Bevor Beate Uhse berühmt wurde… | KURZBIOGRAPHIE
Sein wir mal ehrlich,
wir wissen alle, wo wir gewisse Dinge finden können.
In unserem Alltag ist Sex nun wirklich kein Tabuthema.
Vor 70 Jahren war das aber noch undenkbar.
Dass es heute anders ist,
verdanken wir zu einem großen Teil dieser Frau:
Beate Uhse. (Dynamische Musik)
Sie hat Sex salonfähig gemacht.
(Ploppgeräusche, Stiftekritzeln)
(Klimpernde Klaviermusik)
Schon als kleines Mädchen
wollte Beate nicht über ihr Geschlecht definiert werden.
Nur weil sie ein Mädchen war,
musste sie doch nicht mit Puppen spielen.
Lieber lauschte sie den spannenden Heldengeschichten,
die ihr der große Bruder erzählte.
(Klimpernde Musik)
Beates Eltern bestärkten das selbstbewusste Mädchen,
statt es in ihre Schranken zu weisen.
Die Geschwister genossen eine privilegierte,
wohlhabende Kindheit auf dem väterlichen Gutshof.
Mama Margarete klärte ihre Kinder früh auf
und sprach offen über Sexualität.
Was zu dieser Zeit sehr ungewöhnlich war.
(Dynamische Musik) Genauso wie die Tatsache,
dass auch die Töchter des Hauses
eine außerordentliche Schulbildung erhielten,
Abitur machten und Beate im Anschluss als Au-Pair nach England ging.
Margarete lebte ihren Kindern
als einer der ersten praktizierenden weiblichen Ärztinnen vor,
mit Konventionen zu brechen.
(Dynamische Musik)
Und das nahm sich ihre Jüngste, Beate, zum Vorbild.
Mit 17 Jahren hatte sie sich in den Kopf gesetzt,
Pilotin zu werden.
Und drückte schließlich als einzige Frau unter 60 Männern
die Schulbank einer Berliner Flugschule.
Dort lernte sie nicht nur die Luftfahrt,
sondern auch ihre erste Liebe kennen.
Hans-Jürgen Uhse.
(Rhythmische Musik)
Er war ihr Fluglehrer und Staffelkapitän
bei der deutschen Luftwaffe,
als der Zweite Weltkrieg ausbrach. (Bomben fallen.)
Außerdem wurde er ihr Ehemann
und der Vater ihres ersten Sohnes.
Doch kurze Zeit später
verunglückte er während eines Kriegseinsatzes.
(Motorengeräusche)
Auch Beate trat als Pilotin der Luftwaffe den Kriegsdienst an,
und überführte Flugzeuge an die Front.
(Treibende Musik)
Obwohl sie den Einsatz als Mutter hätte ablehnen können.
Auch wenn sie sich damals wie später nie zum NS-Regime bekannte,
nie zum NS-Regime bekannte,
so wirkte sie doch an dessen Maschinerie mit.
Kurz vor Ende des Krieges, als die Russische Armee
ihre damalige Heimat Berlin besetzte,
floh Beate Uhse mit der letzten flugtüchtigen Wehrmachtsmaschine
nach Nordfriesland.
Mit 25 Jahren
stand sie vor den Trümmern ihrer Vergangenheit.
Sie war jetzt Geflüchtete,
Witwe und alleinerziehende Mutter.
(Beklemmende Musik)
Die Welt war nicht mehr dieselbe.
Infrastruktur und Wirtschaft waren durch den Krieg zusammengebrochen,
Städte und Dörfer zerbombt,
Menschenleben ausgelöscht,
Leute auf sich allein gestellt.
Die Reichsmark verlor Rapide an Wert.
Armut und Hunger prägten das Land.
Um sich und Klaus über Wasser zu halten,
verkaufte Beate Uhse als Handelsreisende Waren an die Landbevölkerung.
Waren an die Landbevölkerung.
Dabei kam sie mit vielen Frauen ins Gespräch,
die mit ihren Gedanken oft alleine waren.
Sie begannen, sich der aufgeklärten Beate anzuvertrauen.
(Lockere Musik)
Das brachte Uhse auf eine Idee.
