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2021 Tagesschau, tagesthemen 18.06.2021, 21:45 Uhr - Angesichts rasanter Ausbreitung der Delta-Variante in Großbritannien wird EM-Finale

tagesthemen 18.06.2021, 21:45 Uhr - Angesichts rasanter Ausbreitung der Delta-Variante in Großbritannien wird EM-Finale

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (18.06.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

Eine Fußball-EM, bei der Mannschaften und Fans

quer über den Kontinent zu ihren Spielen reisen ...

Darüber haben viele schon vor dem ersten Anpfiff den Kopf geschüttelt.

Jetzt könnte es für den geplanten Endspielort

sogar den Abpfiff geben.

Denn in Frage steht, ob die beiden Halbfinals

und das Finale im Wembley-Stadion ausgetragen werden können.

In Großbritannien steigen die Zahlen der Neuinfektionen wieder rasant -

vor allem die mit der gefährlicheren Delta-Variante.

Schon wird vor Reisen deutscher Fans in die britische Hauptstadt gewarnt.

Ursprünglich wollte Premier Johnson

so gut wie alle Corona-Beschränkungen aufheben.

Das hat er jetzt verschoben.

Nun drängt die UEFA auf

nicht allzu rigide Kontrollen für die Stadionbesucher.

Und droht, das Finale anderswo auszutragen.

Aus London berichtet Vassili Golod.

Schottland-Fans im EM-Fieber.

Tausende sind in London.

Um ihr Team im, aber auch außerhalb des Stadions anzufeuern.

Gleichzeitig infizieren sich in Großbritannien

immer mehr mit der ansteckenden Delta-Variante:

Allein in den letzten 24 Stunden wurden über 10.000 Fälle gemeldet.

Kanzlerin Merkel mahnt:

Wenn ich besetzte Stadien sehe in anderen Ländern,

bin ich skeptisch.

Ist das jetzt schon die richtige Antwort auf die Situation?

Deutschland-Fan Frank Niemand

reist seit Jahren dem deutschen Team hinterher.

Er würde nach London kommen.

Ich würde es versuchen.

Das Problem ist, wenn feststehen würde,

man müsste in Quarantäne oder ein paar Tage unfreiwillig bleiben:

Da wäre mir der Urlaub zu schade für.

Ich hoffe, dass sich das noch klären kann, dass man das schafft.

Die UEFA geht noch weiter und fordert eine Sonderbehandlung.

Eigentlich sollen beide Halbfinals und das EM-Finale

im Wembley-Stadion ausgetragen werden.

Die Regierung verschob geplante Lockerungen der Corona-Maßnahmen.

So droht die UEFA nach Infos der "Times" mit einer Verlegung der Spiele nach Budapest.

Premier Johnson ließ durchblicken, dass er zu Kompromissen bereit sei,

um das Finale in London zu halten.

Wir tun alles, was wir müssen, um unser Land zu schützen.

Wir werden mit der UEFA sprechen, was sie wollen und sehen,

ob wir vernünftige Vorkehrungen treffen können.

Priorität hat die öffentliche Gesundheit.

Die ist durch den EM-Tourismus quer durch Europa gefährdet,

sagt der Chef der Weltärztebundes.

Ich würde ein Endspiel in London nicht besuchen.

Ich würde jedem abraten dort hinzugehen, in dieser Lage.

Ob man das verbessert, wenn man nach nach Budapest geht,

da habe ich große Zweifel.

Ein Finale ohne Fans steht nicht zur Debatte.

Daher würden es die Briten am liebsten in London behalten.

Das Finale sollte in London bleiben.

Hier ist alles sicher.

Ich wurde schon zweimal geimpft.

Ich habe eine App, mit der ich das nachweisen kann.

Ich bin Fußball-Fan, aber Sicherheit geht vor.

Wir mussten die Spiele zuletzt auch vor dem Fernseher gucken.

So ist das halt.

Also der bliebe zu Hause, aber viele Fans wollen ins Stadion.

Sven Lohmann in London.

Bis zum Finale sind es noch gute drei Wochen.

Welchen Plan hat Boris Johnson,

um die Sicherheit der Zuschauer zu garantieren?

Ein Plan für Fußballfans für diese EM gibt es nicht.

Schon gar nicht für ausländische Fans.

Boris Johnson möchte eher die eigene Bevölkerung schützen.

Deshalb gibt es hier strikte Reisebeschränkungen.

Ein Fan muss einen negativen Test vorlegen und danach in Quarantäne.

Man kann sich mit negativen Tests freitesten.

Wie hat die britische Regierung

auf die Forderungen der UEFA nach Ausnahmeregelungen reagiert?

Boris Johnson war zurückhaltend.

Johnson ist in einem Dilemma.

Auf der einen Seite möchte er, dass die Spiele hier stattfinden.

Andererseits möchte er keinen Reiseverkehr.

Auch den Briten wird geraten, nicht ins Ausland zu reisen.

Man hat Sorge, dass Virusvarianten eingeschleppt werden könnten.

Ich sehe nicht, dass Fußballfans einreisen können.

Wenn es heißt, VIPs dürfen kommen, wird es schwierig.

Es wird interessant zu sehen, wie er sich dort hinauswinden wird.

Während in Großbritannien noch über Konsequenzen diskutiert wird,

haben die Verantwortlichen jetzt Lissabon dicht gemacht.

Dort wurden so viel Neuinfektionen innerhalb eines Tages registriert,

wie seit Mitte Februar nicht mehr.

Die meisten mit der gefährlichen Delta-Variante.

Es ist kein Lockdown, aber für dieses Wochenende

darf niemand raus oder rein nach Lissabon.

Sebastian Kisters.

Melancholie in Lissabon.

Seit heute Nachmittag dürfen Bewohner die Region nicht mehr verlassen.

In den Vororten breitet sich das Virus aus.

Die in Indien entdeckte Variante.

Polizisten kontrollieren das Reiseverbot.

Die Inzidenz liegt bei über 100.

Es ist nicht wie im Winter.

Es ist keine kritische Situation.

Aber Dynamik, das macht uns Sorgen.

Melancholie auch in den Urlaubsorten nördlich von Lissabon.

Am Wochenende hatte man Kurzurlauber aus der Hauptstadt erwartet.

Die dürfen jetzt nicht kommen.

Das wird sich auswirken.

Was in Lissabon passiert, wird Folgen haben.

Aber es ist besser, Maßnahmen zu ergreifen, als danach zu weinen.

Wie im Winter, als die Bundeswehr half, Patienten zu versorgen.

Fünf Monate war Portugal im Lockdown.

Im Mai schien es, als sei das Virus besiegt.

Dann kam die Variante

und breitete sich wohl vor allem auf Familienfeiern aus.

Am Strand liegen, das ist nicht der Risikofaktor.

Ich komme aus einer Bergregion.

Am Fluss sitzen, schwimmen.

Mit der Familie essen.

Es sind diese Hochzeiten mit 300 Personen.

