ostsee, bleibt es erstmal trocken,
ebenso im Südwesten.
Am Nachmittag ändert sich das, dann wird es auch im Norden
Schauer und Gewitter geben, später auch im Westen,
v.a. an der Nordsee wird es windig, schwere Sturmböen sind dort möglich.
Im Südwesten lockert es auf, mit sonnigen Abschnitten.
Die nächsten Tage werden ruhiger, v.a. im Norden -
dort gibt es am Donnerstag noch Schauer und an den Küsten viel Wind.
Im Süden gibt es viel Sonnenschein.
Am Freitag wird es etwas wärmer.