1947 veröffentlichte sie die "Schrift X".
Eine Broschüre, in der sie Leserinnen
Grundwissen über Verhütung näherbrachte.
Neben der emanzipatorischen Absicht
war es für Beate auch eine Möglichkeit,
der Armut der Nachkriegszeit zu entkommen.
Immerhin verkaufte sie über den Postversand
rund 32.000 Exemplare.
Und die Neugierde der Menschen, die sie erreichte,
nahm nicht ab.
Beate beantwortete ihnen all die Fragen,
die sie sich sonst niemandem zu stellen trauten.
Die Schambarrieren waren nämlich groß.
So offen wie Beate hatte zu dieser Zeit kaum jemand über Sex gesprochen.
Das Thema war ein gesellschaftliches Tabu.
Produkte wie Kondome waren im normalen Handel kaum erhältlich.
(Lockere Musik)
Beate witterte eine Chance.
Sie begann jene Waren diskret über einen Katalog zu versenden.
(Lockere Musik)
In den Folgejahren weitete sie ihr Sortiment aus
und bewies früh ein Gespür für cleveres Marketing.
Durch die persönliche Note baute sie Vertrauen zu den Kunden auf,
gab ihnen das Gefühl, dass ihre sexuellen Anliegen legitim waren.
Für ihre Kunden war Beate Uhse
die Aufklärerin der Nation.
(Rhythmische Musik)
Doch war diese Offenheit längst nicht
im gesellschaftlichen Mainstream angekommen.
Während ihrer gesamten Karriere sammelte sie viele Strafanzeigen.
Rund 400 Verfahren wurden gegen sie eingeleitet.
(Lockere Musik)
Doch statt klein beizugeben
trat sie in die Öffentlichkeit.
(Lockere Musik)
Sie verstand es, sich als Tabubrecherin
und Kämpferin für Selbstbestimmtheit darzustellen.
(Lockere Musik)
Mit jenem Selbstbewusstsein eröffnete sie 1962
den ersten Sexshop der Welt in Flensburg.
25 weitere Geschäfte sollten in den nächsten zehn Jahren
in westdeutschen Fußgängerzonen folgen.
Doch mit dem Ausbau zu einer Ladenkette,
hatte die gewiefte Geschäftsfrau noch nicht genug.
Der Konzern übernahm kleinere Mitanbieter,
und stellte sich wirtschaftlich breiter auf.
Als Mitte der 70er das deutsche Sexualstrafrecht reformiert wurde,
unter anderem wurde das absolute Pornoverbot aufgehoben,
trat das Unternehmen in die Produktion
und den Verleih von Sexfilmen ein.
Diese befriedigten damals sehr eindimensional
ausschließlich männliche Fantasien
und waren nicht selten
frauenverachtend und gewaltverherrlichend.
Feministinnen der westdeutschen Frauenbewegungen
warfen Beate Uhse deswegen vor,
ihr eigenes Geschlecht zugunsten des Profits zu verraten.
Der Mythos der einstigen Aufklärerin der Nation
begann allmählich zu bröckeln.
Dazu bekannte sie sich selbst ganz freimütig:
Mit Feministinnen wollte sie nicht diskutieren,
an den Vorwürfen war aber, gerade aus heutiger Sicht,
bestimmt etwas dran.
(Lockere Musik)
Vor allem wenn man bedenkt,
dass sie jegliche unternehmerische Chancen ergriff,
sobald sie sich boten.
Beate Uhses knallharter Geschäftssinn war es,
der sie zu einer der bemerkenswertesten Unternehmerinnen
des 20. Jahrhunderts machte.
Auch wenn sie ihre Mission
mit wachsendem Profit aus den Augen verlor,
so hat sie auf ihrem Weg
definitiv einige Tabus gebrochen,
und die Sexualmoral des keuschen Nachkriegsdeutschlands ziemlich auf den Kopf gestellt.
ziemlich auf den Kopf gestellt.
(Dynamische Musik)
Pornos im Wandel der Zeit gibt's beim "Browser Ballett".
Und eine weitere spannende Biographie
ist hier ebenfalls verlinkt.
Bis zur nächsten Inspiration,
"Der Biograph".