Auf einmal sind 50 infiziert.

Lissabon zeige: Die Pandemie ist nicht vorbei.

Fast 1000 tägliche Neuinfektion in der Hauptstadtregion –

so viele wie in ganz Deutschland.

Die Einschränkungen, politisch und juristisch umstritten.

Die meisten ertragen sie verständnisvoll.

Mit den Impfungen sind wir nicht so weit, dass alle geimpft sind.

Wir haben 1000 Fälle am Tag!

Wir können nicht so weitermachen.

Mit allem offen.

Wir müssen uns an die Regeln halten.

Jetzt ist nicht die Zeit, alles infrage zu stellen.

Bei aller Melancholie – eine gute Nachricht gibt es:

Ältere sind kaum unter den Neuinfizierten.

Mediziner sagen, Lissabon zeige auch: Die Impfungen wirken.

Die Wahl verdient ihren Namen nicht.

Die Iraner stimmen heute über ihren neuen Präsidenten ab,

doch eine echte Auswahl haben sie nicht.

Der mächtige Wächterrat der Islamischen Republik

hat vorher die aussortiert, die als Reformer gelten.

Der Favorit, der ultrakonservative Justizminister,

hat keine ernstzunehmenden Gegenkandidaten.

Das macht viele Menschen wütend.

Sie leiden ohnehin mehr denn je

unter Misswirtschaft und den US-Sanktionen.

Viele beschließen daher:

Wenn wir keine richtige Wahl haben, gehen wir einfach nicht hin.

Katharina Willinger.

Er hat sich entschlossen, heute nicht wählen zu gehen.

Ebrahim ist Bäcker in einem kleinen Laden im Südwesten Teherans.

Als wir ihn fragen,

weshalb er nicht wählen will, platzt es aus ihm heraus.

Auch nach dieser Wahl wird alles so bleiben wie es ist.

Die Situation wird sich nicht verbessern.

Die Menschen an der Spitze ändern sich zwar, aber die Situation nicht.

Kurz vor der Wahl fangen sie an, Versprechungen zu machen.

Danach ist alles vergessen.

Sogar Brot, ein Grundnahrungsmittel und nicht teuer, könnten sich

immer weniger Menschen leisten, erzählt Ebrahim und wird traurig.

Heute ist Freitag, Wochenende im Iran.

Ihr müsst in der Woche kommen und sehen,

wie hier Menschen voller Scham anstehen.

Sie haben kein Geld.

Ich rufe sie dann nach hinten und gebe ihnen Brot, umsonst.

In den Wahllokalen war der Andrang deutlich geringer

als bei den letzten Wahlen.

Auch von Wahlbegeisterung war wenig zu spüren.

Diese Dame schimpft über die schlechte Situation.

Hat sich dennoch entschieden, zu wählen.

Ich habe für Herrn Raisi gestimmt, weil ich glaube,

er ist wohlhabend genug, hat es nicht aufs Geld absehen.

Vielleicht kümmert er sich um die Probleme der Jungen.

Justizchef Raisi ist der Favorit.

Er präsentiert sich als Kämpfer gegen Armut und Korruption.

Bei Liberalen ist der Ultrakonservative hochumstritten:

Er gilt als mitverantwortlich für Massenhinrichtungen

von politischen Gefangenen in den 80ern.

Er steht auf der Sanktionsliste der USA.

Nur Außenseiterchancen hat der moderate Hemmati,

ehemaliger Zentralbankchef, aber ohne klares Profil.

Ausgewählt wurden die Kandidaten vom "Wächterrat". Der schließt Frauen grundsätzlich aus.

2021 nominierte er meist Ultrakonservative.

Auch deshalb gaben viele an, nicht wählen zu wollen.

Meine Stimme würde nichts nützen.

Der Präsident wird nicht von uns Menschen gewählt,

sie haben ihn schon bestimmt.

Heute geht es nur um die Wahlbeteiligung.

Ebrahim hofft, dass die Führung nachdenkt,

warum so viele frustriert sind.

Die Menschen haben ihren Stolz.

Indem wir nicht zur Wahl gehen,

wollen wir auf uns aufmerksam machen: Wir existieren auch noch.

Wir Iraner helfen uns gegenseitig, sagt er.

Hoffentlich fange irgendwann auch die Politik wieder damit an.

Katharina Willinger ist für uns in Teheran.

Wenn tatsächlich so wenig Iraner*innen wählen -

ist das dann eine Art Referendum über das gesamte System?

Bei einigen Menschen ist das der Fall.

Wir haben von vielen gehört,

dass das System keine Rücksicht mehr nehmen würde.

Vor zwei Tagen waren wir in der Innenstadt.

Dort trafen wir Menschen, die über die Wahl diskutierten.

Ein junger Mensch schimpfte sehr laut.

Er sagte, unter dem Deckmantel des Islams

hätte das System die Wirtschaft und die Menschen im Land zerstört.

Daraufhin lief er schnell weg.

Solche Worte können hier gefährlich sein,

doch das zeigt, wie verzweifelt manche Iraner sind.

Wohin könnte das führen?

Könnte diese nicht freie Wahl

die Menschen wieder auf die Straße treiben?

Im Vorfeld der Wahl

habe ich die Hoffnungslosigkeit unter den Menschen,

die nicht wählen wollten, wahrgenommen.

Ihr Protest war, nicht abzustimmen.

2019 wurden Hunderte Menschen von Sicherheitskräften niedergeschossen.

Das steckt den Iranern noch in den Knochen.

Man ist sich bewusst, was man riskiert,

wenn man im Iran seine Kritik offen äußert.

Aus westlicher Sicht ist entscheidend:

Wird es mit dem Iran

eine Wiederaufnahme des Atomabkommens geben?

Die USA waren ja 2018 ausgestiegen.

Wie stünde eine neue, konservativere Regierung

zu diesen Verhandlungen?

Der Favorit Raisi lehnt das Atomabkommen nicht ab.

Diese Entscheidung obliegt ihm auch nicht.

Der Iran ist auf dieses Abkommen auch angewiesen.

Die Verhandlungen werden komplizierter sein.

Raisi steht auf der Sanktionsliste der Amerikaner.

Die Wiederaufnahmegespräche in Wien laufen gut.

Es scheitert bisher daran, dass gefordert wird,

ihn von dieser Sanktionsliste zu nehmen.

Ob die Amerikaner dazu bereit wären, wenn Raisi Präsident würde,

lässt sich jetzt nur schwer sagen.

Danke.

Iran - eine Wahl als stiller Protest.

Die Meinung von Natalie Amiri vom BR.

#RaibiRai, das bedeutet sinngemäß: Meine Stimme bekommt ihr nicht.

Dieser Hashtag stand unter Hunderttausenden Posts

von Iraner*innen in den sozialen Medien, schon Wochen vor der Wahl.

Die Gesellschaft ist frustriert, enttäuscht und erschöpft.

Sie hat einen friedlichen Weg gewählt, ihren Unmut auszudrücken:

Den Boykott der Präsidentschaftswahlen.

Sie sagen:

Das, was da stattfand, war reine Show.

Eine Wahl ohne Auswahl ist keine.

Diesmal hat der ultrakonservative Wächterrat

nicht einmal mehr einen Scheinreform-Kandidaten zugelassen.

Dafür sechs farblose Männer und ein vom Establishment

präferierten Spitzenkandidaten: Ebrahim Raisi.

Der ist als "Blutrichter" für Massenhinrichtungen mitverantwortlich.

Die Mehrheit hat sich entschieden:

Man will dieses menschenverachtende religiöse System

nicht durch eine Wahl legitimieren.

Die EU verhandelt in Wien mit diesem System ein neues/altes Atomabkommen.

Sie sollte sich überlegen:

Stellt man den Vertretern der Islamischen Republik

nicht ein paar Bedingungen?

Die Einhaltung der Menschenrechte, zum Beispiel.

Während man in Wien verhandelt, werden Dutzende hingerichtet,

politische Gefangene, Sportler, Angehörige religiöser Minderheiten.

Die Zivilbevölkerung hat sich zu einem mutigen Schritt entschieden.

Die EU sollte es auch tun.

Ich weiß, was Realpolitik bedeutet.

Aber dafür müssen wir nicht unsere Werte verkaufen.

Die Meinung von Natalie Amiri.

Die Lufthansa will die staatlichen Milliardenhilfen

in der Corona-Krise noch vor der Bundestagswahl zurückzahlen.

Das kündigte Lufthansa-Chef Spohr heute in Berlin an.

Weitere Nachrichten mit Constantin Schreiber.

Die Wiederbelebung des Flugverkehrs nach der Corona-Krise

und die Klimaneutralität der Fliegerei:

Sie standen im Mittelpunkt der Konferenz.

Airlines und Politik setzen auf Innovationen,

die die Luftfahrt emissionsfrei machen soll.

Kanzlerin Merkel betonte, das ehrgeizige Ziel

solle so schnell wie möglich umgesetzt werden.

Alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen

müssten an den Klimazielen ausgerichtet werden.

Am Münchner Flughafen wurde die Belegschaft

eines italienischen Hotels gegen Corona geimpft.

Das hat ein juristisches Nachspiel.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg

ermittelt gegen sieben Beteiligte.

Heute wurden mehrere Objekte in München durchsucht.

Im Mai ließen sich 120 Hotelangestellte aus Sardinien

in München immunisieren.

Sie waren in Deutschland aber nicht impfberechtigt.

Morgens nach München, in dieses diesem Hotel am Airport.

Schnell geimpft, ein Bier, am Nachmittag zurück nach Sardinien.

So lief der Impf-Flug von Mitarbeiter*innen

eines sardischen Luxushotels im Mai.

Mehrere Beamte waren heute in München im Einsatz.

Durchsucht wurden eine Arztpraxis, eine Kanzlei und eine Apotheke.

Wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Bestechung

im Gesundheitswesen sowie der Unterschlagung von Impfstoff.

Nach der Impfverordnung steht der Corona-Impfstoff

nur einem berechtigten Personenkreis zur Verfügung.

Die Mitarbeiter des Hotels waren nicht berechtigt,

in Deutschland Impfungen zu bekommen.

Es ergab sich der Verdacht einer Unterschlagung.

Die Impfstoffe werden Apotheken und Ärzten

unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

So können sie ihre Patienten schneller immunisieren.

Diese Regelungen gilt für Menschen mit Wohnsitz oder Arbeitsstelle

in der Bundesrepublik.

Für Impf-Flüge aus dem Ausland gilt die Verordnung nicht.

Die Zahl der vor Gewalt und Verfolgung Fliehenden

erreichte 2020 einen neuen Höchststand.

Laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR waren 82,4 Mio. Menschen betroffen.

Die meisten wurden innerhalb ihrer Heimatländer vertrieben.

Von denen, die ins Ausland flüchteten,

kam ein Großteil aus Syrien, Myanmar, Venezuela, Afghanistan und dem Sudan.

Am 22. Juni jährt sich der deutsche Überfall

auf die damalige Sowjetunion zum 80. Mal.

Bundespräsident Steinmeier bezeichnete den Angriff

bei einer Gedenkrede als mörderische Barbarei.

Das NS-Regime hatte den Feldzug aus rassistischen Motiven

als Vernichtungskrieg geplant.

Schätzungen zufolge fielen dem Krieg auf sowjetischer Seite

bis zu 27 Mio. Menschen zum Opfer - 14 Mio. davon Zivilisten.

Ein Foto aus den 60er-Jahren in der Bundesrepublik.

Der Kunsthistoriker Werner Haftmann

versucht, Bundespräsident Lübke moderne Kunst nahezubringen.

Haftmann war einer der Mitbegründer der documenta in Kassel.

Die weltberühmte Kunstmesse wagte den Aufbruch in die Moderne,

streifte die NS-Vergangenheit aber nicht ab.

Haftmann war, wie viele Kulturpersönlichkeiten,

verstrickt in die Nazi-Verbrechen.

Er steht beispielhaft für das,

was eine Berliner Ausstellung über die documenta zeigen will:

Kunst ist immer ein Spiegel der Gesellschaft,

in der sie entsteht.

Das gilt für die Anfänge nach dem Krieg

wie für die bleierne Zeit des Kalten Krieges.

Tina von Löhneysen.

Die documenta sei ihre wichtigste Schule gewesen, sagt sie.

Hortensia Völckers.

1997 war sie bei der documenta 10 im Leitungsteam mit dabei.

Es sei eine strenge, politische Schau gewesen.

Die erste,

die über den Tellerrand der westlichen Kunstwelt hinausblickte.

Die documenta – ein bundesrepublikanischer Mythos.

Meiner Meinung nach ist sie immer politisch gewesen.

Es gab immer politisches Programm.

Zu Anfang war es eins,

das durch die präsentierte Kunst ein Schaufenster sein sollte.

Für positive Selbstdarstellung eines Landes,

das sich neu verbinden wollte, vor allem mit dem Westen.

So kam die Kunst lange aus Westeuropa und den USA.

Der Westen als kulturelles und politisches Programm.

Die documenta in Kassel,

nur 30 Kilometer von der innerdeutschen Grenze entfernt.

Bollwerk gegen den Ostblock.

Erst 1977, nach Willy Brandts neuer Ostpolitik,

stellten zum erstmals DDR-Künstler aus.

Ein Spiegel der politischen Verfassung des Landes.

Viele der Gründungsmitglieder 1955 hatten eine NSDAP-Vergangenheit,

so wie der Kurator Werner Haftmann.

Werke von ermordeten oder emigrierten jüdischen Künstler*innen

wurden in dieser documenta nicht gezeigt, eine Entzauberung.

Man merkt, dass sie in der frühen Bundesrepublik normal war,

weil in allen Institutionen diese Gruppe Karriere machte.

Ehemalige NSDAP-Mitglieder oder Menschen,

die im NS Karriere gemacht haben.

Das war die Aufbaugeneration der Bundesrepublik.

Die documenta sei heute offener, vielstimmiger, globaler geworden.

2022 ist ein Künstlerkollektiv aus Indonesien verantwortlich.

Es ist ein Kollektiv aus dem globalen Süden.

Eins das die einstimmige Autorschaft infrage stellt.

Es dehnt die kuratorischen Prozesse immer weiter.

Dezentraler, basisdemokratischer.

Wenn die Kunst auf Missstände hinweist,

ist das oft für die Politik schmerzhaft.

Auch für die Förderer.

Das muss man aushalten.

Das ist das, was wir unter unabhängiger Kunst verstehen.

Dafür brauchen wir sie.

Die documenta sei immer noch die wichtigste Ausstellung

für zeitgenössische Kunst weltweit.

Ob sie es bleibt, hänge davon ab,

ob sie mit den Kräfteverschiebungen in der Welt mitgehe.

Eine ganz eigene Kunst müssen die deutschen Fußballer beherrschen:

Sich bei dieser sengenden Hitze zu erfrischen und daran zu denken,

sich bloß nicht nass machen zu lassen.

Noch eine Niederlage morgen gegen Portugal

und die Chancen fürs Weiterkommen sind miserabel.

Bei so viel Druck dürfte es für Joachim Löw nicht einfach sein,

sich an Franz Beckenbauer zu orientieren.

Der sagte als Trainer vor einem WM-Finale:

"Geht's raus, habt Spaß und spielt Fußball". Benedikt Brinsa über die Vorbereitungen

und einen Gegner, der keinen Spaß versteht.

Die Frisur sitzt, das ist ihm wichtig.

Auch mit 36 ist Cristiano Ronaldo eitel,

aber auch noch ein Überflieger.

Doppelt erfolgreich beim 3:0 gegen Ungarn.

Ronaldo nun EM-Rekordtorschütze,

aber noch ohne Sieg und ohne Treffer gegen Deutschland.

Ich glaub, dass er schlau genug ist, sein Spiel mit der Zeit anzupassen.

Er ist sehr gut, macht nicht mehr jeden Weg,

ist aber trotzdem sehr effizient.

Ob der Bundestrainer seinen Spielern heute erklärt hat,

wie man gegen Ronaldo verteidigt, ist nicht überliefert.

Er wird aber deutlich gemacht haben:

Gegen den Europameister muss gepunktet werden.

Es war klar, dass die Gruppe schwer ist.

Wir müssen uns nicht wundern, dass sie schwer ist.

Wir haben es in der Hand.

Allerdings ist Druck drauf nach der unglücklichen,

aber verdienten Niederlage.

Die Diskussionen über Personal und Taktik laufen.

Große und grundsätzliche Umbauarbeiten wären Löw-untypisch.

Er ist selten von seinem Plan und seiner Überzeugung abgewichen.

Wir brauchen ein positives Resultat und ein gutes Spiel.

Der Druck wird uns aber nicht irgendwie erdrücken.

Mit der richtigen Einstellung soll es klappen, mit dem positiven Resultat.

Lennart Brinkhoff steht vor dem Mannschaftshotel.

Gegner Portugal sagte, "wir haben unsere Waffen". Welche hat Deutschland?

Um bei diesem Bild zu bleiben:

Joachim Löw hat ein ganzes Hotel voller fußballerischer Waffen.

Die haben gegen Frankreich aber nur ordentlich funktioniert

und konnten dem Gegner nicht gefährlich werden.

Gerade in der Offensive, vor der die Portugiesen Angst haben.

Gerade vor "Thomas Muller", wie die Portugiesen ihn nennen. Der schoss bei der WM 2014 drei Tore gegen die Portugiesen.

Es gibt ein statistisches Problem:

Thomas Müller hat noch nie bei einer EM ein Tor gemacht.

Aber die Statistik macht Hoffnung:

Ronaldo, der große Star der Portugiesen,

hat noch nie gegen Deutschland gewonnen.

Und nie ein Tor geschossen.

Von Deutschland heißt es,

das sei eine Turniermannschaft, die sich steigert.

Könnte es so sein?

Da würde ich von der Waffenkunde zur Philosophie wechseln

und zum Ausspruch:

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile.

Das steht für diese Mannschaft.

So haben deutsche Teams große Titel gewonnen.

Diesen sportlichen Kitt hinzubekommen -

das ist die Aufgabe von Joachim Löw auf seiner letzten Mission.

Sollte ihm das gelingen, könnte Deutschland Portugal schlagen.

Sollte ihm das in der nächsten Zeit auch zwischenmenschlich gelingen,

kann Deutschland sehr weit kommen.

Wenn aber nicht, wie einige Male zuvor,

könnte dieses Turnier am Mittwoch für das deutsche Team beendet sein.

Die Einschätzung von Lennart Brinkhoff, vielen Dank!

Sehr gerne.

Die entscheidende Frage zum Schluss:

Welchen Sonnenschutzfaktor brauchen die Fußballer morgen, Claudia?

Einen hohen.

Es wird warm und den ganzen Tag über sonnig.

Im Laufe des Nachmittags kann es Gewitter geben.

Die Schauer- und Gewitterlinie,

die von Brandenburg bis zum Schwarzwald geht,

könnte auch München erreichen.

Am Sonntag wird es sogar noch heftigere Gewitter geben.

Bis zum Nachmittag geht es bis in die Mitte.

Dann gibt es auch Unwettergefahr.

Jetzt in der Nacht sind ein paar Regengüsse unterwegs.

Vor allem im Nordwesten.

Die ziehen nach Nordosten.

Morgen beginnt der Tag sonnig.

Von der schwäbischen Alb

bis nach Vorpommern gibt es Schauer und Gewitter.

Für alle anderen gilt: Sonnenschein.

Dazu Hitze und Schwüle.

Im Westen morgen beginnt es mit den Schauern und Gewittern,

die sich in der Nacht ausbreiten.

Die nächsten Tage bringen am Sonntag die heftigen Schauer und Gewitter.

Nach Osten hin passiert lange nichts.

Da kommt es erst später zum Abend.

Montag bringt Regen und Donner, allerdings weniger als Sonntag.

Danach ist die größte Hitze auch über der Mitte vorbei.

Hier geht es weiter mit einem Tatort aus dem Schwarzwald.

Wir sind morgen wieder da.

Dann mit der Kurzfassung in der Halbzeit des EM-Spiels

Spanien gegen Polen, um 21.50 Uhr.

Schönen Abend und einen schönen Fußball-Tag morgen.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 18.06.2021, 21:45 Uhr - Angesichts rasanter Ausbreitung der Delta-Variante in Großbritannien wird EM-Finale tagesthemen 18.06.2021, 21:45 Uhr - In view of rapid spread of the delta variant in the UK, EM final tagesthemen 18.06.2021, 21:45 - Face à la propagation rapide de la variante Delta en Grande-Bretagne, la finale de l'Euro sera tagesthemen 18.06.2021, 21:45 - Tendo em conta a rápida propagação da variante delta na Grã-Bretanha, a final do Campeonato Europeu

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen. Here is the first German television with the daily topics.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (18.06.2021)

Heute im Studio: Caren Miosga In the studio today: Caren Miosga

Guten Abend. Good evening.

Eine Fußball-EM, bei der Mannschaften und Fans A football championship, where teams and fans

quer über den Kontinent zu ihren Spielen reisen ... traveling across the continent to their games...

Darüber haben viele schon vor dem ersten Anpfiff den Kopf geschüttelt.

Jetzt könnte es für den geplanten Endspielort

sogar den Abpfiff geben.

Denn in Frage steht, ob die beiden Halbfinals

und das Finale im Wembley-Stadion ausgetragen werden können.

In Großbritannien steigen die Zahlen der Neuinfektionen wieder rasant -

vor allem die mit der gefährlicheren Delta-Variante.

Schon wird vor Reisen deutscher Fans in die britische Hauptstadt gewarnt.

Ursprünglich wollte Premier Johnson

so gut wie alle Corona-Beschränkungen aufheben.

Das hat er jetzt verschoben.

Nun drängt die UEFA auf

nicht allzu rigide Kontrollen für die Stadionbesucher.

Und droht, das Finale anderswo auszutragen.

Aus London berichtet Vassili Golod.

Schottland-Fans im EM-Fieber.

Tausende sind in London.

Um ihr Team im, aber auch außerhalb des Stadions anzufeuern.

Gleichzeitig infizieren sich in Großbritannien

immer mehr mit der ansteckenden Delta-Variante:

Allein in den letzten 24 Stunden wurden über 10.000 Fälle gemeldet.

Kanzlerin Merkel mahnt:

Wenn ich besetzte Stadien sehe in anderen Ländern,

bin ich skeptisch.

Ist das jetzt schon die richtige Antwort auf die Situation?

Deutschland-Fan Frank Niemand

reist seit Jahren dem deutschen Team hinterher.

Er würde nach London kommen.

Ich würde es versuchen.

Das Problem ist, wenn feststehen würde,

man müsste in Quarantäne oder ein paar Tage unfreiwillig bleiben:

Da wäre mir der Urlaub zu schade für.

Ich hoffe, dass sich das noch klären kann, dass man das schafft.

Die UEFA geht noch weiter und fordert eine Sonderbehandlung.

Eigentlich sollen beide Halbfinals und das EM-Finale

im Wembley-Stadion ausgetragen werden.

Die Regierung verschob geplante Lockerungen der Corona-Maßnahmen.

So droht die UEFA nach Infos der "Times" mit einer Verlegung der Spiele nach Budapest.

Premier Johnson ließ durchblicken, dass er zu Kompromissen bereit sei,

um das Finale in London zu halten.

Wir tun alles, was wir müssen, um unser Land zu schützen.

Wir werden mit der UEFA sprechen, was sie wollen und sehen,

ob wir vernünftige Vorkehrungen treffen können.

Priorität hat die öffentliche Gesundheit.

Die ist durch den EM-Tourismus quer durch Europa gefährdet,

sagt der Chef der Weltärztebundes.

Ich würde ein Endspiel in London nicht besuchen.

Ich würde jedem abraten dort hinzugehen, in dieser Lage.

Ob man das verbessert, wenn man nach nach Budapest geht,

da habe ich große Zweifel.

Ein Finale ohne Fans steht nicht zur Debatte.

Daher würden es die Briten am liebsten in London behalten.

Das Finale sollte in London bleiben.

Hier ist alles sicher.

Ich wurde schon zweimal geimpft.

Ich habe eine App, mit der ich das nachweisen kann.

Ich bin Fußball-Fan, aber Sicherheit geht vor.

Wir mussten die Spiele zuletzt auch vor dem Fernseher gucken.

So ist das halt.

Also der bliebe zu Hause, aber viele Fans wollen ins Stadion.

Sven Lohmann in London.

Bis zum Finale sind es noch gute drei Wochen.

Welchen Plan hat Boris Johnson,

um die Sicherheit der Zuschauer zu garantieren?

Ein Plan für Fußballfans für diese EM gibt es nicht.

Schon gar nicht für ausländische Fans.

Boris Johnson möchte eher die eigene Bevölkerung schützen.

Deshalb gibt es hier strikte Reisebeschränkungen.

Ein Fan muss einen negativen Test vorlegen und danach in Quarantäne.

Man kann sich mit negativen Tests freitesten.

Wie hat die britische Regierung

auf die Forderungen der UEFA nach Ausnahmeregelungen reagiert?

Boris Johnson war zurückhaltend.

Johnson ist in einem Dilemma.

Auf der einen Seite möchte er, dass die Spiele hier stattfinden.

Andererseits möchte er keinen Reiseverkehr.

Auch den Briten wird geraten, nicht ins Ausland zu reisen.

Man hat Sorge, dass Virusvarianten eingeschleppt werden könnten.

Ich sehe nicht, dass Fußballfans einreisen können.

Wenn es heißt, VIPs dürfen kommen, wird es schwierig.

Es wird interessant zu sehen, wie er sich dort hinauswinden wird.

Während in Großbritannien noch über Konsequenzen diskutiert wird,

haben die Verantwortlichen jetzt Lissabon dicht gemacht.

Dort wurden so viel Neuinfektionen innerhalb eines Tages registriert,

wie seit Mitte Februar nicht mehr.

Die meisten mit der gefährlichen Delta-Variante.

Es ist kein Lockdown, aber für dieses Wochenende

darf niemand raus oder rein nach Lissabon.

Sebastian Kisters.

Melancholie in Lissabon.

Seit heute Nachmittag dürfen Bewohner die Region nicht mehr verlassen.

In den Vororten breitet sich das Virus aus.

Die in Indien entdeckte Variante.

Polizisten kontrollieren das Reiseverbot.

Die Inzidenz liegt bei über 100.

Es ist nicht wie im Winter.

Es ist keine kritische Situation.

Aber Dynamik, das macht uns Sorgen.

Melancholie auch in den Urlaubsorten nördlich von Lissabon.

Am Wochenende hatte man Kurzurlauber aus der Hauptstadt erwartet.

Die dürfen jetzt nicht kommen.

Das wird sich auswirken.

Was in Lissabon passiert, wird Folgen haben.

Aber es ist besser, Maßnahmen zu ergreifen, als danach zu weinen.

Wie im Winter, als die Bundeswehr half, Patienten zu versorgen.

Fünf Monate war Portugal im Lockdown.

Im Mai schien es, als sei das Virus besiegt.

Dann kam die Variante

und breitete sich wohl vor allem auf Familienfeiern aus.

Am Strand liegen, das ist nicht der Risikofaktor.

Ich komme aus einer Bergregion.

Am Fluss sitzen, schwimmen.

Mit der Familie essen.

Es sind diese Hochzeiten mit 300 Personen.

Auf einmal sind 50 infiziert.

Lissabon zeige: Die Pandemie ist nicht vorbei.

Fast 1000 tägliche Neuinfektion in der Hauptstadtregion –

so viele wie in ganz Deutschland.

Die Einschränkungen, politisch und juristisch umstritten.

Die meisten ertragen sie verständnisvoll.

Mit den Impfungen sind wir nicht so weit, dass alle geimpft sind.

Wir haben 1000 Fälle am Tag!

Wir können nicht so weitermachen.

Mit allem offen.

Wir müssen uns an die Regeln halten.

Jetzt ist nicht die Zeit, alles infrage zu stellen.

Bei aller Melancholie – eine gute Nachricht gibt es:

Ältere sind kaum unter den Neuinfizierten.

Mediziner sagen, Lissabon zeige auch: Die Impfungen wirken.

Die Wahl verdient ihren Namen nicht.

Die Iraner stimmen heute über ihren neuen Präsidenten ab,

doch eine echte Auswahl haben sie nicht.

Der mächtige Wächterrat der Islamischen Republik

hat vorher die aussortiert, die als Reformer gelten.

Der Favorit, der ultrakonservative Justizminister,

hat keine ernstzunehmenden Gegenkandidaten.

Das macht viele Menschen wütend.

Sie leiden ohnehin mehr denn je

unter Misswirtschaft und den US-Sanktionen.

Viele beschließen daher:

Wenn wir keine richtige Wahl haben, gehen wir einfach nicht hin.

Katharina Willinger.

Er hat sich entschlossen, heute nicht wählen zu gehen.

Ebrahim ist Bäcker in einem kleinen Laden im Südwesten Teherans.

Als wir ihn fragen,

weshalb er nicht wählen will, platzt es aus ihm heraus.

Auch nach dieser Wahl wird alles so bleiben wie es ist.

Die Situation wird sich nicht verbessern.

Die Menschen an der Spitze ändern sich zwar, aber die Situation nicht.

Kurz vor der Wahl fangen sie an, Versprechungen zu machen.

Danach ist alles vergessen.

Sogar Brot, ein Grundnahrungsmittel und nicht teuer, könnten sich

immer weniger Menschen leisten, erzählt Ebrahim und wird traurig.

Heute ist Freitag, Wochenende im Iran.

Ihr müsst in der Woche kommen und sehen,

wie hier Menschen voller Scham anstehen.

Sie haben kein Geld.

Ich rufe sie dann nach hinten und gebe ihnen Brot, umsonst.

In den Wahllokalen war der Andrang deutlich geringer

als bei den letzten Wahlen.

Auch von Wahlbegeisterung war wenig zu spüren.

Diese Dame schimpft über die schlechte Situation.

Hat sich dennoch entschieden, zu wählen.

Ich habe für Herrn Raisi gestimmt, weil ich glaube,

er ist wohlhabend genug, hat es nicht aufs Geld absehen.

Vielleicht kümmert er sich um die Probleme der Jungen.

Justizchef Raisi ist der Favorit.

Er präsentiert sich als Kämpfer gegen Armut und Korruption.

Bei Liberalen ist der Ultrakonservative hochumstritten:

Er gilt als mitverantwortlich für Massenhinrichtungen

von politischen Gefangenen in den 80ern.

Er steht auf der Sanktionsliste der USA.

Nur Außenseiterchancen hat der moderate Hemmati,

ehemaliger Zentralbankchef, aber ohne klares Profil.

Ausgewählt wurden die Kandidaten vom "Wächterrat". Der schließt Frauen grundsätzlich aus.

2021 nominierte er meist Ultrakonservative.

Auch deshalb gaben viele an, nicht wählen zu wollen.

Meine Stimme würde nichts nützen.

Der Präsident wird nicht von uns Menschen gewählt,

sie haben ihn schon bestimmt.

Heute geht es nur um die Wahlbeteiligung.

Ebrahim hofft, dass die Führung nachdenkt,

warum so viele frustriert sind.

Die Menschen haben ihren Stolz.

Indem wir nicht zur Wahl gehen,

wollen wir auf uns aufmerksam machen: Wir existieren auch noch.

Wir Iraner helfen uns gegenseitig, sagt er.

Hoffentlich fange irgendwann auch die Politik wieder damit an.

Katharina Willinger ist für uns in Teheran.

Wenn tatsächlich so wenig Iraner*innen wählen -

ist das dann eine Art Referendum über das gesamte System?

Bei einigen Menschen ist das der Fall.

Wir haben von vielen gehört,

dass das System keine Rücksicht mehr nehmen würde.

Vor zwei Tagen waren wir in der Innenstadt.

Dort trafen wir Menschen, die über die Wahl diskutierten.

Ein junger Mensch schimpfte sehr laut.

Er sagte, unter dem Deckmantel des Islams

hätte das System die Wirtschaft und die Menschen im Land zerstört.

Daraufhin lief er schnell weg.

Solche Worte können hier gefährlich sein,

doch das zeigt, wie verzweifelt manche Iraner sind.

Wohin könnte das führen?

Könnte diese nicht freie Wahl

die Menschen wieder auf die Straße treiben?

Im Vorfeld der Wahl

habe ich die Hoffnungslosigkeit unter den Menschen,

die nicht wählen wollten, wahrgenommen.

Ihr Protest war, nicht abzustimmen.

2019 wurden Hunderte Menschen von Sicherheitskräften niedergeschossen.

Das steckt den Iranern noch in den Knochen.

Man ist sich bewusst, was man riskiert,

wenn man im Iran seine Kritik offen äußert.

Aus westlicher Sicht ist entscheidend:

Wird es mit dem Iran

eine Wiederaufnahme des Atomabkommens geben?

Die USA waren ja 2018 ausgestiegen.

Wie stünde eine neue, konservativere Regierung

zu diesen Verhandlungen?

Der Favorit Raisi lehnt das Atomabkommen nicht ab.

Diese Entscheidung obliegt ihm auch nicht.

Der Iran ist auf dieses Abkommen auch angewiesen.

Die Verhandlungen werden komplizierter sein.

Raisi steht auf der Sanktionsliste der Amerikaner.

Die Wiederaufnahmegespräche in Wien laufen gut.

Es scheitert bisher daran, dass gefordert wird,

ihn von dieser Sanktionsliste zu nehmen.

Ob die Amerikaner dazu bereit wären, wenn Raisi Präsident würde,

lässt sich jetzt nur schwer sagen.

Danke.

Iran - eine Wahl als stiller Protest.

Die Meinung von Natalie Amiri vom BR.

#RaibiRai, das bedeutet sinngemäß: Meine Stimme bekommt ihr nicht.

Dieser Hashtag stand unter Hunderttausenden Posts

von Iraner*innen in den sozialen Medien, schon Wochen vor der Wahl.

Die Gesellschaft ist frustriert, enttäuscht und erschöpft.

Sie hat einen friedlichen Weg gewählt, ihren Unmut auszudrücken:

Den Boykott der Präsidentschaftswahlen.

Sie sagen:

Das, was da stattfand, war reine Show.

Eine Wahl ohne Auswahl ist keine.

Diesmal hat der ultrakonservative Wächterrat

nicht einmal mehr einen Scheinreform-Kandidaten zugelassen.

Dafür sechs farblose Männer und ein vom Establishment

präferierten Spitzenkandidaten: Ebrahim Raisi.

Der ist als "Blutrichter" für Massenhinrichtungen mitverantwortlich.

Die Mehrheit hat sich entschieden:

Man will dieses menschenverachtende religiöse System

nicht durch eine Wahl legitimieren.

Die EU verhandelt in Wien mit diesem System ein neues/altes Atomabkommen.

Sie sollte sich überlegen:

Stellt man den Vertretern der Islamischen Republik

nicht ein paar Bedingungen?

Die Einhaltung der Menschenrechte, zum Beispiel.

Während man in Wien verhandelt, werden Dutzende hingerichtet,

politische Gefangene, Sportler, Angehörige religiöser Minderheiten.

Die Zivilbevölkerung hat sich zu einem mutigen Schritt entschieden.

Die EU sollte es auch tun.

Ich weiß, was Realpolitik bedeutet.

Aber dafür müssen wir nicht unsere Werte verkaufen.

Die Meinung von Natalie Amiri.

Die Lufthansa will die staatlichen Milliardenhilfen

in der Corona-Krise noch vor der Bundestagswahl zurückzahlen.

Das kündigte Lufthansa-Chef Spohr heute in Berlin an.

Weitere Nachrichten mit Constantin Schreiber.

Die Wiederbelebung des Flugverkehrs nach der Corona-Krise

und die Klimaneutralität der Fliegerei:

Sie standen im Mittelpunkt der Konferenz.

Airlines und Politik setzen auf Innovationen,

die die Luftfahrt emissionsfrei machen soll.

Kanzlerin Merkel betonte, das ehrgeizige Ziel

solle so schnell wie möglich umgesetzt werden.

Alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen

müssten an den Klimazielen ausgerichtet werden.

Am Münchner Flughafen wurde die Belegschaft

eines italienischen Hotels gegen Corona geimpft.

Das hat ein juristisches Nachspiel.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg

ermittelt gegen sieben Beteiligte.

Heute wurden mehrere Objekte in München durchsucht.

Im Mai ließen sich 120 Hotelangestellte aus Sardinien

in München immunisieren.

Sie waren in Deutschland aber nicht impfberechtigt.

Morgens nach München, in dieses diesem Hotel am Airport.

Schnell geimpft, ein Bier, am Nachmittag zurück nach Sardinien.

So lief der Impf-Flug von Mitarbeiter*innen

eines sardischen Luxushotels im Mai.

Mehrere Beamte waren heute in München im Einsatz.

Durchsucht wurden eine Arztpraxis, eine Kanzlei und eine Apotheke.

Wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Bestechung

im Gesundheitswesen sowie der Unterschlagung von Impfstoff.

Nach der Impfverordnung steht der Corona-Impfstoff

nur einem berechtigten Personenkreis zur Verfügung.

Die Mitarbeiter des Hotels waren nicht berechtigt,

in Deutschland Impfungen zu bekommen.

Es ergab sich der Verdacht einer Unterschlagung.

Die Impfstoffe werden Apotheken und Ärzten

unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

So können sie ihre Patienten schneller immunisieren.

Diese Regelungen gilt für Menschen mit Wohnsitz oder Arbeitsstelle

in der Bundesrepublik.

Für Impf-Flüge aus dem Ausland gilt die Verordnung nicht.

Die Zahl der vor Gewalt und Verfolgung Fliehenden

erreichte 2020 einen neuen Höchststand.

Laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR waren 82,4 Mio. Menschen betroffen.

Die meisten wurden innerhalb ihrer Heimatländer vertrieben.

Von denen, die ins Ausland flüchteten,

kam ein Großteil aus Syrien, Myanmar, Venezuela, Afghanistan und dem Sudan.

Am 22. Juni jährt sich der deutsche Überfall

auf die damalige Sowjetunion zum 80. Mal.

Bundespräsident Steinmeier bezeichnete den Angriff

bei einer Gedenkrede als mörderische Barbarei.

Das NS-Regime hatte den Feldzug aus rassistischen Motiven

als Vernichtungskrieg geplant.

Schätzungen zufolge fielen dem Krieg auf sowjetischer Seite

bis zu 27 Mio. Menschen zum Opfer - 14 Mio. davon Zivilisten.

Ein Foto aus den 60er-Jahren in der Bundesrepublik.

Der Kunsthistoriker Werner Haftmann

versucht, Bundespräsident Lübke moderne Kunst nahezubringen.

Haftmann war einer der Mitbegründer der documenta in Kassel.

Die weltberühmte Kunstmesse wagte den Aufbruch in die Moderne,

streifte die NS-Vergangenheit aber nicht ab.

Haftmann war, wie viele Kulturpersönlichkeiten,

verstrickt in die Nazi-Verbrechen.

Er steht beispielhaft für das,

was eine Berliner Ausstellung über die documenta zeigen will:

Kunst ist immer ein Spiegel der Gesellschaft,

in der sie entsteht.

Das gilt für die Anfänge nach dem Krieg

wie für die bleierne Zeit des Kalten Krieges.

Tina von Löhneysen.

Die documenta sei ihre wichtigste Schule gewesen, sagt sie.

Hortensia Völckers.

1997 war sie bei der documenta 10 im Leitungsteam mit dabei.

Es sei eine strenge, politische Schau gewesen.

Die erste,

die über den Tellerrand der westlichen Kunstwelt hinausblickte.

Die documenta – ein bundesrepublikanischer Mythos.

Meiner Meinung nach ist sie immer politisch gewesen.

Es gab immer politisches Programm.

Zu Anfang war es eins,

das durch die präsentierte Kunst ein Schaufenster sein sollte.

Für positive Selbstdarstellung eines Landes,

das sich neu verbinden wollte, vor allem mit dem Westen.

So kam die Kunst lange aus Westeuropa und den USA.

Der Westen als kulturelles und politisches Programm.

Die documenta in Kassel,

nur 30 Kilometer von der innerdeutschen Grenze entfernt.

Bollwerk gegen den Ostblock.

Erst 1977, nach Willy Brandts neuer Ostpolitik,

stellten zum erstmals DDR-Künstler aus.

Ein Spiegel der politischen Verfassung des Landes.

Viele der Gründungsmitglieder 1955 hatten eine NSDAP-Vergangenheit,

so wie der Kurator Werner Haftmann.

Werke von ermordeten oder emigrierten jüdischen Künstler*innen

wurden in dieser documenta nicht gezeigt, eine Entzauberung.

Man merkt, dass sie in der frühen Bundesrepublik normal war,

weil in allen Institutionen diese Gruppe Karriere machte.

Ehemalige NSDAP-Mitglieder oder Menschen,

die im NS Karriere gemacht haben.

Das war die Aufbaugeneration der Bundesrepublik.

Die documenta sei heute offener, vielstimmiger, globaler geworden.

2022 ist ein Künstlerkollektiv aus Indonesien verantwortlich.

Es ist ein Kollektiv aus dem globalen Süden.

Eins das die einstimmige Autorschaft infrage stellt.

Es dehnt die kuratorischen Prozesse immer weiter.

Dezentraler, basisdemokratischer.

Wenn die Kunst auf Missstände hinweist,

ist das oft für die Politik schmerzhaft.

Auch für die Förderer.

Das muss man aushalten.

Das ist das, was wir unter unabhängiger Kunst verstehen.

Dafür brauchen wir sie.

Die documenta sei immer noch die wichtigste Ausstellung

für zeitgenössische Kunst weltweit.

Ob sie es bleibt, hänge davon ab,

ob sie mit den Kräfteverschiebungen in der Welt mitgehe.

Eine ganz eigene Kunst müssen die deutschen Fußballer beherrschen:

Sich bei dieser sengenden Hitze zu erfrischen und daran zu denken,

sich bloß nicht nass machen zu lassen.

Noch eine Niederlage morgen gegen Portugal

und die Chancen fürs Weiterkommen sind miserabel.

Bei so viel Druck dürfte es für Joachim Löw nicht einfach sein,

sich an Franz Beckenbauer zu orientieren.

Der sagte als Trainer vor einem WM-Finale:

"Geht's raus, habt Spaß und spielt Fußball". Benedikt Brinsa über die Vorbereitungen

und einen Gegner, der keinen Spaß versteht.

Die Frisur sitzt, das ist ihm wichtig.

Auch mit 36 ist Cristiano Ronaldo eitel,

aber auch noch ein Überflieger.

Doppelt erfolgreich beim 3:0 gegen Ungarn.

Ronaldo nun EM-Rekordtorschütze,

aber noch ohne Sieg und ohne Treffer gegen Deutschland.

Ich glaub, dass er schlau genug ist, sein Spiel mit der Zeit anzupassen.

Er ist sehr gut, macht nicht mehr jeden Weg,

ist aber trotzdem sehr effizient.

Ob der Bundestrainer seinen Spielern heute erklärt hat,

wie man gegen Ronaldo verteidigt, ist nicht überliefert.

Er wird aber deutlich gemacht haben:

Gegen den Europameister muss gepunktet werden.

Es war klar, dass die Gruppe schwer ist.

Wir müssen uns nicht wundern, dass sie schwer ist.

Wir haben es in der Hand.

Allerdings ist Druck drauf nach der unglücklichen,

aber verdienten Niederlage.

Die Diskussionen über Personal und Taktik laufen.

Große und grundsätzliche Umbauarbeiten wären Löw-untypisch.

Er ist selten von seinem Plan und seiner Überzeugung abgewichen.

Wir brauchen ein positives Resultat und ein gutes Spiel.

Der Druck wird uns aber nicht irgendwie erdrücken.

Mit der richtigen Einstellung soll es klappen, mit dem positiven Resultat.

Lennart Brinkhoff steht vor dem Mannschaftshotel.

Gegner Portugal sagte, "wir haben unsere Waffen". Welche hat Deutschland?

Um bei diesem Bild zu bleiben:

Joachim Löw hat ein ganzes Hotel voller fußballerischer Waffen.

Die haben gegen Frankreich aber nur ordentlich funktioniert

und konnten dem Gegner nicht gefährlich werden.

Gerade in der Offensive, vor der die Portugiesen Angst haben.

Gerade vor "Thomas Muller", wie die Portugiesen ihn nennen. Der schoss bei der WM 2014 drei Tore gegen die Portugiesen.

Es gibt ein statistisches Problem:

Thomas Müller hat noch nie bei einer EM ein Tor gemacht.

Aber die Statistik macht Hoffnung:

Ronaldo, der große Star der Portugiesen,

hat noch nie gegen Deutschland gewonnen.

Und nie ein Tor geschossen.

Von Deutschland heißt es,

das sei eine Turniermannschaft, die sich steigert.

Könnte es so sein?

Da würde ich von der Waffenkunde zur Philosophie wechseln

und zum Ausspruch:

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile.

Das steht für diese Mannschaft.

So haben deutsche Teams große Titel gewonnen.

Diesen sportlichen Kitt hinzubekommen -

das ist die Aufgabe von Joachim Löw auf seiner letzten Mission.

Sollte ihm das gelingen, könnte Deutschland Portugal schlagen.

Sollte ihm das in der nächsten Zeit auch zwischenmenschlich gelingen,

kann Deutschland sehr weit kommen.

Wenn aber nicht, wie einige Male zuvor,

könnte dieses Turnier am Mittwoch für das deutsche Team beendet sein.

Die Einschätzung von Lennart Brinkhoff, vielen Dank!

Sehr gerne.

Die entscheidende Frage zum Schluss:

Welchen Sonnenschutzfaktor brauchen die Fußballer morgen, Claudia?

Einen hohen.

Es wird warm und den ganzen Tag über sonnig.

Im Laufe des Nachmittags kann es Gewitter geben.

Die Schauer- und Gewitterlinie,

die von Brandenburg bis zum Schwarzwald geht,

könnte auch München erreichen.

Am Sonntag wird es sogar noch heftigere Gewitter geben.

Bis zum Nachmittag geht es bis in die Mitte.

Dann gibt es auch Unwettergefahr.

Jetzt in der Nacht sind ein paar Regengüsse unterwegs.

Vor allem im Nordwesten.

Die ziehen nach Nordosten.

Morgen beginnt der Tag sonnig.

Von der schwäbischen Alb

bis nach Vorpommern gibt es Schauer und Gewitter.

Für alle anderen gilt: Sonnenschein.

Dazu Hitze und Schwüle.

Im Westen morgen beginnt es mit den Schauern und Gewittern,

die sich in der Nacht ausbreiten.

Die nächsten Tage bringen am Sonntag die heftigen Schauer und Gewitter.

Nach Osten hin passiert lange nichts.

Da kommt es erst später zum Abend.

Montag bringt Regen und Donner, allerdings weniger als Sonntag.

Danach ist die größte Hitze auch über der Mitte vorbei.

Hier geht es weiter mit einem Tatort aus dem Schwarzwald.

Wir sind morgen wieder da.

Dann mit der Kurzfassung in der Halbzeit des EM-Spiels

Spanien gegen Polen, um 21.50 Uhr.

Schönen Abend und einen schönen Fußball-Tag morgen.

Copyright Untertitel: NDR 2021